„heute journal“-Anchorman Ruprecht Eser ist tot

Bekannter Fernsehjournalist des ZDF wurde 79 Jahre alt

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 10.12.2022, 12:03 Uhr

Ruprecht Eser (1943 – 2022) – Bild: ZDF/Jürgen Detmers
Ruprecht Eser (1943 – 2022)

In den 1980er Jahren war er eines der Gesichter des „heute journals“. Ruprecht Eser führte nicht nur als Moderator durch die Sendung, sondern leitete später auch die Redaktion des Nachrichtenmagazins. Für das ZDF war er insgesamt 37 Jahre lang tätig, unter anderem als Korrespondent in London, als Chefreporter und mit seiner eigenen wöchentlichen Gesprächssendung. Am Freitag (9. Dezember) ist Eser nun im Alter von 79 Jahren verstorben.

Wir trauern um einen Vollblutjournalisten und hartnäckigen Interviewer, der jahrzehntelang die politische Berichterstattung des ZDF prägte, zumal während der deutschen Wendejahre, so ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten in einem Statement. Ruprecht Eser, von dem ich selbst viel gelernt habe, bleibt Vorbild für kritischen und fairen Journalismus.

Ruprecht Eser wurde in Lutherstadt Wittenberg geboren, verbrachte seine Schulzeit aber in Leipzig. Noch vor dem Mauerbau flüchtete seine Familie mit ihm nach West-Berlin, wo er schließlich auch Publizistik, Politologie und Soziologie studierte. Bereits in dieser Zeit arbeitete er für die BBC in Berlin, bevor er dann als Redakteur beim German Service der BBC anheuerte.

1970 kam Eser dann zum ZDF und leitete dort ab Mitte der 1970er Jahre die Redaktion Reportage/​Dokumentation in der ZDF-Hauptredaktion Innenpolitik. 1984 folgte ein Abstecher als Korrespondent in London, bevor er ab 1985 zum Moderator des „heute journals“ wurde. 1988 übernahm er dann auch die redaktionelle Leitung des Magazins. In dieser Funktion begleitete er auch die Wendezeit 1989/​90, was Eser später als Höhepunkt seines journalistischen Lebens bezeichnen würde.

1992 wechselte Ruprecht Eser zum Privatfernsehen als Programmdirektor der Westschienenkanal Film- und Fernseh GmbH & Co. KG, aus der Anfang 1993 VOX hervorging. Allerdings trat er bereits 1993 von dieser Position wieder zurück. Im Anschluss startete Eser im ZDF die wöchentliche Gesprächssendung „halb 12“. Diese lief bis 2003 immer am Sonntagmorgen um 11:30 Uhr. 1995 wurde Eser zudem Chefreporter des ZDF. Danach leitete er von 1997 bis 2003 die ZDF-Hauptredaktion Gesellschafts- und Bildungspolitik und verantwortete dabei auch die Sendung „ML Mona Lisa“.

2004 kehrte Ruprecht Eser dann als Korrespondent nach London zurück und berichtete für das ZDF bis 2009 über das aktuelle Geschehen im Vereinigten Königreich. Nach seinem Ausscheiden widmete sich Eser der Ausbildung journalistischen Nachwuchses als Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin und an der Europäischen Medien- und Business-Akademie. 2013 wurde er zum Honorarprofessor der Universität Leipzig.

Ruprecht Eser war in zweiter Ehe mit der ZDF-Moderatorin Marina Ruperti verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hevor, zwei weitere stammen aus Esers erster Ehe.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Damals moderierten auch Sigmund Gottlieb (als CSU-naher Journalist im ZDF heute unvorstellbar), Peter Voss und der Schweizer Alexander Niemetz das Heute-Journal, allesamt markante, profilierte Journalistenpersönlichkeiten, von denen sich jeder einer bestimmten politischen Couleur zuordnen ließ. Doch das Heute-Journal hatte auch einen unverkennbar grünen Anstrich, im Studio stand jahrelang eine Zimmerpalme.
    • am via tvforen.de

      Geht mir genauso. Er gehörte einer im Grunde beneidenswerten Generation von TV-Journalisten, denn zum einen war er zu einer zeitgeschichtlich sehr interessanten Epoche aktiv, zum anderen fand er beim ZDF aus heutiger Sicht geradezu paradiesische Arbeitsbedingungen vor.
      • am via tvforen.de

        Ein sehr gerne gesehenes Gesicht. Er verkörperte den Journalismus wie man ihn sich wünscht.



        Gruß
        Sir Hilary
    • (geb. 1966) am

      Da Herr Eser einen großen Teil meines Leben mitbegleitet hat, spreche ich den Hinterbliebenen mein Beileid und Mitgefühl aus.
      Er war ein sachlicher und unaufgeregter Moderator, der sich nie zu wichtig nahm und zudem eine angenehm ruhige Stimme hatte.
      Ruhen Sie in Frieden, verehrter Herr Eser ... Menschen wie Sie es waren, gibt es leider immer weniger.
      • am via tvforen.de

        Traurig zu lesen, ich mochte ihn.

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