Was wird aus HBO Max?

Ambitionierter Streamingdienst unter neuem Management mit ungewisser Zukunft

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 04.08.2022, 15:11 Uhr

Was wird aus HBO Max? – Ambitionierter Streamingdienst unter neuem Management mit ungewisser Zukunft – Bild: HBO Max

In den Vereinigten Staaten stellt am Donnerstag das recht frisch geschmiedete Medienunternehmen Warner Bros. Discovery seine jüngsten Quartalszahlen vor. Dabei wird auch eine weitere, ausdrückliche Weichenstellung für die kommenden Jahre erwartet. Insbesondere über der Zukunft von HBO Max in der bisherigen Form als Aushängeschild für fiktionalen Content stehen Fragezeichen.

Hintergrund: Warner Bros. Discovery

Erst im Mai 2021 waren Pläne bekannt geworden, aus den etablierten Medienunternehmen Warner Bros. (damals WarnerMedia) und Discovery ein neues, gemeinsames Unternehmen zu bilden, das den Herausforderungen des sich immer mehr durchsetzenden, weltweiten Streamingmarktes besser stellen könnte – im Dezember wurde es beschlossen, im April dann nach den notwendigen Freigaben vollzogen.

Auf dem Papier sah das simpel aus: Warner ist eine der führenden Firmen in Sachen fiktionaler Inhalte, Discovery hingegen ist dick im Geschäft mit Reality-Formaten und Sport. Packt man beides zusammen, erhält man einen Dienst, der „alle“ Konsumenten abholen kann.

Was auf dem Papier nach einem „Zusammenschluss“ nur mit Vorteilen aussah, stellt sich aktuell fast schon wie eine feindliche Übernahme dar – denn die Führung über den neu geschmiedeten Gesamtkonzern Warner Bros. Discovery erhielt David Zaslav von Discovery.

Sparzwang und „Synergieeffekte“

Das geschah nicht ganz ohne Grund – Warner hatte zuvor bekannte Probleme. Während HBO und HBO Max sowie das weiterer Seriengeschäft recht solide dastanden, waren vor allem in der Filmabteilung Fehlschläge und Fehlentscheidungen bemängelt worden. Vor allem (im Vergleich zu Marvel) aus den Rechten an den DC Comics habe man zu wenig gemacht. Daneben gibt es auch noch das problembelastete „Harry Potter“-Franchise mit zuletzt mageren Einspielergebnissen und J.K. Rowling als eine Franchise-Schöpferin, die mit transphoben Äußerungen und Aktivismus viele Fans vor den Kopf gestoßen hatte.

Und wie immer, wenn zwei Unternehmen zusammengeführt werden, gab es „Dopplungen“, die es zu tilgen galt, um Kosten zu sparen. Eine dieser Dopplungen ist die Existenz der beiden Streamingdienste HBO Max und Discovery+.

Alte Warner-Entscheidungen abgehakt

Aus Sicht des ehemaligen WarnerMedia war es sinnvoll, aus der eigenen Marktmacht im fiktionalen Bereich die Tugend des Streamingdienstes HBO Max zu machen und dabei auch ungebremst in den internationalen Ausbau zu investieren. Nach dem Zusammenschluss und unter Discovery-Führung sieht das anders aus.

Den bisherigen Taten unter Zaslav nach will man hier deutlich einsparen. Und das bedroht den Kern dessen, was der Branchenbeoabachter und der Konsument bisher unter HBO Max verstand. Zumal Zaslav, welcher von zwei Managern, die auf vergleichbaren Positionen aus den beiden Ursprungsfirmen arbeiteten, den Job über eine zusammengeführte Abteilung bekam, bei fast allen Entscheidungen fast ausnahmslos WarnerMedia-Personal die Tür wies.

Batgirl

Keine andere Entscheidung der letzten Wochen zeigt den Umgang von Zaslav mit früheren Warner-Entscheidungen so deutlich, wie die Einmottung des Films „Batgirl“ – er passt aus finanzieller Sicht nicht in die neuen Vorgaben, so dass der fast fertige Film (Dreharbeiten abgeschlossen, in der Nachbearbeitung weit fortgeschritten) nun lieber als „Totalverlust“ im Giftschrank verschwindet und von der Steuer abgeschrieben wird, statt andere Lösungen zu finden.

Zaslav hat klare Vorgaben, wie mit DC-Filmen (und Filmen bei HBO Max allgemein) umgegangen werden soll: Bei HBO Max laufen nur noch Produktionen, die ein Budget bis 30 Millionen US-Dollar haben. Alles was ins Kino kommt, muss mindestens ein Budget von 90 Millionen haben, womit entsprechende Schauwerte einhergehen. Das Budget für „Batgirl“ war auf 70 Millionen angelegt – auch wenn wegen Corona mittlerweile 90 Millionen ausgegeben worden sein sollen, soll der Film eben nicht das bringen, was Kinogänger beim Kauf einer teuren Eintritskarte von DC erwarten können sollen (kein „Fehler“ des Films, das war ja auch nie der Anspruch).

Da ein Film bei der Kinoauswertung auch ganz anders (und sehr teuer) beworben werden muss, hat man sich bei Warner Bros. Discovery dazu entscheiden, ihn nicht (eventuell mit Nachdrehs) irgendwo auszuwerten, sondern eben die Investition als „Verlust“ in die Bücher aufzunehmen, wodurch man andernorts Steuern spart (die Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt hängt wohl mit einer auslaufenden Frist bis Mitte August nach dem Firmenzusammenschluss zusammen).

Schon als Warner Bros. Discovery kurz nach dem Zusammenschluss das vorherige Warner-Prestigeprojekt CNN+ direkt einstampfte (ohne überhaupt zu testen, ob es wirtschaftlich laufen würde), hatte das Team von Zaslav deutlich gemacht, dass man keine Gefangenen macht.

Beschneidungen bei HBO Max

Auch in zahlreichen anderen Belangen waren HBO Max Kurskorrekturen gegeben worden. Wie erläutert, ursprünglich wollte HBO Max auf sich gestellt in die Streaming Wars ziehen und weltweit Abonnenten finden. Dabei setzte man wie gesagt auf die eigenen Stärken. Eine davon ist, das die Marke HBO mit eigenen Ablegern in verschiedenen Teilen der Welt präsent ist (Osteuropa und Skandinavien). Für HBO Max wurden auch dort Eigenproduktionen beauftragt, was unter dem neuen Regime zunächst wieder eingestellt wurde (fernsehserien.de berichtete).

Daneben wurden Filme mit „mittlerem Budget“ wie „Batgirl“ abgeknapst (damals kurz vor Drehbeginn etwa schon ein DC-Film um die „Wonder Twins“, in dem „Riverdale“-Darsteller K.J. Apa und der aufgehende Star Isabel May aus dem „Yellowstone“-Prequel „1883“ die Titelrollen hatten; geplantes Budget von 75 Millionen US-Dollar).

Zuletzt wurde auch bekannt, dass HBO Max bei den animierten Comedyserien womöglich auf die Bremse tritt, vor allem beim Kinderprogramm. Oder doch zumindest das Angebot verschlankt und Budgets lieber in Spin-Offs bekannter Frachises steckt als in andere Projekte.

Zusammengefasst

Bei der Verkündung der heutigen Geschäftszahlen wird ein Tag der Wahrheit erwartet. Seit dem formalen Zusammenschluss zu Warner Bros. Discovery ist nun einige Zeit vergangen, die Führung des Gesamtkonzerns hatte die Gelegenheit, die beiden alten Unternehmen zu studieren und hat die Abteilungen zusammengestrickt.

Nach all diesen Umstellungen und kurzfristigen Entscheidungen der vergangenen Monate kommt heute wohl der Ausblick für die Zukunft. Und schon lange war klar, dass die beiden Streamingdienste von Warner Bros. Discovery in naher Zukunft unter ein Dach kommen – und dabei etwa auch ein „neuer“, gemeinsamer Name gefunden werden muss.

Wahrscheinlich wird es aber eben nicht bei einem neuen Namen bleiben, auch inhaltlich wird viel „Neues“ kommen. Und aus Sicht der Konsumenten ist das vielleicht weniger gut als erhofft.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Das sind Sparfüchse am Werk...!
    • (geb. 1988) am

      Tragisch… zumal bis jetzt ja der Eindruck entsteht, bei Discovery ist alles toll und Warner ist das große Problem.
      Da nun alles über den Haufen zu werfen, mit der Brechstange vorzugehen, wie man es grad anhand von HBO Max tut, wird zukünftig Konsumenten wirklich eher abschrecken.
      • (geb. 1978) am

        Interessant.

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