bisher 12 Folgen, Folge 1–12

  • Folge 1 (43 Min.)
    Dreiteilige Dokumentation von Ariane Riecker Im Jahr 25 nach dem Fall der Mauer sind die großen politischen und ökonomischen Umbrüche in den neuen Bundesländern weitgehend abgeschlossen. Zeit Bilanz zu ziehen und die Frage zu stellen: Wem gehört der Osten? Und was ist aus dem von der DDR deklarierten Volkseigentum geworden? Die Filetstücke sind weg. Aber so mancher Ladenhüter der Nachwendejahre hat sich gemausert. Die alte Hauptpost in Leipzig z.B. – ein exklusives Grundstück in bester Lage.
    Jörg Zochert und Holger Krimmling von der KSW GmbH haben den Blick fürs Wesentliche. Wenn es nach ihnen geht, sollen hier ein Hotel, edle Studentenunterkünfte und eine Luxusklinik entstehen. Diese Ideen sind ihrem englischen Investor 100 Millionen Euro wert. Die Hauptpost wäre nicht das erste Prestige-Objekt der KSW GmbH in Leipzig aber mit Abstand das bedeutendste. Zochert, in der DDR aufgewachsen, ist ein erfolgreicher Projektentwickler. Seit der Wende mischt er mit im Wettstreit um attraktive Grundstücke, renditeträchtige Projekte und aufstrebende Stadtlagen in seiner ostdeutschen Heimat.
    Roland Ernst ist heute nur noch ein seltener Besucher in seinem Lieblingsprojekt, den Hackeschen Höfen in Berlin. Er gehörte zu den ganz Großen. Millionen hat er im Osten investiert. Die Hackeschen Höfe, die Galerie LaFayette, einige der ehemaligen Interhotels und sogar das Grundstück, auf dem der Berliner Fernsehturm steht, gehörten ihm kurzzeitig. Helmut Kohl persönlich hatte ihn gebeten dafür zu sorgen, dass im Osten schnell nach der Wende Kräne sichtbar würden.
    Roland Ernst sollte mithelfen, die Landschaften zum Blühen zu bringen und tatsächlich gehören seine Projekte – von den Treptowers in Berlin über die Beelitzer Heilstätten bis zu den Hackeschen Höfen – heute zu den Objekten, die für das Gesicht der neu sanierten ostdeutschen Städte stehen. Dass er mit Mieten und Renditen rechnete, die der neu eingeführte Kapitalismus im Land ohne Kapital nicht bringen konnte, führte ihn letztlich in die Pleite und zeitweise sogar ins Gefängnis.
    Anders als im Westen Deutschlands leben die meisten Eigentümer ostdeutscher Immobilien nicht in den ostdeutschen Städten. Wohnungen in attraktiver Stadtlage sind oft Kapitalanlagen. In Sachsens Landeshauptstadt wurde 2006 der gesamte Bestand an kommunalen Wohnungen verkauft: 48.000 Wohnungen gingen an eine amerikanische Aktiengesellschaft. Dresden war damit schuldenfrei – aber was geschah mit den Mietern? Dirk Schmitt ist heute der Vertreter der Wohnungsgesellschaft und erklärt, wie das Geschäft der Plattenbau-Einkäufer funktioniert hat.
    Aber nicht nur von den Großen im Haifischbecken erzählt „Wem gehört der Osten – die Stadt“ sondern auch von der kleinen Kurstadt Bad Liebenstein, wo Anita Bohlig zweimal ihre Heimat verlor. Sie ist die Erbin der ersten Thüringer Keksfabrik, die ihr Großvater hier begründete und sie 1942 an die Nazis verlor. In der DDR dann wurde er enteignet und das Gebäude verfiel zusehends.
    Nach der Wende fiel das Grundstück mit der dazugehörigen Familienvilla an die Treuhand. „Meine Eltern und ich waren euphorisch. Wir wussten: Jetzt wird alles gut …“ gibt sie die Gedanken zur Wendezeit wieder. Anita Bohlig jedoch wird keine Heimat mehr in Bad Liebenstein finden. Die Keksfabrik wird an Bahlsen verkauft. 25 Jahre nach dem Ende der DDR strahlen die meisten ostdeutschen Städte in neuem Glanz, doch die Eigentumsverhältnisse erzählen noch immer viel über die Höhen und Tiefen des Privatisierungsprozesses, über Gewinner und Verlierer – bis heute. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 30.06.2015MDR
  • Folge 2 (43 Min.)
    Dreiteilige Dokumentation von Ariane Riecker Im Jahr 25 nach dem Fall der Mauer sind die großen politischen und ökonomischen Umbrüche in den neuen Bundesländern weitgehend abgeschlossen. Zeit Bilanz zu ziehen und die Frage zu stellen: Wem gehört der Osten? Und was ist aus dem von der DDR deklarierten Volkseigentum geworden? 1990 fielen etwa zwei Millionen Hektar Agrarland sowie knapp zwei Millionen Hektar Wald- und Forstfläche aus dem „Volkseigentum“ der DDR in die Verwaltungshoheit der Treuhand. Die Flächen sollten schnell verkauft werden, um Geld in die Bundeskassen zu spülen.
    Grundsätzlich sollten, wie im Einigungsvertrag festgehalten, die Regelungen der Bodenreform und damit auch die Enteignung von Großgrundbesitzern nach dem Zweiten Weltkrieg keine Neubewertung erfahren. Bis heute ranken sich zahllose Streitigkeiten und Entschädigungsfragen um genau diesen Beschluss. Denn vor allem auf dem Land betrifft das riesige, wirtschaftlich attraktive Flächen, Wälder und Felder. Enteignet wurden auch die Vorfahren des Fürsten Heinrich XIV Reuß.
    Bis dahin gehörte der Familie seit hunderten von Jahren ein beträchtliches Stück vom Osten – 15.000 Hektar Wald und Land zwischen Gera, Köstritz und Bad Lobenstein. Geblieben sind dem Fürsten heute u.a. 1.100 Hektar Wald, die er zu Beginn der 1990er-Jahre für 1 Million DM zurückkaufte. Die Flächen sind heute das Siebenfache wert. „Natürlich freut man sich, dass der Wert des Waldes gestiegen ist, aber für mich ist das nur eine Zahl auf dem Papier. [ …] Ich will für meine vier Kinder wenigstens ein bisschen wieder von dem aufbauen, was wir früher einmal hier hatten“, sagt Fürst Reuß.
    Davon können die Schachtschabels bisher nur träumen. Seit 25 Jahren kämpfen sie mittlerweile um ein alleiniges Nutzungsrecht der Flächen, die ihnen laut Grundbuch gehören. Sie betreiben einen bäuerlichen Familienbetrieb in Thüringen. In den 90ern war Rainer Schachtschabel Abteilungsleiter der dortigen Agrargenossenschaft – der rechtlichen Nachfolgegesellschaft der LPG. Bei deren Auflösung wurde er Zeuge skrupelloser Vermögensauseinandersetzungen: „Die einfachen LPG-Mitglieder wurden auf Kosten von Wenigen betrogen.“ Heute besitzt Schachtschabel zwar einige Hektar Land, doch er kann sie nicht einmal vollständig nutzen, die Agrargenossenschaft, legt ihm noch immer Steine in den Weg.
    Wo die einen um ihr Land kämpfen, wollen es andere gern meistbietend loswerden. Im Osten gibt es Land zu kaufen und genau darauf hat sich die AGROENERGY AG spezialisiert. Nachdem die Firma auf Podiumsdiskussionen im Osten ihre Wirtschaftsstrategie erklärten, mit dem Geld von Investoren landwirtschaftliche Betriebe aufzukaufen und durch die Erträge hohe Renditen zu erzielen, schlug ihnen vor Ort massenhaft Abneigung entgegen.
    „Am nächsten Morgen klingelte hier ununterbrochen das Telefon und die Leute sagten: ‚Ich habe da einen großen Landwirtschaftsbetrieb [ …], den würde ich gern verkaufen‘“. 4.200 Hektar Land haben die Einkäufer der AGROENERGY AG so erworben. Seitdem sind die Bodenpreise explodiert. Im Jahr 25 nach der Wiedervereinigung gehen gute Flächen, zum Beispiel in der Magdeburger Börde, auch mal für 38.000 Euro pro Hektar in den Verkauf.
    25 Jahre nach dem Ende der DDR sind die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Volkseigenen Güter Geschichte, aus dem Land jedoch ist ein echtes Wertobjekt geworden. Der Fortbestand der Bodenreform, die Auseinandersetzungen um fehlerhafte LPG Umwandlungen und der noch immer andauernde Verkauf von ehemals volkseigenen Flächen mischt Gewinner und Verlierer bis heute neu und sorgt dafür, dass der Osten dauerhaft eine andere Struktur von Besitz und Vermögen auf dem Land haben wird, als sie in den westlichen Bundesländern gewachsen ist. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 07.07.2015MDR
  • Folge 3 (43 Min.)
    Dass Stadtimmobilien, Landflächen und zugkräftige Betriebe Rendite bringen sollten, hatte man nach der Wiedervereinigung schnell verstanden. Aber privatisiert wurden auch Seen, Wälder, Küsten, einstige Ferienorte und so manches Kleingartenareal. Also auch viele Orte zu denen die Ostdeutschen hochemotionale Beziehungen hatten: Die Seebäder der Ostsee, das private Glück in den zahllosen Datschen, die wiederentstandenen Kleinode in den ehemaligen Tagebaugebieten oder die Urlaubsorte im Thüringer Wald. Anno August Jagdfeld ist Immobilieninvestor ersten Ranges.
    Er besitzt nicht nur Verbindungen bis in die höchsten politischen Kreise sondern auch viele der Filetstücke im Osten. 1996 kaufte er u.a. in Heiligendamm ein Ensemble wertvoller Gebäude und bewahrte damit die Kulturgüter vor dem Verfall. Doch der Investor überschätzte den Markt in Ostdeutschland, 2012 war das Grand Hotel Heiligendamm pleite. Zuerst hofiert, streitet Jagdfeld bis heute mit der Kommune um die Zukunft der von ihm gekauften und zum Teil noch immer nicht sanierten Objekte.
    Ein wichtiger Rückzugsort für die Ostdeutschen war ihre Datsche. Auf meist nur wenigen Quadratmetern hatten sich bis 1989 etwa eine Million Pächter ihr ganz privates Idyll errichtet. Dass das Land nicht ihnen gehörte, hatte zu DDR-Zeiten keine Bedeutung. So auch bei Familie Wachall im thüringischen Sondershausen. Unzählige Sommer haben sie in der Datsche verbracht, auch nach der Wende noch, denn sie profitierten, wie alle Datschenbesitzer vom besonderen Kündigungsschutz ihrer Pachtverträge. Doch im Jahr 25 nach der Wende ist Schluss damit.
    Ab Oktober 2015 verfällt diese Regelung. Familie Wachall würde das Grundstück nun gern kaufen, der Besitzer aber weigert sich. Für die Region Bitterfeld war die Wiedervereinigung eine große Chance. Milliardenschwere Rekultivierungsmaßnahmen verhalfen der Natur in der einstigen Tagebauregion zum Aufschwung. Der Goitzsche-See – mit Fördermitteln entstanden und heute ein großes Naherholungsgebiet – wurde 2013 für 2,9 Millionen Euro an einen privaten Investor verkauft. Eine Regattastrecke und ein Hotel sollen hier in naher Zukunft entstehen und die Region touristisch aufwerten.
    Doch die Privatisierung weckt auch Ängste. Das Ehepaar Köppe betreibt am See einen Campingplatz, doch nun hat die Stadt den Pachtvertrag, der eigentlich bis 2058 läuft, gekündigt. Ist dies der Beginn des Kampfes um den See? Und so gibt es noch immer Auseinandersetzungen um die Frage „Wem gehört der Osten?“ Der abschließende Teil der Reihe widmet sich jenen Orten, die für die dort lebenden Menschen ihre Heimat sind, für andere wiederum Investitionsobjekte. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 14.07.2015MDR
  • Folge 4 (43 Min.)
    Die Privatisierung der volkseigenen Betriebe (VEB) und die damit verbundene Veränderung der Eigentumsverhältnisse gehören mit zu den prägendsten Einschnitten im Osten Deutschlands nach 1989. Dieser Prozess, ohne Vorbild in der jüngeren Geschichte, ist in den 1990er-Jahren ein Vorgang, der die Emotionen hochkochen lässt, führt er doch zu Betriebsschließungen und Entlassungen. Im Osten Deutschlands vollzieht sich in der Folge die größte De-Industrialisierung der Geschichte. Mit den veränderten Besitzverhältnissen ordnen sich auch Macht und Einfluss auf die Wirtschaft neu. Investoren und Käufer werden damals händeringend gesucht, denn mit ihnen überleben oder sterben ganze Industrieregionen.
    Zunächst kommen die aus dem Westen Deutschlands und aus dem Ausland. Aber es gibt auch Ostdeutsche, wenngleich sehr wenige, die die alten Betriebe übernehmen und sie zukunftsfähig machen. Die Dokumentation „Wem gehört der Osten“ zieht nach diesen umwälzenden Ereignissen Bilanz. Wem gehören die Fabriken heute? Erzählt wird von Gewinnern und Verlierern des gewaltigen Transformationsprozesses, von Produktionsstätten, die wie in Leuna heute Großkonzernen gehören. Aber auch von den kleinen Ausnahmen wie bei „Kathi“ in Halle oder der FAM in Magdeburg, alles Unternehmen in Privatbesitz, in denen Menschen sich unter schwierigsten Vorzeichen für „ihren Betrieb“ engagiert haben. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 04.10.2016MDR
  • Folge 5 (43 Min.)
    Die Ostsee war der Sehnsuchtsort der Ostdeutschen schlechthin, nach der Wende allerdings auch das Eldorado für Spekulanten und Glücksritter. Die Konkursmasse an der ostdeutschen Küste sind 2000 Küstenkilometer, mit ihren Inseln, Werften, Schiffen und Häfen und den Seebädern mit mondänen Immobilien. All das musste 1990 neu bewertet und umverteilt werden. Viele der Glanzstücke an der Küste haben seit der Wende eine wechselvolle Geschichte hinter sich, wie z. B. das Seebad Binz. Hier gehören heute 52% der Flurstücke Westdeutschen. Die meisten Käufer stammen aus Berlin oder Hamburg und sehen die luxuriösen Wohnungen einerseits als gemütlichen Ort für den eigenen Urlaub und als stabile Geldanlage für die Altersvorsorge durch gewinnbringende Vermietung.
    Allerdings sind auch rund 30% der Käufer gutverdienende Ostdeutsche, die sich an ihren Urlaub auf Rügen in der Kindheit erinnern und sich mit einer Wohnung in Binz einen Traum erfüllen wollen. Wenig friedlich geht es zu, wenn man die „Wem gehört“- Frage auf der Insel Hiddensee stellt. Die autofreie Insel ist ein Symbol für Urlaube an der Ostsee. Heute haben viele Neuendorfer Familien, die seit Generationen im südlichsten Dorf der Insel leben Angst, dass die immer höheren Pachtforderungen sie irgendwann aus ihrer Heimat vertreiben.
    Sie besitzen – aus historischen Gründen – nur genau das Grundstück, auf denen ihr Haus steht. Treten sie vor die Tür, stehen sie bereits auf Pachtland, und das wird von Jahr zu Jahr teurer. Wem es gehört, darum wird schon lange gestritten. Fast unbekannt ist, dass der flächenmäßig beinahe größte Besitzer von Küstenland der NABU (Naturschutzbund) ist. Weite Flächen der Ostseeregion sind bereits in den 90er Jahren unter Naturschutz gestellt worden – sehr zum Leidwesen der ortsansässigen Bauern, die mancherorts ihr Land nun nicht mehr bewirtschaften können.
    Die Halbinsel Wustrow – zu DDR Zeiten militärisches Sperrgebiet – ist seit 2004 wieder für die Öffentlichkeit gesperrt. Neuer Besitzer ist Ernst August Jagdfeld. Ursprünglich wollte der Eigentümer auf Wustrow eine luxuriöse Ferienanlage bauen. Doch daraus wurde nichts: Die Fundus-Gruppe hat mittlerweile kein Baurecht mehr, weil sich das Bauland in Wald verwandelt hat – die Natur hat sich Wustrow zurückerobert. Die Dokumentation beleuchtet die Besitzverhältnisse am einstigen Ferienparadies der Ostdeutschen und setzt damit die Reihe „Wem gehört der Osten?“ fort. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereMo 05.06.2017MDR
  • Folge 6 (43 Min.)
    Der Harz – einst geteiltes deutsches Mittelgebirge, war zu DDR Zeiten geliebtes Erholungsgebiet und Ferienziel. Die innerdeutsche Grenze prägte die Region lange Zeit, verlief sie doch über Berggipfel und selbst mitten durch Talsperren. Nach der Wende stellte sich auch hier auf der östlichen Gebirgsseite die Frage: Wem gehört eigentlich was und wem soll es in Zukunft gehören? Wald, Wasser, Natur und liebliches Fachwerk – wie in anderen Teilen der ehemaligen DDR führt der Privatisierungsprozess noch bis ins heute zu Begehrlichkeiten, bietet aber auch neue Möglichkeiten. Zum Harz gehören gewaltige Waldflächen, Naturschutzflachen wie der Hochwald, aber auch viel ehemaliger DDR Staatsforst.
    Einer der größten Waldbesitzer im Harz ist heute Clemens Ritter von Kempski. Der Ritter hat familiäre Wurzeln im Harz und kaufte 1994 das größte zusammenhängende Waldstück in Ostdeutschland. Heute besitzt er in der Gegend noch ein paar Hotels und setzt auf sanften Tourismus. Uwe und Susann Thielke, zwei studierte Landwirte aus Sachsen-Anhalt haben nach der Wende den Harz für sich als Lebensaufgabe entdeckt. Sie haben inzwischen 50 Hektar Land erworben und einiges dazu gepachtet und züchten Rinder, und zwar eine ganz spezielle Rasse: das rote Harzer Höhenvieh, das sogar in den hohen Lagen des Harzes, wo sonst keine Landwirtschaft mehr möglich ist, gedeiht.
    Für sie bietet der Harz besonders gute Bedingungen, da die Hochflächen fast alle Nationalparkflächen sind, die sie mit ihren Rindern jedoch nutzen dürfen. Anders als an der Ostsee fanden sich für zahlreiche Objekte im Harz bis heute keine Käufer. Viele einst ehrwürdige Objekte rotten lange vor sich hin, bevor sie einen Interessenten finden – vor allem die alten Sanatorien. Jahrzehntelang war der Harz auch als Luftkurort bekannt, mit beinahe der höchsten Dichte an Lungenheilzentren in ganz Deutschland.
    Viele der Objekte wurden zu DDR Zeiten vom FDGB Feriendienst genutzt und standen nach der Wende lange leer. Für Bernd Rühl eine neue Chance. Vor ein paar Jahren kaufte er gemeinsam mit ein paar Gleichgesinnten eine der ehemaligen Lungenheilkliniken. Nun soll das Objekt als Selbstversorgergemeinschaft genutzt werden – nur mittels privater Darlehen, ohne Bankenbeteiligung und mit viel Enthusiasmus. Die neue Folge von „Wem gehört der Osten?“ geht den Folgen des Privatisierungsprozesses im Harz nach. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereDi 03.10.2017MDR
    • Alternativtitel: Die neuen Seen
    Folge 7 (43 Min.)
    Mit dem Fall der Mauer beginnt der größte Umverteilungsprozess im Nachkriegseuropa. Die Filetstücke sind hart umkämpft und die Schmuckstücke schnell vergeben. Einen viel längeren Weg haben die vermeintlichen Altlasten, die Kohlegruben, Tagebaue und Bergbaulandschaften. Anfang der 1990er-Jahre entsteht hier die weltweit größte Landschaftsbaustelle. Nach jahrelangen Sanierungsarbeiten und der Flutung hunderter Tagebaurestlöcher entstehen die größten künstlichen Seenlandschaften Europas. Mit der Rückkehr des Lebens an diesen Orten stellt sich erst jetzt die Frage: Wem gehört davon heute was, warum und zu welchem Preis? Seit 2000 kommen in nur kurzer Zeit knapp 120 große Seen auf den Markt – zunächst ohne Infrastruktur jedoch mit erheblichen Entwicklungskosten.
    Land und Kommunen können oder wollen nicht überall investieren und so kommen sogar ganze Seen unter den Hammer. Mit neuem Geld, vor allem aber durch die Kreativität und die Ideen der Menschen erwachen die alten Reviere zu neuem Leben und ermöglichen vielerorts einen Perspektivwechsel: Plötzlich ist im sonst wasserarmen Mitteldeutschland das private Segelboot möglich, mit Liegeplatz in einer der neuen Marinas, am See vor der Haustür.
    Die neue Folge von „Wem gehört der Osten?“ geht den Folgen des großflächigen Landschaftsumbaus nach, vom ostdeutschen Braunkohlegebiet über die weltweit größte Landschaftsbaustelle bis hin zur größten künstlichen Wasserwelt Europas. Gekostet hat das bis heute schon mehr als 10 Milliarden Euro, Steuergeld, dass durch die Privatisierung der Bergbaufolgelandschaften nicht zu erwirtschaften ist. Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer dieses gewaltigen Umverteilungsprozesses? Wem gehört an diesen neuen Seen heute was und wem wird gehören, was in Zukunft noch von der Kohlegrube zum Naturparadies verwandelt wird? (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereMo 21.05.2018MDR
  • Folge 8 (43 Min.)
    Es ist ein Paradox: Der Osten ist besonders reich damit gesegnet, konnte aber lange nichts damit anfangen: Mit Schlössern, Burgen, Herrenhäusern. Östlich der Elbe lebten Könige, Ritter und Adlige einst pompös und machten das Land zum Schlösser- und Burgenland. Über 4000 historische Herrensitze stehen in Ostdeutschland. Für die DDR waren die historischen Schönheiten – in Volkseigentum überführt – meist nur das verschmähte Erbe des Klassenfeindes. Das Ende der DDR scheint die Rettung für die vernachlässigten Schlösser und Burgen. Nur wer soll sie retten? Wem sollen sie gehören? Und vor allem: Wer soll sie in Zukunft unterhalten? Das Erbe – so stellt sich schnell heraus – ist ein schwieriges.
    Ein paar der besonders wichtigen Schlösser und Burgen schnappen sich die Bundesländer. Sachsen steigt mit 30 Objekten am größten ein. Manche davon – wie die Schlösser Pillnitz und Moritzburg – sind heute beliebte Touristenmagneten. Andere, wie das fast vergessene Schloss Hubertusburg, liegen noch im Dornröschenschlaf. Die meisten Schlösser und Burgen kommen nach der Wende auf den freien Markt – man kann sie in Auktionen günstig ersteigern und von der Treuhand direkt abkaufen.
    Heute sind über 80 Prozent der historischen Gebäude in privater und in Investoren-Hand. In Schönwölkau wird ein wertvolles barockes Schlossensemble an ein Investorenkonsortium um Justus Frantz verkauft – der Stardirigent will dort dem Orchester der Nationen seinen Sitz geben und gleich noch ein Luxushotel bauen. Geblieben sind nur ein Werbefilm – und ein kaputtes Schloss. Jetzt hat ein Immobilieninvestor das ramponierte Ensemble übernommen.
    Für das Schloss ist es wohl wirklich die letzte Chance. Für die, die schon immer davon geträumt haben, Schlossherr oder Burgfräulein zu werden: Die Chancen in Ostdeutschland stehen gut. Noch immer sind 20 Prozent der Schlösser und Herrenhäuser leer, sind lädiert und brauchen neue Herrschaften. Man sollte allerdings ein paar Rücklagen haben – oder eine besonders gute Idee. Historische Immobilien brauchen heutzutage renditefähige Konzepte. Familie von Lochow hat das begriffen. Ferdinand und Alexandra haben ihr Gutshaus in Petkus zum ersten Skatehotel der Welt gemacht.
    Das Herrenhaus, in dem sie wohnen, finanzieren sie durch ihre Bio-Landwirtschaft. Die von Lochows gehören zu den zirka 20 Prozent der Adligen, die nach der Wiedervereinigung nach Ostdeutschland zurückgekommen sind. Die Schnäppchen der Nachwendezeit sind heute nicht mehr zu haben. Schlösser und Burgen in Ostdeutschland sind ein schwieriges Geschäft. „Wem gehört der Osten? – Die Schlösser“ erweitert die Reihe der „Wem gehört der Osten?“-Dokus und geht auf die Reise zum Reichtum des Ostens, der Fluch und Segen zugleich ist: die schwer zu verwaltenden historischen Immobilien. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.06.2019MDR
  • Folge 9 (43 Min.)
    Mit dem Fall der Mauer beginnt der größte Umverteilungsprozess im Nachkriegseuropa. Die Filetstücke des ehemaligen DDR‑Volkseigentums, Häuser, Schlösser und Seen wechseln schnell und mehrfach ihre Besitzer. Mit dem Wald ist es anders. Seit jeher ist der Wald ein Gut, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Waldeigentümer sehen in ihrem Besitz viel mehr als eine Geldanlage. Heute ist Waldbesitz auch eine schwierige Herausforderung.Trockenheit und Ungeziefer machen den Waldbesitzern zu schaffen.In der DDR war diese Verbindung von Wald und Waldeigentümern größtenteils gekappt, große Flächen waren zersplittert und den eigentlichen Eigentümern war die private Bewirtschaftung verboten.
    Nach dem Mauerfall gibt es mit einem Schlag zehntausende unerfahrene Waldeigentümer mit wenigen Hektar Wald. Als Jens Meyer das Stückchen Wald, das seine Familie seit 400 Jahren besitzt, wieder bewirtschaften darf, findet er hier nur noch dünne Fichten vor. Die Regierung hatte in den 70ern alles gerodet und für Devisen in den Westen verkauft.
    Jetzt will Jens Meyer expandieren. Immer wieder kauft er einige Hektar hinzu, schließt sich einer Forstbetriebsgemeinschaft an.Wilhelm von Carlowitz hat die Forstwirtschaft im Blut. Über Generationen hinweg bestand seine Familie aus Forstwirten und Forstwissenschaftlern. Er musste mit dieser Tradition brechen, denn mit der Bodenreform wurden die von Carlowitz’ enteignet. Wilhelm von Carlowitz ging in den Westen, wurde Banker und heiratete eine ebenfalls adlige ehemalige Waldbesitzerin. Mit dem Mauerfall sah seine Familie die Chance, doch wieder etwas Wald zu erwerben.
    Nach mehreren vergeblichen Versuchen bekamen sie schließlich den Zuschlag. Heute besitzen er und seine Frau wieder 650 Hektar Wald in Sachsen‑Anhalt. Nicht alle Waldflächen haben bis heute ihren Besitzer gefunden. Allein in Thüringen sind bei 30.000 Hektar Wald die Eigentümer nicht bekannt ‑ ein großes Problem. Die nicht bewirtschafteten Flächen behindern bei Forstarbeiten und der Borkenkäfer kann sich auf ihnen ungebremst fortpflanzen. Die Behörden sind mit der Eigentümerrecherche überfordert und ohne Eigentümerkenntnis darf das Forstamt nicht eingreifen.
    Thomas Kästner, Leiter der Forstwirtschaftlichen Vereinigung ‚Henneberger Land‘, nahm das Problem in die Hand und initiierte das Projekt ‚Wald sucht Eigentümer‘. Durch Archiv‑ und Grundbuchrecherchen konnten seit 2013 zu über 2.000 Hektar Wald die aktuellen Eigentümer ermittelt werden.Mancherorts war die DDR‑Zeit auch zuträglich für den Wald. Auf den riesigen Flächen der Militärübungsplätze wuchs, unberührt von den staatlichen Forstbetrieben, ein regelrechtes Waldbiotop heran.
    Nach der Stilllegung vieler Flächen erkannten Umweltverbände darin eine einmalige Chance und drängten die Bundesregierung zum Schutz dieser Flächen. Auch die ehemaligen riesigen Braunkohle‑Tagebauten boten mit ihrer Schließung die Möglichkeit, neue Wälder wachsen zu lassen. Heute befindet sich der mit Abstand größte Teil der Wälder des Nationalen Naturerbes in Ostdeutschland.“Wem gehört der Osten? ‑ Der Wald“ gibt einen interessanten Einblick in den Sehnsuchtsort der (Ost‑)Deutschen ‑ unseren Wald. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereDo 09.04.2020MDR
  • Folge 10 (43 Min.)
    Tausende Betriebe und hunderttausende Wohnungen, Millionen Hektar Wald und Land, all das hatte die DDR einst als Volkseigentum deklariert. Mit dem Mauerfall kommt die schwierige Frage: wem gehört im Osten eigentlich was und wem soll es in Zukunft gehören? Im größten Umverteilungsprozess im Nachkriegseuropa sind die Filetstücke im Osten schnell vergeben. Aber auch Seen und Flüsse, die Ufergrundstücke, Häfen, Schiffe, Brücken, Industrieflächen wie Werften, Deiche und das Wasser darin – all das muss jetzt teilweise neu bewertet werden, und auch, was davon überhaupt zum Verkauf steht.
    Im Fall der Elbe ist eines sofort klar: Die knapp 500 ostdeutschen Elbe-Kilometer werden Bundeswasserstrasse. Der Flusskörper von Ufer zu Ufer gehört seit 1990 dem Bund. Was allerdings aus dem weitestgehend naturnah belassenen Strom werden soll, darüber streiten sich seither Binnenschiffer, Hafenbetreiber, Wirtschaftsverbände und Verkehrsexperten mit Natur,- und Umweltschützern auf allen Ebenen. Noch 1989 gehörte die Elbe zu den meist befahrenen Flüssen Europas.
    Trotzdem seither hunderte Millionen Euro in Sanierung und Ausbau der Bundeswasserstrasse und der ostdeutschen Häfen fließen, verliert der Elbe- Schiffsverkehr fortwährend an Bedeutung. Auf der anderen Seite kommen jedes Jahr mehr Touristen an die Elbe, um die intakten Naturlandschaften zu genießen. Vor der Wende gilt die Elbe noch als dreckigster Fluss Europas und hat wenig schmeichelhafte Beinamen: Giftbrühe, Kloake, chemische Reinigung. Pflanzen sterben in der Elbe und Fische verenden damals tonnenweise Heute gibt es hier wieder 45 verschiedene Fischarten.
    Fischereimeister Gernot Quaschny aus Havelberg hat 30 Elbe-Kilometer und etliche Binnengewässer in Elbnähe gepachtet. Seine Fische landen heute wieder an den Fisch- Verkaufstresen in Sachsen- Anhalt. Das Wunder der Elbe: So nennen es noch heute viele Naturschützer. Denn nach dem Ende der ostdeutschen Chemie-Industrie erholte sich die Elbe schnell wieder und erreicht heute vielerorts Badewasser-Qualität. Viele Unternehmen am und auf dem Fluss leben heute von den Touristen.
    Bernd Frenzel macht sich schon 1990 selbständig und betreibt seither in Pirna eine Fahrgastreederei. Sein erstes Schiff kaufte er schon 1980 für 3000 DDR-Mark von einem Schrotthändler. Erst zehn Jahre später, nach der deutschen Einheit, kann er den Dampfer für 300.000 D-Mark sanieren und stellt ihn 1991 wieder in Dienst. Knapp 20 Jahre pendelt er mit seiner „Sachsenwald“ im Elbtal der sächsischen Schweiz zwischen Pirna und dem tschechischen Decín. Doch nach mehreren Dürrejahren ist die Elbe zu flach geworden.
    Heute fährt Frenzel mit zwei dieselgetrieben, flachgehenden Motor-Schiffen die Touristen durch die sächsische Schweiz … und wartet auf bessere Zeiten für seinen Dampfer. Marko Knuth kaufte 1996 die Elbfähre in Rogätz zwischen Magdeburg und Tangermünde und hat mit ihr auch das Rogätzer Elbe-Fährrecht erworben, vergeben schon vor 600 Jahren an der damals regional bedeutenden Handelsstraße. Ein Fährrecht gilt auch heute noch bei Banken als Sicherheit. Knuth investiert und stellt 2002 für 1,2 Millionen Euro eine neue Fähre in Dienst und pachtet Uferflächen für einen neuen Anleger.
    Marko Knuth ist heute der einzige private Fährunternehmer an der Elbe in Sachsen-Anhalt. 80 Mal pendelt der ehemalige Binnenschiffer täglich von Ufer zu Ufer und hat sein Glück an der Elbe gefunden. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sagen sich mancherorts Fuchs und Hase gute Nacht und viele Natur-Landschaften rauben Besuchern den Atem. Längst sind sich aber viele noch uneinig, wie es mit dem Strom weitergehen soll, an den Ufern und auf dem Fluss, der niemandem gehört und doch allen zugleich. (Text: mdr)
    Deutsche TV-PremiereMo 01.06.2020MDR
  • Folge 11 (43 Min.)
    Bis 1989 rollte die Deutsche Reichsbahn als das Transportmittel Nummer eins durch die DDR. Mit einer viertel Million Beschäftigten war die Reichsbahn der größte Betrieb der DDR. Sie bewältigte achtzig Prozent aller Gütertransporte und die Hälfte des ostdeutschen Personenverkehrs – planwirtschaftlich organisiert und so etwas wie ein Staat im Staate. Zur deutschen Reichsbahn gehörten 14.000 Gleis-Kilometer, 1800 Bahnhöfe, 7000 Lokomotiven, mehr als 170.000 Wagons und mindestens 46.000 Hektar Grundstücke sowie tausende Eisenbahnerwohnungen.
    Wem gehört all das heute? Mit dem Ende der Reichsbahn der DDR vollzog sich in den letzten Jahrzehnten einer der facettenreichsten Privatisierungsprozesse der Deutschen Einheit. Heute gehört vielen ein Stück von der ehemaligen Staatsbahn und einige konnten sich sogar den Traum von der eigenen Bahngesellschaft verwirklichen. Ein paar Erzgebirger sogar so erfolgreich, dass sie heute den Rasenden Roland auf Rügen betreiben. Am Ende der DDR war die Deutsche Reichsbahn ziemlich heruntergewirtschaftet.
    Allerdings ist auch die Deutsche Bundesbahn zu diesem Zeitpunkt in desolatem Zustand, so dass beide Bahngesellschaften noch 4 Jahre parallel betrieben wurden. Erst mit der Bahnreform 1994 fusionierten Reichs- und Bundesbahn zur Deutschen Bahn Aktiengesellschaft. Die DB AG beginnt 1994 mit der Ausdünnung des Gleisnetzes und mit dem Verkauf von Immobilien. Der Leipziger Hauptbahnhof wird als einer der ersten Bahnhöfe verkauft – an die Deutschen Bank. 1000 weitere Bahnhöfe bekommt ein britischer Immobilieninvestor, der diese auf Immobilienauktionen weiterversteigert.
    Aber auch Privatpersonen kommen zum Zug: Als Thomas Wittstock ein neues Zuhause für die Familie sucht, stößt er zufällig auf die Angebote der DB Immobilien. Bahnhöfe in Ostdeutschland, Beamtenwohnhäuser und ehemalige Empfangsgebäude werden so billig angeboten, dass er das kaum glauben kann. Wittstock kauft gleich ein Dutzend Bahnhöfe und Empfangsgebäude in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen und macht mit den Mieten schon wenige Jahre später Gewinn.
    Doch nicht alle Objekte sind Schnäppchen. So manch still gelegter Güterbahnhof befindet sich in bester Innenstadtlage. Als z.B. der Magdeburger Elbebahnhof zum Verkauf steht, wollen gleich mehrere Bauinvestoren das begehrte Grundstück neben dem Dom kaufen. 40.000 Quadratmeter für vier Millionen Euro. Doch die Bahn will nicht nur das Grundstück verkaufen, sondern auch gleich noch ihre Eisenbahnbrücken über die Elbe loswerden – insgesamt zwei Kilometer Brückenbauwerke aus Stahl. Investor Rolf Onnen kauft das Paket und wird für die Stadt zum Glücksfall.
    Auf dem ehemaligen Güterbahnhof errichtet er zunächst Magdeburgs exklusivstes Wohngebiet. Mit den zwei Kilometern Brücken-Altlast wird der Architekt so etwas wie ein privater Stadtplaner. So hat er aus der Eisenbahn-Hub-Brücke eine Fußgängerbrücke über die Elbe gemacht und stellt sie allen Magdeburgern kostenlos zur Verfügung. Seine anderen Brücken, noch einmal 1,5 Kilometer lang, sollen jetzt Magdeburgs erster Schnellradweg werden – für die private Finanzierung hat er auch schon neue Ideen.
    Doch vielerorts in der ostdeutschen Provinz bestimmt vor allem Verfall das Bild der Bahnanlagen. Für etliche Milliarden Euro hat die Bahn Immobilien, Grundstücke und Wohnungen verkauft. Statt aber wieder mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, wurden zwischen Rostock und Chemnitz 2500 Kilometer Bahnstrecke stillgelegt. Vom intensiven Bahnverkehr der Deutschen Reichsbahn ist nicht viel geblieben. Streckenstilllegungen, Massenentlassungen, und der Arbeitskampf der 90er Jahre – all das hat den Dresdner Streckenlokführer Claus Weselsky geprägt.
    Heute ist er Chef der Eisenbahnergewerkschaft GDL, und einer der schärfsten Kritiker der DB AG. Erst heute sieht Weselsky ein langsames Umdenken bei seinem Arbeitgeber DB. Denn ohne nennenswerte Verlagerung der Güterströme von der Straße zurück auf die Bahn, sind die deutschen Klimaziele nicht zu schaffen. Doch auch der Weg zurück zur Bahn dauert wieder Jahrzehnte. Viele Bahnstrecken haben neue Besitzer, sind abgebaut, verschrottet und entwidmet.
    Wie die ehemalige Kanonenbahnstrecke von Berlin nach Metz, über Barby in Sachsen-Anhalt. Die DB AG hat die Strecke stillgelegt und Anfang der 2000er Jahre an Görlitzer Schrotthändler verkauft, einschließlich der berühmten Elbestrombrücke Barby – 750 Meter lang und fast 5000 Tonnen schwer. Als die Barbyer Bürger erfahren, dass auch ihre historische Brücke in den Schrott wandern soll, wehren sich. Gerade noch rechtzeitig können sie den Brückenabriss verhindern. Heute sind sie davon überzeugt, dass in zehn Jahren auch wieder Züge in Barby über die Elbe rollen werden. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 04.02.2021MDR
  • Folge 12 (43 Min.)
    Mihai Danzke, aufgewachsen in Halle/​Saale, wohlhabend geworden als Eigentümer einer Werbeagentur in Berlin, kauft 2012 aus einer Konkursmasse den „Oberen Hof“ in Oberhof, eine Grossgaststätten im Bergarchitektur-Stil der Anfang 1970er. Für Danzke ist Oberhof ein „Rohdiamant“ – regelmässig trainiert er in der neuen Langlauf-Skihalle.
    Ein Oberhof, am Rennsteig im Thüringer Wald, fast 1.000 Meter hoch gelegen, Ferienparadies und Wintersportplatz, einst DDR-Renommierort. Jetzt, im Winter 2023, ist Oberhof Schauplatz gleich zweier Wintersport-Weltmeisterschaften. Wem gehört Oberhof heute? All die Hotels, die Arenen, die Schanzen, die Kunsteisbahn? Oberhof, am Rennsteig im Thüringer Wald, fast 1.000 Meter hoch gelegen, Ferienparadies und Wintersportplatz, einst DDR-Renommierort. Jetzt, im Winter 2023, ist Oberhof Schauplatz gleich zweier Wintersport-Weltmeisterschaften. Die neue Folge der Doku-Reihe „Wem gehört der Osten“ fragt: Wem gehört Oberhof heute? All die Hotels, die Arenen, die Schanzen, die Kunsteisbahn? Wer bestimmt die Geschicke dieses Ortes mit seinen gerade einmal 1.600 Einwohnern? Der Film führt uns auf die Spur von Millionen Steuergeldern für Oberhof, ein „Leuchtturm“ der Thüringer Politik und er porträtiert heute wohlhabende und ehrgeizige Ostdeutsche, die eine Menge Geld in dem einstigen Vorzeigeort der DDR investieren.
    Der Oberhofer Ortschronist Wolfgang Lerch sagt: „Fremdbestimmung bis heute. Oberhof war immer eine Bühne der Eitelkeit der jeweils Herrschenden.“ Bei der Übergabe der modernisierten Rennrodelbahn im November 2022 (Kostenpunkt: 40 Millionen EUR Steuergeld) ist die Politik omnipräsent.
    Der Ministerpräsident Bodo Ramelow, der Bildungsminister Helmut Holter sind da, der „Oberhof-Beauftragte“ der Regierung, der eigentlich Staatssekretär im Finanzministerium ist. Der PR-Mann des vom Freistaat betriebenen Wintersportzentrums Oberhof, Ronny Knoll, berichtet von Ideen für Olympische Spiele. Es wehen die Fahnen von Europa, Deutschland, dem Freistaat – die von Oberhof gibt es nicht.
    Ein Symbol. Ein Drittel des Stadtgebietes gehört heute dem Sport. „Dem Freistaat“, sagt Bodo Ramelow. Der Freistaat bestimmt in Oberhof. Denn ihm gehört fast alles: etwas mehr als 1000 Hektar Fläche zwischen Kunsteisbahn, Skihalle und Großschanze. Das Areal der Wintersport-Stätten gleicht heute einem Industriegebiet. Wo früher Wald war, ist jetzt Beton. Oberhof verlässt sich lange Zeit auf Show, Stars und Sport und verpasst den Anschluss an einen zeitgemäßen Tourismus. Mihai Danzke, aufgewachsen in Halle (Saale), zu Wohlstand gekommen als Werbeunternehmer in Berlin, kauft vor 10 Jahren den „Oberen Hof“ in Oberhof, Anfang der 1970er im Stile exzentrischer Bergarchitektur errichtet.
    Das Gebäude ist kaputt, halb vermietet, für ihn aber ein Liebhaberstück: Freunde raten ihm ab. Die Banken kennen Oberhof nicht einmal. „Dann verwechseln die das mit Oberstdorf in Bayern, dann erklärst du wortreich Oberhof … Ah, sagen die, 1.600 Einwohner. Da wollen Sie investieren? Aber doch nicht mit uns …!“ Der Oberhofer Thomas Schulz hat das alles durch: Er verliert mit einem Elektrobetrieb nach der Wende Hunderttausende bei Hoteliers in Oberhof, die ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können.
    Oberhof ist in den Nullerjahren eine Ansammlung von Grundstücksbrachen: Die Transformation des einstigen DDR-Ferienparadieses in die Marktwirtschaft misslingt. Schulz entschließt sich 2006, als Bürgermeister zu kandidieren, er ist es bis heute: „Was war ich naiv!“ Aber Schulz hat Glück: Vor etwa zehn Jahren entdeckt die Thüringer Politik Oberhof als ein Leuchtturm des Tourismus, die landeseigene Entwicklungsgesellschaft kauft Grundstücke von Pleitiers und Spekulanten und nimmt sich vor, Oberhof städtebaulich zu helfen.
    Bürgermeister Thomas Schulze konnte vor ein paar Jahren aufatmen: Die vom Staat initiierte Schönheitskur für die Ortsmitte bescherte ihm den Anruf eines Top-Hoteliers aus Österreich. Die interessierten sich für Oberhofs Lage in Deutschlands Mitte in bester Mittelgebirgsfrischluft – fast wie vor 100 Jahren. Das hochpreisige Familienresort Grand Green hat 2022 eröffnet – ein Gamechanger. Alle fühlen: Gut 30 Jahre nach der Wende erwacht der Ort zu neuem Leben.
    Doch immer wieder hängt der Tourismus in Oberhof am seidenen Faden, den Pensionen und Hotels fehlt es an Personal. Der Berliner Mihai Danzke hält durch in Oberhof, 20 Millionen hat er bis jetzt investiert. Jetzt will er sogar seinen Wohnsitz nach Oberhof verlegen. Er ist sich sicher: „Oberhof ist ein Rohdiamant, er muss nur geschliffen werden …“ Wer aber macht das? Wem gehört Oberhof? Der Bürgermeister sagt: „Ich hätte früher gesagt, den Regierenden, heute sag ich, den Leuten selber. Wir haben alle Chancen, wir müssen’s nur tun. Diese Chance, diese Wahlmöglichkeit, hatten wir vor 15 Jahren nicht.“ (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereDi 07.02.2023MDRDeutsche Online-PremiereDi 24.01.2023ARD Mediathek

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