• Folge 386 (45 Min.)
    Kapitänsmütze und Charisma: Seit 30 Jahren bieten Luba und Hristov Atanasova Bootstouren auf der Kamtschija an. Doch an den Ufern des Flusses macht sich immer mehr Konkurrenz breit. – Bild: NDR /​ Florian Melzer
    Kapitänsmütze und Charisma: Seit 30 Jahren bieten Luba und Hristov Atanasova Bootstouren auf der Kamtschija an. Doch an den Ufern des Flusses macht sich immer mehr Konkurrenz breit.
    Mondäne Villen treffen auf Bettenburgen aus Beton, pittoreske Fischerdörfer auf Industriehäfen und die Abgeschiedenheit des dschungelartigen Kamchia-Deltas auf den „Balkan-Ballermann“. Die Schwarzmeerküste Bulgariens bietet jede Menge Abwechslung in dem faszinierenden Land zwischen dem Gestern und Heute. Wo der Fluss Kamchia ins Schwarze Meer mündet, beginnt der Regenwald. „Bulgariens Amazonas“ wird diese nahezu unberührte Region auch genannt. Die Betonung liegt auf „nahezu“, denn eine Flotte von Safari-Booten erkundet täglich das Wasserlabyrinth. Auch das Werbebanner von Lucy & Longoz Boat Trips flattert dort im Wind.
    Hristov und Luba Atanasova haben den Betrieb gemeinsam vor 30 Jahren gegründet. Mit Charisma, Kapitänsmütze und Katze im Matrosenanzug versucht Hristov, Passagiere an Bord zu lotsen, doch auch die Konkurrenz buhlt einfallsreich um Kundschaft. Am Atanassow-See, wird Badekultur im postsozialistischen Balkanstyle zelebriert: lässige Bretterbuden statt mondäner Bäderarchitektur. Alles ist in ein surreales Pink getaucht, es wirkt fast wie am Set des neuesten Barbie-Films. Menschen floaten im Wasser wie am Toten Meer.
    Eine schlammbeschmierte Gruppe schlurft auf Badelatschen zur Duschkabine am Straßenrand. So geht Wellness am Schwarzen Meer. „Mit dem Heilschlamm bekämpfen wir Schuppenflechte, Rheuma, Arthrose und Gefäßkrankheiten. Unser rosa Paradies ist ein Jungbrunnen“, sagt Physiotherapeutin Dessislava Demireva. Rapana venosa, schon der lateinische Name klingt gefährlich und sie ist es auch: die invasive Stachelschnecke. Sie macht sich seit einigen Jahren an Bulgariens Küste breit. Diese räuberische Meeresschnecke frisst, was ihr vor die Fühler kommt, ist äußerst widerstandsfähig und enorm fruchtbar.
    Sie verdrängt heimische Arten und richtet damit große ökologische Schäden an. Aber: Für die bulgarische Fischereiindustrie hat das zähe Biest hat auch eine gute Seite. Peter Monev aus dem kleinen Ort Shabla hat bereits umgesattelt und den Neoprenanzug übergestreift. Unter Wasser geht er jetzt auf „Rapa-Jagd“. Bis zu 400 Kilogramm kann ein geübter Taucher pro Tag sammeln. In Japan oder Südkorea gelten die Schnecken als Delikatesse, und nun soll „Rapa“ auch in Bulgarien auf die Speisekarten. Am Sonnenstrand kämpft das Lifeguard-Team täglich gegen Leichtsinn und Übermut.
    Alle müssen topfit sein und das ganze Rettungs-Repertoire draufhaben. Den letzten Schliff geben interkulturelle Kompetenz und Deeskalationstraining, wichtig, denn aus ganz Europa pilgert die Jugend hierher zu wilden Abi-Partys. Star des Lifeguard-Teams ist die Rettungsschwimmerin Vanina Yotova. Mit Coolness und Trillerpfeife hält sie die Massen in Schach. Keine Autos, aber vor jedem Haus ein Boot: Das pittoreske Fischerdorf Chengene Skele in der Nähe von Burgas ist ein kleines „Wellblech-Venedig“ mit postsozialistischem Charme.
    Heute will hier niemand mehr weg, dabei ist die Siedlung in der kleinen Bucht aus der Not heraus entstanden, denn in den 1970er-Jahren mussten die Fischerfamilien Platz machen für große Trawlerflotten und Industrieanlagen. Am Bootsanleger treffen sich jeden Abend die Pioniere des Dorfes. „Scorpion“, „Chicago“, „der Schrauber“, „Whisky“ … Sie alle haben einen Spitznamen. Natürlich kommt frischer Fisch auf den Tisch. Und der muss bekanntlich „schwimmen“. Also Prost, nazdrave, einen Mastika, kräftigen Anisbrand, auf das wohl urigste Fischerdorf Bulgariens und auf die Vertreibung ins Paradies. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Do. 15.05.2025 NDR
  • Folge 387 (45 Min.)
    An Kapellen mangelt es nicht auf Samos, aber nicht jede hat solch einen Meerblick.
    Die griechische Insel Samos in der östlichen Ägäis sieht aus, als hätte hier jemand die Urformel für die Schönheit griechischer Inseln entwickelt: begrünte Berge, einsame Buchten und idyllische Küstendörfer. Fast wirkt es, als würden sich Natur, Kultur und Mythos miteinander verbinden. Der berühmte Philosoph und Mathematiker Pythagoras wurde auf Griechenlands achtgrößter Insel geboren. Noch ist Samos vom Tourismus nicht überlaufen und so bewahren sich die Insulaner viel Ursprüngliches. Ostern ist das wichtigste Fest im griechisch-orthodoxen Kalender.
    Im Hafenviertel von Karlovasi haben die Menschen aber ein Problem: Die alte Hafenkirche ist seit einem Erdbeben im Jahre 2019 nicht mehr nutzbar. Die Fischer und Hafenanwohner müssen das Osterfest in bzw. vor einer improvisierten Ersatzkirche feiern, dem Mini-Supermarkt! Der sieht auch noch genauso aus. Ein paar Dörfer weiter wetteifern die Männer von Marathokambos um das spektakulärste Osterfeuerwerk. Der knallige Brauch geht auf den Beginn der griechischen Rebellion gegen die Herrschaft der Osmanen im Jahr 1821 zurück. Mittlerweile ist die Ballerei auf der Insel nicht mehr unumstritten, sie sorgt aber jedes Jahr für spektakuläre Bilder in den sozialen Medien.
    Nachhaltigkeit, heutzutage in aller Munde, ist auf Samos in vielen Bereichen schon lange selbstverständlich: Im Hafen von Marathokambos wird seit 1923 Olivenseife aus Resten der Olivenölproduktion hergestellt. Georgios Ksentouris leitet die Fabrik in vierter Generation. Er verkocht die Abfälle viele Stunden lang zu einer Art graugrünem „Pudding“. Dieser wird dann in Formen geschichtet und monatelang getrocknet, bis er vollständig ausgehärtet ist.
    Samos liegt auf einer der Hauptfluchtrouten übers Mittelmeer, immer wieder stranden flüchtende Menschen unter dramatischen Umständen. Hier gibt es ein großes Aufnahmelager, in dem die Geflüchteten wie kaserniert leben. Ein Schweizer NGO-Projekt versucht, den Menschen mithilfe zur Selbsthilfe eine Perspektive zu geben. In der Skills Factory an der Küste stellen Geflüchtete all das selbst her, was sie am dringendsten brauchen: Kleidung, Nahrung und vieles mehr. Alexandra Stadler leitet das Projekt, der Friseur-Workshop ist ihr Aushängeschild. Geflüchtete lernen, wie die Profis Haare schneiden.
    Später können sie damit Geld verdienen. In der malerischen Bucht Agios Isidoros werkelt Vangelis Manoliadis einsam vor sich hin. Er baut Kaiki, traditionelle griechische Holzboote. An Aufträgen mangelt es nicht: Zehn Anfragen hatte er dieses Jahr, nur drei Schiffe schafft er. Gerade hat er die Spanten für einen Rumpf fertig bekommen. Der reiche Kunde aus Athen macht Druck, er will sein Boot unbedingt im Sommer ins Wasser bringen. Vangelis aber hat die Ruhe weg, wer kein Boot von der Stange will, muss bei der Einmannwerft eben ein bisschen mehr Geduld mitbringen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-Premiere Do. 05.06.2025 NDR

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