45 Jahre „Der Alte“ im ZDF

Am 11. April 1977 lief der erste Fall des Krimi-Dauerbrenners

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 11.04.2022, 11:00 Uhr

45 Jahre „Der Alte“ – Bild: ZDF/Rainer Friedl
45 Jahre „Der Alte“

München, die Hauptstadt des Fernseh-Verbrechens. Zumindest am Freitagabend ist die bayerische Metropole nun bereits im siebten Jahrzehnt Dreh- und Angelpunkt persönlicher und mörderischer Dramen, die mitunter das Ausmaß griechischer Tragödien annehmen können. Zu verdanken haben wir das vor allem einem Mann: Produzent Helmut Ringelmann, der mit „Der Kommissar“, „Derrick“ und schließlich auch mit „Der Alte“ drei unverzichtbare Kult-Klassiker der Fernsehgeschichte schuf, die allesamt in München spielten. „Der Alte“ ist auch heute noch am Freitagabend im Zweiten auf Verbrecherjagd. Viel beschäftigt wie eh und je würden die Kommissare Köster, Kress, Herzog oder Voss an einem besonderen Jahrestag wie diesem sicher dennoch kurz mit ihrem Team anstoßen. Denn heute genau vor 45 Jahren wurde die erste Episode von „Der Alte“ im ZDF ausgestrahlt.

Der 11. April 1977 war ein Ostermontag. Damals konnte niemand ahnen, dass der Premierentermin zum Startpunkt eines derartigen Dauerbrenners werden könnte – außer vielleicht Ringelmann selbst. Der sagte bereits beim Start recht selbstbewusst, 100 Folgen mit Siegfried Lowitz plane er bereits. Das Statement hatte nicht Anmaßendes an sich, schließlich hatte es „Der Kommissar“ mit Erik Ode zuvor im Zweiten ebenfalls auf 97 Episoden gebracht. Nun also „Der Alte“ als Nachfolger, ein Format, durch das im ZDF-Programm die Dachmarke der Freitagskrimis überhaupt erst geprägt wurde.

Siegfried Lowitz hat als Erwin Köster das eine oder andere Ass im Ärmel. ZDF/​Michael Marhoffer

Für Siegfried Lowitz war „Der Alte“ nicht seine erste Ermittlerrolle. Bereits bei Edgar Wallace oder Francis Durbridge war er auf Täterjagd. Als Erwin Köster brach er allerdings mit einigen Konventionen des guten, väterlichen Kommissars. Sehr viel ruppiger als sein Vorgänger Kommissar Keller war er, viel öfter setzte er sich mit Alleingängen von seinem Team ab, das dennoch zu ihm aufsah und ihn unterstützte. Diese Darstellung stieß gerade zu Beginn nicht nur auf Gegenliebe. Bereits die dritte Folge „Der Alte schlägt zweimal zu“ musste massive Kritik der Polizeigewerkschaft einstecken. Von Volksverdummung war da die Rede, kein Kommissar würde jemals zu solchen illegalen Finten greifen, um Täter zu überführen.

Tatsächlich war der in „Der Alte“ dargestellte Alltag des Verbrechens gerade in den ersten Jahren recht rau. Während bei „Derrick“ seelische Abgründe und elementare Fragen von Schuld und Sühne ausgelotet wurden, war die Schwesterserie actionreicher, kriminalistischer und alleine durch die lakonische Hauptfigur Köster deutlich humorvoller. Vor allem die Art und Weise, wie Köster immer wieder seinen Vorgesetzten Millinger (Henning Schlüter) links liegen ließ, zeigte das Durchsetzungsvermögen und die Konsequenz des Kommissars. Er ließ sich von keinem Chef leiten, sondern einzig und allein von seinen logisch durchdachten Ermittlungsschritten.

So war Erwin Köster seinem Umfeld auch stets einen Schritt voraus. Diese intellektuelle Überlegenheit ging aber nicht mit Prahlerei einher, sodass er von seinen Gegnern und Kollegen immer wieder unterschätzt wurde. Während Köster mit einfachen Tätigkeiten wie dem Kochen eher kämpfte, genoss er es, sich mit seiner Lebensgefährtin Anna Gautier (Xenia Pörtner) im Schach zu duellieren und nach Feierabend bei einem Gläschen Wein in literarische Welten einzutauchen.

Koester (Siegfried Lowitz, r.) und seine Assistenten Heymann (Michael Ande, l.) und Martin Brenner (Jan Hendriks, M.) ZDF/​Michael Marhoffer

Helmut Ringelmann sollte recht behalten, 100 Episoden mit Lowitz wurden es. Danach nahm der Schauspieler freiwillig seinen Hut und entschied sich für den Serientod. In einer dramatischen Konfrontation mit einem flüchtigen Mörder, ausgerechnet gespielt von dem späteren Tarantino-Bösewicht Christoph Waltz, wurde Köster von einer Kugel getroffen. Zunächst besuchte Assistent Gerd Heymann (Michael Ande) seinen Chef am Krankenbett, er schien auf dem Wege der Besserung. Doch nach seiner Rückkehr ins Büro erfuhr Heymann von seinen Kollegen Martin Brenner (Jan Hendriks) und Meyer Zwo (Wolfgang Zerlett), dass Köster verstorben war. Ein schockierendes Ende, das saß und sich ins kollektive Gedächtnis einer gesamten Fernsehgeneration einbrannte.

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