Mit der Verbreitung der Wissenschaften und vor allem auch mit der Aufklärung sollten die alten Mythen „entzaubert“ werden. Aber: Konnte die Vernunft die Wirkung von Mythen besiegen? Mythen verweisen als sinnstiftende Erzählungen oft auf historische Ereignisse, deren Beschreibung und Bedeutung immer wieder durch mündliche und schriftliche Überlieferungen modifiziert wird. Standen am Anfang noch Götter, Religion und Schöpfung im Mittelpunkt der Geschichten, so tauchten bald auch Helden, Krieger und Friedensfürsten in den Erzählungen auf. Roland Barthes semiotische Interpretation des Begriffs reicht sogar bis in den Alltag und schließt Objekte wie den legendären Citroen DS mit ein, denen eine gesellschaftliche Bedeutung beigemessen wird. Prägen die Muster der alten Mythen immer noch die modernen Kulturen? Diese „scobel“-Ausgabe
beschäftigt sich mit klassischen mythischen Helden, gleich ob sie durch Filme, Romane und Computerspielen reisen, um gegen das Böse und den Untergang der Menschheit zu kämpfen. Sie fragt aber auch nach aktuellen Mythen, etwa in der Politik, in Strategien des Wahlkampfes oder der Staatsführung. Stiften die heutigen Erzählungen noch kollektive Identitäten oder spalten sie vielmehr das Volk in zwei konträre Lager? Wo bleibt die Rationalität in Zeiten der Globalisierung und nationalen Interessen? Schließlich werden auch Anthropologen und Ethnologen vorgestellt, die versuchen, mithilfe von Algorithmen die verschiedenen Stammbäume von „Mythenfamilien“ zu rekonstruieren. Spiegeln solche Stammbäume vielleicht sogar die Besiedlungsgeschichte der Erde wieder? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen die Bedeutung, die Mythen bis heute haben. (Text: 3sat)