Folge 24

  • 24. Frankreichs Vorstädte zwischen Revolte und Religion

    Folge 24 (45 Min.)
    Susanne Freitag-Carteron berichtet seit zehn Jahren über die Vorstädte von Paris. Anfangs ging es vor allem um Kriminalität, inzwischen ist radikaler Islamismus das beherrschende Thema. In ihrer Dokumentation trifft Susanne Freitag-Carteron ihre Protagonisten erneut. Diese schildern ihr die Probleme der französischen Gesellschaft aus erster Hand. Diese Zugänge bekommt die Autorin nur aufgrund ihrer kontinuierlichen Recherche in den Vorstädten. „Hier kannst Du inzwischen Waffen kaufen wie Baguette im Supermarkt“, sagt Alibi Montana und er weiß ziemlich genau, wovon er spricht.
    Früher war er Chef einer Dealer-Bande im Pariser Vorort La Courneuve. Fast vier Jahre hat er im Knast gesessen, weil er auf einen Konkurrenten geschossen hatte. Das alles ist inzwischen mehr als zehn Jahre her. Seitdem begleitet das ZDF seinen Werdegang und damit auch die Situation in den Vororten Frankreichs. Mit dem Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo sind die Vorstädte wieder in die Schlagzeilen geraten. Waren sie früher berüchtigt, weil dort die Dealer und Waffenhändler ganze Wohnblocks beherrschen, stehen sie jetzt im Fokus, weil ein großer Teil der französischen Dschihadisten aus den sensiblen Vorstädten kommen.
    „Es ist schlimmer geworden“, sagt Alibi Montana. „Als François Hollande gewählt wurde, hatten alle Hoffnung, dass sich etwas ändert, aber seit klar ist, dass wieder nichts passiert, ziehen sich alle auf ihre kleine Gruppe oder ihre Religion zurück. Die Stimmung ist so schlecht wie noch nie.“ Amedy Coulibaly, der kurz nach dem Angriff auf Charlie Hebdo eine Polizistin erschossen hat und einen Anschlag auf einen
    jüdischen Supermarkt verübte, konvertierte zum Islam und wurde im Gefängnis radikalisiert.
    Alibi Montana saß im gleichen Gefängnis wie er, allerdings ein paar Jahre früher. Schon damals hat er beobachtet, wie Gefangene als ganz „normale“ Jugendliche kamen und während ihrer Haft ihr Aussehen und ihr Verhalten verändert haben, sie zu überzeugten oder radikalen Moslems wurden. Der muslimische Gefängnisseelsorger Foudil Benabadji schlägt seit Jahren Alarm. Er hat hunderte solcher Fälle gesehen und warnt Frankreich vor einer Gefahr, auf die niemand wirklich vorbereitet ist.
    Für Leute wie ihn, die erste Generation algerischer Einwanderer, hat man damals die Wohnblöcke der Banlieues aus dem Boden gestampft. Er war dort Sozialarbeiter, bevor er Gefängnisseelsorger wurde. Die völlig verfehlte Integrationspolitik Frankreichs macht er für die jetzige Situation verantwortlich. Durch die verfehlte Vorstadtpolitik ist an den Stadtgrenzen eine explosive Mischung aus Armut, Wut und Radikalisierung entstanden. Das ZDF-Team kehrte immer wieder an die gleichen Drehorte und zu den gleichen Menschen zurück.
    Ob es um das Viertel Le Mirail in Toulouse geht, der Ort, in dem der Attentäter Mohammed Merah groß geworden ist, Clichy-sous-Bois, der Ort, in dem vor zehn Jahren die großen Unruhen begannen oder La Courneuve, der Heimat von Alibi Montana, es kommen heute alle zu einem ähnlichen Schluss: Die Vororte waren und bleiben Frankreichs offene Wunde. Alle Präsidenten haben mit Plänen und großen Worten versucht, sie zu verdecken, alle sind daran gescheitert. Die Banlieues haben eine Eigendynamik entwickelt, dort herrschen eigene Gesetze. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-PremiereMi 18.11.2015ZDF

Cast & Crew

Sendetermine

Do 19.11.2015
00:55–01:40
00:55–
NEU

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