Den Erben stehen fette Jahre bevor. Nie wurde so viel Vermögen vererbt wie heutzutage: 250 Milliarden Euro pro Jahr. Doch nicht immer gleicht das Erbe einem Sechser im Lotto, denn mehr als die Hälfte der Deutschen hat gar nichts oder nur Schulden zu erwarten. In vielen Fällen droht sogar ein Erbstreit, der Familien zerstören kann. Denn selbst ein Testament ist keine sichere Lösung. Schuld ist häufig das komplizierte deutsche Erbrecht, an dem Anwälte, Steuerberater, Erbenermittler und auch der Staat kräftig mitverdienen. Wie gerecht ist das Erben? Für Ilka S. (63) war die Sache längst klar. Als einziges Kind stand ihr das Erbe ihrer Eltern von etwa 200.000 Euro zu, steuerfrei. Doch die Hamburgerin kannte den „letzten Willen“ ihres Stiefvaters nicht. Kurz vor seinem Tod hatte der das gesamte Vermögen angeblich der Putzfrau geschenkt. Geblieben sind der Rentnerin drei Umzugskartons mit Erinnerungsstücken und ein Testament, was scheinbar nichts mehr wert ist. Mithilfe einer Anwältin versucht Ilka S. nun, an ihre Erbschaft zu gelangen. Leer ausgegangen ist Kirsten Sch. (47) aus Düsseldorf keineswegs. Doch bevor sie ihr Millionenerbe antreten konnte, musste sie zuerst das Familienunternehmen verkaufen. Eigentlich wollte sie die Firma übernehmen, doch ihr Vater hatte dafür einen Testamentsvollstrecker vorgesehen.
Dieser sollte die Reinigungsfirma nach dem Tod des Erblassers leiten. Der Familienpatriarch traute seiner Tochter das Management wohl nicht zu. Die immensen steuerlichen Vergünstigungen von beinahe 100 Prozent gingen Kirsten Sch. und ihrer Schwester damit verloren. Das wollte Milliardär Dirk R. (69) verhindern und vererbte seine Drogeriekette und sein Vermögen (auf 2,6 Milliarden geschätzt) schon zu Lebzeiten seinen beiden Söhnen Daniel und Raoul. Ein geschickter Schachzug. Bleibt das Unternehmen die nächsten zehn Jahre in Familienhand, fällt so gut wie keine Erbschaftssteuer an und der Staat geht leer aus. Genau diesen Punkt bemängelt das Bundesverfassungsgericht in seinem aktuellen Urteil und hält die Verschonung betrieblichen Vermögens in Teilen sogar für verfassungswidrig, denn die Schere zwischen Arm und Reich würde damit weiter auseinandergehen. Günther A. ist 96 Jahre alt geworden. Familienangehörige gibt es bisher nicht, aber er hat eine Villa am Hamburger Stadtrand und ein Vermögen von mehr als 3,5 Millionen Euro. Darum kümmert sich nun Nachlassverwalter Bernd Clasen (62). Seine Erbenermittler spüren weltweit Erben auf. Ein lukratives Geschäft, das bei Erfolg bis zu 30 Prozent der Erbmasse einbringen kann. Ein Film über die deutsche Erbengesellschaft und darüber, wer an ihr mitverdienen will. (Text: NDR)