Christiane Hörbiger („Guldenburgs“) gestorben

Österreichische Schauspiel-Legende wurde 84 Jahre alt

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 30.11.2022, 16:28 Uhr

Christiane Hörbiger (1938 – 2022) – Bild: ARD Degeto/Sandra Hoever
Christiane Hörbiger (1938 – 2022)

Mit „Das Erbe der Guldenburgs“ schrieb sie TV-Geschichte. Die österreichische Schauspielerin Christiane Hörbiger avancierte zum Publikumsliebling. Jetzt ist die Grande Dame der Schauspielkunst im Alter von 84 Jahren gestorben. Dies berichtet die österreichische Tageszeitung Kurier. Demnach ist sie am Mittwochmorgen in Wien verstorben. Die Nachrichtenagenturen APA und DPA bestätigten die Nachricht kurz darauf übereinstimmend.

Christiane Hörbiger wurde am 13. Oktober 1938 als eine von drei Töchtern des Schauspielerehepaars Attila Hörbiger und Paula Wessely in Wien geboren. Nach dem Abschluss der Handelsschule am Wiener Gürtel sollte sie eigentlich eine Konditorei übernehmen, die ihre Eltern für sie erworben hatten. Doch diese ging zwischenzeitlich in Konkurs, so dass Hörbiger ihren großen Traum, Schauspielerin zu werden, letztlich umsetzen konnte. Ihr Debüt gab sie 1955 in Eduard von Borsodys Film „Der Major und die Stiere“, anschließend begann sie eine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Diese brach sie jedoch nach kurzer Zeit wieder ab, da sie bereits ein weiteres Filmengagement erhielt. Daraufhin nahm sie Schauspielunterricht bei einem Privatlehrer.

Auf der Theaterbühne stand Hörbiger erstmals 1959 als Recha in Gotthold Ephraim Lessings „Nathan der Weise“ am Burgtheater. Es folgten Engagements in Heidelberg, bei den Münchner Kammerspielen und bei den Salzburger Festspielen – mit Rollen in Stücken wie „Der Bauer als Millionär“ oder „Jedermann“. Von 1967 bis 1985 war Hörbiger am Schauspielhaus Zürich engagiert, wo sie unter anderem Elisabeth in Friedrich von Schillers „Maria Stuart“ spielte.

Größere Bekanntheit erlangte Hörbiger in der ARD-Serie „Donaug’schichten“, in der sie von 1965 bis 1970 als Christl Müller an der Seite von Willy Millowitsch zu sehen war. Der Durchbruch gelang ihr schließlich mit der Rolle der Gräfin von Guldenburg in der legendären ZDF-Serie „Das Erbe der Guldenburgs“. Daraufhin spielte sie fast ausschließlich für Film und Fernsehen, während sie die Theaterbühne hinter sich ließ. Zu Hörbigers umfangreicher Filmografie gehören unter anderem „For Parents Only“ (ihre einzige US-Produktion), Helmut Dietl Satire „Schtonk!“, das Justizdrama „Die Geschworene“, der Thriller „Die Gottesanbeterin“ und die Verfilmung von Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. Eine Serienhauptrolle spielte sie schließlich erneut von 1998 bis 2002 in der 65-teiligen ARD-Serie „Julia – Eine ungewöhnliche Frau“. Darin verkörperte sie die titelgebende und von Schicksalsschlägen gebeutelte Wiener Juristin Dr. Julia Laubach, die in ihrem Leben noch einmal neu anfangen will.

Hörbiger war 2003 eines der Gründungsmitglieder der Deutschen Filmakademie. Im Kino war sie das letzte Mal 2006 als Großmutter in der Verfilmung von „Der Räuber Hotzenplotz“ zu sehen. 2011 spielte sie erstmals an der Seite ihrer Schwester Maresa Hörbiger in dem Krimi „Meine Schwester“, bei dem ihr Sohn Sascha Bigler Regie führte. Insgesamt umfasst Hörbigers Schauspielkarriere mehr als 130 Film- und Fernsehproduktionen. Immer wieder war Hörbiger auch als Synchronsprecherin aktiv und lieh unter anderem Judi Dench ihre Stimme.

Hörbiger, die seit 2003 UNICEF-Botschafterin für Österreich war, war zweimal verheiratet, zunächst von 1962 bis 1967 mit dem Regisseur Wolfgang Glück. Die Ehe wurde nach fünf Jahren geschieden. Aus ihrer zweiten Ehe mit dem Schweizer Journalisten Rolf R. Bigler ging ihr Sohn Sascha hervor, den sie nach dem Tod ihres Mannes alleine großzog. Von 1984 an war Hörbiger mit ihrem Lebensgefährten Gerhard Tötschinger liiert, mit dem sie bis zu dessen Tod im Jahr 2016 zusammenblieb.

Mehrfach wurde Christiane Hörbiger im Verlauf ihrer Karriere geehrt, darunter mit dem Grimme-Preis, dem Bayerischen Fernsehpreis für ihr Lebenswerk, dem Karl-Valentin-Orden, dem Bundesverdienstkreuz, dem Ernst-Lubitsch-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis sowie mehrfach als „beliebteste Schauspielerin“ bei der Romy-Verleihung. Ihren letzten Fernsehauftritt hatte sie 2019 in der ORF-Reihe „ORF Stadtkomödie – Der Fall der Gerti B.“. Im Jahr zuvor erhielt sie bei der Goldenen Kamera den Preis für das Lebenswerk.

Zu Ehren von Christiane Hörbiger haben die ARD und vor allem der ORF zahlreiche Programmänderungen angekündigt (fernsehserien.de berichtete).

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Nun ist auch noch Karl Merkatz (92) gestorben, den in Deutschland nur wenige kennen, der aber in Wien einen ähnlichen Kultstatus innehat wie Christiane Hörbiger. Früher verkörperte er gern proletarische Krakeeler wie den "Mundl" (eine Art "Ekel Alfred" im Dauererregungszustand), in späteren Jahren spielte er überwiegend feinsinnige und sanftmütige Menschen mit viel Empathie.

    Der gelernte Tischler parodierte in seinen älteren Produktionen penetrant vor sich hin nörgelnde Wiener Vorstadtquerulanten, die trotz starker Ressentiments im Zweifelsfall für schwache Mitbürger einstehen. In Deutschland war ihm Anfang der 80er-Jahre als NS-kritischer Querkopf in den "Bockerer"-Filmen eine kurze Ruhmesphase beschieden (Deutscher Filmpreis).
    • am

      Man kann es aber auch übertreiben. Seit gestern ist der ORF fast ganz zugepflastert mit Hörbiger-Filmen und -Interviews. Die Filme werden doch ohnehin ständig wiederholt im Nachmittagsprogramm. Den einzig wirklich guten., Schtonk!, scheinen sie nicht zu bringen
      • am via tvforen.de

        Christiane Hörbiger sah ich auch gerne. Mir hat sie auch als Großmutter in der für mich recht gelungenen Neuverfilmung von Räuber Hotzenplotz gefallen und als Claire Zachanassian in "Der Besuch der alten Dame" spielte sie diese äußerlich elegante und innerlich zerissene Dame mit viel Bravour - rein äußerlich passte da schon alles wunderbar.

        Aber nach dem Tod ihres langjährigen Lebensgefährten war wahrscheinlich auch ihre Freude am Leben nicht mehr dieselbe wie früher.

        Sie sah ihrer Mutter vor allem in jungen Jahren zum Verwechseln ähnlich - googelt mal Paula Wessely, ich war echt überrascht von der extremen Ähnlichkeit.
        • am via tvforen.de

          Eine wahre Grande Dame. Sie gehörte sicher zu den besten deutschsprachigen Schauspielerinnen ihrer Zeit. Ich hätte gedacht das sie die 90 locker schafft...

          Mit Dankbarkeit verneige ich mich vor ihrem Werk....



          Gruß
          Sir Hilary
      • am via tvforen.de

        Ein deutscher Weihnachtsklassiker:

        Letzte Chance für Harry (1998) mit Christiane Hörbiger, Harald Juhnke, Günter Pfitzmann, Rolf Zacher und Gudrun Okras.

        Die 5-teilige Filmposse Zwei Ärzte sind einer zuviel (2006–2009) mit Elmar Wepper als fiesem Gegenspieler der Hörbiger war ein Quotenhit fürs ZDF und ein Stimulus für die Rottach-Egner Tourismuswirtschaft.
        • am

          So eine grandiose Schauspielerin ist von uns gegangen. R. i. P.
          • am via tvforen.de

            Eine große Schauspielerin ist von uns gegangen. Ich habe auch gedacht, daß sie die 90er erreicht.
            • am via tvforen.de

              Ich mochte Christiane Hoerbiger sehr gern, auch wenn ich mir nie "Die Guldenburgs" angeschaurt habe. Sie spielte in der Rosamunde Pilcher Verfilmung "Karussell des Lebens" mit.

              R. I. P..

              Chrissie
            • am via tvforen.de

              Mir ist sie immer noch in Erinnerung als Reichsmarschall-Nichte "Freya von Hepp" in der Filmkomödie "Schtonk!". Grandios, das Zusammenspiel mit Götz George!
          • am

            Das kommt wirklich etwas unerwartet. Ich habe auch gedacht das Sie über 90 wird . Jetzt ist Sie wieder mit ihrem Gerhard vereint. Ruhe in Frieden Christiane Hörbiger !! 🌹🕯🌹😢
            • am

              Sie bekommt ein Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof. Er ist in einem Familiengrab????????
          • am via tvforen.de

            Unerwartet und sehr traurig. Hatte mich schon immer mal gefragt in der letzten Zeit, wie es ihr gehen möge, da es doch sehr ruhig um sie war. Ich hätte nicht gedacht, dass sie die 90 nicht schaffen würde, sie hatte ja auch gute Gene dafür. Nach der Queen und Angela Lansbury nun die dritte große und sympathische ältere Dame, mit der ich aufgewachsen bin und die in diesem Herbst gegangen ist.

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