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  • Wir arbeiten uns zu Tode!

    Früh morgens raus, abends spät heim, unter der Woche kaum Zeit für private Dinge – wer arbeitet, kennt diesen Rhythmus. Doch waren bisher Beruf und Privates klar getrennt, bringt die heutige Arbeitswelt neue Herausforderungen mit sich: Die Forderung, immer erreichbar zu sein, die Verdichtung der Arbeitsmenge, die Angst, bei schlechter Leistung ersetzt zu werden. Jüngste Umfragen zeigen: Die größte Angst der Deutschen ist die vor Arbeitslosigkeit. Viele sind daher bereit eher ihr Privatleben zu ruinieren, als sich zu fragen, ob sie ihre Arbeit zu wichtig nehmen.
    Aussteigen ist für viele keine Alternative, selbst wenn sich durch Dauerstress längst Krankheiten wie Burnout und Depression bemerkbar machen – zu sehr sind sie auf ihr Einkommen angewiesen. Andere hätten die Wahl, doch können sie von der Arbeit nicht genug bekommen und stürzen sich freiwillig in immer neue Projekte und Aufgaben. Was bedeutet das für Familie und private Beziehungen, wenn Arbeit zum einzigen Lebenssinn wird? Drohen wir in Arbeit zu ersticken? Sind wir bereit, für unsere Arbeit zu leben? Welche Gefahren stecken in der modernen Arbeitswelt? Was passiert, wenn die Arbeit zum wichtigsten Kick wird? Die Gäste: Wenn Kirstin Kasper nach einem anstrengenden Arbeitstag nachhause kommt, warten dort zwei kleine Kinder, Ehemann und Haushalt.
    Die junge Mutter bedauert, Beruf und Familie nicht gleichermaßen gerecht zu werden: „Irgendwie versuche ich immer Kompromisse zu schließen, am Ende ist aber keiner zufrieden.“ Die Situation geht auch gesundheitlich an die Substanz: „Tagsüber fühle ich mich schlecht, nachts kann ich nicht einschlafen, weil mir ständig durch den Kopf geht, was ich am nächsten Tag alles erledigen muss.“ „Ohne mich geht hier nichts! Wenn ich nicht da wäre, wer würde dann meine Arbeit erledigen?“, fragte sich Wolfgang Wahl täglich.
    Seit 30 Jahren arbeitet er als Erzieher für geistig behinderte Menschen. Der 52-Jährige brennt für seinen Beruf, nimmt häufig die Probleme der behinderten Bewohner mit nach Hause – bis schließlich der Körper rebelliert. Die ernüchternde Diagnose: Arbeitssucht! In einer Therapie lernt er nun, ein geeignetes Arbeitspensum zu finden.
    Solche Probleme kennt Ilse Rahman nicht. Als sie vor über 40 Jahren ihre Reinigung eröffnete, sprach es sich in Windeseile herum: Hier werden Kleider verantwortungsvoll und mit viel Liebe behandelt. Für die 70-Jährige selbstverständlich, denn alle
    Arbeit macht sie 150- prozentig, weil sie einfach gerne arbeitet. Und ihre Kunden geben es ihr zurück: „An die Komplimente und Bestätigung für meine Mühen habe ich mich so gewöhnt, dass ich noch lange nicht darauf verzichten möchte.“ Warum Menschen so viel Lebenszeit ihrer Arbeit widmen, hat Dr. Svenja Flaßpöhler genauer unter die Lupe genommen: „Viele ziehen ihren Selbstwert ausschließlich aus der Arbeit.
    Der Mensch reduziert sich damit selbst zum Leistungssubjekt. Nur das zu sein, was man am Schreibtisch leistet, ist aber ziemlich eindimensional.“ Verschärfend kommt hinzu, dass wir heute in einer Gesellschaft leben, die das Bedürfnis des Menschen zu arbeiten ausnutzt und ausbeutet, so die Philosophin. Arbeitsmarktpolitik war schon immer das Leib- und Magen- Thema von Prof. Ursula Engelen-Kefer.
    Seit Jahren beobachtet sie, wie der Schutz der Arbeitnehmer durch tarifliche Vereinbarungen zunehmend unterwandert wird. Zusätzlich reicht für ganze Berufszweige der Lohn nicht zum Leben, trotz extrem hohem Arbeitspensum. „Die Ängste und Abhängigkeiten der Menschen werden schlicht ausgenutzt, umso wichtiger ist es, dass die Arbeitnehmer ihre Rechte kennen“. Undercover schlich sich der Dokumentarfilmer Reinhard Schädler in so ein Billiglohnsegment ein. Als Paketfahrer für ein Subunternehmen der Deutschen Post erlebte er hautnah den extremen Arbeitsdruck, sechs Tage pro Woche mit bis zu zwölf Stunden.
    „Die Arbeitsbedingungen für diese Fahrer sind sittenwidrig, nach ein paar Monaten sehen die alle aus wie Drogensüchtige“. Winter von minus 50 Grad, wochenlange Dunkelheit, Einsamkeit – Sepp Herrmann entschied sich vor 30 Jahren für ein Leben als Jäger und Sammler in den tiefen Wäldern Alaskas, fernab von Leistungsgesellschaft und westlichem Karrieredenken. „Ich habe mir nie vorstellen können in einer Fabrik zu arbeiten. Ich wäre untergegangen!“, sagt der gelernte Industriemechaniker, der auch seinen Lebensabend am Ende der Welt verbringen möchte.
    An der Bar: Birte Jeß und Ingo Schmitz liebten ihren Job so sehr, dass sie nicht merkten, wie er ihr Privatleben immer mehr auffraß. Bis zum Erschöpfungszustand des Jungmanagers, nach dem das Paar einen neuen Lebensplan schmiedete. Nach zweieinhalbjähriger Weltreise im Wohnmobil kehrten sie in die ruhige Idylle an der Mosel zurück. Ihre Gesundheit hat nun Priorität – und so bestreiten sie ihr bescheidenes Leben mit minimalem Arbeitsaufwand. „Existenzängste kennen wir nicht mehr, irgendeine Arbeit finden wir immer.“ (Text: SWR)
    Deutsche TV-PremiereFr 16.03.2012SWR Fernsehen

Cast & Crew

Sendetermine

Fr 16.02.2018
02:40–04:10
02:40–
Di 20.03.2012
23:50–01:20
23:50–
Sa 17.03.2012
12:20–13:50
12:20–
Fr 16.03.2012
22:00–23:30
22:00–
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