In der Familie hält man zusammen, komme was wolle. – So die weitläufige Meinung. In den schlimmsten Krisen ist Familie füreinander da. Das gehört sich schließlich so, denn Familie verpflichtet. Aber wo liegen die Grenzen? Innerhalb einer Familie gibt es zahlreiche Pflichten, die meist unausgesprochen für alle als selbstverständlich gelten: Man steht füreinander ein, ist füreinander da, hilft sich. So versucht man, im Alltag ein offenes Ohr zu haben, wenn die Mutter anruft. Oder macht sich auf zum Besuch, wenn man spürt, dass es dem Bruder nicht gut geht. Und wohl jeder würde wahrscheinlich beipflichten, dass man Familienmitgliedern in Notfällen zur Seite steht. Sei es bei Jobverlust oder Scheidung – die größten Tiefpunkte lassen sich besser
überstehen, wenn man durch Eltern oder Geschwister aufgefangen wird. Was aber, wenn das Ganze größere Ausmaße annimmt? Wenn ein Familienmitglied schwer krank oder pflegebedürftig wird? Heißt es dann: Das eigene Leben zurückstellen und die Betreuung übernehmen? Sollte man dem Wunsch der Eltern, in ihre Fußstapfen zu treten und den Familienbetrieb zu übernehmen, Folge leisten, auch wenn man eigentlich selbst ganz andere Pläne hat? Und was, wenn man bereits zahllose Male von der Familie enttäuscht wurde? Gibt man ihr immer wieder eine neue Chance? Ist auch all das selbstverständlich? Oder wann ist es richtig und wichtig, sich von der Familie, von ihren Erwartungen und Forderungen zu lösen? Wie viel schulden wir unserer Familie und wo sollten wir Grenzen ziehen? (Text: SWR)