Heiligenhafen und Graswarder – Mit der Ostsee auf Tuchfühlung
Folge 391 (45 Min.)Auf Tuchfühlung mit dem Meer: Die Strandvillen-Eigentümer vom Graswarder leben in ständiger Sorge, dass sich die Ostsee wieder ein Stück Land holt – die Holzbuhnen im Wasser sollen das verhindern.Bild: NDR/Johannes RudolphHistorisches Küstenstädtchen mit einzigartiger Naturlandschaft: Heiligenhafen ist ein Ort der Gegensätze. Direkt hier das bodenständige Ostseebad, ein paar Schritte weiter Graswarder mit seinem ausgedehnten Naturschutzgebiet und den prachtvollen Strandvillen. Die Immobilienpreise bewegen sich auf Sylter Niveau. Der Strand und die Steilküste sind überlebenswichtig für Heiligenhafen. Doch wie fast alle Seebäder an der Ostseeküste müssen sie auch hier gegen die natürliche Küstenerosion ankämpfen. Olaf Eggers tut das sogar in seiner Freizeit, denn beruflich hat er mit dem Thema gar nichts zu tun.
Er will partout verhindern, dass seine Heimatstadt nach und nach ihren Strand einbüßt. Seit nunmehr 20 Jahren bemüht er sich darum, anstelle der kostspieligen Sandaufschüttung endlich schützende Buhnen in die Brandung zu bauen. Gegen viel Widerstand hat er es bereits geschafft, ein Testfeld errichten zu lassen. In diesem Sommer hat er extra eine Spezialfirma beauftragt, die den Meeresgrund vor dem Hauptstrand aufwendig vermessen soll. Von diesen Ergebnissen hängt ab, ob Olaf mit seiner Behauptung, die Holzbuhnen seien die Lösung aller Sandprobleme, Recht hat. Auch Dennis Albrecht steht unter Druck.
In seiner ersten Saison als Jachtcharter-Chef in einem der größten Marinas der deutschen Ostseeküste muss er 73 Segelboote Woche für Woche verchartern. Jeden Sonnabend ist „Kojenwechsel“, dann bleiben ihm und seinem Team inklusive Taucher nur wenige Stunden, um die zurückgebrachten Boote zu reinigen und auf Schäden zu untersuchen. Draußen auf dem Graswarder wird „schweres Geschütz“ aufgefahren: Elektrodrähte, Wärmebildkameras und Drohnen sind hier im Einsatz. Naturschützer Winfried Witt denkt sich immer neue Strategien aus, um die Jungtiere der seltenen Sturmmöwe vor Fuchs, Marder & Co.
zu schützen. Doch trotz engmaschiger Verteidigung gelangen immer wieder schlaue Räuber auf die aus Witts „Vogelperspektive“ falsche Seite des kilometerlangen Zauns. Die wahre Vogelperspektive auf Heiligenhafen und Umgebung hat Sabine Engler. Die Motorsegel-Pilotin schwebt am liebsten in den Sonnenuntergang. Irgendwann hatte sie die Idee, die schönsten Luftaufnahmen vom Graswarder in einem Kalender zu verewigen. Dafür wohnt sie sogar zeitweise in den spartanischen Baracken des Flugplatzes Grube an der Ostseeküste, um so oft wie möglich in die Luft zu gehen: Wenn die Sonne mal wieder glutrot hinter der Halbinsel versinkt. (Text: NDR)Deutsche TV-Premiere Do. 18.09.2025 NDR Am Fuß der Pyrenäen – Cap de Creus, Spaniens grüne Halbinsel
Folge 392 (45 Min.)Eine Kamera ans Netz montiert: Natalia Amigó ist regelmäßig zu Gast auf Fischtrawlern, die Biologin erforscht das Verhalten von Delfinen und kommt so besonders dicht an sie ran.Bild: NDR/Ralf BiehlerSehr viel Natur am Mittelmeer: Das grüne Cap de Creus ist ein Ausläufer der Pyrenäen und der östlichste Punkt des spanischen Festlandes. Nur wenige Ortschaften gibt es hier und vor allem: keine überfüllten Strände oder Bettenburgen. Weite Teile der Halbinsel stehen unter Schutz, auf ihr wurde bislang nur wenig gebaut. Und die Einheimischen kämpfen dafür, dass das so bleibt. Im ehemaligen Fischerort Cadaqués ist sogar der Hafen naturbelassen. Hier dürfen Boote weder anlegen noch ankern, festmachen können die Skipper nur an Bojen.
Schlauchboot-Taxis weisen ihnen den Weg zu ihrem Platz, fahren dann die Gäste an Land und bringen sie später zurück. Der 18-jährige Albert Radovan, ein Maschinenbaustudierender aus Barcelona, macht schon das dritte Mal den Sommerjob als „taxista“ im Naturhafen. Er kutschiert Jachtbesitzer, Besatzungen und Bootsmonteure von früh bis spät zwischen Ufer und Bojen hin und her. Jeden Nachmittag bieten in der Fischauktionshalle von Llançà zwei Dutzend Fischhändler und Restaurantchefs auf eine Spezialität der Region, die aussieht wie eine Wurst mit Warzen: Pepino del Mar oder auch Espardeña – die Seegurke.
Bei der sogenannten holländischen Auktion mit fallenden Preisen geht es um Tempo. Den Zuschlag bekommt immer der, der als Erster drückt. Jordi Fulcarà ist Chef des Fischerverbands und hat in seinem Hafen viele Neuerungen eingeführt, darunter eine Versiegelungsmaschine für die Seegurke – zu häufig wurde die Delikatesse aus den offenen Kisten geklaut. Mit der Seegurke lässt sich nämlich sehr viel Geld verdienen.
Die Meeresforscher der NGO SUBMON haben am Cap de Creus ein neues Verhalten von Delfinen beobachtet: Die Tiere folgen Fischerbooten und ernähren sich während der Fahrt aus deren Netzen. „Fastfood“ für Meeressäuger, das finden sogar die Fischer so abgefahren, dass sie mit den Wissenschaftlern kooperieren. Für das Delfin-Projekt mischt sich die Biologin Natalia Amigó unter die Trawlerbesatzung, um mit am Fischernetz montierten Unterwasserkameras das Verhalten der Delfine zu enträtseln.
Empuriabrava, die größte Marina-Stadt Europas, ist komplett am Reißbrett entstanden, im Sumpfland der Costa Brava. Ein etwa 25 Kilometer langes Netz von Kanälen verbindet mehr als 14.000 Häuser und Wohnungen. Dieses Labyrinth hat dem Ort den Beinamen „Venedig Spaniens“ eingebracht. Doch das Meerwasser und die starken Tramuntana-Winde hinterlassen ihre Spuren. Hafenkapitän Oscar Rodríguez fährt die Kanäle mit verschiedenen Arbeitsbooten ab, um ausgerissene Hafenpfähle zu ersetzen oder Kaimauern zu sichern.
Die Umweltschützer von SOS Costa Brava protestieren mit lautstarken Demos gegen neue Bausünden in Cadaqués, dem Heimatdorf des Künstlers Salvador Dalí. David Tibau ist ein leidenschaftlicher Kämpfer, er warnt vor dem kommerziellen Ausverkauf der Küste. Ein Problem: die Passanelles, die Steine am Strand von Cadaqués, werden in bedrohlichen Mengen von Touristen und Einheimischen eingesackt. David hat europaweite Rückholaktionen der kostbaren Passanelles organisiert, zurück ans Cap de Creus, der grünen Halbinsel ganz im Norden von Katalonien. (Text: NDR)Deutsche TV-Premiere Do. 02.10.2025 NDR Liverpool und Merseyside
Folge 393 (45 Min.)Sie ist Heimat der Beatles und ein gigantisches maritimes Erbe: Liverpool ist die legendäre Hafenstadt an der Irischen See. Sie hat Industriegeschichte geschrieben, 40 Prozent des Welthandels liefen in der Viktorianischen Zeit über die Metropole an der Mündung des Flusses Mersey. Die Pracht des britischen Empire prägt noch heute den Kern der Stadt, die als kulturell höchst lebendig, aber arm gilt. Im ehemaligen Nobelviertel Edge Hill versucht eine Gruppe enthusiastischer Liverpudlians, endlich ein historisches Rätsel zu lösen: Warum bloß hat der ehemalige Tabakbaron Joseph Williamson vor 200 Jahren den Großteil seines Vermögens dafür ausgegeben, komplexe Tunnelsysteme direkt unter der City zu buddeln? Seit 25 Jahren geben die freiwilligen „Maulwürfe von Liverpool“ nicht auf, das Geheimnis zu erforschen.
140 gestrandete Boote liegen auf dem Schiffsfriedhof von Heswell auf der Halbinsel Wirral. Gemma und Simon Robins haben sich in die Sarinda verguckt, ein Boot, das beim D-Day im Einsatz war. Über ihren YouTube-Kanal Ship Happens verfolgen Zehntausende Zuschauer, wie die beiden das marode Schiff wieder flott machen. Die offizielle Bezeichnung für die Einwohner Liverpools ist Liverpudlians.
Die meisten Leute nennen sie aber einfach Scousers. Der Grund dafür liegt in der maritimen Geschichte der Stadt. Seeleute aus Liverpool, die in Skandinavien und Norddeutschland an Land gingen, brachten Labskausrezepte mit nach Hause. Ihre kreativ abgewandelte Eintopfversion, das Scouse Stew, gab den Einwohnern den Kosenamen. Nahezu jede Liverpooler Familie hat ihr eigenes Scouse-Rezept. Liverpool ist eine Arbeiterstadt. Das ist Teil der Legende, bedeutet aber auch damals wie heute, dass das Leben hier hart sein kann. Als Michelle Roach eine junge Mutter war, verlor sie ihren Job.
Sie hatte nicht genug Geld für Lebensmittel, dazu bekam sie eine Krebsdiagnose. Nach dieser dunklen Periode beschloss sie, den Kampf gegen die Armut in Liverpool aufzunehmen. Sie eröffnete einen Boxclub und einen Sozial-Supermarkt. Mit einem ausrangierten Eiswagen bringt sie erschwingliche Lebensmittel und Haushaltswaren in die benachteiligten Viertel der Hafenstadt. Kevin Peet ist der letzte Shrimp-Fischer am Formby Beach. Traditionell wurden die Garnelen hier mit Schleppnetzen gefangen, zunächst von Pferden gezogen, später von Traktoren. Mit Booten kommt man in den seichten Gewässern nämlich nicht voran.
Kevin brettert heute mit einem kräftigen kleinen Quad-Bike durch die Brandung. Er kocht und schält seinen Fang selbst. Dann werden die Shrimps in Butter geschwenkt und in kleinen Töpfen konserviert: Kevins Potted Shrimps waren einer der Lieblingssnacks der verstorbenen Queen Mum. Die Beatles sind nach wie vor der Besuchermagnet Liverpools: Alle vier Geburtshäuser stehen noch, und in der Penny Lane stieg Paul McCartney um, wenn er zu John Lennon fuhr. Rund um den Cavern Club im Stadtzentrum ist eine Pilgerstätte entstanden, bei der sich alles um Beatles-Memorabilien dreht. (Text: NDR)Deutsche TV-Premiere Do. 16.10.2025 NDR