WDR Story Verlassen und verramscht – Wenn keiner Omas Haus will
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Verlassen und verramscht – Wenn keiner Omas Haus will
Fritz Kohl, 93, sitzt im Wohnzimmer seines großen Hauses in Bad Laasphe im Siegerland. Im Fenster steht noch immer die Weihnachtsdekoration aus dem vergangenen Jahr. Damals lebte Kohls Frau noch. Jetzt ist er allein in dem Haus, das er mal für die Familie baute und an die nächste Generation weiterreichen wollte. Aber die Kinder haben die Stadt längst verlassen. Sie wollen und brauchen das Haus nicht. Torsten Spillmann, Bürgermeister von Bad Laasphe, markiert Häuser wie das von Fritz Kohl auf seinem Stadtplan mit einem roten Punkt. Nur noch ein Bewohner und der ist schon über 75 Jahre alt, bedeutet die Markierung: Leerstandsrisiko. Neben den roten Punkten häufen sich inzwischen auch die schwarzen: leerstehende Häuser und Wohnungen. 700 sind es bereits in der Region. Darüber reden will kaum jemand. Spillmann aber lässt sich mit der Kamera begleiten. „Noch kann man handeln“, sagt er. Der
Makler Giacomo Petrovic würde gern handeln. Seit Monaten versucht er, ein Einfamilienhaus im Kreis Höxter zu verkaufen. Innen sind die Spuren der Familie, die hier einmal wohnte, noch zu erkennen: Spielzeug, ein Kinderfahrrad, ein CD-Player. Die des Leerstandes aber auch: feuchte Wände, marode Terrasse, überall Schutt. 20.000 Euro soll das Haus kosten, mit großem Grundstück. „Zu viel“, sagt Petrovic, „noch zu viel.“ Der Immobilienmarkt in Deutschland ist zwei geteilt: Boomende Städte stehen schrumpfenden Landstrichen gegenüber. Je nach Rechenmodell wird es bis 2025 in Nordrhein-Westfalen zwischen 500.000 und 700.000 Wohnungen zu viel geben. Raumplaner der Universität Stuttgart glauben, dass man in den kommenden Jahren in vielen Regionen eine „flächendeckende Entwertung“ erleben wird. Das Haus, das mal Generationen absichern sollte, kann nur noch verramscht werden. (Text: Tagesschau24)