Staffel 2, Folge 1–3

Staffel 2 von „Die Narbe“ startete am 13.04.2022 in der ARD Mediathek und am 13.04.2022 im NDR.
  • Staffel 2, Folge 1 (45 Min.)
    Als Notärzte am 1. März 2005 die Leiche der siebenjährigen Jessica finden, wird entsetzliches Leid sichtbar. Mit ihrem Tod endet ein jahrelanges Martyrium:
    Jessica war von ihren Eltern in einer Hochhauswohnung im Hamburger Stadtteil Jenfeld wie eine Gefangene gehalten worden, in einem abgedunkelten Raum ohne Spielzeug, mit Elektrofalle an der Tür. Sie bekam nicht ausreichend zu essen und zu trinken. Bei ihrem Tod war sie abgemagert, wog nur noch 9,5 Kilogramm, so viel wie ein zweijähriges Kind. Über die Stadtgrenzen von Hamburg hinaus sorgte der grausame Tod von Jessica für Wut, Trauer und Entsetzen. Zudem stellten sich Fragen, auch an die Freie und Hansestadt Hamburg: Warum musste Jessica sterben? Wieso hat niemand ihr Leiden entdeckt? Hätten die zuständigen Behörden Jessicas Tod noch verhindern können?
    In der 30-minütigen Dokumentation „Mordfall Jessica – das verhungerte Kind“ aus der Sendereihe „Die Narbe“ suchen Betroffene von damals immer noch Antworten auf diese Fragen. Eine Politikerin, ein Pastor, eine Journalistin und ein Schulleiter aus Hamburg geben persönliche Einblicke, wie sie den Fall Jessica 2005 erlebten und was ihnen von diesem Ereignis bis heute in schmerzlicher Erinnerung bleibt. Zwar wurden nach Jessicas Tod Gesetze geändert und der Schutz von Kindern verbessert, aber der Fall Jessica zeigt bis heute, wie schnell kleine Lücken im System in einer großen Katastrophe enden können.
    Nur wenige Hundert Meter Luftlinie trennen die Kirche von Pastor Thies Hagge aus Hamburg-Jenfeld von dem Haus, in dem Jessica starb: „Das ist nicht nur eine Katastrophe, die irgendwo passiert ist, sondern das ist in direkter Nähe zu mir geschehen.“ Während die Eltern in Untersuchungshaft saßen, beerdigte der Pastor das Mädchen im Beisein vom damaligen Hamburger Ersten Bürgermeister Ole von Beust. Eine „kollektive Depression“ legte sich nach dem tragischen Ereignis über den Stadtteil. Dem wollte der Pastor etwas entgegensetzen: die Idee zur Gründung der Arche, einer neuen Einrichtung für Kinder und Jugendliche in Hamburg-Jenfeld, war geboren.
    Zum Zeitpunkt ihres Todes hätte die siebenjährige Jessica bereits zur Schule gehen müssen, erschien dort aber nie. Wieso verfolgte das niemand konsequent? Wie konnte das Mädchen so durchs Raster fallen?
    Schnell standen die Hamburger Behörden in der Kritik. Für die damals zuständige Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig steht wenige Tage nach dem Tod des Mädchens fest, die Kompetenzen, etwa der Schulbehörde, müssten ausgeweitet werden. Das beträfe auch die Abstimmung zwischen unterschiedlichen Ämtern. Doch diese Einsicht der Politik kommt zu spät, zu spät jedenfalls für Jessica. Zwar beschließt noch im Jahr 2005 die Hamburger Politik verschiedene Maßnahmen zum Schutz von Kindern, führt den Schulzwang per Gesetz ein. Haben die Behörden also aus dem Fall Jessica gelernt?
    Auch darüber diskutiert direkt im Anschluss an die Dokumentation Anja Reschke unter anderem mit dem Hamburger Pastor Thies Hagge. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.04.2022NDR
  • Staffel 2, Folge 2 (45 Min.)
    Was am 12. September 2009 am Münchner S-Bahnhof Solln passiert, dauert nur wenige Minuten. Doch es wird auch Jahre danach Deutschland bewegen:
    Der 50-jährige Dominik Brunner beschützt eine Gruppe von Schüler*innen, die von zwei Jugendlichen in der S-Bahn bedroht werden. Kurz danach wird er von den beiden Tätern brutal zusammengeschlagen. Die Täter werden zu langer Haft verurteilt, einer von ihnen wegen Mordes. Und der Name Dominik Brunner wird ein Synonym für Zivilcourage in Deutschland. Dann gibt es Zweifel.
    Dieser Mann musste sterben, weil er Zivilcourage zeigte, so die medienübergreifenden Schlagzeilen. Erst im Verlaufe des Gerichtprozesses gegen die zwei Täter wird sich zeigen: So einfach ist es nicht, der Fall ist komplizierter.
    Die Sendereihe „Die Narbe“ beschäftigt sich mit den Langzeitfolgen und Wunden, die tragische Ereignisse bei den Betroffenen hinterlassen können. In dieser Folge „Die Narbe“ sprechen die engsten Vertrauten von Dominik Brunner zum ersten Mal öffentlich über ihre Trauer und darüber, wie es sich anfühlt, wenn der geliebte Freund plötzlich zum Helden der Nation wird.
    Auch Uli Hoeneß, ehemaliger Präsident des FC Bayern München, kommt zu Wort, denn er ist es, der bereits wenige Tage nach Brunners Tod im Fußballstadium zu einer Schweigeminute aufruft und damit das mediale Interesse an dem Fall bestärkt. Hoeneß sagt: „Wir mussten ein Zeichen setzen.“
    Für den Anwalt Roland Autenrieth, der einen der beiden Täter verteidigt, ist hingegen klar: Dadurch, dass Brunner schon kurz nach der Tat zum Helden gemacht wurde, war das öffentliche Urteil über die Täter schnell gefällt. Er stellt infrage, ob ein fairer Prozess unter diesen Umständen überhaupt möglich war.
    Im Anschluss an die Dokumentation spricht Moderatorin Anja Reschke u.a. mit der ehemaligen Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen über die Frage, warum die Gesellschaft Heldenfiguren braucht. Und was aus diesem tragischen Vorfall gelernt werden kann. Und warum Zivilcourage wichtig ist, wenn man sich dabei nicht selbst in Gefahr bringt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 20.04.2022NDRDeutsche Online-PremiereMi 13.04.2022ARD Mediathek
  • Staffel 2, Folge 3 (45 Min.)
    Sie sind als der größte Pogrom auf deutschem Boden nach 1945 in die Geschichte eingegangen: die rassistischen Angriffe auf das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Vor 30 Jahren, am 24. August 1992, warf eine wütende Meute Steine und Molotowcocktails gegen das damalige Wohnheim der vietnamesischen Vertragsarbeiter. Diese Nacht hallt bis heute nach. Was bedeutet sie für die Beteiligten heute? Hung Quoc Nguyen lebte damals im Sonnenblumenhaus, vor der Wende war er als vietnamesischer Vertragsarbeiter in die DDR gekommen.
    Mit über 100 Vietnames*innen erlebte er die Angriffe, gemeinsam mussten sie über das Dach fliehen. Zum ersten Mal spricht er in diesem Film über die Erlebnisse damals: „Die Vietnamesen in Rostock erinnern sich immer noch an den Vorfall, aber niemand will noch einmal darüber reden.“ Auch Wolfgang Richter, damals Ausländerbeauftragter der Stadt Rostock, erlebte den Brandanschlag mit den Vietnames*innen im Sonnenblumenhaus. Die Bilder der grölenden Masse begleiten ihn bis heute: „Wir haben eine Verantwortung, dass sich so etwas niemals wiederholen darf.“ „Die Narbe – Der Anschlag in Rostock-Lichtenhagen“ erzählt von den Angriffen auf das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen 1992, fragt, wie es dazu kommen konnte, und beleuchtet, welche Bedeutung dieser Pogrom für rassistische Attacken in der Gegenwart trägt.
    Im Anschluss an die Dokumentation spricht Moderatorin Anja Reschke u.a. mit der thüringischen CDU-Politikerin Kim Thy Tong über Rassismus in der Gegenwart und ihre persönlichen Erfahrungen als Tochter vietnamesischer Vertragsarbeiter. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 27.04.2022NDRDeutsche Online-PremiereMi 13.04.2022ARD Mediathek

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