Exclusiv im Ersten Folge 23: Staatsgewalt: Wenn Polizisten zu Tätern werden
Folge 23
Staatsgewalt: Wenn Polizisten zu Tätern werden
Folge 23
Jedes Jahr gibt es in Deutschland 2.500 gewaltsame Übergriffe von Polizeibeamten gegen Unschuldige – und die Opfer haben kaum eine Chance auf Aufklärung oder gar Wiedergutmachung. Im Gegenteil: Oft werden sie mit Ermittlungsverfahren überzogen und landen nicht selten selbst auf der Anklagebank. Die Dokumentation „Exclusiv im Ersten: Staatsgewalt“ zeigt aktuelle Fälle und geht der Frage nach, warum Polizeigewalt in Deutschland faktisch straflos bleibt – selbst wenn dabei Menschen zu Tode kommen. Es kann buchstäblich jeden treffen. Oft ist es reiner Zufall, ob eine Situation eskaliert. Die meisten Fälle von Polizeigewalt bleiben allerdings unter dem Radar der Öffentlichkeit. Die Dunkelziffer, sagen Experten, ist riesig. Der Grund dafür ist einfach: Nur wenige Betroffene zeigen die Beamten an und wenn, dann werden die Fälle oftmals systematisch vertuscht. Beamte manipulieren Beweise und Aussagen, decken sich gegenseitig und geben falsche dienstliche Erklärungen ab. Sie kommen damit durch, weil es in Deutschland keine unabhängigen Ermittlungen gibt. Oft wird sogar die eigene Einheit mit der Aufklärung eines Vorfalls betraut. Auch die Nähe von Staatsanwälten und Ermittlern wirkt sich negativ
aus. Kaum ein Vorfall landet vor Gericht – seit 2010 wird im Schnitt in nur 1,97 % der Gewaltdelikte überhaupt verhandelt. Die Folge: In Deutschland muss kaum ein prügelnder Polizist einen Richter fürchten. Deutschland hat ein strukturelles Problem mit rechtswidriger Polizeigewalt. Dennoch hält man in Deutschland unabhängige Ermittlungsstellen – wie es sie in zahlreichen europäischen Nachbarländern gibt – für unnötig. Polizeibeamte haben einen harten Job, und natürlich gehört Gewaltanwendung dazu. Doch es gibt strenge Regeln, und die gesetzeskonforme Anwendung von Gewalt ist Teil der Aus- und Weiterbildung. Werden aber die Regeln gebrochen, kümmert sich keine unabhängige Instanz um die Ahndung. Selbst ein relativ schwaches Instrument, ein Polizeibeauftragter, der analog zum Wehrbeauftragten agieren könnte, wird seit Jahren abgelehnt. Für die Opfer ist das oft verhängnisvoll. Sie müssen nicht nur den Übergriff verkraften, der nicht selten zu dauerhaften gesundheitlichen Problemen führt, sondern erleben, dass ihr Kampf um Gerechtigkeit aussichtslos ist. Die Gewerkschaft der Polizei leugnet das Problem einfach. Für sie gibt es gar keine illegale Polizeigewalt. Nichts könnte weiter entfernt sein von der Wahrheit. (Text: ARD)