Er trinkt eine volle Flasche Wasser in einem Zug leer, isst gleich danach superschnell eine Riesenportion Nudeln auf und raucht anschließend drei Zigaretten hintereinander weg – alles mitten in der Nacht. Um 3:50 Uhr muss er fertig sein, denn ab dann muss er fasten. Die Sonne geht im Osten Hessens auf, der Ramadan hat angefangen. Der gläubige Muslim will sich an die Tradition des Fastens halten. Bis zum Sonnenuntergang wird er weder essen noch trinken. „Aber auf das Rauchen zu verzichten, das ist für mich das schwierigste“, sagt er. Der junge Deutsch-Tunesier ist angehender Elektroingenieur – während des Fastenmonats muss er seine wichtigsten Abschlussprüfungen an der FU-Frankfurt schreiben. Außerdem arbeitet er jeden Abend zehn Stunden als Barkeeper in einem Restaurant. Während die Gäste fein speisen und er für sie die leckersten Getränke vorbereitet, hat er schon 16 Stunden weder getrunken noch gegessen – und das bei 30 Grad Außentemperatur. Ganz schön hart.
Und dann ist er auch noch alleine, denn weder seine Frau noch seine Kollegen fasten mit. Auch eine Familie aus Flörsheim am Main will wie jedes Jahr während des Ramadans fasten. Adem K. arbeitet im Schichtdienst am Flughafen. Er hat Glück, denn sein Arbeitgeber bietet den vielen gläubigen muslimischen Mitarbeitern in dieser Zeit eine feierliche Mahlzeit zum Fastenbrechen an und erlaubt eine längere Pause, um nach dem Essen noch beten zu können. Seine Frau, die früher Inge hieß, fastet auch. Sie trifft sich abends mit Freunden und Bekannten im Verein um die Ecke. So hart das Fasten tagsüber auch ist, so gesellig sind die Abende. Der „Hessenreporter“ begleitet zwei hessische Familien muslimischen Glaubens einen Monat lang, während einer Zeit des Ausnahmezustands. Wie werden sie es schaffen, mitten im Hochsommer, ihre Tradition durchzuhalten und dabei voll leistungsfähig zu sein? Wie reagieren Kollegen und Nachbarn? Ein Einblick in die fremde Welt von nebenan. (Text: hr-fernsehen)