Philosophie Folge 202: Simone Weil – Ist Ewigkeit erfahrbar?
Folge 202
Simone Weil – Ist Ewigkeit erfahrbar?
Folge 202 (26 Min.)
Simone Weils Leben und Philosophie bergen einen Widerspruch in sich. Sie war einerseits eine engagierte Gewerkschafterin, die freiwillig die beschwerliche Arbeitsrealität in einer Fabrik auf sich nahm, andererseits aber in einem mystischen Erlebnis Gott begegnete, ohne ihn je gesucht zu haben. Sie war eine Frau, die inmitten schwieriger Zeiten die Erfahrung der Ewigkeit machte. Diesem Widerspruch und dem Weg von der Werkbank hin zur göttlichen Vision geht diese „Philosophie“-Sendung nach. Die Wirklichkeit wahrhaftig zu kennen, bedeutet für Simone Weil, ihr ausgesetzt zu sein. Diesen Kontakt mit dem wahren Leben suchte sie in der Fabrik: „Dadurch veränderte sich bei mir nicht nur die eine oder andere
Überzeugung, sondern mein ganzer Blick auf die Dinge und mein Lebensgefühl.“ Vielleicht überdachte sie deshalb später ihr Verständnis des Begriffes „Arbeit“ und übte Kritik am Marxismus. Denn durch die Arbeit kommt der Mensch in Kontakt mit der wahrhaftigen Wirklichkeit, seine Tätigkeit lässt ihn den Widerstand erfahren, den die Welt seinen Plänen entgegensetzt. Und schließlich stellt sich die Frage, wie diese materialistische Agnostikerin eine derartige spirituelle Grenzüberschreitung vollziehen konnte, „ohne die Richtung zu ändern“. Wie schaffte sie den Sprung von der Fabrik in die Kirche? Vielleicht weil sie das selbst erfahrene menschliche Leid in ihrem Inneren lebendig hielt? (Text: arte)