2019/2020, Folge 155–164

  • 30 Min.
    Karen Köhler: Miroloi (Hanser)
    Eine Insel im Nirgendwo und eine Dorfgemeinschaft, die archaischen Gesetzen gehorcht: Fiktion und Wirklichkeit – In Karen Köhlers Roman „Miroloi“ begegnen sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Was bedeutet es, keine Eltern zu haben, keinen Namen tragen, keinen Besitz und keine Rechte haben zu dürfen? Wie überlebt ein Kind unter Menschen, die es ausgrenzen, verspotten, zum Freiwild erklären? Das griechische Wort „Miroloi“ bedeutet auf Deutsch „Rede über das Schicksal“. Und so ist der Roman von Karen Köhler eine Parabel über die Natur des Menschen und die Beschaffenheit der Welt, in der er lebt.
    Erzählt wird die Geschichte eines Findelkindes, das als Mädchen beim „Bet-Vater“ der „schönen Insel“ zur jungen Frau heranreift, inmitten einer Dorfgemeinschaft, die weit entfernt von der Zivilisation nach eigenen, grausamen Regeln lebt: Frauen ist es verboten, Lesen oder Schreiben zu lernen, den jungen gebildeten Männern, Kontakt mit Frauen zu haben. Allein die Dorfältesten entscheiden; sowohl über alle Belange des täglichen Lebens als auch über die Gebote in der „heiligen Khorabel“. Verstöße werden öffentlich am Pfahl auf dem Dorfplatz mit Schlägen oder Verstümmelung geahndet.
    Eine Zeit lang scheint die so hergestellte Ordnung im Miteinander der Dorfbewohner zu funktionieren. Doch dann bricht die Außenwelt mit ihrem technischen Fortschritt und der Frage nach einem selbstbestimmten Leben in die bis dahin hermetisch abgeriegelte Gemeinschaft ein. Das bis dahin stabile Konstrukt aus Angst, Vergewaltigung und Strafe gerät ins Wanken. Und das namenlose Mädchen, das sich nun Alina nennt, begehrt auf gegen die unmenschlichen Strukturen und Gesetze der Dorfgemeinschaft – mit weitreichenden Folgen für alle. Karen Köhler entwirft in „Miroloi“ eine Welt, die als überwunden gilt.
    Nach und nach begreifen wir, dass sich auch unsere Gegenwart in diesem Inselvolk spiegelt. Hier werden die entscheidenden Fragen nach dem Gelingen eines gesellschaftlichen Zusammenhalts gestellt, die nach einer Lösung unserer aktuellen Probleme und Themen verlangen: Korruption, Konsumverhalten, Umweltzerstörung, Chancengleichheit, Ausländerfeindlichkeit, sexuelle Gewalt, Flucht und Migration. Natürlich ist „Miroloi“ auch ein Plädoyer zur Selbstermächtigung Einzelner, das Schicksal zu gestalten und sich allein oder gemeinsam mit anderen gegen bedrohliche Verhältnisse zur Wehr zu setzen.
    Robert Macfarlane: Im Unterland (Penguin Verlag)
    Ein Reiseführer durch das „Unterland“, Abenteuerberichte aus dem Innern des Planeten, eine Feier des Lebens und die eindringliche Warnung vor der Zerstörung unserer Natur Robert Macfarlane steigt hinab in die dunkle Welt unter der Erde, denn: „Die Geheimnisse liegen in der Tiefe: Hier fließen Raum und Zeit ineinander.“ Im „Anthropozän“ ist nicht mehr nur die Natur der große Gestalter der Erde, sondern der Mensch gestaltet die Natur. Die Erde ist durchlöchert. Robert Macfarlane riskiert es, auf bisweilen lebensgefährlichen Wegen dort hinein zu steigen und zu berichten, was er sieht.
    Und jedes Mal, wenn er wieder unversehrt an die Oberfläche gelangt ist, teilen wir seine Freude über die Schönheiten der Landschaft unter der wärmenden Sonne oder dem von Mond und Sternen erleuchteten Nachthimmel. Tief berührt haben wir durch ihn Orte und Dinge gesehen, die den meisten Menschen verborgen bleiben: Viele tausend Jahre alte unterirdische Begräbnisstätten, Menschen, die in Stollen unter dem Meer nach schwarzer Materie forschen, das gigantische Katakombenlabyrinth von Paris, vorzeitliche Höhlenmalereien auf den Lofoten, sternenlose Flüsse in Italien, unterirdische Gletscher in Slowenien, das Innere eisblauer Gletscherspalten auf Grönland und ein in die tiefsten Tiefen gebautes Atommüll-Endlager in Finnland.
    „Zwei Millionen Tonnen Felsgestein und Bentonit, um die Behälter zu versiegeln und die Zukunft vor der Gegenwart zu schützen.“ Aber wie formuliert oder gestaltet man einen Warnhinweis für die Nachfahren, der auch nach 100.000 Jahren noch verstanden wird? Wie in seinen früheren Büchern ist Robert Macfarlane fasziniert von den „Beziehungen zwischen Landschaften und dem Inneren des Menschen“ (R. Macfarlane).
    Seine einheimischen Führer, die ihm den Weg ins „Unterland“ weisen, stehen deshalb mit im Zentrum seiner Berichte. Sie zeigen ihm, auf wie vielfältige Weise Menschen die Erde verändern, ausbeuten und sie im Gegenzug dafür wieder mit ihrem giftigen Abfall auffüllen. Wir erfahren, wie unser Umgang mit der Natur das Artensterben beschleunigt.
    Wir werden gewarnt vor der sogenannten „Arteneinsamkeit, die die tiefe Isolation benennt, in die wir uns begeben, indem wir alles andere Leben ausradieren, mit dem wir uns die Erde teilen.“ Robert Macfarlane ist der Natur verfallen. Sein ebenso poetischer wie ergreifender Bericht aus der Tiefe unseres Planeten wird begleitet von wachsendem Staunen und tiefer Sorge über das, was sich offenbart. „Welches Erbe hinterlassen wir den nach uns kommenden Generationen, aber auch den nach uns kommenden Zeitaltern und Spezies? Sind wir gute Vorfahren?“
    Empfehlung: Christian Seiler: Alles Gute. Die Welt als Speisekarte (Echtzeit Verlag)
    Denis Scheck: „Dieses notwendige, auf jeder Seite seine Unentbehrlichkeit belegende und überdies herausragend schön gestaltete Buch ist gleichermaßen Augenweide, Handschmeichler und Magentrost. „Alles Gute“ ist ein Buch, das man mit umgebundener Serviette lesen muss und an dem man seine Zunge schulen, seinen Gaumen trainieren und seinen Geist wetzen kann. Christian Seiler kann einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Er verbindet eine Leidenschaft fürs Reisen mit einer Leidenschaft fürs Essen und Trinken, und Christian Seiler verfügt über die seltene Gabe, das, was er unterwegs zu sich nimmt, mit einer höchst sensiblen Sprache zu beschreiben …“ Und wie immer in „druckfrisch“: Der lustvoll pointierte Kommentar zur Spiegel-Bestsellerliste, diesmal: „Belletristik“, musikalisch eingeläutet von Thees Uhlmann. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 15.09.2019Das Erste
  • 30 Min.
    Nora Bossong: Schutzzone (Suhrkamp):
    Frieden, Wahrheit, Gerechtigkeit, Versöhnung und Übergang heißen die Kapitel dieses Romans, und Genf, Bonn, Bujumbura, Den Haag sind die Orte, zu denen wir mit seiner Protagonistin Mira gelangen, einer Mitarbeiterin der Vereinten Nationen, die mit einer verwehenden Liebe und der grauenvollen Erinnerung an Massaker irgendwo in Afrika fertig zu werden versucht. Aber wer ist Mira wirklich? Was hat sie erlebt? Mit wem gesprochen? Und trägt sie für irgendetwas von all dem Verantwortung? „Man nennt uns Expats, und auch wir selbst nennen uns so, eine lapidare Kurzform, wie hingegossen an den Rand eines Pools, ein Status wie auf einer Vielfliegerkarte und in exklusiven Clubs, und natürlich bedeutet er auch, dass wir nicht dazugehören, nicht dort, wo wir gerade sind, und auch nicht mehr da, woher wir einmal kamen, diese Gegend oder Gemeinschaft, die man gefühlsselig Heimat nennt und die eben doch etwas mehr ist als nur Kitsch, was man spätestens dann merkt, wenn man sich nur noch ungenau an sie erinnert.“ Nora Bossong erzählt von einem globalisierten Politikbetrieb, der jederzeit glaubwürdig Relevanz und Effizienz vortäuscht, und sie erzählt von den Menschen, die in dessen so abstrakten wie nutzlosen Abläufen untergehen, in Sitzungen, Dienstreisen, Verhandlungen, Hotelfluren, in schnöder Hoffnungslosigkeit.
    Das großartige an diesem brillanten Roman ist, dass wir beim Lesen in jeder Sekunde spüren, dass wir alle es sind, die sich da in einer kalten Scheinwelt verlieren.
    Michael Palin: Erebus (Mare):
    Es ist dies die Geschichte eines britischen Segelschiffes, eines besonders schweren, breiten, robusten Schiffes, das eine Menge Kanonen tragen konnte, eines Schiffes, das, vor fast 200 Jahren, um die ganze Welt gesegelt war, und das auf der Suche nach einer legendären, nie gesehenen Route verschwand, der Nordwest-Passage, die den Atlantik mit dem Pazifik verbinden soll, aber, wie man heute weiß, den größten Teil des Jahres zugefroren ist. „Am 19. Mai wurden gegen halb elf Uhr morgens die Anker gelichtet, dann fuhren die Schiffe einmal im Kreis, um zu prüfen, ob die Kompasse funktionierten.
    Schließlich machte sich die Franklin-Expedition, die aus vierundzwanzig Offizieren und einhundertzehn Seeleuten bestand, auf den Weg zur Nordwestpassage. Die Menschen am Kai jubelten ihnen zu. Sir John verabschiedete sich winkend von seiner Familie, bis sie außer Sicht geriet. Der Anblick der HMS Erebus, deren schwarzer Rumpf eine weiße Bauchbinde trug, wird alle Anwesenden zuversichtlich gestimmt haben, dass alles Menschenmögliche getan worden war, damit die bestausgerüstete Expedition, die Großbritannien je verlassen hatte, ein gutes Ende nahm.
    Bis heute gibt es in Greenhithe einen Pub, das den Namen Sir John Franklin trägt. Hier kann man ein Bier trinken, ein Steak mit Pommes essen und an jener Stelle am Ufer stehen, von der aus Franklin und seine Familie sich zum letzten Mal gesehen haben.“ Mit enormer Detailkenntnis, gründlich recherchiert, präzis, ausführlich und anschaulich berichtet der Amateurseefahrer und leidenschaftliche Reisende Michael Palin hier von einer Fahrt, als wäre er selbst dabei gewesen, und schafft es tatsächlich auch, uns beim Lesen die Kälte und Nässe, die Schrecken des Eises und der Finsternis spüren zu lassen, so, als stünden auch wir im Sturm auf dem Deck der Erebus.
    Vor allem aber erleben wir, wie es sich anfühlt, unerschrocken ins vollkommen Unbekannte, Unerforschte zu reisen, und dabei Entdeckungen zu machen, die wohl die Welt für immer verändert haben.
    Denis Scheck empfiehlt: „Das Archiv der verlorenen Kinder“ – verfasst von Valeria Luiselli (Kunstmann).
    Bestsellerliste: Und schließlich kommentiert Denis Scheck die aktuelle SPIEGEL-Bestsellerliste Sachbuch. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.10.2019Das Erste
  • 30 Min.
    Margaret Atwood: Die Zeuginnen (Berlin Verlag):
    Der Kampf gegen die Unterdrückung der Frau geht weiter: Von der erschütternden Erkenntnis durch den „Report der Magd“ zur aufregenden Beweisführung der „Zeuginnen“ – Margaret Atwood hat nach 35 Jahren ihren Klassiker fortgeschrieben Sie gilt weltweit als Ikone des Feminismus: Margaret Atwood, die in diesem November 80 Jahre alt wird. Auch in ihrem neuen Roman ist das zentrale Thema die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Mit den „Zeuginnen“ knüpft die politische Aktivistin an ihr Kultbuch aus dem Jahr 1985 „Der Report der Magd“ und die daraus 2017 entstandene Fernsehserie „The Handmaid’s Tale“ an.
    Margaret Atwood führt uns zurück in den dort beschriebenen totalitären Überwachungsstaat Gilead, dessen Erfindung in die Zeiten des Kalten Krieges zurückreicht. Hier herrscht ein diktatorisches System, in dem die Frauen von Männern versklavt werden. Die meisten Frauen sind durch die Verseuchung der Umwelt unfruchtbar geworden, die übrigen dienen den Männern als namenlose „Gebärmaschinen“, die nach Belieben vergewaltigt werden können, um für das Regime Nachwuchs zu produzieren. Die Geschichte der „Zeuginnen“ ist eine Montage aus Zeugenberichten von drei sehr unterschiedlichen Frauen, ihren Erfahrungen und den daraus resultierenden Perspektiven.
    Ihre Aussagen offenbaren sowohl die Wirkung staatlicher Indoktrination als auch das Bedürfnis, die Wahrheit über sich, ihre Herkunft und die Chancen zu erfahren, die sie in dieser Gesellschaft haben. Dadurch, dass nicht nur die Stimmen der drei Protagonistinnen miteinander verwoben sind, sondern auch ihre Geschichten, entwickelt sich der Roman durch Handlung und Dramaturgie nach und nach zu einem packenden Thriller, der den Leser bis zur letzten Seite fesselt.
    Ebenso wie der Klassiker „Der Report der Magd“ ist „Die Zeuginnen“ ein literarisches Dokument der Grausamkeiten, die Menschen anderen Menschen zufügen: „Wenn man erst anfängt, manche Menschen als weniger menschlich zu betrachten als andere, gerät alles ins Rutschen“, sagt Margaret Atwood zu ihrem Buch. Deshalb stellt sie darin die entscheidende Frage: Welchen Einsatz und welches Opfer wird jeder Einzelne von uns aufbringen für den großen Kampf, in dem es um alles geht?: Sowohl um die persönliche Freiheit als auch um ein politisches System, das Autonomie, Würde und Gleichberechtigung für alle Menschen garantiert?
    Michael Köhlmeier: Die Märchen (Carl Hanser Verlag):
    Von Hexen und Helden, Gaunern und Gespenstern – Michael Köhlmeier erzählt in seinem opulenten Märchenbuch schaurig-schöne Geschichten von Tieren und Menschen, die uns sehr lebendig und manchmal auch bekannt vorkommen Es ist ein wahres Mammutwerk geworden: 151 Märchen auf 800 Seiten, die uns zum lustvollen Gruseln einladen! Seitdem ihm die Großmutter Grimms Märchen nacherzählt hatte, ist Michael Köhlmeier besessen von diesen, der Traumwelt entsprungenen Geschichten mit ihren vielen tragisch-lustigen Helden. Jetzt hat er viele von ihnen neu erzählt oder ganz neu erfunden, Märchen als Spiegelbilder unserer Zeit, in der unglaubliche, bisweilen verrückte Dinge geschehen.
    Die meisten Erzählungen kreisen um die Angst und die Abgründe des menschlichen Charakters, bedrohliche Szenerien und bestialische Taten. Das Böse im Menschen zeigt sich in seinen Eigenschaften: Neid, Eifersucht, Habgier und Erbarmungslosigkeit. Michael Köhlmeier interessiert sich für die spielerischen Möglichkeiten des Märchens, die selten logisch, bisweilen absurd und oft grausamen sind:“ Es geht darum, die Angst zu bannen. Was an Märchen auffällt, ist ein archaisches, fast antizivilisatorisches Moment: Die Natur rebelliert und schlägt sich auf die Seite der Außenseiter.“ („Falter“ vom 9.10.2019) So gebiert ein von der Mutter gequältes Geschwisterpaar Tiere, Pflanzen, Steine und Kinder, um sich eine ganz neue Welt zu erschaffen.
    Der Hexer Gorgonsolo wird von einem Stein durch ein Sieb gepresst, das von geflügelten Pferden gezogen durch die Lüfte fliegt, bis sein Blut auf die Erde regnet. Ein neidischer Arzt operiert einer Prinzessin einen Käfer aus dem Gehirn, um ihn dann durch die eigene Nase in seinen Kopf krabbeln zu lassen und so an die Geheimnisse des Königshauses zu gelangen. Nicht immer gibt es ein Happy End in diesem aufwendig ausgestatteten Märchenbuch, das von Nikolaus Heidelbach mit phantastischen Zeichnungen liebevoll illustriert wurde.
    Empfehlung! Hans-Magnus Enzensberger: Eine Experten-Revue in 89 Nummern. (suhrkamp):
    Denis Scheck: „Enzensberger steht für Weltläufigkeit, verlieh der deutschen Literatur französischen Esprit, britischen Humor, italienische Eleganz und skandinavische Präzision – und all das, ohne sich zu verrennen oder zu verbiestern. ( …) Wie Enzensberger tickt, macht auch diese „Expertenrevue“ deutlich. ( …) Man erfährt aus diesem Buch, dass der Verzehr von Käse „seit dem 6. Jahrtausend vor Christus archäologisch belegt“ ist und worin die Verwandtschaft von Hochstaplern und Schriftstellern besteht
    Und wie immer in „druckfrisch“: Der lustvoll pointierte Kommentar zur Spiegel-Bestsellerliste, diesmal: „Belletristik“, musikalisch eingeläutet von der „Druckfrisch-Bänd“. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.11.2019Das Erste
  • 30 Min.
    Deutsche TV-PremiereSo 24.11.2019Das Erste
  • 30 Min.
    In der nächsten Ausgabe von „Druckfrisch“ spricht Denis Scheck mit Peter Stamm über Weihnachten für Liebende, mit Richard Dawkins über Weihnachten für Atheisten und mit Nigel Slater über Weihnachten für Genießer.
    Peter Stamm: Marcia aus Vermont. Eine Weihnachtsgeschichte
    Dies ist keine typische Weihnachtsgeschichte. Peter Stamm erzählt in seinem neuen Buch von einem Schweizer Künstler, der im weihnachtlichen New York einen wundervollen One-Night-Stand erlebt – und dann Marcia, so heißt die Frau jenes „Fests der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten“, nie mehr wiedersieht. Bis er, 30 Jahre später, zur gleichen Zeit am selben Ort ist – und rätselhafte Hinweise auf die frühere Geliebte findet. Lakonisch und doch mit einem starken Sog, wie Peter Stamm immer erzählt, führt diese Geschichte in eine Zwischenwelt aus Vergangenheit und Gegenwart – ein Weihnachtswunder allerdings bleibt aus.
    Richard Dawkins: Atheismus für Anfänger
    Wie hältst du es mit der Religion? Richard Dawkins ist der prominenteste Wissenschaftler unserer Tage, der sich an der alten Gretchenfrage abarbeitet. Sein neues Buch wendet sich vor allem an jüngere Leserinnen und Leser und behandelt alle Fragen, auf die Religionen bisher eine Antwort gegeben haben – mit dem Ziel, diese Antworten auch ohne Religion zu geben. Der Rückschluss von der Existenz der Welt auf einen Schöpfer ist für Dawkins ein Kurzschluss. Religion hatte im Lauf der Evolution ihren Sinn – als Überlebenshilfe in einer angstbesetzten Wirklichkeitserfahrung. Inzwischen, so Dawkins, ist die Menschheit weiter und kann die metaphysischen Stützen ablegen. Die Wissenschaft, glaubt er, sagt uns inzwischen mehr über die Zusammenhänge des Kosmos als jeder Gottesglaube. Einen Weihnachtsbaum, so Dawkins in „Druckfrisch“, werde er aber trotzdem aufstellen.
    Nigel Slater: Greenfeast
    Ein Kurzbesuch bei Englands bestem Food-Autor, der sich in seinem neuen Buch erstmals ganz der vegetarischen Küche widmet. Im „Fest des Grünzeugs“ oder besser: im „Grünen Gelage“ schildert Nigel Slater, der Tag für Tag notiert, was er kocht und isst, wie er sein Essverhalten eher unbewusst verändert hat. Wenn das einem Autor passiert, der ansonsten für Fleisch und deftigen Geschmack stand, dann muss das unweigerlich mit originellen Rezepten zu tun haben – und davon gibt es im Nachfolgeband zu Slaters Bestseller „Eat“ wieder jede Menge. Erdnusssoße, Kekskruste, Dicke Bohnen, Spätsommerfrüchte und und und: ein Fest der kulinarischen Ideen.
    Denis Scheck empfiehlt zudem den Klassiker „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel Garcia Marquez, neu übersetzt von Dagmar Ploetz. Und, wie immer, Denis Schecks kritische Revue der „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Belletristik). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 15.12.2019Das Erste
  • 30 Min.
    Monika Helfer: „Die Bagage“ (Hanser):
    Eine Hommage an die „Bagage“ der Vorfahren und an die Kraft des familiären Zusammenhalts in Zeiten des Krieges – Monika Helfer lässt die turbulente Geschichte ihrer Großeltern noch einmal Revue passieren Maria ist die unbestritten schönste Frau des Dorfes, Josef ein schweigsamer, aber intelligenter und attraktiver Mann. Kaum jemand im Ort, der nicht über die beiden spricht. Dennoch lebt das Ehepaar mit seinen vier Kindern isoliert von der Dorfgemeinschaft etwas abseits in ärmlichen Verhältnissen. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges geht es für alle ums Überleben: Für die Männer, die als Soldaten an die Front abkommandiert werden und für deren Familien, die in einem Alltag zurück bleiben, der zusehends größere Opfer verlangt.
    Auch Maria ist ganz auf sich allein gestellt. Ihre außergewöhnliche Erscheinung sichert ihr zwar die Gunst des wohlhabenden und vermeintlich Schutz bietenden Bürgermeisters, aber gleichzeitig weckt sie dessen Begehren. Und nicht nur das seine! Zu der kriegsbedingten wirtschaftlichen Not kommen verstörende Gewissenskonflikte: Welche Bedeutung haben Begriffe wie Treue, Freundschaft, Verrat und Eigentum, wenn die Kinder hungern und alles, so wie das ganze Vaterland, auf den sicheren Untergang zusteuert? Maria Helfer setzt ihren Großeltern, Tanten und Onkeln mit ihren Erinnerungen an diese von der Dorfgemeinschaft so genannte „Bagage“ ein rührendes Denkmal.
    Dror Mishani: Drei (Diogenes):
    Über Verführung, Vertrauen und den Verlust aller Sicherheiten – Dror Mishani erzählt in seinem Roman „Drei“ von alltäglichen Schicksalen in einer Großstadt und entwirft dabei ein feinfühliges Psychogramm der israelischen Gesellschaft Sie stehen in der Mitte ihres Lebens, sind aufgeklärt und unabhängig, aber einsam: Drei Frauen, die auf der Suche nach Zuwendung und Nähe demselben Mann begegnen. Nach und nach offenbart sich, wer dieser Mann wirklich ist. Alle vier Romanfiguren sind äußerst lebensnah und präzise gezeichnet, so, als könnten sie jeden Moment aus dem gegenüberliegenden Hause treten.
    Was erwarten sie und was erwartet sie? Wer sagt die Wahrheit, wer lügt, wer ist Opfer und wer Täter? Dror Mishani lässt mit sicherem Gespür für die kleinen Alltagsdramen, menschlichen Sehnsüchte und Nöte seine Figuren in ihr Schicksal stolpern und hält dabei den Leser in ständiger Alarmbereitschaft. Dieser hat anfangs nur eine vage Vermutung, dass irgendetwas schief laufen könnte, ohne aber dabei an ein Verbrechen zu denken. Dror Mishani setzt ganz auf die mit überzeugenden Dialogen dargestellte Perspektive der Frauen, die durch ihre berührenden Lebensgeschichten dem Leser nach und nach ans Herz wachsen.
    So ist „Drei“ kein klassischer „Kriminalroman“, wie Dror Mishanis vorausgegangenen Bücher um den Kommissar Avraham, der ihn in Israel berühmt machte. Sein neuer Roman ist in weiten Teilen eine Analyse der israelischen Gesellschaft und eine Beschreibung der Stadt Tel Aviv, die in einem ständigen Kriegszustand lebt und in der „eine Normalisierung und Rationalisierung von Gewalt und Tod stattfindet“ (Dror Mishani). Nun hat der in Israel bereits sehr populäre Autor auch die internationalen Bestsellerlisten erobert. Eine Verfilmung ist geplant.
    Empfehlung!: Karl-Heinz Ott: „ Hölderlins Geister“ (Hanser):
    Denis Scheck: „Hölderlin will in seiner Dichtung die verloren gegangene Einheit wiederherstellen, das Band zwischen Menschen und Göttern neu knüpfen. Mit großem Einsichtsreichtum, wortgewaltig und mit schlagendem Witz wandelt Karl-Heinz Ott auf Hölderlins Spuren“. Und wie immer in „druckfrisch“: Der lustvoll pointierte Kommentar zur Spiegel-Bestsellerliste, diesmal: „Sachbuch“, musikalisch eingeläutet von dem Schriftsteller und Musiker Niklas Natt och Dag. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.01.2020Das Erste
  • 30 Min.
    In der nächsten Ausgabe von „Druckfrisch“ am Sonntag, 23. Februar 2020, um 23:50 Uhr im Ersten trifft Denis Scheck Bov Bjerg, geboren 1965 als Rolf Böttcher, der mit seinem kürzlich verfilmten Roman „Auerhaus“ berühmt wurde. Und der ARD-Buchexperte spricht mit Peter Bichsel, geboren 1935 in Luzern, der mit Kürzestgeschichten und Kolumnen bekannt wurde und den Preis der Gruppe 47 erhielt.
    Bov Bjerg: Serpentinen
    Bov Bjergs neuer Roman ist die poetische Analyse einer Lebenskrise. Und so wie der Berliner Soziologie-Professor seiner eigenen Geschichte nicht traut, scheint Bjerg an den Gewissheiten des Erzählens zu zweifeln. Die Sache scheint erst mal ganz klar: Entweder er bringt sich gleich um, oder er bringt seinen Sohn um. Die beiden sitzen im Auto, kurven durch die Schwäbische Alb – und haben sich offenbar nichts zu sagen. Oder nichts mehr. Es ist eine verzweifelte Reise in die Vergangenheit, in die jüngere Geschichte einer Familie und auch in die jüngere Geschichte dieses Landes. Und es ist eine Suche nach Erlösung, nach Befreiung vom Schicksal der Männer in der Familie, die sich alle umgebracht haben.
    Peter Bichsel: Auch der Esel hat eine Seele …
    und auch ein kurzer Text kann bereits viel Erkenntnis enthalten, auch Witz und Weisheit. Peter Bichsel schreibt lakonisch, nüchtern, unaufgeregt. Nicht im Ton des Besserwissers, des Belehrenden, sondern aus der Haltung des Beobachtenden, des neugierig Fragenden. Ein bisschen schweizerisch ist das alles natürlich auch. Und spielerisch, ironisch, wirklich brillant. Deshalb sind plötzlich jahrzehntealte Betrachtungen zum Zustand der Welt nicht nur aktuell und bildend, sondern auch noch unterhaltsam. Die Methode ist dabei immer die gleiche: Wenn man nur genau genug auf ein winziges Teil unseres Universums schaut, dann erschließt sich irgendwann auch das große Ganze. Die persönliche Empfehlung von Denis Scheck ist „Murmeljagd“ von Ulrich Becher. Außerdem, wie immer, Denis Schecks Kommentar zu den Büchern auf der aktuellen „Spiegel“-Bestsellerliste (diesmal: Belletristik). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 23.02.2020Das Erste
  • 30 Min.
    Corona-Zeit ist auch Lese-Zeit:
    Statt der Kritik der aktuellen Bestsellerliste präsentiert Denis Scheck seine Top Ten zur Krise. Verblüffend aktuell: „Die Pest“ von Albert Camus oder das „Decamerone“ von Bocaccio. Beklemmend und doch befreiend: „Die Wand“ von Marlen Haushofer. Vergnüglich: die „Peanuts“ von Charles M. Schultz oder „Der Wind in den Weiden“ von Kenneth Grahame. Und wann, wenn nicht jetzt, sollte man sich endlich daran machen, Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Anfang bis Ende zu lesen?
    Lutz Seiler: Stern 111:
    Es ist erst 30 Jahre her und wirkt doch wie der Blick in eine fremde Welt. Lutz Seilers mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichneter Roman erzählt von der Wendezeit in Deutschland: Während der Student Carl im Osten bleiben will, machen sich seine Eltern schon zwei Tage nach dem Mauerfall in Richtung Westen auf. Carl sucht seinen Weg zwischen Verfall und Utopie, indem er in der Ostberliner Kneipe „Assel“ jobbt – ein Ort so real und unwirklich zugleich wie „Der Klausner“ auf Hiddensee in Seilers Erfolgsroman „Kruso“. Wieder verdichtet der Autor persönliche Erinnerungen und Hoffnungen jener Tage zu einem Zeitbild, das uns heute fast schon märchenhaft erscheint. Stern 111 hieß ein DDR-Radiogerät. Inzwischen ist die Literatur der Empfänger für die Wellen von damals.
    Hilary Mantel: Spiegel und Licht:
    Es ist fast 500 Jahre her und wirkt doch wie ein Blick in unsere Gegenwart. Mit „Spiegel und Licht“ vollendet die britische Autorin Hilary Mantel ihre großartige und vielfach preisgekrönte Trilogie über England zur Zeit Heinrichs des Achten. Dessen Minister Thomas Cromwell (1485–1540) steht im Zentrum der Romane, in seiner Geschichte spiegeln sich alle Intrigen, Machtkämpfe und Glaubenskriege der Tudor-Zeit. Der Streit zwischen König und Adel, Heinrichs Heiratspolitik, die Trennung Englands von der Römischen Kirche, das empfindliche und schnell zerstörte Gleichgewicht der Kräfte – all das schildert Hilary Mantel anhand der Figur des Lordsiegelbewahrers Cromwell, der am Ende selbst in Ungnade fällt. Eine Geschichte von Macht, Politik und menschlichen Abgründen – so lebendig und präsent, wie man es in historischen Romanen noch nicht gelesen hat. Hilary Mantel hat nicht nur ein Geschichtsepos geschrieben, sie hat ein ganzes Genre erneuert.
    Denis Scheck empfiehlt den Klassiker „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa – neu übersetzt von Burkhard Kroeber. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 29.03.2020Das Erste
  • 30 Min.
    T.C. Boyle: „Sind wir nicht Menschen?“:
    Dass der Amerikaner an sich erst dann froh ist, wenn er sich in eine Hütte im Wald zurückzieht, Fliegenfischen kann und den Füchsen beim Gutnachtgebell zuhört, ist seit Henry David Thoreau bekannt. Dass sich aber ein postmoderner Rockstarliterat wie T.C. Boyle gedanklich in die Waldhütte setzt und der Natur als Kraftort huldigt, ist schon bemerkenswert. „Den Menschen lieb’ ich, mehr noch die Natur“, dieses Zitat von Lord Byron geht den neunzehn Kurzgeschichten in T.C. Boyles neuer Erzählsammlung voran, in denen immer wieder die Kultur gegen die Natur in Stellung gebracht wird.
    Allerdings auf Boyle-Art: In seiner nahen Zukunft läuft ein kirschroter Pitbull auf fluoreszierendem Rasen herum, da dreht eine Box immer wieder die Zeit zurück, es werden Babys designed und Tiger geärgert, es fällt auch mal Weltraumschrott vom Himmel statt einer Sternschnuppe. Die Natur gewinnt in jeder der Kurzgeschichten. Eine Erfahrung, die wir jetzt grade im Umgang mit dem neuen Virus nicht machen möchten … Tom Coraghessan Boyle ist mit 27 Romanen und Erzählbänden ein ungemein produktiver Homme de lettres, der eine große Fangemeinde in schöner Regelmäßigkeit mit seinen virtuosen Erzählstücken versorgt.
    1948 in Peekskill, N.Y. geboren wohnt er heute bei Santa Barbara in Kalifornien – für „Druckfrisch“ begibt er sich von dort aus ins Web und führt mit Denis Scheck die erste Videokonferenz in der Geschichte der Sendung. T.C. Boyle: Sind wir nicht Menschen? Aus dem Englischen von Anette Grube und Dirk van Gunsteren.
    Ingo Schulze: „Die rechtschaffenen Mörder“:
    Ein legendärer Antiquar auf rechten Abwegen, ein zweifelhafter Autor und eine verwirrte Lektorin: Als Triptychon ist Ingo Schulzes neuer Roman angelegt, in drei virtuosen Tonlagen fügt sich ein Roman, den man als Buch der Stunde bezeichnen kann. Norbert Paulini, der Dresdner Altbuchhändler, steht im Zentrum des Geschehens, das von der 70er Jahren in der DDR bis in die Gegenwart reicht und zwar nicht die Seele Ostdeutschlands umfassend erklären will – aber doch ein paar erhellende Schlaglichter auf Phänomene wie Radikalisierung, Verunsicherung und Bildungsverfall setzt. Kann Lesen vor verirrten Gedanken schützen? Kann die wunderschöne Kulisse bösem Handeln trotzen? Ingo Schulze führt auf mehr als ein glattes Eis in seinem kunstvoll komponierten Buch – das Kriminalfall genauso ist wie Geschichtsanalyse, Hommage an die Literatur ebenso wie Liebesgeschichte.
    Und uns erzählt, dass die Gegenwart mit dem Blick auf die Vergangenheit an Klarheit gewinnt. Der gebürtige Dresdner Ingo Schulze ist einer der seit Jahrzehnten preisgekrönten Autoren mit DDR-Hintergrund, der mit jedem Buch eine neue Tonart anschlägt. Mit Denis Scheck spricht er über seine Faszination am immer wieder wechselnden literarischen Kulissenbau. Ingo Schulze: Die rechtschaffenen Mörder.
     … außerdem, wie immer, Denis Schecks Kommentar zu den Belletristiktiteln auf der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste und eine ganz persönliche Empfehlung des Fantasy-Fans:
    Ursula K. Le Guin: Die Chroniken von Erdsee.
     … für die Musik in der Sendung sorgt das Duo Hackedepicciotto (aus Alexander Hacke und Danielle de Picciotto)
     … und einen Homeofficeschreibtischvideoüberraschungsauftritt hat die Dichterin Nora Gomringer (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.04.2020Das Erste
  • 30 Min.
    In der nächsten Ausgabe von „Druckfrisch“ am Sonntag, 24. Mai 2020, um 23:35 Uhr im Ersten trifft Denis Scheck Schwedens neuen Krimi-Star Niklas Natt och Dag, Journalist und Sprössling des ältesten schwedischen Adelsgeschlechts, der mit „1793“ und jetzt „1794“ in seiner Heimat Bestseller landete. Und Scheck blickt mit dem Soziobiologen und Professor Jürgen Tautz in die kaum bekannte Welt der Waldbienen.
    Niklas Natt och Dag: 1794:
    Stockholm am Ende des 18. Jahrhunderts. Der Geist der Französischen Revolution hat auch Schweden erfasst. Doch nach dem tödlichen Attentat auf den aufklärerischen König Gustav III. reißen Adel und Kirche wieder die Macht an sich. In dieser chaotischen Umbruchzeit siedelt Niklas Natt och Dag seine historischen Kriminalromane an. Ein merkwürdiges Duo, der handfeste und manchmal handgreifliche Stadtknecht Mickel Cardell und der feinsinnige Jurist Emil Winge, Sohn des verstorbenen Ermittlers Cecil Winge aus Band 1, tauchen ein in die Abgründe Stockholms: Eine junge Frau wurde in der Hochzeitsnacht bestialisch ermordet, angeblich von ihrem adligen Ehemann, der daraufhin ins „Tollhaus“ eingewiesen wurde. Die Aufklärung des Verbrechens führt durch Schmutz, Elend und Intrigen – meisterhaft sinnlich erzählt. So finster hat das propere Schweden noch nie ausgesehen.
    Jürgen Tautz: Honigbienen – Geheimnisvolle Waldbewohner:
    Seit ihre Zahl zurückgeht, sind Bienen zum Symbol unseres Raubbaus an der Natur geworden. Neben den bedrohten Wildbienen und den Zuchtbienen der Imker lenkt Jürgen Tautz in seinem neuen Buch den Blick auf eine kaum bekannte Welt: den Wald als den ursprünglichen Lebensraum der Honigbienen. Wir kennen die Honigbiene als Nutztier, aber eigentlich, so Deutschlands bekanntester Bienenforscher, ist sie ein Wildtier, das seine Stöcke in Baumhöhlen einrichtet. Dort ist sie sehr viel robuster und widerstandsfähiger gegen Parasiten und Schädlinge – solange die Wälder intakt sind. In einem großartigen Bildband mit Fotos von Ingo Arndt erzählt Tautz von den wildlebenden Honigbienen, von denen es noch viele Populationen gibt. Allerdings hängt auch ihr Überleben am Faktor Mensch. Eine ungebremste industrielle Forstwirtschaft wird auch den zähesten Bienenvölkern den Garaus machen.
    Und: Denis Scheck empfiehlt zum 250. Geburtstag des großen Denkers die Biographie „Hegel – Philosoph der Freiheit“ von Klaus Vieweg.
    Wie immer kommentiert Denis Scheck im Parforceritt die aktuelle „Spiegel“-Bestellerliste (diesmal: Sachbuch). (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.05.2020Das Erste

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