Stationen (1985) Folge 28: Martinas Leben auf der Alm – Raus aus der modernen Welt
Folge 28
Martinas Leben auf der Alm – Raus aus der modernen Welt
Folge 28
„Warum gehst Du für fast vier Monate auf eine Alm und arbeitest von Sonnenaufgang bis spätabends – und das für wenig Geld?“: Diese Frage wird Martina Fischer oft gestellt. Am Anfang wusste die Krankenschwester, die für einen mobilen Pflegedienst fährt, selbst keine Antwort. Mittlerweile nimmt Martina jährlich eine viermonatige Auszeit und lebt währenddessen allein auf einer Alm. Sechs Uhr früh das Einsatzauto in Rosenheim abholen, dann Fahrt über Land, kurzer Besuch bei jedem Patienten, manche müssen gewaschen werden, andere bekommen nur Medikamente: Jeder Einsatz ist getaktet, damit Martina acht Patienten täglich versorgen kann. Die Krankenschwester war gestresst von Lärm und Hetze, von Handys und Notfallnummern. An den Wochenenden schnupperte sie frische Luft in den Bergen. Und montags ging der Alltag wieder weiter. Bis die damals 37-jährige einen Sommer bei einer Sennerin auf der Rampoldalm in den bayerischen Voralpen aushilft. Und sie merkt: Es ist ein hartes Leben, aber es ist ihre Leidenschaft, und hier ist sie ganz bei sich – endlich frei. Mittlerweile zieht Martina jährlich für vier Monate hoch auf eine
Alm. Nach einer Weiterbildung zur Almerin sogar ganz allein. Auf der 1437 Meter hoch gelegenen Krottentalalm oberhalb des Spitzingsees lebt sie nur mit ihren Tieren zusammen: mit rund 50 Kälbern, zwei Schweinen, mehreren Hühnern und Ziegen. Ohne Strom, Warmwasser und meist auch ohne Handynetz. Dort oben versorgt sie die Tiere, macht Käse, läuft kilometerweit, um die Zäune und Brunnen für die freilaufenden Kälber zu kontrollieren und zu reparieren. „Klar ist es viel Arbeit, aber ich bestimme selbst, wie und in welchem Rhythmus ich sie mache. Unten im Tal bestimmen andere über mich, da bin ich durch moderne Medien und durch ein beschleunigtes Arbeitsleben fremdbestimmt“, meint die Almerin zu ihrer Entscheidung, quasi zwei Leben zu führen, auf der Alm und im Herbst und Winter unten im Tal. Es ist ihr gleich, ob die Sonne scheint oder schwere Unwetter toben. Ihr Glauben und ihr enges Verhältnis zu den Tieren helfen ihr. Wenn sie dann im Herbst zurückkehrt zu ihrem Mann Franz, der sie im Sommer nur selten sieht, zu ihrem Hof und ihrem Job als Pflegekraft, dann bringt sie die Erfahrungen des Almlebens mit in ihre Welt „unten im Tal“. (Text: 3sat)