HBO Max stoppt Eigenproduktionen in weiten Teilen Europas

Gefallener Aktienkurs und Fusions-Schmerzen sorgen für Konsequenzen

Ralf Döbele
Ralf Döbele – 05.07.2022, 13:26 Uhr

HBO Max stoppt Eigenproduktionen in weiten Teilen Europas – Gefallener Aktienkurs und Fusions-Schmerzen sorgen für Konsequenzen – Bild: WarnerMedia

Der Sparkurs nach der Fusion von Warner Bros. und Discovery hat konkrete Konsequenzen für die Serienproduktion in Europa. So wurde nach einem Bericht des Branchenblatts Variety bekannt, dass man bei dem Mediengiganten vorerst für den Streamingdienst HBO Max keine weiteren Originalserien in weiten Teilen Europas produzieren wird. Dies bedeutet, dass die Entwicklung neuer Formate gestoppt wird, bereits in Produktion befindliche Serien aber fertiggestellt werden. Betroffen sind die meisten Länder Zentraleuropas und die Türkei. Einzige Ausnahmen: Spanien und Frankreich.

Warner Bros. Discovery hat sich selbst Einsparungen von satten drei Milliarden US-Dollar auferlegt, während HBO Max und Discovery+ zu einem einheitlichen Streaminganbieter fusionieren sollen. Laut des Berichts steht bei dem Konzern aber derzeit ein Marktwert von immerhin mehr als 34 Milliarden US-Dollar einem Schuldenberg von rund 55 Milliarden gegenüber. Zudem ist der Aktienkurs von Warner Bros. Discovery seit Bestätigung der Fusionspläne im April stetig gefallen.

In einem Statement des Konzerns heißt zu den Einsparungsplänen: Als Teil des Prozesses [der Zusammenführung von HBO Max und Discovery+] haben wir uns entschieden, einen begrenzten Teil unserer Eigenproduktionen von HBO Max zu entfernen und unsere Bemühungen um Eigenproduktionen für HBO Max in den nordischen Ländern und in Zentraleuropa einzustellen. Auch die Entwicklung in noch jüngeren Mitgliedsländern wie den Niederlanden und der Türkei, die im vergangenen Jahr begann, wurde eingestellt.

Nicht betroffen sind demnach Produktionen für lineare Ableger-Sender von HBO oder des Discovery Channels, hier sollen weiterhin Eigenproduktionen entstehen und auch örtliche Formate eingekauft werden. Zudem sollen Serien, deren Produktion bereits läuft, fertiggestellt werden – allerdings dürften die Macher kaum noch mit Verlängerungen für weitere Staffeln rechnen. Einige der so produzierten Serien könnten auch an andere Streamingplattformen verkauft werden, das Geld würde dann für die günstigere Lizenzierung anderer Formate eingesetzt werden.

Noch ist nicht abschließend bekannt, welche Serien international von HBO Max verschwinden werden. Laut Variety zählen aber das ungarische Drama „The Informant“, „Lust“ aus Schweden und die von Kritikern hochgelobte Serie „Kamikaze“ dazu. Daneben könnten ähnliche Entscheidungen für andere Territorien von Warner Bros. Discovery auf der ganzen Welt folgen. Zeitgleich erklärt die weltweite Verbreitung auch, weshalb Spanien von der Umstrukturierung vorerst verschont bleibt. Mit hohen Abonnentenzahlen in Lateinamerika und der wachsenden Latino-Bevölkerung in den USA ist HBO Max auf spanischsprachigen Content angewiesen.

Die stringente Entscheidung von Warner Bros. Discovery wird sicher im europäischen Produktionssektor hohe Wellen schlagen und als weitere Bestätigung einer Trendwende gelten. Bereits im April hatte Netflix nach Jahren des vermeintlich ungebremsten Wachstums eingestehen müssen, dass die Abo-Zahlen erstmals um 200.000 Nutzer gesunken sind.

Der bereits angeschlagene Aktienkurs des Streaming-Riesen brach danach weiter ein. Seit Jahresanfang hat das Unternehmen an der Börse fast 70 Prozent an Wert verloren. Als Folge dessen entließ Netflix hauptsächlich in den USA 450 Mitarbeiter, etwa drei Prozent aller Angestellten weltweit. Zudem stehen für die Zukunft eine mögliche werbefinanzierte Variante des Streamers oder ein strengeres Vorgehen gegen geteilte Konten im Raum.

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