Der Rettungsdienst und die Notaufnahmen in Deutschland kämpfen mit dem gleichen Problem: Sie haben zu viele Patienten. Immer mehr Menschen rufen die 112, immer mehr Menschen kommen in die Notaufnahme. Dabei sind die wenigsten dieser Patienten medizinische Notfälle, für die Rettungsdienst und Notaufnahmen zuständig wären. „Die Story“ fragt: Welche Folgen hat das für die Einrichtungen, die im Notfall Leben retten sollen? Der Rettungsdienst im Emsland liegt voll im Bundestrend: Er fährt heute dreimal so viele Einsätze wie vor zehn Jahren – bei gleich bleibender Bevölkerung. Immer häufiger rücken die Rettungswagen aus für Patienten, die auch anders hätten versorgt werden können. Die Gründe sind vielfältig: zu wenig Hausärzte, die soziale Vereinsamung der Menschen, ihr Anspruchsdenken. Der Notfallsanitäter Markus Gutreise fühlt sich inzwischen häufig wie ein Sozialarbeiter: „Die Routine mit den Notfällen, für die wir eigentlich ausgebildet werden, die verliert man dabei so ein bisschen.“ Seit Jahren reagieren die Rettungsdienste auf die Entwicklung: Sie haben neue Rettungswachen gebaut, mehr Rettungswagen gekauft, zusätzliche Sanitäter eingestellt. Die Leitstellen fragen die Notrufe genauer ab, um passgenauere Hilfe zu schicken und mit den Rettungsmitteln zu haushalten. Trotzdem gelingt es ihnen kaum, die gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen einzuhalten. Klaus-Gerrit Gerdts, der Ärztliche Leiter des Rettungsdienstes im
Landkreis Cuxhaven, hält ihre Qualität daher für nicht ausreichend: „Die Rettungsdienste kommen zu spät beim Menschen an, wo zu spät definitiv zu spät bedeuten kann.“ Auch die Notaufnahmen in den Krankenhäusern müssen immer mehr Patienten versorgen. Eine der wichtigsten Aufgaben der Ärzte und Pfleger dabei: die wirklichen medizinischen Notfälle herauszufiltern und schnell zu behandeln. Am Marienkrankenhaus in Hamburg arbeiten sie deshalb seit einigen Jahren mit einem Triage-System, das alle Patienten nach Dringlichkeit sortiert. Pflegedienstleiterin Claudia Pieper: „Jeder Patient macht uns hier gleich viel Arbeit, denn jeder wird gut versorgt.“ Dabei ist etwa ein Drittel der Patienten medizinisch gesehen kein Fall für die Notaufnahme. Am Marienkrankenhaus sind sie sogar noch einen Schritt weiter: Sie haben eine medizinische Versorgungspraxis eingerichtet, eine Art Hausarztpraxis unter dem Klinikdach. Hier werden all die Patienten behandelt, die keine Notfallversorgung brauchen. Nur so können sie den tatsächlichen Notfällen noch gerecht werden. Für Chefarzt Michael Wünning ist das aber nur eine Zwischenlösung: „Für jeden Patienten, den wir hier in der Notaufnahme ambulant versorgen, zahlen wir drauf.“ Die Verantwortlichen in der deutschen Notfallmedizin sind sich längst einig: Die Notaufnahmen und Rettungsdienste müssen entlastet werden. Doch wie sollen die Patienten besser gesteuert werden? Ein Film über die deutsche Notfallmedizin am Anschlag. (Text: WDR)