mareTV Folge 335: Kleine Kronjuwelen im Ärmelkanal – Alderney, Herm und Sark
Folge 335
Kleine Kronjuwelen im Ärmelkanal – Alderney, Herm und Sark
Folge 335 (45 Min.)
Im Gegensatz zu Jersey und Guernsey sind die sogenannten kleinen Kanalinseln Alderney, Herm und Sark eher unbekannt. Dennoch gelten sie bei manchen als wahre „Kronjuwelen“ des Archipels im Ärmelkanal. Wobei es vor allem auf Sark nur tagsüber funkelt: keine Autos, keine Straßenlaternen, nachts sind Bewohnern und Besuchern nur Taschenlampen mit rotem Glas erlaubt. Annie Dachinger (79) hat lange Jahre für den Dark Sky-Status der Insel gekämpft, dieser internationale Titel ist eine Adelung unter Sternenforschern. Bis heute sorgt Annie, bis vor Kurzem Leiterin des Sark Observatoriums, charmant, aber sehr nachdrücklich dafür, dass es hier auch so schön dunkel bleibt: Sark stays dark! Ja, es gibt sogar ein Observatorium auf der zweitkleinsten bewohnten Kanalinsel, aber dank Annies Einsatz gegen die unsägliche Lichtverschmutzung ist Sterne gucken auf Sark selbst mit bloßem Auge ein Vergnügen. Nur 1,5 Quadratkilometer groß ist Herm, die kleinste der bewohnten Kanalinseln mit knapp 80 Insulanern! Dennoch ist sie so faszinierend, dass sich auf die Ausschreibung des Postens als „Inselmanager“ gut 200 Bewerberinnen und Bewerber gemeldet hatten. Die Wahl fiel auf Craig Senior (52), einen ehemaligen Freizeitpark- und Golfplatzmanager. Er zog mit seiner Frau, den zwei Töchtern und Hund Harvey auf die schöne Miniinsel. Craig ist prädestiniert für den Job, ein tatkräftiger charismatischer Dandy mit Showtalent. All diese Eigenschaften kommen ihm beim Management der Insel mit ihrem Hotel und den Ferienhäusern in der Saison mitnichten der einsamste Ort der Welt, sehr zugute: Rund 80.000 Besucherinnen und Besucher wollen Herm Jahr für Jahr erleben. Kein Wunder, denn die Insel gilt mit ihren sanften Sanddünen und der exotischen Pflanzenwelt als ein Fleckchen Karibik zwischen Frankreich und England. Sark wird einmal im Jahr zum „Ascot“ der Inselwelt, zumindest was die Bedeutung des Rennspektakels für die
Kanalinseln anbelangt. Hier werden allerdings Schafe in ein Hindernisrennen geschickt, es geht um die Ehre der Schäfer. Jeder will beim Sark Sheep Racing beweisen, dass seine Herde die beste ist. Auch Dave Scott (45), erfahrener Schäfer und Rennschaf-Trainer. Genauso „crazy“ wie das ganze Spektakel ist die Logistik für das Sark Sheep Race. Da haben es die Veranstalter in Ascot deutlich einfacher. Vorteil aber für Sark: Aufgrund der Autonomie darf die Finanzierung über Wetteinnahmen laufen. Nachteil: Die Insel erhält keinen Penny aus dem britischen Gesundheitssystem. Zum Glück kamen beim Rennen im Vorjahr 40.000 Pfund zusammen, 80 Prozent des Inselbudgets für die medizinische Versorgung. Alderney ist mit mehr als 2000 dauerhaften Bewohnerinnen und Bewohnern deutlich größer als Sark und Herm, aber immer noch eine small world Diese abgelegene Insel hat auch eine Touristenattraktion, vor allem für Liebhaber exotischer Eisenbahnen: Die Alderney Railway wurde bereits Mitte des 19. Jahrhunderts betrieben, und zwar von der britischen Admiralität. Diese ließ mit der Bahn Material aus den Steinbrüchen transportieren für den Bau von Wellenbrechern und Wehrtürmen. Heute befördern betagte U-Bahn-Waggons aus London Fahrgäste über die abenteuerliche Strecke, gezogen von einer alten Diesellok. Die Zucht von Brieftauben hat auf den Kanalinseln eine lange Tradition. Rene Archer, ein ehemaliger Fischer, arbeitet heute als Metzger. Seine Leidenschaft aber gilt der Taubenzucht, und das in dritter Generation. Mit seinem Sohn Lincoln fährt er per Boot hinaus, um einige Jungtauben auf hoher See auszubilden. Der Flug übers Meer ist für die Tiere eine besondere Herausforderung. Zwischen Herm und Sark werden sie freigelassen. Training für die große Liberation am nächsten Tag, so nennen die Züchter einen spektakulären Massenstart: 15.000, hoffentlich seetüchtige, Tauben müssen dann den Weg über den Ärmelkanal zurück nach Hause finden. (Text: NDR)