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  • Die Inflation – ein Schreckgespenst. Das Gespenst weckt besonders in Deutschland tief verwurzelte Ängste. Aus einer aktuellen Umfrage geht hervor, dass 40 Prozent der befragten Deutschen aktuell die Inflation als größte Sorge betrachten. Erst danach folgten der Ukraine-Krieg, die Corona-Pandemie und der Klimawandel.
    Die Ängste vor einer Inflation wurden vor Generationen gesät: Die Hyperinflation von 1923 ist fast 100 Jahre her und hat sich dennoch bis heute tief ins kollektive Gedächtnis der Deutschen gefressen. Sie wurde zu dem wirtschaftlichen Urerlebnis, das bis heute den Umgang mit Geld prägt. Die Radio-Bremen-Autoren Susanne Brahms und Rainer Krause begeben sich in „Geschichte im Ersten: 1923! Der lange Schatten der Inflation“ auf Spurensuche bei Wirtschaftsexperten, Historikern und in Familiengeschichten: Was kann man aus der Geschichte lernen?
    Die Geldentwertung von 1914 bis 1923 war eine der radikalsten einer großen Industrienation. Vier Billionen zweihundert Milliarden Mark waren am 15. November 1923 gerade mal einen US-Dollar wert. Die Inflation von 1923 lag bei über 29.000 Prozent und vernichtete Sparguthaben, Vermögen, Renten und Existenzen.
    Das hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Familien gegraben. Bei Bremen hält eine Familie eine Standuhr in Ehren, die die Großmutter 1923 noch eben schnell für 80 Millionen Mark gekauft hat. Ein Münchner erzählt, dass ihn seine Eltern in der Notzeit 1923 einfach bei einem Bauern abgegeben haben, weil sie ihn nicht mehr ernähren konnten – er sah sie nie wieder. Dass ein Anzug beim Schneider an einem Tag eine Summe kostete, für die man am Tag drauf nur noch die Knöpfe bekam – das sind Geschichten, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Vor allem in den großen Städten führte die Inflation zu großer Not – konnten sich die Stadtbewohner doch nicht selbst versorgen. Doch es gab auch Profiteure: Schieber, Schwarzmarkthändler, Besitzer von Devisen erlebten ihre große Stunde. „Für ‚nen Dollar in der Tasche gab‘s nicht halb, es gab ganz Berlin zu kaufen!“, erzählt Historiker Björn Weigel.
    Überraschende Erkenntnis: Die Deutschen haben unverdrossen schon kurz nach der Inflation 1923 wieder ihr Geld auf die Bank getragen. „Sparwunder“ nannten das die Zeitgenossen und rieben sich erstaunt die Augen.
    Es halten sich viele Mythen rund um diese Inflation. Sind tatsächlich die Armen am stärksten betroffen gewesen oder hat die Inflation die Schere zwischen arm und reich verringert? War die Inflation von Anfang an eine Katastrophe oder hat sie womöglich dabei geholfen, die Wirtschaft im Deutschen Reich nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufzubauen? War die Inflation Ursache für die Machtergreifung der Nazis? Und: Wiederholt sich die Geschichte gerade? Welche Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten gibt es zwischen der Inflation heute und der von 1923?
    Die Radio-Bremen-Autoren Susanne Brahms und Rainer Krause begeben sich auf Spurensuche in Archiven und Familienerinnerungen. Sie besuchen Händler, für die die riesengroßen Inflationsscheine ein gutes Geschäft sind, vor allem in China! Am Grab von Walter Rathenau auf dem Waldfriedhof von Oberschöneweide besprechen sie, warum die Ermordung des damaligen Außenministers die Inflation weiter anheizte „Die Ermordung von Walter Rathenau hat im Grunde auch die Ermordung der Mark bedeutet“, sagt Fondsmanager und Buchautor Georg von Wallwitz.
    Und sie klären mit Social Media-Influencer Robin Kiera und anderen Finfluencern, ob für sie heute die historische Inflation noch Lehren bereithält. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.12.2022Das ErsteDeutsche Online-PremiereDi 06.12.2022ARD Mediathek
  • Anfang 1933: Die frisch an die Macht gekommenen Nationalsozialisten überziehen Deutschland fast unmittelbar mit einer beispiellosen Terrorwelle. Politische Gegner verschwinden ohne Prozess, auf unbestimmte Zeit, in Folterkellern, die schnell zu einer frühen Form von Konzentrationslagern werden. Die Radio-Bremen-Dokumentation zeigt, wie Tausende solcher Terrorzentralen entstehen im ganzen Reich, oft mitten in Wohnquartieren, vor aller Augen. Die Schreie der Gefolterten wehen zu den Wohnungen der Anwohner hinüber.
    Am 5. Juli 1933 holten ein SA-Mann und ein Polizist den Einzelwarenhändler Albert Ortheiler aus seinem Geschäft in der Bochumer Innenstadt. Angeblich hatte er Waren an Kommunisten verkauft. Im Keller der Hegelschule schlugen SA-Männer Albert Ortheiler tot. Sechs Menschen sind allein in diesem Bochumer Keller ermordet worden.
    In Bremen gerieten die vier Söhne der Familie Bücking ins Visier, weil sie politische Gegner der Nazis waren. Drei der Söhne gerieten in die erste Terrorwelle der Nationalsozialisten und verschwanden in Folterkellern und frühen KZ, einer der Bücking-Söhne wurde nach Berlin verschleppt, wo sich schon früh über hundert Folterkeller etabliert hatten.
    „Das war auch Teil der damaligen Strategie und Taktik, dass der frühe nationalsozialistische Terror vor allen Augen stattfinden sollte“, sagt die Historikerin Irene von Götz. Sie hat die Berliner Folterkeller akribisch recherchiert. Auch in Sachsen ist die Geschichte des frühen Naziterrors gut erforscht, allein in diesem Bundesland gab es 112 Folterkeller und frühe KZ.
    Eines davon: Die Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz. Zwischen März 1933 und August 1934 wurden 5.600 Menschen dorthin verschleppt und gefoltert, etwa 40 von ihnen begingen Selbstmord oder wurden ermordet.
    Und doch gab es Widerstand gegen die Misshandlungen, wenn auch nur von wenigen. Ausgerechnet Polizisten, Juristen und Gefängniswärter widersetzten sich in dieser Phase frühen Terrors den brutalen Maßnahmen und konnten sogar kleine Erfolge erzielen, auch wenn sie letztendlich am System nichts ändern konnten.
    Die Erinnerung an diese frühen Lager wurde überdeckt von den Verbrechen in den riesigen Vernichtungslagern im Osten. Doch will man wissen, wie der Rechtstaat ausgehebelt wurde, muss die Geschichte der frühen Lager in den Fokus rücken. Auch wegen der zahlreichen Opfer, die in den Lagern ihr Leben ließen oder physisch und psychisch gebrochen wurden.
    Albert Ortheiler war der erste jüdische Bürger Bochums, der von den neuen Machthabern ermordet wurde. Doch noch geriet er nicht als Jude in die Mühle der Vernichtung, sondern als vermeintlicher Gegner des Nationalsozialismus. Die frühen Lager waren Lager der politischen Rache, ihre Zeit ging bis etwa 1935/​36. Bis dahin war der Widerstand gegen die Nazis weitgehend gebrochen und der Terror suchte sich neue Opfer. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 24.01.2022Das Erste
  • Aus heutiger Sicht, in der historischen Rückschau, scheint es folgerichtig, was damals geschah. Wir Heutigen wissen auch, dass die deutsch-deutsche Teilung zwar lange dauerte, aber letztlich nicht unumkehrbar war. Und es scheint logisch und geradezu zwangsläufig, dass es die demokratische Werteordnung des Grundgesetzes von 1949 ist, die sich als Basis der Gesellschaft auch des wiedervereinigten Deutschlands durchgesetzt hat. Die Deutschen im Jahr 1949 konnten all das nicht einmal ahnen. Sie erlebten im Osten und im Westen ein historisches Experiment ohne Beispiel.
    Eine Situation des radikal Neuen, das Hoffnung weckte, aber auch Ängste auslöste. Was, wenn man mit den Staatsgründungen einen historischen Fehler beging? Was, wenn man doch nicht in der Lage wäre, den Fluch des Faschismus zu überwinden? Aber auch: Was, wenn man nun endlich ein besseres Deutschland schaffen könnte? Die Dokumentation will nicht nur die wesentlichen Ereignisse rund um die beiden Staatsgründungen im Jahr 1949 rekonstruieren, sondern auch das Lebensgefühl der Zeit, mit viel Archivmaterial und mit den Erinnerungen von Menschen, die diese Zeit intensiv erlebt haben: Günther Dohmen war damals Student und Hilfskraft im Parlamentarischen Rat, Hans Modrow ein FDJ-Aktivist im Lokomotivwerk, Heinz Schwarz ein angehender CDU-Politiker im Rheinland und Charlotte Knobloch eine junge Holocaust-Überlebende, die ihre Heimatstadt München eigentlich schnell wieder verlassen wollte.
    Gemeinsam schildern sie den Beginn einer politischen und gesellschaftlichen Reise, deren Verlauf und Ziel damals noch ganz offen waren. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.05.2019Das Erste
  • Ulrich Würdemann und Didier Lestrade (Foto) begehrten mit Act Up gegen das Schweigen der Gesellschaft auf.
    Das ist die Geschichte von Tod und Überleben, Ausgrenzung und Hoffnung, von schweren Niederlagen und großen Erfolgen. Zu Beginn half nichts gegen das Virus. Eine HIV-Infektion schien der sichere Tod. Als Anfang der 80er Jahre die ersten Patienten in San Francisco, Paris oder Berlin an hohem Fieber, Lungenentzündung und Pilzinfektionen erkrankten, waren die Ärzte ratlos. Die meisten Betroffenen waren homosexuelle Männer, doch woran sie erkrankt waren, wusste man nicht. Panik vor Ansteckung machte sich breit, Regierungen schwankten zwischen Ausgrenzung und Aufklärung. Fieberhaft forschte die Wissenschaft an Medikamenten und einem Impfstoff, ein Kampf um Leben und Tod begann.
    HIV und Aids wurden zum Schreckgespenst einer ganzen Generation. Bald gab es einen Test und man kannte die Übertragungswege des Virus. Erste Medikamente kamen auf den Markt und schufen oft nur weiteres Leid. Tausende erkrankten. Als es gelang die Epidemie durch aufwendige Aufklärungskampagnen und mit Hilfe teurer Medikamente in der westlichen Welt in den Griff zu bekommen, verlagerte sich die Krankheit nach Asien und Afrika und forderte nun Millionen Tote. Bis heute. Der französische Arzt und Virologe Willy Rozenbaum behandelte den ersten Aids Patienten Europas.
    Dietmar Schranz und Dirk Ludigs waren als junge schwule Männer plötzlich mit einer todbringenden Krankheit konfrontiert. Sabine Weinmann kämpfte um ihr Leben und in der Aidshilfe für andere. Ulrich Würdemann und Didier Lestrade begehrten mit Act Up gegen das Schweigen der Gesellschaft auf. Isabelle und Barbie Breakout klären heute über die Erfolge der HIV Forschung auf und Nikolay Luchenkov berichtet von der schwierigen Situation Aidskranker in Russland. In dieser Dokumentation werden die Erfolge, aber auch fatale Fehler und tödliche Niederlagen gezeigt.
    Es ist eine Geschichte vom Sterben, aber auch vom Überleben. Von Menschen, die um ihr Leben kämpften. Opfer, die missbraucht wurden als Versuchskaninchen fehlgeschlagener medizinischer Therapien. Ärzte und Wissenschaftler, die sich für die Forschung aufopferten. Regierungen, die die Seuche zu lange ignorierten. Es geht um Ausgrenzung, aber auch um den hohen Wert weltweiter Aufklärungs- und Informationskampagnen in den vergangenen Jahrzehnten. Es ist eine Blaupause für den Umgang mit einer globalen Epidemie. Viele haben vergessen was Aids bedeutet. Diese Dokumentation erzählt davon. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.12.2021Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 05.12.2021ARD Mediathek
  • Als Dreijährige getrennt, überleben die jüdischen Zwillinge Adam und Ida den Holocaust und finden sich erst 53 Jahre später wieder. „Wir wissen, dass wir es sind“, sagt Ida. Aber ist es ein Happy End?
    Die jüdischen Zwillinge Adam und Ida Paluch sind drei Jahre alt, als sie 1943 im jüdischen Getto der damals schlesischen Stadt Sosnowiec durch die Nazis voneinander getrennt werden. Ihre Mutter nimmt sich aus Verzweiflung das Leben. Adam kommt ins KZ Majdanek, Ida kann sich verstecken. Beide überleben den Holocaust und werden nach Kriegsende von polnischen Pflegefamilien aufgenommen.
    Adam wird sich seiner jüdischen Herkunft früh bewusst, kennt aber mehr als 50 Jahre lang weder seinen richtigen Namen noch seine Herkunft. Geplagt von der ständigen Frage „Wer bin ich?“, reißt er als Kind immer wieder aus, um seine Familie zu suchen. Als junger Erwachsener heuert er bei der Marine an. Mit dem Ziel, bei jüdischen Gemeinden in aller Welt mehr über seine Herkunft herauszufinden. Ohne Erinnerung an seine frühe Kindheit bleibt die Suche aber erfolglos.
    Ida indes kann sich an das Trauma von Sosnowiec gut erinnern. Mittlerweile lebt sie in Chicago, gibt die Suche nach ihrem Zwillingsbruder aber nie auf. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gibt es neue Hoffnung: Eines Tages meint Ida, ihren Bruder auf einem Zeitungsfoto zu erkennen und nimmt Kontakt auf. Nach einem halben Jahrhundert der Suche fallen sich die beiden 1995 schließlich in die Arme.
    Damit beginnt für beide ein neues Leben. Bedeutet das also ein Happy End? Diese Frage bleibt offen, besonders für Adam, der sein altes Leben in Polen mitsamt Frau und Kindern hinter sich lässt, um zu seiner Schwester in die USA zu ziehen. Sein neuer Lebensabschnitt ist geprägt vom lang ersehnten Gefühl der Zugehörigkeit, aber auch von der Zerrissenheit zwischen der neuen und der alten Welt, zwischen den Religionen, der neuen und der alten Familie. Für ihn verlagert sich die lebenslange Frage des „Wer bin ich wirklich?“ zum „Wer will ich sein?“.
    Der Film erzählt die Geschichte der Zwillinge mithilfe künstlerischer Animationen, welche die oft nur vagen Erinnerungen illustrieren. Die Animationen sind dabei nicht fotorealistisch, sondern auf das Wesentliche reduziert, um das Parabelhafte der Geschichte zu betonen. Dabei verändert sich die Bildästhetik über die Lebensjahre: Die Erinnerungen an die ersten, entscheidenden Lebensjahre sind größtenteils nur schemenhaft; später gewinnen die bildlichen Darstellungen an Konturen, werden „erwachsener“ und realistischer. Dabei bleiben die Animationen aber streng subjektiv und sind vor allem eine Verbildlichung von Adams und Idas ganz persönlichen Erinnerungen, die einzelne Gegenstände oder Gefühle in den Fokus rücken, andere Dinge oder Figuren aber ausblenden oder nur schemenhaft darstellen.
    Ergänzt werden die Bilder durch ein sorgfältiges Sounddesign, welches eindringliche Klangwelten schafft, um die Erinnerungen und Gefühle der Zwillinge zu illustrieren: das Lachen der Mutter, das Schlagen der Soldatenstiefel oder das Rattern der Züge. Denn oft sind es die Geräusche und Stimmen, die einem im Gedächtnis bleiben. Ein Film über das Dazugehören und das Verlorensein.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben erzählen Adam und Ida Paluch einem deutschen Filmteam ihre Lebensgeschichte, eine unglaubliche Geschichte über Verlust, Zugehörigkeit und die verzweifelte Suche nach Identität. Dabei ist ein Film entstanden, der eine enorme emotionale Spannweite entfaltet, von den grauenhaften Erlebnissen des Holocaustes über das anrührende Miteinander der alternden Zwillinge bis hin zu den unterhaltsamen Momenten, in denen deutlich wird, mit wie viel Lebensmut und Trotz sie ihr Leben meistern.
    „Adam & Ida“ ist aber auch ein Film über das Verlorensein zwischen den Welten, Religionen und Nationalitäten. Ein Film über alte und neue Wunden, die der Holocaust gerissen hat. Und damit ein unausgesprochenes Plädoyer gegen einen „Schlussstrich“ unter dieses Kapitel der deutschen Geschichte. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.09.2022Das Erste
  • Michal Wnuk ist Pole doch sein Großvater diente als Arzt in der Wehrmacht, er stand auf der ‚anderen Seite‘. Die Fotos zeigen Kriegsgefangene in Frankreich und Russland und den Warschauer Aufstand 1944 aus deutscher Sicht. Schnappschüsse der Krieges, Erinnerungen in schwarz weiß. Bei näherer Betrachtung zeigt sich aber, der Großvater kann die Fotos nicht gemacht haben; denn er war nicht an diesen Kriegsschauplätzen. Michal Wnuk macht sich auf die Suche nach der Herkunft der Fotos. Er entdeckt, dass sein Großonkel, Angehöriger der polnischen Heimatarmee, Besitzer des Kartons war.
    Wie ist er in seine Hände gekommen? Ist er eine Kriegsbeute? Beweismaterial? Auch die 16mm Filme geben Rätsel auf: Die Agfa Aufnahmen zeigen einen Ausflug am Vorabend des Krieges, im Sommer 1939. Wer sind die Menschen auf den Bildern? Was wurde aus ihnen? Seine Suche nach der Herkunft der Bilder führt Michal Wnuk schließlich nach Deutschland. Die deutsch polnische Koproduktion ist ein Geschichtskrimi, voller Rätsel und überraschender Wendungen. Ein privater Fund wird zum Resonanzkörper großer Geschichte. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 25.08.2014Das Erste
  • Seit der Finanzkrise wissen die Deutschen, wie sehr Großbanken die Politik erpressen können. Die Bankenrettung sei alternativlos gewesen, behauptet die Bundesregierung, weil ein Scheitern der Finanzwirtschaft eine tiefe Wirtschaftskrise nach sich gezogen hätte. Millionen Arbeitsplätze hätten auf dem Spiel gestanden. Die Politik versprach damals, die Banken künftig stärker zu kontrollieren, um weitere milliardenschwere Rettungsaktionen mit Steuergeldern auszuschließen. Doch nach anfänglichen Fortschritten tauchen inzwischen mehr und mehr Hinweise auf, dass der Versuch, die Banken an die Kette zu legen, abermals scheitern könnte.
    Im Film äußert sich zum ersten Mal Andreas Dombret, der sich als Vorstand der Deutschen Bundesbank entscheidend mit der Kontrolle der Banken beschäftigt hat. Einst selbst Investmentbanker, wechselte er nach der Finanzkrise die Seiten. Er bestätigt, dass es inzwischen Kräfte gebe, die eine Regulierung der Banken rückgängig machen wollten. Dombret hält es für unabdingbar, dass Staaten ihre Banken in guten Zeiten streng kontrollieren, damit Auswüchse wie zur Zeit der Finanzkrise vermieden werden können. Eine effektive Regulierung von Banken aber hat es in Deutschland eigentlich zu keiner Zeit gegeben.
    Mit eindrucksvollem Archivmaterial zeigt der Film, wie die deutsche Bankenwelt entstanden ist und wie sie sich immer wieder einer Kontrolle durch den Staat entzogen hat. Von Beginn an verfolgten Großbanken wie die Deutsche Bank, Commerzbank oder Dresdner Bank das Ziel, ihre Geschäfte niemandem unterzuordnen. Im Gegenteil: Durch vielfältige Beteiligungen dehnten sie ihre Macht immer weiter aus. So wuchs ihr Einfluss auf die deutsche Wirtschaft – und damit auf die Politik. Die Regierungen schauten meist nur hilflos zu oder sorgten durch Gesetzesänderungen oder gar Steuergeschenke für eine weitere Verschärfung der Lage.
    Doch seit der Finanzkrise ist das Spiel ein anderes geworden. Das Ansehen der großen Banken hat schwer gelitten – zudem sehen sie sich heute mit dem Wunsch der Wähler konfrontiert, dass die Politik ihre Macht endlich wirkungsvoll beschneidet. Doch wird das tatsächlich gelingen? „Akte D“ ist eine investigative Dokumentationsreihe, die den Zuschauer auf Spurensuche in die Vergangenheit mitnimmt, verdrängte Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte neu beleuchtet und mit Mythen und Legenden aufräumt. Die erste Staffel dieses Formats wurde 2015 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 28.01.2019Das Erste
  • Die Bundeswehr – eine moderne und demokratische Armee. So sieht sie sich selbst und so möchte sie wahrgenommen werden. Doch 2017 wurde der Offizier Franco A. verdächtigt, als Flüchtling getarnt Anschläge auf Politiker geplant zu haben. Für die Bundeswehr besonders pikant: Franco A. war intern schon zuvor mit einer rassistischen Magisterarbeit aufgefallen. Der Fall Franco A. löste eine hitzige Debatte über Rechtsextremismus und Wehrmachtstradition in der Bundeswehr aus. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sprach öffentlich von Haltungsproblemen in der Truppe und ging in die Offensive.
    Sie ließ alle Kasernen nach Wehrmachts-Andenken durchsuchen und unterschrieb im März 2018 einen neuen Traditionserlass mit neuen Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege. Der Fall Franco A. und seine Folgen zeigen, wie sehr die Bundeswehr mit sich selbst und ihrem Erbe ringt. Aber warum ist das so? Und wie viel Wehrmacht steckt heute noch in der Bundeswehr? Schon bei ihrer Gründung 1955 bestand die Bundeswehr anfangs großteils aus ehemaligen Wehrmachtssoldaten. Gegen den alten Geist wollten einige Reformer die Bundeswehr klar von der Wehrmacht abgrenzen.
    Sie gaben der Truppe ein neues Leitbild, die sogenannte „Innere Führung“. Der Soldat sollte ab jetzt demokratische Werte verinnerlichen und ein Staatsbürger in Uniform sein. Doch das Verhältnis zur Wehrmacht blieb vage. Viele Traditionalisten sahen Hitlers Armee weiterhin als militärisches Vorbild. Der Streit zwischen Reformern und Traditionalisten prägt die Bundeswehr bis in die Gegenwart. Die Dokumentation zeigt: In Teilen der Truppe eine Militärkultur, in der Wehrmacht-Verehrung und Rechtsextremismus auf fruchtbaren Boden fallen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 21.01.2019Das Erste
  • Deutschland ist ein Volk von Mietern. In kaum einem anderen Land lebt ein so großer Anteil der Bevölkerung zur Miete – mehr als 50 Prozent. Noch vor kurzer Zeit schien die Wohnungsfrage in Deutschland gelöst. Dank staatlicher Wohnungspolitik und Wohnungsbauförderung gehörte es zum Selbstverständnis des Landes, dass man unabhängig vom Einkommen in einer bezahlbaren Mietwohnung leben kann. Doch das hat sich grundlegend geändert. Heute herrscht besonders in Großstädten wieder Wohnungsnot. Bezahlbarer Wohnraum ist knapp und umkämpft, das Kräfteverhältnis von Mietern und Vermietern gerät mehr und mehr in Schieflage. Das Problem wird noch dadurch verschärft, dass große Investoren aus dem In- und Ausland mit hohen Renditeerwartungen massiv Wohnungsbestände aufkaufen.
    Wohnungen werden zu einer Anlageform wie Aktien. Die derzeit explodierenden Mietpreise entwickeln sich zu einer Bedrohung für den sozialen Frieden im Land. „Akte D“ geht der Frage nach, warum das Wohnen in Deutschland eigentlich immer teurer wird. Wann hat sich die Wohnungspolitik grundlegend verändert? Aus welchen Gründen und zu welchem Zweck? Und gibt es sogar Profiteure der zunehmenden Wohnungsnot? Dazu unternehmen die Autorinnen in ihrer Dokumentation eine historische Spurensuche, beginnend mit dem Wohnungselend im Kaiserreich, über die Gründung der ersten Wohnungsbaugenossenschaften und den staatlich geförderten Massenwohnungsbau der Weimarer Republik, die staatlichen Maßnahmen gegen die Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg in Ost und West, die Entwicklung von Vorstädten und Innenstädten in den 60er und 70er Jahren bis hin zu den Deregulierungen und Privatisierungsexzessen der 90er Jahre und den Auswirkungen der liberalisierten Finanzmärkte seit der Jahrtausendwende.
    Die Dokumentation fragt vor allem nach den entscheidenden Weichenstellungen durch die Politik, den Motiven und Erfolgen von gemeinnützigem und sozialem Wohnungsbau und den Gründen für sein faktisches Verschwinden. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.03.2017Das Erste
  • Erst jüngst hat der Abgasskandal bei VW und anderen Herstellern das Vertrauen in die deutsche Autoindustrie erschüttert. Absichtlich wurden Kunden betrogen und mit manipulierten Dieselmotoren die Umwelt vergiftet. Während die Konkurrenz aus Japan und den USA bereits Hybrid- und Elektro-Autos verkauft, hat die deutsche Autoindustrie offensichtlich allzu lange auf das falsche Pferd gesetzt. Aber die Panik in den Chefetagen der deutschen Autokonzerne hält sich in Grenzen. Dies hat einen einfachen Grund: Die Manager wissen, dass jeder siebte Arbeitsplatz in Deutschland vom Wohlergehen der Branche abhängt.
    Dies verschafft der Autolobby einen ungeheuren Einfluss. Sie tut alles dafür, dass die Politik den deutschen Autoherstellern stets den Weg in eine sichere Zukunft ebnet. „Akte D“ fragt: Wie groß ist die Macht der Automobilbranche in Deutschland? Wie ist die Nähe zwischen den Konzernen und der Politik entstanden? Und wird sie auch weiter dazu führen, dass die Politik auf Kosten der Steuerzahler alle Wünsche der Autoindustrie erfüllt? (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 20.03.2017Das Erste
  • Deutsche TV-PremiereMo 20.03.2017Das Erste
  • Der Deutsche Bauernverband ist eine der mächtigsten Lobbyorganisationen, die es in der Bundesrepublik gibt. Er habe einen ähnlich großen Einfluss auf die Politik wie die deutsche Autoindustrie. Allerdings setzt die Bauernlobby ihre Interessen oft im Stillen durch. Wie aber ist dieser Machtfaktor entstanden? Und wie ist es ihm immer wieder gelungen, Gesetze zu beeinflussen? Ein Grund liegt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Lebensmittel waren knapp und Landwirte wichtig, so wie während des Nationalsozialismus.
    Die Bundesregierung wurde auch mit der Drohung unter Druck gesetzt, dass sich Landwirte, denen es im Dritten Reich gut ergangen war, schnell wieder radikalisieren ließen. Das verfing: 1955 legte die Bundesregierung per Gesetz den Grundstein für das heutige Subventionssystem. Bauern wurde die Abnahme wichtiger Erzeugnisse zu festen Preisen garantiert. Diese Preisgarantie war auch der entscheidende Faktor auf dem Weg zu immer größeren Höfen. Anders war die Situation in Ostdeutschland.
    Hier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg Großbauern mit mehr als 100 Hektar Land enteignet. Entschädigungen erhielten sie keine. Deshalb flohen viele in den Westen und wagten einen Neuanfang. Die, die blieben, landeten in der LPG. Im Westen wuchs Europa zusammen. Doch der Bauernverband blockierte lange einen europäischen Getreidepreis. Der Grund: Deutsche Bauern sollten nicht so wenig verdienen wie ihre Kollegen in Italien oder Frankreich. Erst nach der Zusicherung zusätzlicher Subventionen für deutsche Landwirte stimmte der Bauernverband doch dem einheitlichen europäischen Getreidepreis zu.
    Nach dem Fall der Mauer 1989 entschied die Bundesregierung, die gut 4000 LPGs der DDR zu privatisieren. Käufer waren oft die alten LPG-Vorsitzenden. Sie wussten, wie viel das Land wert war, und nutzten mitunter juristische Tricks. Der Bauernverband nahm die landwirtschaftlichen Großgrundbesitzer, die roten Barone, wie sie im Osten genannt wurden, gerne auf. Nicht wenige machten sogar Karriere im Verband. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 14.01.2019Das Erste
  • Uwe Steinbach aus Hamburg will nicht mitansehen, wie Menschen in einer der reichsten Städte Europas Not leiden müssen. Deshalb engagiert sich der 70-Jährige bei der Kleiderkammer der Caritas. Hier können notleidende Menschen Jacken, Mützen und Schuhe fast umsonst bekommen. Uwe Steinbach hilft bei der Ausgabe und fährt die Spenden durch die Stadt. Dabei ist Uwe Steinbach selbst ein Sozialfall. Er bekommt um die 600 Euro Rente. Der Staat stockt seine geringen Bezüge auf, damit er wenigstens nicht unter die Armutsgrenze rutschen muss. Ein Fall von Tausenden.
    Drei Prozent der Alten leben in Deutschland in Armut. Ihre Zahl wird sich vermutlich verdoppeln in den nächsten Jahrzehnten. Und diejenigen, die etwas mehr bekommen, müssen mit Kürzungen rechnen. „Akte D – Die Rentenlüge“ untersucht, wieso es den Politikern bis heute nicht gelungen ist, eine verlässliche und sichere Rentenpolitik zu betreiben. 60 Jahre nach der großen Rentenreform von 1957 stellt sich die Frage, ob die Fehler in der Vergangenheit liegen oder ob es sich um ein neues Phänomen handelt. Nach und nach enthüllt der Film, dass in der Tat viele Probleme hätten vermieden werden können.
    Von Anfang an hatte der Kölner Wilfrid Schreiber mögliche Schwierigkeiten vorhergesehen und Lösungen vorgeschlagen. Doch anstatt auf den Vater der großen Rentenreform zu hören, wurde immer wieder kurzfristig gedacht. Wahlversprechen sorgten allzu oft für falsche Entscheidungen, die im Laufe der Jahrzehnte die Rente immer weiter gefährdeten. Wilfrid Schreiber warnte bereits 1957 vor der demografischen Entwicklung in Deutschland, nach der es immer mehr Alte geben würde und arbeitete Gegenmaßnahmen aus. Konrad Adenauer bügelte seine Berechnungen ab mit den Worten: „Kinder kriegen die Menschen immer!“ Es war die erste Fehleinschätzung – das erste Glied einer langen Kette von falschen Entscheidungen.
    „Akte D – Die Rentenlüge“ entdeckte die handschriftlichen Entwürfe des „Schreiber Plans“ im Rheinisch Westfälischen Wirtschaftsinstitut in Köln. Damit lässt sich zweifelsfrei belegen: Schreiber entwarf in den 50ern zahlreiche wirksame Konzepte, um die Rente über viele Jahrzehnte auf einen sicheren Boden zu bringen. Der ehemalige Arbeitsminister Walter Riester, SPD, dem die Aufzeichnungen zum ersten Mal vorlagen, gibt ehrlich zu: „Er (Schreiber) hätte wahrscheinlich Recht gehabt, wenn wir nicht politische Entscheidungsträger hätten, die im Zwei, Drei oder höchstens Vier-Jahres-Zyklus solche Tatsachen durchsetzen, sondern auch unbequeme, notwendige, zwingende Veränderungen langfristig durchsetzen würden.“ Norbert Blüm, CDU Arbeitsminister von 1982 bis 1998, hält es für fatal, dass Politiker Gesetze gegen die Grundideen Wilfrid Schreibers durchgesetzt haben.
    Dabei hat er selbst 1982 die Rentenkassen belastet, um auf dem Arbeitsmarkt Stellen für Junge zu schaffen.
    Die Dokumentation geht der Frage konsequent nach und liefert auch für zukünftige Rentendiskussionen interessante Hintergründe. Dabei ist es immer wieder erstaunlich, wie viele Antworten Wilfrid Schreiber schon 1957 für Probleme von heute liefern konnte. Wirtschaftswissenschaftler Professor Althammer sagt dazu im Film: „Man kann sicherlich sagen, dass vieles von dem, was Wilfrid Schreiber in seinem sogenannten Schreiber-Plan niedergeschrieben hat, sozusagen eine Blaupause für das sein könnte, wonach man auch heute noch eine Rentenreform ausrichten kann.“ (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 06.03.2017Das Erste
  • Innenansicht der nationalsozialistischen Diktatur: Nach der Machtübernahme Hitlers beobachtet das Diplomatische Korps in Berlin wie die neue Regierung den gesamten Staatsapparat unter ihre Kontrolle bringt. Die Botschafter berichten regelmäßig nach Hause. In ihren Berichten spiegelt sich Angst, Sorge und Abscheu wider, aber auch Faszination und Opportunismus. Manche Warnung stößt auf taube Ohren. Im Juli 1933, wenige Monate nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, kommt William E. Dodd mit seiner Familie nach Berlin.
    Seine Ernennung zum Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika durch Präsident Roosevelt sorgt für allgemeine Überraschung. Als Historiker und Universitätsprofessor hat er keinerlei Erfahrung mit der Diplomatie und kennt nicht ihre sprachlichen Codes. In der französischen Botschaft beobachtet unterdessen der erfahrene Diplomat André François-Poncet bereits seit zwei Jahren den Aufstieg der NSDAP, deren Propaganda es zunehmend gelingt, ein krisengeschütteltes Volk für sich zu begeistern.
    Innerhalb weniger Monate bringen die Nationalsozialisten zwar den gesamten Staatsapparat unter ihre Kontrolle, in den diplomatischen Kreisen jedoch fühlen sie sich nicht recht wohl – abgesehen von ein paar wenigen, darunter Hermann Göring oder der Gestapo-Chef Rudolf Diels, die bald zu gern gesehenen Gästen bei den mondänen Botschafts-Diners werden. Hitler selber erscheint nur selten. Die zahlreichen Empfänge werden immer mehr zum Tummelplatz für Spione, zum Schauplatz für Intrigen, Liebeleien, Informationen.
    William E. Dodds Tochter Martha beginnt gar Affären mit SS-Männern und Sowjet-Attachés. Bis zum Kriegsausbruch 1939 beobachten die Diplomaten den Aufstieg der NS-Diktatur mit einer Mischung aus Angst, Sorge und Abscheu, aber auch Faszination und Opportunismus, und berichten in ihre Hauptstädte. Manche Warnung, gerade auch vor der deutschen Aufrüstung, stößt dort auf taube Ohren … Die Autoren Pierre-Olivier François und Jean-Marc Dreyfus haben geheime Botschaftsberichte, Tagebücher und Erinnerungen ausgewertet und konnten auch zahlreiche neue Quellen nutzen, darunter das Privatarchiv der Familie François-Poncet.
    „Als Botschafter bei Hitler“ liefert anhand eines facettenreichen Personentableaus eine ungewöhnliche Innenansicht des „Dritten Reichs“ und stellt aus einer neuen Perspektive die entscheidenden Fragen jener Jahre: „Wie konnte es dazu kommen? Hätte Hitler gestoppt werden können? Wie hat alles begonnen?“ Eine Produktion von Blueprint Film und A.P.C in Koproduktion mit rbb/​ARD und France Télévisions. Gefördert von FFF Bayern und CNC. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.03.2021Das Erste
  • Ja oder nein zum Kriegsdienst an der Waffe? Diese Frage beschäftigte jahrzehntelang hunderttausende junger Männer in West- und Ostdeutschland. Es war ein großes Thema, das Familien unter Druck setzte und die Gesellschaft einst auch spaltete. Dabei schien das Grundgesetz der Bundesrepublik eindeutig und legte fest: „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden.“ Die Verweigerung hätte also unproblematisch sein müssen. Doch das Gegenteil war der Fall. Verweigerer wurden besonders in den 1970er und 80er Jahren von staatlichen Stellen geradezu drangsaliert.
    In inquisitorischen Verfahren wurde ihr Gewissen geprüft. Besonders berüchtigt waren die sogenannten Notwehr-Fragen der Gewissensprüfer: „Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit ihrer Freundin im Wald spazieren. Plötzlich springt eine Horde Russen hinter einem Busch hervor und will ihre Freundin vergewaltigen. Sie haben eine Maschinenpistole dabei: Was tun Sie?“ Wer die Gewissenprüfung bestand, der wurde Zivildienstleistender und galt viele Jahre der Mehrheit als Drückeberger.
    Es dauerte, bis die Zivis akzeptiert waren. In der DDR gab es keinen Zivildienst, aber mutige, junge Männer, die nicht an der Waffe dienen wollten. Sie mussten dennoch zur Nationalen Volksarmee. Als Bausoldaten. Sie wurden wie Staatsfeinde behandelt und mussten dennoch für ihn schuften. In unserer Dokumentation erzählen wir die Geschichte eines Bausoldaten, der in der damaligen Großkaserne Prora auf Rügen kaserniert war. Wir treffen einen Verweigerer, der der erste in seinem Heimatdorf war und sich an die quälenden Verfahren der Gewissenprüfung erinnert.
    Und wir begleiten einen westdeutschen Totalverweigerer auf seiner Reise in die Vergangenheit. Totalverweigerer lehnten auch den Zivildienst ab, da er im Kriegsfall dazu beiträgt, die „Heimatfront“ aufrecht zu erhalten. Als jemand, der jeden Dienst für den Krieg ablehnt, wurde er zu acht Monaten Haft verurteilt. Parallel zu den Biografien erweckt die Dokumentation – mit eindrücklichem Archivmaterial – das gesellschaftliche Klima und politische Auseinandersetzungen wieder zum Leben. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.03.2018Das Erste
  • Das nukleare Gerassel zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten von Amerika weckt bei vielen Menschen Erinnerungen an die Zeit, als der „Kalte Krieg“ Millionen Deutsche auf die Straßen trieb, um im „Heißen Herbst“ gegen neue Atomwaffen in Europa zu demonstrieren. Kürzlich freigegebene, ehemals TOP SECRET Dokumente belegen heute: 1983 ereignete sich mitten in Deutschland eine zweite Kuba-Krise. Nur Minuten trennten die Welt von einem Atomkrieg, der Deutschland zum letzten Schlachtfeld gemacht hätte. ARD-Autor Andreas Orth erinnert mit seiner Zeitreise an diese Jahre, die Deutschland auch spalteten.
    Es ging damals vor allem um die Stationierung neuer sowjetischer und amerikanischer Mittelstreckenraketen. Es war die größte Protestwelle gegen eine Entscheidung des Bundestages in der Geschichte der Bundesrepublik. Auch die Popmusik wurde von der Angst vor einem Atomkrieg geprägt. Gruppen wie Genesis, Alphaville und sogar Boney M spiegelten die Angst vor dem nuklearen Desaster in ihren Songs. Mit Stricknadeln, Sitzblockaden, Menschenketten und Latsch-Demos mobilisierten vor allem kirchliche Gruppen und 5000 lokale Friedensinitiativen gegen die atomare Aufrüstung.
    Sie sahen die Welt und besonders Deutschland am Rand des Untergangs. Die Stasi versuchte, an manchem Friedensmanifest im Westen mitzuwirken, bekämpfte aber die Friedensbewegung, die sich damals auch in der DDR bildete und die – wie wir heute wissen – einen starken Einfluss auf die Wende hatte. Andreas Orth begibt sich auf Spurensuche, besucht die alten Friedensaktivisten aus Mutlangen, dem Hunsrück und der Kleinstadt Nottuln bei Münster, die heute noch aktiv sind.
    Sie erzählen, wie sie es damals – ganz ohne Facebook und soziale Medien – schafften, die Straßen in Stadt und Land zu erobern. Auch der legendäre Spielfilmregisseur Edgar Reitz schildert seine Erfahrungen mit der Friedensbewegung während der Dreharbeiten für seine „Heimat“-Trilogie. Als der damalige US Präsident Ronald Reagan und Russlands Michail Gorbatschow die Verträge über die Abrüstung der Mittelstreckenraketen schlossen, dünnte die Friedensbewegung aus.
    Die gewaltigen Bunkeranlagen für die nuklearen Cruise Missiles im Hunsrück dienen heute als Bühne für das Technofestival Nature One. In den Atombunkern von Mutlangen, weil lange immer wieder von Aktivisten blockiert, lagert heute Streusalz für die Gemeinde. Doch 30 Jahre nach dem Inkrafttreten der Abrüstungsverträge droht deren Aufkündigung, und die alten Großmächte planen wieder eine nukleare Aufrüstung. Vor einer neuen gefährlichen Situation für Europa warnt der SPD-Politiker Erhard Eppler, der damals einer der schärfsten Kritiker der sogenannten Nachrüstung war. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.03.2018Das Erste
  • Wer sich heute demonstrativ rechts verortet, stellt die Werte einer offenen und liberalen Gesellschaft in Frage. Der Film von Autor und Regisseur Falko Korth hinterfragt Geschichte und Gegenwart der sogenannten „Neuen Rechten“: Woher sie kommen, was sie denken und wohin sie wollen. Woher kommen die Ideen der sogenannten „Neuen Rechten“? Auf wen berufen sich ihre Akteure? Was sind ihre Thesen? Die Dokumentation von Autor und Regisseur Falko Korth zeichnet die Kontinuität völkisch-nationalistischer Denktraditionen in Deutschland und Frankreich nach und zeigt, dass die heutigen „neuen“ Rechten nicht aus dem Nichts heraus entstanden sind. Wichtiger Bezugspunkt sind die Schriften Armin Mohlers, der in den Nachkriegsjahren der Bundesrepublik mit seinem Werk zur „Konservativen Revolution“ zum meinungsstarken Vertreter rechtskonservativer Kreise aufstieg.
    Der radikale Ernst Jünger und mit ihm Männer wie der Jurist Carl Schmitt und der Philosoph Oswald Spengler sind heute dank Mohler Säulenheilige der „Neuen Rechten“. Armin Mohlers Ideen beeinflussen auch die französischen Nouvelle Droite um Alain de Benoist. Er gründet 1968 mit Gleichgesinnten GRECE, eine neofaschistische Denkfabrik. Das Ziel: die „Kulturrevolution von rechts“. Die „Neuen Rechten“ geben sich modern und intellektuell, doch hinter der Fassade stecken altbekannte antidemokratische bzw. rassistische Denkmuster. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 31.01.2022Das Erste
  • Die Geschichte des faschistischen Hochstaplers Fritz Julius Kuhn ist so unbekannt wie erschreckend: Kuhn ist ein deutscher Auswanderer, der sich in den 1930er-Jahren in den USA als Hitlers Stellvertreter ausgibt. Er steht an der Spitze des Amerikadeutschen Bundes, einer faschistischen Vereinigung von deutschstämmigen Amerikanern. Die Anhänger dieses Vereines marschieren mit Hakenkreuzfahnen und in Nazi-Uniform im Stechschritt durch New York City, Chicago oder Los Angeles. Sie versammeln sich zu Tausenden in Stadien und singen das Horst-Wessel-Lied. Das FBI unterschätzt Kuhn und seine Bewegung.
    Hitler will ihn stoppen, schafft es aber nicht. Erst ein deutschstämmiger Journalist bringt Kuhn zu Fall. Sein Name: John C. Metcalfe. Unter seinem deutschen Namen Oberwinder schleicht er sich in den Amerikadeutschen Bund und recherchiert undercover. Als rechte Hand von Kuhn erlebt er, was dieser wirklich im Schilde führt: ein faschistisches, antisemitisches Amerika nach deutschem Vorbild. Im September 1937 lässt Metcalfe die Bombe platzen und veröffentlicht in der Chicago Daily Times seine Erlebnisse aus dem Innern des Amerikadeutschen Bundes.
    Die Artikelserie macht den Amerikanern klar: „It can happen here!“ Die USA sind vom Faschismus bedroht! Nun nimmt auch das FBI den Kampf gegen Fritz Kuhn auf. Es wird ein Katz-und-Maus-Spiel, denn Kuhn ist mit allen Wassern gewaschen. Am Ende stürzt er über einen Steuerbetrug. Kuhn wird 1939 zu einer Haftstrafe verurteilt. Damit ist auch das Schicksal des Amerikadeutschen Bundes besiegelt, ohne Führer löst er sich auf. Kuhn muss nach der Haft seine US-Staatsbürgerschaft abgeben. Während des Zweiten Weltkrieges lebt er in einem US-Internierungslager.
    Nach Kriegsende wird er im September 1945 nach Deutschland deportiert. Dort muss er sich vor einer Spruchkammer verantworten. Diese verurteilt ihn zu zwei Jahren Haft. Bei der Urteilsverkündung erklärt er grinsend, er werde nie wieder eine Organisation gründen. Im Dezember 1951 stirbt er verarmt und einsam in München. Erst Monate später meldet die New York Times seinen Tod in einer Randnotiz. Kuhns Propaganda-Arbeit und das gewaltige Presse-Echo sind ein Glücksfall für die Dokumentation ‚The American Führer‘. Regisseurin Annette Baumeister verwendet in ihrer Dokumentation einen nahezu unbekannten Fundus an Filmen, Fotos und Aufzeichnungen.
    Mit eindrucksvollen Bildern zeigt sie, in welchem Ausmaß Fritz Kuhn und der faschistische Amerikadeutsche Bund in Amerika agierten. Erstmals berichtet Howard H. Metcalfe, Sohn des Undercover-Journalisten John C. Metcalfe, über die Erlebnisse seines Vaters im Bund. Ebenfalls zu Wort kommen die Historiker Bradley W. Hart, Arnie Bernstein, James Calaski und die Historikerin Cornelia Wilhelm. Produziert wurde die Dokumentation von TANGRAM International, gefördert durch FFF Bayern. Exakt – Die Story (Text: tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.06.2022Das ErsteDeutsche Online-PremiereSo 12.06.2022ARD Mediathek
  • Als Manfred Baumgärtner in der Völklinger Hütte am Hochofen stand, war seine Arbeitswoche unglaubliche 56 Stunden lang. Arbeitsfrei am Samstag? Unvorstellbar! Er trug unzulängliche Arbeitskleidung, nicht einmal feuerfest. Zu den Hochkonjunkturzeiten der Stahlhütte arbeiteten 17.000 Menschen dort. Woran erinnern sich der Stahlwerker, die LPG-Bäuerin, der Bergmann, der Hochseefischer, die Krankenschwester und der Fließbandarbeiter, wenn sie an ihr Arbeitsleben denken? War es Last oder Lust? Maloche oder Kampf um bessere Bedingungen? Sechs Menschen, deren Arbeit heute getrost als Knochenjob bezeichnet werden kann, nehmen die Zuschauer mit in eine Welt, die vielerorts längst mit der Rationalisierung, Automatisierung oder Digitalisierung verschwunden ist: die der schweißtreibenden, körperlichen Arbeit.
    Sie erzählen voller Energie, Humor und Stolz.Mit eindrucksvollem Archivmaterial und zum Teil noch nie gezeigten Bildern aus privaten Beständen entführt der Film in eine Arbeitswelt, die sich junge Menschen heute kaum noch vorstellen können. Und doch ist es keine 60 Jahre her, dass Wilhelm Veith Autos am Fließband per Hand lackierte: im Ganzkörperanzug mit Schutzmaske.
    Frischluft wurde ihm mit dem Schlauch zugeführt. Für den heute 77-jährigen Wilhelm Veith ist genau das Arbeit: sich körperlich zu verausgaben. So war es auch für seinen Bruder und seinen Vater, sie alle arbeiteten bei Opel. Heute ist es eher eine Ausnahme, wenn jemand von seiner Hände Arbeit eine Familie ernähren kann. Veiths Neffe Jörg optimiert jetzt die Arbeitsabläufe im Karosseriebau. Dass diese Tätigkeit ebenfalls Arbeit darstellt, kann sich Wilhelm Veith nur schwer vorstellen.
    Aber er kann das Ergebnis sehen: An den Bändern und Ständen, wo früher hunderte Menschen im Einsatz waren, stehen heute fast nur noch Roboter. Die große Zeit der deutschen Stahlhütten und Kohleminen ist vorbei. Trotzdem erzählen die Menschen in diesem Film auch von der Gegenwart, wenn sie sich an ihre Arbeit erinnern. Denn es gibt ihre Jobs noch immer: globalisiert und oft unter unmenschlichen Bedingungen in Asien, Afrika und Südamerika. Ob in Ost oder West: Alle, die im Film erzählen, kannten den Stolz auf ihre Arbeit genauso wie sie den Druck und die Härte verfluchten.
    Beißende Luft in der Gaskokerei, durchdrungen von Ammoniak, Teer, Benzol und Schwefel. Eintönigkeit der Handgriffe im Dauerlärm der Maschinen. Steigerung der Norm und die Angst, verdrängt zu werden. Arbeitsleben im Wandel – von Bremen bis nach Saarbrücken, von Rüsselsheim bis nach Mestlin in Mecklenburg. Der Film eröffnet persönliche und bewegende Rückblicke auf die vergehende Industriegesellschaft im Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereSa 26.08.2017tagesschau24
  • Aristoteles Onassis (1906 – 1975) steht wie kein Zweiter für Erfolg, Macht und das Jetset-Leben der 1960er und 1970er Jahre. Bekannt wurde der Grieche als Reeder einer der größten Öltankerflotten der Welt. Er war einer der ersten modernen, global agierenden Wirtschaftsstrategen. Er konzentrierte sich nicht nur auf ein Geschäftsfeld, sondern betätigte sich zeitgleich in verschiedenen Bereichen. Auch bei den Frauen war er stets auf der Suche nach Anerkennung. Mit der Opernsängerin Maria Callas verband ihn eine tiefe Liebe, die er aber für den noch größeren Coup aufgab, die Hochzeit mit Jackie Kennedy, der Witwe des US-Präsidenten John Kennedy. Und: Aristoteles Onassis war es, der die Werften im Deutschland in den schwierigen Nachkriegsjahren mit sagenhaften Großaufträgen versorgte. Am Wirtschaftswunder in Hamburg, Bremen und Kiel war er maßgeblich beteiligt. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 13.05.2019Das Erste
  • „Wutbürger“, gesellschaftliche Spaltung, Misstrauen gegen den Staat und die Medien – was klingt wie eine Zustandsbeschreibung der Gegenwart beschreibt erstaunlich treffend auch ein prägendes Ereignis der deutschen Geschichte: Die Eskalation des Konflikts rund um die WAA in Wackersdorf in den späten 1980er Jahren. Die Dokumentation „Atomstreit in Wackersdorf – Die Geschichte einer Eskalation“ rekonstruiert 30 Jahre nach dem „Blutigen Herbst“ von 1987 die dramatische und teilweise äußerst gewalttätige Zuspitzung rund um die WAA und illustriert dabei auch die politisch-gesellschaftliche Gemengelage, aus der es zu einer solchen Radikalisierung kommen konnte.
    Es werden Verbindungen zu den Widerstandsbewegungen in Gorleben und an der Frankfurter Startbahn West aufgezeigt – und zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die der Anti-Atom-Bewegung viel Zulauf verschaffte. Dabei kommen zahlreiche Akteure der Jahre 1985–1989 ausführlich zu Wort: Irmgard Gietl, eine Hausfrau aus der Umgebung der WAA, die bereits Großmutter ist, als sie sich politisiert; Hans Schuierer, der als Landrat von Schwandorf zunächst für die Anlage ist und sie später umso entschiedener bekämpft; und schließlich Peter Gauweiler, der von Franz Josef Strauß in die Oberpfalz geschickt wird, um die Proteste dort unter Kontrolle zu bekommen.
    Selten war die Gesellschaft so gespalten, wie in diesem Moment. Und nirgends zeigt sich diese Spaltung klarer, als in den Gemeinden rund um Wackersdorf. Traditionell ist die Gegend eine absolute CSU-Hochburg: Konservativ und alles andere als aufmüpfig. Auch als die WAA kommen soll, stehen die meisten Bürger dem Projekt positiv gegenüber.
    Doch die massiven Polizeieinsätze verunsichern die Bürger und vor allem die Bauern der Umgebung. Als einige von ihnen Demonstranten bei sich übernachten lassen, werden auf ihren Höfen Razzien durchgeführt. Im Laufe der Zeit schließen sich immer mehr Anwohner der Protestbewegung an. Kulminationspunkt der Dokumentation ist der 10. Oktober 1987, als die Proteste rund um die WAA ihren blutigen Höhepunkt erreichen: Eine von der bayerischen Staatsregierung angeforderte Berliner Spezialeinheit knüppelt am Bauzaun Demonstranten nieder und unterscheidet dabei nicht zwischen gewaltbereiten Chaoten und ganz normalen Bürgern.
    Die Öffentlichkeit ist entsetzt, die Staatsregierung wiegelt ab, Beobachter sprechen von „Bürgerkrieg“. Keine zwei Jahre später wird das Projekt Wackersdorf aufgegeben. Zahlreiche heftige Proteste hat es überlebt – nicht jedoch den Tod seines größten Förderers, Franz Josef Strauß. Doch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des nie vollendeten Großprojekts prägen die Region bis heute. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 18.09.2017Das Erste
  • 45 Min.
    Die deutsche Industrie fördert derzeit 400.000 Neuzuwanderungen im Jahr. So manchen erinnert das an die Gastarbeiteranwerbungen vor 60 Jahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei. Der Film erzählt die Geschichte der Ankunft der Frauen und Männer aus der Türkei, ihre Veränderung, und wie sie unsere heutige Gesellschaft mit entwickeln und prägen. Die deutsche Industrie fördert derzeit 400.000 Neuzuwanderungen im Jahr, um den Industriestandort Deutschland aufrechterhalten zu können.
    So manchen erinnert das an die Gastarbeiteranwerbungen vor 60 Jahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei: Im September 1961 bekamen türkische Facharbeiter und Facharbeiterinnen die Möglichkeit, sich von deutschen Unternehmen anwerben zu lassen. Zehntausende von ihnen verließen daraufhin ihre Heimat, lebten unter hygienisch fragwürdigen Bedingungen in Unterkünften, die ihnen die Arbeitgeber zur Verfügung stellten. Sie arbeiteten in Berufen, für die sie entweder gar nicht oder überqualifiziert waren, und für die sich häufig keine deutschen Bewerberinnen und Bewerber finden ließen.
    Die Regisseurin Gülsel Özkan zeigt in ihrer Dokumentation „Auf nach Almanya“, welche Auswirkungen die gesellschaftlichen Umbrüche in Deutschland auf die Migrantinnen und Migranten hatten. Zu geschichtlichen Meilensteinen gehören beispielsweise die Wirtschaftskrise und der spätere Anwerbestopp sowie die wechselnde wirtschaftliche und politische Situation in der Türkei. Heute leben rund drei Millionen türkeistämmiger Menschen in Deutschland: Türken, Kurden, Armenier, Sunniten, Aleviten, Christen.
    Etwa die Hälfte von ihnen hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Viele sind hier geboren und aufgewachsen. Sie sind nicht mehr nur Arbeiter und Dienstleister, sondern auch Unternehmer, Politiker, Künstler, Wissenschaftler. Im Film begegnen sich Vertreterinnen und Vertreter der so genannten „Erste Generation“ mit denen der „Vierten Generation“. Protagonisten sind unter anderem der ehemalige FC Bayern-Spieler Hamit Haltintop, die Politikerin und Bundesverdienstkreuzträgerin Dr. Lale Akgün, der Bochumer Forscher Professor Onur Güntürkün, der Schriftsteller und Poet Molla Demirel, die gelernte Schneiderin Filiz Taskin und der Münchner Abiturient Kubilay Toptal.
    War für die erste Generation das zentrale Motiv das der immer wieder verschobenen Rückkehr, führte die zweite Generation oft ein Leben zwischen den Stühlen – zwar in Deutschland geboren aber sich trotzdem weder zur türkischen noch zur deutschen Gesellschaft zugehörig fühlend.
    Während der dritten Generation alle Möglichkeiten in Bezug auf Bildung, Wachstumschancen, persönliche Freiheit offenstehen, hegen die Vertreterinnen und Vertreter der vierten Generation die Hoffnung, endlich als „normal“ und „deutsch“ zu gelten, ohne ständig nach der „Herkunft“ gefragt zu werden. Ein unterhaltsames und differenziertes Bild der „Almancilar“ – der „Deutschländer“, der „Deutschtürken“ auf ihrem Weg zum „Türkdeutschen“. Werden sie eines Tages einfach nur „Deutsche“ sein? (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 01.11.2021Das Erste
  • Politische Häftlinge wurden in der DDR zu schwerer Arbeit gezwungen. Wer sich wehrte, riskierte harte Strafen. Die Produkte, die die Häftlinge herstellten, gingen häufig in den Export. Für viele westdeutsche Firmen war die DDR ein Billiglohnland, und die „Knastware“ aus dem Osten landete auf westlichen Wühltischen. Ein Filmteam hat bei seinen Recherchen Zeitzeugen zum Thema „Zwangsarbeit“ befragt. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.10.2015Das Erste
  • Nichts prägte die DDR mehr als ihre Grenzen. Bürger der DDR konnten vor dem Eintritt ins Rentenalter weder ins nichtsozialistische Ausland noch in die Länder der Dritten Welt reisen. Unabhängig davon unterhielt die DDR jedoch ein großes Netz an Diplomaten, Außenhändlern, Auslands- und Reisekadern, die im Auftrag des Staates im Ausland tätig waren. In dieser Dokumentation soll es um die Auslandskader gehen, zu denen auch die Eltern der Regisseurin Sabine Michel gehörten. Aus dem geschlossenen System DDR kommend, sollten sie, gemeinsam mit ihren Familien, in den Zeiten des Kalten Krieges neben der praktischen Entwicklungshilfe vor allem die Idee des Sozialismus in die Welt tragen.
    Auslandskader waren meist Lehrer, Ärzte und Ingenieure, die sich in der Regel für jeweils drei Jahre Aufenthalt in den Ländern der Dritten Welt verpflichteten, um hier an Schulen und Universitäten zu lehren, ganze Industrieanlagen aufzubauen, Land- und Kommunikationstechnik einzuführen oder Krankenhäuser zu betreiben. Sie waren eine privilegierte Minderheit, die sich einem entsprechend strengen Auswahlverfahren stellen musste. Für die Dokumentation befragt Sabine Michel ihren Vater und andere Auslandskader nach ihren Erinnerungen. Mit bewegendem Archivmaterial erzählt sie von sehr unterschiedlichen Auslandseinsätzen und dem dazu gehörenden Spannungsfeld von Außen- und Innenpolitik der DDR. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.02.2019Das Erste

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