Folge 155

  • Folge 155

    30 Min.
    Karen Köhler: Miroloi (Hanser)
    Eine Insel im Nirgendwo und eine Dorfgemeinschaft, die archaischen Gesetzen gehorcht: Fiktion und Wirklichkeit – In Karen Köhlers Roman „Miroloi“ begegnen sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft Was bedeutet es, keine Eltern zu haben, keinen Namen tragen, keinen Besitz und keine Rechte haben zu dürfen? Wie überlebt ein Kind unter Menschen, die es ausgrenzen, verspotten, zum Freiwild erklären? Das griechische Wort „Miroloi“ bedeutet auf Deutsch „Rede über das Schicksal“. Und so ist der Roman von Karen Köhler eine Parabel über die Natur des Menschen und die Beschaffenheit der Welt, in der er lebt.
    Erzählt wird die Geschichte eines Findelkindes, das als Mädchen beim „Bet-Vater“ der „schönen Insel“ zur jungen Frau heranreift, inmitten einer Dorfgemeinschaft, die weit entfernt von der Zivilisation nach eigenen, grausamen Regeln lebt: Frauen ist es verboten, Lesen oder Schreiben zu lernen, den jungen gebildeten Männern, Kontakt mit Frauen zu haben. Allein die Dorfältesten entscheiden; sowohl über alle Belange des täglichen Lebens als auch über die Gebote in der „heiligen Khorabel“. Verstöße werden öffentlich am Pfahl auf dem Dorfplatz mit Schlägen oder Verstümmelung geahndet.
    Eine Zeit lang scheint die so hergestellte Ordnung im Miteinander der Dorfbewohner zu funktionieren. Doch dann bricht die Außenwelt mit ihrem technischen Fortschritt und der Frage nach einem selbstbestimmten Leben in die bis dahin hermetisch abgeriegelte Gemeinschaft ein. Das bis dahin stabile Konstrukt aus Angst, Vergewaltigung und Strafe gerät ins Wanken. Und das namenlose Mädchen, das sich nun Alina nennt, begehrt auf gegen die unmenschlichen Strukturen und Gesetze der Dorfgemeinschaft – mit weitreichenden Folgen für alle. Karen Köhler entwirft in „Miroloi“ eine Welt, die als überwunden gilt.
    Nach und nach begreifen wir, dass sich auch unsere Gegenwart in diesem Inselvolk spiegelt. Hier werden die entscheidenden Fragen nach dem Gelingen eines gesellschaftlichen Zusammenhalts gestellt, die nach einer Lösung unserer aktuellen Probleme und Themen verlangen: Korruption, Konsumverhalten, Umweltzerstörung, Chancengleichheit, Ausländerfeindlichkeit, sexuelle Gewalt, Flucht und Migration. Natürlich ist „Miroloi“ auch ein Plädoyer zur Selbstermächtigung Einzelner, das Schicksal zu gestalten und sich allein oder gemeinsam mit anderen gegen bedrohliche Verhältnisse zur Wehr zu setzen.
    Robert Macfarlane: Im Unterland (Penguin Verlag)
    Ein Reiseführer durch das „Unterland“, Abenteuerberichte aus dem Innern des Planeten, eine Feier des Lebens und die eindringliche Warnung vor der Zerstörung unserer Natur Robert Macfarlane steigt hinab in die dunkle Welt unter der Erde, denn: „Die Geheimnisse liegen in der Tiefe: Hier fließen Raum und Zeit ineinander.“ Im „Anthropozän“ ist nicht mehr nur die Natur der große Gestalter der Erde, sondern der Mensch gestaltet die Natur. Die Erde ist durchlöchert.
    Robert Macfarlane riskiert es, auf bisweilen lebensgefährlichen Wegen dort hinein zu steigen und zu berichten, was er sieht.
    Und jedes Mal, wenn er wieder unversehrt an die Oberfläche gelangt ist, teilen wir seine Freude über die Schönheiten der Landschaft unter der wärmenden Sonne oder dem von Mond und Sternen erleuchteten Nachthimmel. Tief berührt haben wir durch ihn Orte und Dinge gesehen, die den meisten Menschen verborgen bleiben: Viele tausend Jahre alte unterirdische Begräbnisstätten, Menschen, die in Stollen unter dem Meer nach schwarzer Materie forschen, das gigantische Katakombenlabyrinth von Paris, vorzeitliche Höhlenmalereien auf den Lofoten, sternenlose Flüsse in Italien, unterirdische Gletscher in Slowenien, das Innere eisblauer Gletscherspalten auf Grönland und ein in die tiefsten Tiefen gebautes Atommüll-Endlager in Finnland.
    „Zwei Millionen Tonnen Felsgestein und Bentonit, um die Behälter zu versiegeln und die Zukunft vor der Gegenwart zu schützen.“ Aber wie formuliert oder gestaltet man einen Warnhinweis für die Nachfahren, der auch nach 100.000 Jahren noch verstanden wird? Wie in seinen früheren Büchern ist Robert Macfarlane fasziniert von den „Beziehungen zwischen Landschaften und dem Inneren des Menschen“ (R. Macfarlane).
    Seine einheimischen Führer, die ihm den Weg ins „Unterland“ weisen, stehen deshalb mit im Zentrum seiner Berichte. Sie zeigen ihm, auf wie vielfältige Weise Menschen die Erde verändern, ausbeuten und sie im Gegenzug dafür wieder mit ihrem giftigen Abfall auffüllen. Wir erfahren, wie unser Umgang mit der Natur das Artensterben beschleunigt.
    Wir werden gewarnt vor der sogenannten „Arteneinsamkeit, die die tiefe Isolation benennt, in die wir uns begeben, indem wir alles andere Leben ausradieren, mit dem wir uns die Erde teilen.“ Robert Macfarlane ist der Natur verfallen. Sein ebenso poetischer wie ergreifender Bericht aus der Tiefe unseres Planeten wird begleitet von wachsendem Staunen und tiefer Sorge über das, was sich offenbart. „Welches Erbe hinterlassen wir den nach uns kommenden Generationen, aber auch den nach uns kommenden Zeitaltern und Spezies? Sind wir gute Vorfahren?“
    Empfehlung: Christian Seiler: Alles Gute. Die Welt als Speisekarte (Echtzeit Verlag)
    Denis Scheck: „Dieses notwendige, auf jeder Seite seine Unentbehrlichkeit belegende und überdies herausragend schön gestaltete Buch ist gleichermaßen Augenweide, Handschmeichler und Magentrost. „Alles Gute“ ist ein Buch, das man mit umgebundener Serviette lesen muss und an dem man seine Zunge schulen, seinen Gaumen trainieren und seinen Geist wetzen kann. Christian Seiler kann einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen. Er verbindet eine Leidenschaft fürs Reisen mit einer Leidenschaft fürs Essen und Trinken, und Christian Seiler verfügt über die seltene Gabe, das, was er unterwegs zu sich nimmt, mit einer höchst sensiblen Sprache zu beschreiben …“ Und wie immer in „druckfrisch“: Der lustvoll pointierte Kommentar zur Spiegel-Bestsellerliste, diesmal: „Belletristik“, musikalisch eingeläutet von Thees Uhlmann. (Text: ARD)
    Deutsche TV-Premiere So. 15.09.2019 Das Erste

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