TV-Kritik: „jerks.“ – Die erste eigenproduzierte maxdome-Serie

Herzensprojekt von Christian Ulmen überzeugt mit schonungslosem Humor

Glenn Riedmeier
Rezension von Glenn Riedmeier – 25.01.2017, 16:54 Uhr

Fahri Yardim und Christian Ulmen – Bild: maxdome/ProSieben/André Kowalski
Fahri Yardim und Christian Ulmen

Noch bevor Amazon und Netflix mit ihren ersten deutschen Serien an den Start gehen, veröffentlicht der Anbieter maxdome am Donnerstag, 26. Januar, seine fiktionale Eigenproduktion „jerks.“ – und kann sich damit auf die Fahne schreiben, als erster deutscher Streamingdienst eine Serien-Eigenproduktion zu veröffentlichen. Noch dazu handelt es sich bei der zehnteiligen Comedyserie um ein echtes Herzensprojekt von Hauptdarsteller und Regisseur Christian Ulmen („Dr. Psycho“), der mit dieser Serie beweist, dass auch nach familientauglichen Komödien wie „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ in dem ehemaligen MTV-Anarchisten immer noch das Potenzial für abseitigeren und gewagteren Humor schlummert.

Lange hielten sich die Macher mit detaillierten Informationen über die Serie zurück, doch mittlerweile ist bekannt, dass es sich um eine selbstironische Serie handelt, in der Christian Ulmen eine fiktionale Version von sich selbst spielt – so wie es deutsche Zuschauer beispielsweise aus Serien wie „Pastewka“ oder „Die Mockridges“ kennen. Im Mittelpunkt steht die Freundschaft zwischen Christian Ulmen und Fahri Yardim („Tatort“) sowie deren gemeinsames Scheitern in allen erdenklichen Lebenslagen. Keine Peinlichkeit bleibt ihnen erspart, immer wieder ecken sie massiv an und loten moralische Grenzen aus.

Ulmens reale Ehefrau Collien Ulmen-Fernandes spielt hier seine Ex-Ehefrau, während Pheline Roggan Fahris Freundin Pheline verkörpert. Mit dabei sind zudem zahlreiche Prominente, die im Verlauf der Staffel Gastauftritte absolvieren und sich ebenfalls selbst spielen, darunter Karsten Speck, Kay One, Nora Tschirner und Charlotte Würdig.

Collien Ulmen-Fernandes spielt Christian Ulmens Ex-Ehefrau maxdome/​ProSieben/​André Kowalski

In der zweiten Episode, die fernsehserien.de zur Vorab-Ansicht zur Verfügung gestellt wurde, läuten bei Christian die Alarmglocken, als er erfährt, dass sich seine Freundin Emily (Emily Cox) mit seiner Ex-Frau Collien zu einem ominösen Treffen bei Jana Pallaske verabredet hat. Als Christian dann auch noch über eine Textnachricht auf Emilys Handy stolpert, in der von einem „Masturbationskurs“ die Rede ist, wird er völlig perplex. So spioniert er mit Fahri den beiden Frauen nach, zu denen sich überraschend auch Pheline gesellt. Fahri und Christian folgen den Frauen heimlich in Jana Pallaskes Wohnung.

Ginge man nach sonst üblichen Comedy-Plots à la „Pastewka“ oder „Stromberg“, würde sich spätestens jetzt herausstellen, dass sich alles um ein großes Missverständnis handelt und sich die vier Frauen aus ganz harmlosen Gründen getroffen haben. Nicht so bei „jerks.“. Die Serie geht neue und für deutsche Sehverhältnisse ungewohnt mutige Wege. Denn tatsächlich handelt es sich um einen esoterisch angehauchten Kurs, bei dem die Teilnehmerinnen ihren Vaginen Namen geben und „die Kraft ihrer Scheidenmuskulatur“ messen wollen. Den Vorteil ihres Intimpiercings kommentiert Jana Pallaske gelassen mit den Worten: „Muss klimpern beim pimpern.“ Fasziniert und gleichzeitig geschockt beobachten Christian und Fahri das Schauspiel.

Doch es kommt wie es kommen muss: Sie werden erwischt und flüchten panikartig. Nach der ersten empörten Konfrontation werden die beiden von ihren Frauen überraschend dazu aufgefordert, am nächsten Kurs teilzunehmen. Dies stellt die Freundschaft zwischen Christian und Fahri auf die Probe, da sie nun aller Voraussicht nach die Geschlechtsteile aller vier Frauen zu Gesicht bekommen. Als sich beim nächsten Kurstreffen herausstellt, dass auch Jojo, Colliens neuer Freund, dabei ist, wird es Christian zu bunt. Er tritt in sämtliche Fettnäpfchen, verscherzt es sich in der Gruppe – und wird schließlich auch noch von Fahri im Stich gelassen. Der Fremdschäm-Faktor erreicht für die Zuschauer den Höhepunkt.

Eine weitere Gastrolle in der Episode hat Rapper Sido (aka Paul Würdig). Obwohl er überhaupt kein Wort spricht, kommt es zu einem verhängnisvollen Zwischenfall, bei dem eine „Maskenball“-Zeitschrift eine entscheidende Rolle spielt …

„Die geschilderten Ereignisse beruhen auf wahren Gegebenheiten“, heißt es ironisch zu Beginn jeder Episode. „Die Serie ist wie eine Therapie für uns selbst. Wir durchleben die peinlichen Situationen noch einmal. Aber wir zeigen sie auch den Zuschauern – dadurch ist das Leid quasi auf alle gleich verteilt“, erklärt Christian Ulmen. Letztendlich bleibt offen, wieviele Anteile der Handlung tatsächlich auf realen Erlebnissen beruhen. Doch das ist auch überhaupt nicht wichtig. Entscheidend ist, dass die Serie eine extrem hohe Gagdichte hat und zu keinem Zeitpunkt langweilig wird.

Die überzeichneten Alltagssituationen ziehen einen unmittelbar in den Bann. Christian Ulmen ist der perfekte Antiheld, mit dem sich der Zuschauer problemlos identifizieren kann. Die Serie ist genau das Richtige für alle, die sich für skurril-peinliche Situationen mit Seitenhieben auf die deutsche Promiszene begeistern können. Oder wie es Ulmen beschreibt: „Für alle Menschen, die das Bedürfnis haben, ihr Schamgefühl mit lieben Freunden zu teilen.“

Die zehn je 22-minütigen Folgen von „jerks.“ werden ab dem 26. Januar im wöchentlichen Rhythmus bei maxdome veröffentlicht. Nur kurze Zeit später folgt die lineare TV-Premiere auf ProSieben: Ab dem 21. Februar läuft die Serie im Doppelpack dienstags um 23:15 Uhr im Anschluss an „Circus HalliGalli“.

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist seit Anfang 2013 als Journalist bei fernsehserien.de tätig und dort vorrangig für den nationalen Bereich zuständig. Er schreibt News rund um das aktuelle Fernsehgeschehen und verfasst Kritiken, vor allem zu relevanten Starts aus der TV-Unterhaltung. Darüber hinaus führt er Interviews mit bekannten TV-Persönlichkeiten. Unter anderem sprach er bereits mit Bastian Pastewka, Jürgen Domian, Stephanie Stumph, Fritz Egner, Jochen Bendel, Beatrice Egli, Collien Ulmen-Fernandes, Carolin Kebekus und Torsten Sträter. Des Weiteren verfasst er zu besonderen Anlässen wie Jubiläen von TV-Sendern oder -Formaten ausführliche Rückblicke und Specials – aus einem nostalgischen und zugleich kritisch-informierten Blickwinkel. Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“ und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie „Big Brother“ und „Die Verräter“ hat er eine Ader – auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.

Lieblingsserien: Meister Eder und sein Pumuckl, Eine schrecklich nette Familie, Twin Peaks, 24

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