Interviews mit den Darstellern vom „Club der roten Bänder“

Schauspieler geben Einblick in die am Montag startende zweite Staffel – von Dennis Braun

Dennis Braun
Dennis Braun – 04.11.2016, 18:00 Uhr

Ivo Kortlang spielt Anton „Toni“ Vogel© VOX/​Marie Schmidt
Toni Vogel, der eigentlich Anton heißt, hat eine milde Ausprägung des Asperger-Syndroms und landet nach einem Moped-Unfall im Krankenhaus. Er sagt, was er denkt und „funkt“ auf einer anderen Frequenz. Er ist sogar in der Lage, über seine Gedanken mit dem Koma-Patienten Hugo zu kommunizieren und nimmt somit die Rolle als „der Schlaue“ ein. Seine direkt Art und grenzenlose Hingabe für seine Freunde machen ihn zum Dreh- und Angelpunkt des „Clubs“. Das Krankenhaus wird schon bald zu einem ganz besonderen Ort für Toni, an dem er sich zu Hause fühlt. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er Freunde gefunden, die ihn verstehen. Doch seine Knochenbrüche sind anfangs der zweiten Staffel ausgeheilt, und eigentlich müsste Toni das Krankenhaus nun verlassen. Das würde alles wieder ändern. Toni will daher unbedingt einen Weg finden, im Krankenhaus zu bleiben. Und er hat auch schon einen Plan …

Der 22-jährige Ivo Kortlang haucht der Figur Toni Leben ein und spielt sie mit einer beeindruckenden Souveranität. Sein Debüt gab der Schauspieler 2007 in der Folge „Der Fall Jochen B.“ aus der Krimi-Reihe „Rosa Roth“, 2013 und 2014 war er in Filmen wie „Doktorspiele“ und „Bibi und Tina: Voll verhext!“ zu sehen. Im Gespräch mit wunschliste.de erzählt Ivo Kortlang, wie es mit Toni weitergeht, welche Herausforderungen die Rolle mit sich bringt und ob die Darsteller ein Mitspracherecht für ihre Figuren haben.




wunschliste.de: Dein Charakter Toni ist „der Schlaue“ im Club und wird zu einer wichtigen Verbindung zwischen Hugo und der Gruppe. Wie schwierig ist es, einen Jungen mit Asperger-Syndrom realistisch zu spielen, ohne gleichzeitig Klischees zu bedienen?

Ivo Kortlang: Mein Anspruch war von Anfang an, Toni möglichst glaubhaft darzustellen und Klischees zu vermeiden. Deshalb habe ich mich im Vorfeld der Dreharbeiten intensiv vorbereitet und beispielsweise mit einem Therapeuten gesprochen, der seit 20 Jahren Autisten betreut. Von ihm habe ich erfahren, was das Asperger-Syndrom eigentlich genau beschreibt und dass es die unterschiedlichsten Ausprägungen gibt. Anschließend haben wir uns zusammen einzelne Szenen angeschaut und überlegt, wie Patienten in den jeweiligen Situationen wohl reagieren könnten. Aus diesem Pool konnte ich dann schöpfen und herausfinden, wie ich Toni am besten darstellen sollte. Ich nenne es ganz bewusst nicht „Krankheit“ oder „Behinderung“, sondern wie in der Serie auch „besonders sein“, da es mir extrem wichtig war, ein positives Bild zu zeichnen. Die Botschaft dahinter sollte lauten, sich den Menschen erst einmal mit all seinen Facetten anzuschauen, ohne vorschnell über ihn zu urteilen.

Welche Bedeutung würdest du der Figur Toni, neben ihrer Fähigkeit mit Hugo zu kommunizieren, für den Club und die gesamte Handlung beimessen und wie geht es für sie weiter?

IK: Toni bringt seinen Freunden im Club seine Sicht auf die Welt nahe, er lässt sie quasi mit seinen Augen sehen. In Momenten, in denen sich der Club in Emotionen wie Schwarzmalerei, Trauer oder Wut verrennt, gibt Toni einen Kontrast und wirkt somit wie ein Ruhepol für die Gruppe, wovon diese wiederum extrem profitiert. In der ersten Folge der zweiten Staffel beispielsweise überlegt sich der Club, wer nun regelmäßig auf Hugo aufpassen könne, woraufhin Toni frei heraus sagt: „Ich kann doch zu Hugo ins Zimmer ziehen, Alex ist ja tot“. Was im ersten Moment total makaber klingt, stellt sich im Nachhinein als gar keine so schlechte Idee heraus. In den neuen Folgen setzt sich Toni daher auch stark für den Zusammenhalt des Clubs ein, als plötzlich jeder sein eigenes Ding macht, da er für ihn zu einer richtigen Familie geworden ist.

Ivo Kortlang© VOX/​Martin Rottenkolber
Jeder eurer Charaktere hat sich im Verlauf der ersten Staffel ganz unterschiedliche Veränderungen durchgemacht. Besonders zu Beginn hat man sich ja recht nah an der Originalkonzeption von Albert Espinosa orientiert. Hattet ihr ein gewisses Mitspracherecht für eure eigene Rolle, gerade im Hinblick auf die zweite Staffel, in welche Richtung sich euer Charakter entwickeln soll?

IK: Im ersten Moment nicht, da unsere fantastischen Drehbuchautoren Jan-Martin Scharf und Arne Nolting großartige Arbeit leisten und wir vollstes Vertrauen in sie haben, zumal eine ständige Einmischung sie wohl auch in ihrem kreativen Fluss stören würde. Bereits bei „Weinberg“ haben die beiden gezeigt, was sie für tolle Bücher schreiben können, deswegen haben wir sie auch hier erst einmal machen lassen. Als schließlich alles fertig war und wir die fertigen Drehbücher lesen konnten, durften wir natürlich Nuancen verändern oder ihnen sagen, dass man bezüglich einer Reaktion seiner Rolle anderer Meinung war etc. Wenn man ein gutes Argument hat, sind Jan-Martin und Arne die Letzten, die darauf nicht eingehen würden. Beispielsweise trage ich im echten Leben seit einiger Zeit eine Zahnspange, und in Absprache mit den beiden haben wir zu Beginn der zweiten Staffel eine Szene eingebaut, in der auch Toni vorm Spiegel steht und seine neue Spange bewundert. Für neue Ideen sind sie also jederzeit offen. Man kann ja auch nicht erwarten, dass sie in jeder Szene, die sie schreiben, das Profil und die Art dieser Rolle zu 100 % treffen, zumal sie mehr als 20 Charaktere im Kopf haben, denen sie immer wieder Leben einhauchen müssen.

Deine erste große Rolle als Schauspieler war direkt ziemlich anspruchsvoll. Sofern du der Schauspielerei treu bleiben möchtest, welche Charaktere würdest du in Zukunft gerne mal darstellen?

IK: Ich drehe momentan einen neuen Film, wofür ich sehr dankbar bin, denn das gesamte letzte Jahr und einen Großteil von diesem war ich hauptsächlich Toni aus dem „Club der roten Bänder“. Nach diesem speziellen Charakter hatte ich definitiv Lust, auch wieder die „normale Wahrnehmung“ darzustellen, mir eine neue Rolle zu erschließen und sie hinsichtlich ihrer Persönlichkeit aufzubauen. Es macht mir viel Spaß, kleine Intrigen zu spinnen, neidisch zu sein oder sonstige Verhaltensweisen zu spielen, die ich für Toni natürlich zurückstellen musste. Eine konkrete Rolle, die ich unbedingt mal übernehmen würde, habe ich aktuell nicht. Ich lese mir die Drehbücher stets in Ruhe durch und wenn mich eine Figur und die Geschichte dahinter ansprechen, dann verwandle ich mich gerne in sie.

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