Guido Knopp rückt von Nazi-Dokus ab

Historiker setzt künftig auf Buntes und Königshäuser

Jens Dehn – 08.01.2008

Professor Guido Knopp ist der Hohepriester des „Historytainment“. Mit Serien wie „Hitlers Helfer“, „Hitlers Krieger“ und „Hitlers Frauen“ etablierte er im ZDF historische Dokumentationen zur Primetime. Mit Stilmitteln und Methoden, die wissenschaftlich äußerst bedenklich, aber ausgesprochen publikumswirksam sind.

Ausgerechnet Knopp selbst, als Leiter der Redaktion Zeitgeschichte auch verantwortlich für das Format „ZDF-History“ am späten Sonntagabend, hat nun das Ende der medialen Aufarbeitung des Dritten Reiches verkündet. Zum Thema Nationalsozialismus sei bereits alles gesagt, zitiert die Tageszeitung „Die Welt“ den Historiker. „Wir produzieren keine Sechsteiler über den Nationalsozialismus mehr – sie sind mittlerweile TV-Geschichte. [ …] Wir wollen damit zwar keinen Bogen um die Nazi-Zeit machen, aber wirklich nur dann neue Stücke auflegen, wenn auch neue Erkenntnisse vorliegen.“

Als Alternative kündigt Knopp an, die Sendung „ZDF-History“ bunter und vor allem königlicher gestalten zu wollen. In näherer Zukunft steht für die Redaktion Zeitgeschichte zudem ein Zweiteiler anlässlich des 20. Todestags von CSU-Politiker Franz Josef Strauß sowie 2009 mehrere Dokumentationen zum 20. Jahrestag des Mauerfalls auf dem Programm.

Knopp steht für seinen Dokumentationsstil seit jeher in der Kritik. Der Vorwurf: Durch Spannungsmusik, schnelle Schnitte, zerstückelte O-Töne von Zeitzeugen und rekonstruierte Spielszenen biege sich der Filmemacher die Realität immer genau so zurecht, wie er sie gerade brauche. Auch die plakativen Titel waren immer wieder Anlass für beißenden Spott (Harald Schmidt fragte einst, wann endlich „Hitlers Stützstrümpfe“ anliefe …). Nichtsdestotrotz (oder gerade deshalb) erreichten die ersten Reihen „Hitlers Helfer“ und „Hitlers Krieger“ zwischen 1996 und 1998 hohe Einschaltquoten. Zuletzt ebbte das Interesse aber merklich ab.

Der Dienstagabend als Ausstrahlungstermin für hochwertige Dokumentationen sei schwierig geworden, so der Moderator. Zumal Konkurrenzsender mit starken Serien dagegenhalten. Vor allem die ARD mit selbstproduzierten Formaten wie „Um Himmels Willen“ und „In aller Freundschaft“ und RTL mit „C.S.I.: Miami“ haben sich in den letzten Jahren ein treues Stammpublikum am Dienstag gesichert. Dennoch dürfe am Ausstrahlungstag nicht gerüttelt werden. Die Themen für die nächsten Monate stehen bereits fest: im Sommer wird eine neue Staffel der Reihe „Majestät“ mit Porträts von Königshäusern starten. Für den Herbst ist eine zehnteilige Dokumentation „Die Deutschen“ geplant.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    "Es ist schon richtig das man es nie vergessen sollte was da zwischen '33 und '45 passiert ist. Aber ich finde die Geschichte Deutschlands besteht aus mehr als nur aus der Zeit."

    Genau so sehe ich das auch. Allerdings würde ich lieber mal etwas über die Geschichte VOR den 2 Weltkriegen sehen. T.B. 30 Jähriger Krieg, Biedermeierzeit oder was es noch so alles gibt. Ich finde, andere Geschichtsthemen, als die über Adolfs Zeiten, werden bei uns ziemlich vernachlässigt. Wie lebten die Menschen auf unserem Boden z. B. im Mittelalter? Da haben unsere Fernsehsender noch ziemlichen Nachholbedarf....
    • am via tvforen.de

      burchi schrieb:
      Ich finde, andere Geschichtsthemen, als die über Adolfs
      > Zeiten, werden bei uns ziemlich vernachlässigt. Wie lebten
      > die Menschen auf unserem Boden z. B. im Mittelalter? Da
      > haben unsere Fernsehsender noch ziemlichen Nachholbedarf....


      ja, aber man muss sich vor Augen halten, dass der Nationalsozialismus in den 50er- und 60er-Jahren in den Medien und vor allem auch im Unterricht mitunter sträflich vernachlässigt wurde, in manchen Gegenden sogar noch heute
    • am via tvforen.de

      Ja, und... Die 68er-Bewegung wurde dafuer in den 80er und 90er Jahren im Unterricht vernachlaessigt... wie es heute ist, weiß ich nicht.
    • am via tvforen.de

      xy schrieb:
      >
      > Ja, und... Die 68er-Bewegung wurde dafuer in den 80er und
      > 90er Jahren im Unterricht vernachlaessigt... wie es heute
      > ist, weiß ich nicht.


      bei mir war es im Schuljahr 1987/1988 sogar ein eigenes Thema im Geschi-Lk ;-) immer eine Frage der jeweiligen Lehrkraft :-)
    • am via tvforen.de

      Warum wurde Rudolf hess ermordet? Gibts dazu auch ne doku????
    • am via tvforen.de

      Blutkruste schrieb:
      >
      > Warum wurde Rudolf hess ermordet? Gibts dazu auch ne doku????


      hm,
      die Frage ist falsch gestellt :-/
      es muss heißen: wurde Rudolf Hess ermordet?
      und die Antwort ist meiner Meinung nach zu 99.9 % nein
    • am via tvforen.de

      Auf jeden Fall wurde an Hess ein Exempel statuiert.
    • am via tvforen.de

      Werderaner schrieb:
      >
      > Auf jeden Fall wurde an Hess ein Exempel statuiert.

      durch das Urteil "lebenslänglich" sicherlich, wenngleich es ja auch einige Todesurteile beim Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher gab


      mir ist nur schleierhaft, warum Heß zur Kultfigur der Neo-Nazis werden konnte, zumal er doch von Hitler zum Verräter erklärt worden war
    • am via tvforen.de

      Die Neonazis sind eben dumm wie verschimmeltes Toastbrot.

      Ich will das hier nicht unnötig ausweiten, aber sie hielten Hess wohl für eine wichtige Größe des 3. Reiches, weil er so lange eingeknastet war.

      Genau darin liegt der Fehler der Alliierten. Sie stilisierten Hess durch die unnötig lange Haft erst zum Märtyrer.

      Andere, weit gefährlichere und tiefer verstrickte Typen (Speer!) aber setzten sie relativ schnell wieder auf freien Fuß - eine Farce!
    • am via tvforen.de

      Werderaner schrieb:
      >
      > Andere, weit gefährlichere und tiefer verstrickte Typen
      > (Speer!) aber setzten sie relativ schnell wieder auf freien
      > Fuß - eine Farce!

      Wieviele Nazi-Beamte durften nach den Krieg wieder an selber Stelle arbeiten? In Ost und West. Fakt ist das man ein paar herausragende Persönlichkeiten gespannt hat, verurteilt und ggf. hingerichtet hat - das Fußvolk hat die ganzen Verbrechen aber erst ermöglicht.

      Auf irgendeinen Dritten lief mal eine Doku über einen Beamten der erst die Juden enteignet hat und sie nach dem Krieg wieder entschädigt hat.
    • am via tvforen.de

      ten schrieb:

      > Wieviele Nazi-Beamte durften nach den Krieg wieder an selber
      > Stelle arbeiten? In Ost und West. ...

      Da hast du aber nicht aufgepasst.

      In der "Zone" gabe es nach '45 nur Antifaschisten. Die Bösen waren alle bei uns - drüben alles prima Kommis, die voll toll im Widerstand waren.

      *IRONIE-MODUS - NICHT AUFREGEN*
  • am via tvforen.de

    Das ist mal wieder typisch - wie man's macht, es gibt immer wieder Leute, denen es nicht passt.

    Guido Knopp biegt sich seine Zeitgeschichte zurecht, wie er sie braucht - klar, weil keinem anderen sowas eingefallen ist und man nun neidisch auf Knopps Werk ist.

    Guido Knopp wählt "Spannungsmusik" und reißerische Titel. Sicher - für eine Nazi-Doku am besten nur Kammermusik, Cello und Oboe, und jaaaa keinen Titel, auf den man aufmerksam werden könnte. Vielleicht einfach nur "Der Zweite Weltkrieg - eine Dokumentation". Das würden dann garantiert Millionen einschalten.

    Zugegeben, "reißerische" Titel benutze ich manchmal für meine Freds auch. Aber das macht jede Zeitung auf die eine oder andere Art. Ob die FAZ nun schreibt "Bush gibt sich kriegerisch" oder die Bild schreibt "Das große Leid der Andrea Kiewel", die Bunte schreibt: "Tragödie um Florian Silbereisen - seine Freundin will ihn nicht mehr" oder ich schreibe "Schon wieder Nazi-Schläger laufen gelassen" - eines bewirken all diese Überschriften allemal - die Artikel werden gelesen. Und Wenn Guido Knopp statt "Die Frau im Zweiten Weltkrieg" den Titel "Hitlers Frauen" wählt, ist das meines Erachtens duchaus erlaubt, weil die Presse (egal, welche Presse) nichts anderes macht.

    Kein Buchverlag würde Bücher verkaufen, wenn nicht schon der Titel ansprechend wäre. Ich hab vor Jahren mal ein Doku-Buch über den Wilden Westen in die Hand bekommen. Man hätte es nennen können: "Die Revolvermänner des Wilden Westens". Dann wäre es vielleicht 50 mal verkauft worden. Man hat es aber genannt: "Sie starben in ihren Stiefeln" (Untertitel: Die Revolvermänner des Wilden Westens) - und inzwischen ist es ausverkauft.

    Will man solch einem Buch einen reißerischen Titel vorwerfen, ist das sicherlich berechtigt. Es kommt aber in erster Linie darauf an, die Leser für ein Buch oder Zeitungsartikel oder die Zuschauer für einen Film zu interessieren. Und das funktioniert in allererster Linie über den Titel.

    Klar kann ich eine Klassik-Sendung betiteln: "Götz Alsman präsentiert Klassik". Würde kein Mensch anschauen. "Wieder ne Klassik-Sendung...gääähn" würd's heißen. Aber "Alsmanns kleine Nachtmusik" klingt sympathischer, interessanter, humoriger. Also lockt man das Publikum damit. Und warum auch nicht?

    Und noch ein beispiel - das heute-Journal. Da werden die Nachrichten aufgepeppt, lebendiger vorgetragen, die Themenüberschriften im Ticker sind teilweise sensationell, die redakteure geben sich wirklich alle Mühe, von dem langweiligen Nachrichteneinerlei anderer Sender abzuheben. Aber - wo ist die Kritik? Wo sind alle die, die sonst schreien: "Reißerische Titel gehören nicht in Nachrichtensendungen" oder "Nachrichten gehören nüchtern präsentiert"? Im heute-Journal darf die Moderatorin oder der Anchorman ruhig auch mal lächeln oder das Ganze mit einem lockeren Spruch auf den Lippen rüberbringen. Würde in der ARD doch nie passieren (und deshalb schau ich auch keine ARD-Nachrichten, da schlaf ich ja ein). Dennoch ist es nie sooo überdreht und bleibt immer sachlich, dennoch dezent locker.

    Reißerische Titel sind meiner Ansicht nach berechtigt und notwendig. Der Kritiker, der dies anfeindet, hat wahrscheinlich sein Handwerk irgendwo, aber nicht bei einer Zeitung gelernt. Ich als Leser greife eher zu einem Buch mit einem interessanten Titel als zu einem Buch mit eher nichtssagendem Titel. Und so gehts mir als Fernsehzuschauer auch. "Die Frauen des Zweiten Weltkriegs" hätte ich mit Sicherheit nicht eingeschaltet. "Hitlers Frauen hab ich gesehen".

    Ich bin nicht unbedingt ein Guido Knopp Fan, aber an sowas rumzukritteln, find ich unangebracht.

    Der Lonewolf Pete
    • am via tvforen.de

      Hallo Pete,

      da wir hier ja in einem TV-Forum sind fallen mir dazu zu erst die Worte von Bill Cosby ein "Der erste Schritt zum scheitern, ist der Versuch es allen Recht zu machen". Also mach dir nichts draus, wenn sich jemand über die Art der Aufmachung der Doku beklagt.

      Aber ehrlich gesagt gehen mir diese 1232 Variationen und Betrachtungswinkel des Thema Nationalsoziallismus auf den Keks. Es ist schon richtig das man es nie vergessen sollte was da zwischen '33 und '45 passiert ist. Aber ich finde die Geschichte Deutschlands besteht aus mehr als nur aus der Zeit. Ich als Student würde mich z.B. dafür interessieren wie es zu 68er Bewegung kam. Das der Auslöser der Schar Besuch war ist klar, aber wie kam es zum Umbruch, warum wurde der Springer Verlag durchsucht etc.
      Viele Grüsse
      Dan
    • am via tvforen.de

      mercutio schrieb:
      Ich als Student würde mich z.B. dafür interessieren wie
      > es zu 68er Bewegung kam. Das der Auslöser der Schar Besuch
      > war ist klar, aber wie kam es zum Umbruch, warum wurde der
      > Springer Verlag durchsucht etc.
      > Viele Grüsse
      > Dan

      ich habe mir zwar abgewöhnt, anderer Leute Fehler zu kritisieren, aber dass der Mann der "Schah" war, müsste dir als Student eigentlich klar sein ;-)
    • am via tvforen.de

      Hallo chrisquito,

      ich eigentlich eher selten von persischen Oberhäuptern schreibe, hatte ich als ich das Wort getippt hatte wirklich ein Problem damit wie man nun den Titel von dem Menschen schreibt. :)
      Aber ich danke dir insofern für deinen Tipp da ich es mir jetzt unter Garantie merken werden, wie man das nun genau schreibt :))
      Viele Grüsse
      Dan
    • am via tvforen.de

      mercutio schrieb:

      > Aber ich finde die Geschichte Deutschlands besteht aus mehr als nur aus der Zeit. Ich als Student würde mich z.B. dafür interessieren wie es zu 68er Bewegung kam. Das der Auslöser der Schar Besuch war ist klar, aber wie kam es zum Umbruch, warum wurde der Springer Verlag durchsucht etc.


      Der Springer-Verlag? Du meinst wohl den "Spiegel", 1962? Wie viele andere historische Entwicklungen kann man natürlich auch "68" nicht an einem einzigen Ereignis festmachen - zumal das ja eine internationale Geschichte war, und der Schah-Besuch in Deutschland samt seiner "Begleiterscheinungen" dürfte in vielen anderen Ländern nicht allzu sehr interessiert haben. Also: Da war zum Beispiel die "Spiegel-Affäre". Und da waren die "Schwabinger Krawalle". Da war aber auch der Prozeß gegen Eichmann und der "Auschwitz-Prozeß" in Deutschland, Anlässe, über das gesamte Ausmaß der NS-Verbrechen zu sprechen, für viele erstmals. Für die Bewußtseinsbildung vieler damals junger Leute dürfte das womöglich wichtiger gewesen sein als der 2. Juni '67. Plötzlich ahnte man (oder bildete es sich ein): Die eigenen Eltern, überhaupt fast alle Älteren und damit auch alle Autoritäten, könnten in furchtbare Dinge verstrickt gewesen sein, irgendwie. Bis zum Beweis des Gegenteils (der, gerade gegen jugendlichen Furor, schwer zu erbringen war; selbst ein linker jüdischer Emigrant wie Adorno wurde gegen Ende seines Lebens als Reaktionär beschimpft und bekämpft) waren sie damit per se diskreditiert. Dabei spielte allerdings auch eine Rolle, daß die während oder kurz nach der NS-Zeit Geborenen nun erwachsen wurden und sich Gedanken machten, die man sich als Kind gemeinhin nicht macht. Und: Man kommt doch wieder auf den Nationalsozialismus zurück, auch wenn bezüglich dessen heutiger Medienpräsenz weniger manchmal mehr wäre und generell der Umgang mit dieser Zeit und bizarren Geisteswelt oft seltsame Formen angenommen hat.
  • am via tvforen.de

    "Zum Thema Nationalsozialismus sei bereits alles gesagt"

    hätte nicht gedacht, das von herrn k. noch einmal zu hören! lieber spät als nie!
    • am via tvforen.de

      Der versucht doch nur, das Thema auch noch post mortem für sich requiriert zu halten: da Herr Knoop nun erklärt hat, es sei alles gesagt, hat gefälligst jetzt auch kein anderer mehr das Thema aufzugreifen. Billiger Trick aus der untersten Diskussionsrüpelschublade.

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