„Ich habe fast jeden Dreck der Erde gesehen“, fasst der weltweit bekannte Hamburger Reportagefotograf Hans-Jürgen Burkard seine fünf Jahrzehnte währende Suche nach Motiven und Geschichten zusammen. Zumeist zeigt er menschliche Schicksale, die am Abgrund stehen: „Weitwinkel drauf und los, mitten rein, manchmal hart und brutal, aber inhaltlich immer auf dem Punkt.“ Eben dieser Anspruch machte ihn zu einem der ganz großen Fotoreporter der Gegenwart. 1993 erhielt der gebürtige Lahnsteiner den Picture of the Year Award, den ältesten Fotopreis der Welt. Begründung: seine Bilder konfrontierten mit „Situationen, von denen wir bisher nichts wussten“. So wie Ende der 1980er-Jahre, als Hans-Jürgen Burkard vom „Stern“-Büro in Moskau aus als einer der ersten akkreditierten westlichen Fotografen zum Chronisten der zusammenbrechenden Sowjetunion wurde. Seine Reportagen
wurden in allen bedeutenden internationalen Magazinen nachgedruckt, mit Bildern brutaler Tabuzonen: überfüllte Leichenhallen, neureiche Prunkbälle, den Moloch Moskau und die Mafia, Stiefelhalden des sowjetischen Straflagersystems, bizarre Sexshows, Hundekämpfe. Dennoch: Russland wurde ihm zur zweiten Heimat, nirgendwo habe er mehr Freunde gefunden. Sein aktuelles Langzeitprojekt widmet Burkard, auch innerlich heimgekehrt, nun seinem Geburtsland Deutschland. Im Fotoband „An Tagen wie diesen“ verbindet er Liedtexte jüngerer Musiker mit seinen Fotografien. Herausgekommen ist ein ganz besonderes Heimatporträt über deutsche Befindlichkeiten und Zustände. Und noch ein guter Grund zur Freude: Im September wird der vielfach Ausgezeichnete, darunter mit mehreren World Press-Preisen nun auch mit dem Dr. Erich Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie geehrt. (Text: NDR)