„Dexter: New Blood“: So endet die Miniserie

Fortsetzung besser als das gescholtene „Dexter“-Ende

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 09.01.2022, 18:00 Uhr

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Gibt sich als jovialer Onkel-Typ: Kurt Caldwell (Clancy Brown) in „Dexter: New Blood“ Seacia Pavao/​SHOWTIME

Podcasterin Molly Park nähert sich Polizeichefin Angela Bishop an. Beide forschen Matt Caldwells Verbleib nach, während Molly auch im Fall der verschwundenen Frauen vorankommt – beide Pfade deuten auf Caldwells Machenschaften. Bei einer Schüler-Party nimmt der auf seinen Vater wütende Harrison Drogen. Dabei verrät er einerseits Audrey mysteriös, dass sein Vater in Wahrheit gar nicht „Jim Lindsay“ heiße, andererseits stirbt er um ein Haar an einer Überdosis durch unreine Drogen.

Als Folge der Überdosis macht sich Dexter nun zwei weitere Male daran, mit seinem Ritual für Gerechtigkeit zu sorgen, indem er die Drogenhändler – deren unreines Gemisch bereits mehrfach tödliche Überdosen verursacht hatten – ausschalten will. Beide Male wird Dexter aber vor Vollendung gestört und hinterlässt daher eine nahezu unsichtbare, aber deutliche Spur zu seiner alten Identität als Dexter Morgan aus Miami und zu den Taten des Bay Harbour Butcher: Er verwendet Ketamin-Spritzen, um seine auserkorenen Opfer bewusstlos zu machen.

Selbst verwirrt über das Leben, aber stets Stimme der Vernunft: Audrey Bishop (Johnny Sequoyah) in „Dexter: New Blood“ Seacia Pavao/​SHOWTIME

Chief Bishop kreist Caldwell weiter ein. Nachdem sie vom falschen Namen von Jim Lindsay erfährt, findet sie über eine Bildersuche die Spur zu Dexter Morgan, der eigentlich in einem Hurrikan umgekommen sein sollte – „Dexters“ unzureichende Erklärungen dazu („Es ist nicht ungesetzlich, seinen Tod vorzutäuschen!“) sowie der Vertrauensbruch führen zu weiteren Komplikationen, aber der erste Fund einer Frauenleiche lenkt Bishop ab.

Endspiel

Wie einst mit Trinity beginnt Dexter ein Ringen mit einem anderen Serienkiller: Caldwell weiß, das Dexter Matt ermordet hat, Dexter weiß in seiner Art, dass Caldwell ein Serienkiller ist. Zeitgleich bereiten die beiden schließlich einen letzten Schlag gegeneinander vor. Dabei zieht Dexter seinen Sohn immer weiter ins Vertrauen, nachdem der von Caldwells Taten erfährt: Dexter erklärt seinem Sohn in Grundzügen seinen Code und dass er über die Jahre Bösewichte, die dem Gesetz entgangen waren, aus dem Verkehr zog, um weiteren Schaden von Unschuldigen abzuhalten. Da auch Harrison Rache-Mordfantasien und gegenüber dem Mörder seiner Mutter eingesteht, wagt Dexter schließlich den Sprung: Er gesteht ein, dass er die Bösewichte ermordet. Und dann die Leichen zerstückelt, um sie besser entsorgen zu können.

Zeig du mir deins, dann zeig ich dir meins: Die Karten zwischen Dexter (Michael C. Hall) und Harrison (Jack Alcott) kommen auf den Tisch. Seacia Pavao/​SHOWTIME

Gleichzeitig planen Caldwell und Dexter ihren letzten Schlag gegeneinander: Caldwell tränkt nachts Dexters Holzhaus mit Benzin aus den Vorräten seines Truckstops, um es anzuzünden und plant, die aus dem brennenden Haus flüchtenden Dexter und Harrison an der Tür zu erschießen. Die beiden sind aber trotz der späten Uhrzeit nicht da: Sie haben den Ort von Caldwells Trophäensammlung ausfindig gemacht, Dexter bereitet dort seinen „Kill Room“ vor. Die Hütte von Dexter brennt ab und das Vater-Sohn Gespann fängt Caldwell schließlich in seinem Haus, wie er gerade seine Flucht vorbereitet – Caldwell hatte nach langem Katz-und-Maus-Spiel mit Chief Bishop erkannt, dass er endgültig aufgeflogen war.

So endet „Dexter: New Blood“

Dexter richtet den Serienkiller Caldwell im Beisein von Sohn Harrison. Den erinnert die Menge an dabei fließendem Blut an den Mord an seiner Mutter – und es deutet sich an, dass Dexter den Bogen mit der Einbeziehung seines Sohnes überspannt haben dürfte; Harrison scheint nicht bereit dafür, unter dem Code seines Vaters seine dunklen Gelüste „kontrolliert“ auszuleben.

In der am 9. Januar veröffentlichten finalen Folge findet Chief Bishop in den niedergebrannten Ruinen von Dexters Haus eine der chirurgischen Schrauben, die eindeutig Matt Caldwell zugewiesen werden können (und mit der Caldwell einst Dexter hatte wissen lassen, dass er um den Mörder seines Sohnes weiß). Für Bishop passt die Schraube zu einer „posthumen“ Botschaft von Caldwell senior – Jim sei Matts Mörder, zusammen mit den restlichen Schrauben aus Matts OP.

Bishop nimmt Dexter wegen des Mordes an Matt fest und verhört ihn auf dem Revier. Daneben macht sie klar, dass sie eine Verbindung von „Jim“ zu den Taten des Bay Harbour Butchers gefunden hat und mit Angel Batista (zu Gast: David Zayas) aus Miami Verbindung aufgenommen hatte – in New York gibt es keine Todesstrafe, wohl aber in Miami, wohin Dexter dann ausgeliefert werden soll. Und das egal, ob es Dexter gelinge, der Strafe für den Mord an Matt zu entgehen, da die Indizien eher schwach sind.

Dexter gesteht bei dem Verhör nichts, enthüllt gegenüber Bishop aber, dass er weiß, wo die Beweise für Caldwells zahlreiche Mordtaten sind. Während Bishop dem Hinweis nachgeht, gelingt es Dexter durch den Mord an Deputy Logan, aus seiner Zelle zu entkommen. Er ruft Harrison zu einem Treffen im Wald, um gemeinsam aus Iron Lake zu fliehen. Derweil entdeckt Bishop die grausige Trophäensammlung – aber auch, dass sie ihren Kollegen Logan nicht erreichen kann und Dexter sie aus dem Revier „gelockt“ hatte.

Bessere Tage: Nach Harrisons Überdosis beruhigt Sergeant Logan (Alano Miller) den aufgebrachten Dexter (Michael C. Hall) in „Dexter: New Blood“. Seacia Pavao/​SHOWTIME.

Im Wald treffen Dexter und Harrison aufeinander. Harrison erkennt, dass sein Vater Logan ermordet hatte, um zu fliehen – ein deutlicher Bruch mit dem unbedingten Code, den Dexter seinem Sohn noch Stunden zuvor schmackhaft machen wollte. Auch andere Personen – Harrisons Mutter und „Tante Deb“ – seien Opfer von Dexters Taten geworden, konstatiert Harrison: Dexter sei nichts anderes als ein Killer und müsse sich der Polizei stellen. Jedenfalls werde Harrison nicht mit ihm fliehen. Dexter hingegen will sich nicht stellen, „kann“ sich nicht stellen (um im Gefängnis zu landen). Sein fadenscheiniges Gebäude an Rechtfertigungen bricht zusammen. Harrison will Dexter mit einem Jagdgewehr von der Flucht abhalten. Dexter entschuldigt sich bei seinem Sohn für das Durchlittene und fordert diesen schließlich auf, ihn zu erschießen, es sei der einzige Ausweg für beide – was Harrison nach kurzem Zögern auch tut. Kurz darauf taucht Chief Bishop auf (Dexter war vom Polizeirevier mit einem – ortbaren – Polizeiwagen geflohen): Sie erkennt, dass Harrison seinen Vater erschossen hat – der im verstörten Zustand ihr gegenüber die Tat damit rechtfertigt, dass sein Vater Logan ermordet habe.

Bishop gibt Harrison ihr Bargeld und die Anweisung, mit dem Auto aus der Stadt zu fliehen und nie zurückzukehren. Dann reinigt sie die Mordwaffe von Harrisons Fingerabdrücken und ruft um Verstärkung wegen eines Schusswaffengebrauchs im Dienst – und deutet damit an, dass sie Dexters Tod auf sich nehmen werde.

Der Showrunner bestätigt: Dexter (Michael C. Hall) ist wirklich und endgültig tot. Screenshot/​Showtime

Harrison fährt auf dem Weg aus der Stadt an verschiedenen Stationen seines Aufenthalts vorbei – am Polizeirevier, aus dem Logans Leiche getragen wird; am Bishop-Haus, in dem er Audrey durch das Fenster sieht. Derweil wird als Voice-over Dexters Brief an Hannah verlesen, in dem Dexter eben zum Ausdruck bringt, dass er seinem Sohn nur das Beste wünscht und dazu gehöre, keinen Kontakt zum Vater zu haben. Unklar bleibt, wie es nun mit Harrison und seiner bereits gezeigten Mischung aus Zorn und kalter Gewalt weitergeht: Wird er seine hehren Ziele aus den Augen verlieren und wird auch aus ihm irgendwann ein Killer, der wie Dexter oder dessen Bruder (der „Ice Truck Killer“ aus Staffel eins) für eigene Gewalttaten eine Rechtfertigung findet, oder kann Harrison seine Tendenzen im Zaum halten? Die Serie endet mit Dexters Satz aus dem Brief an Hannah: Also lass mich ‚sterben‘, damit mein Sohn leben kann!

Anmerkung: In Interviews zum Serienende hat Showruner Clyde Phillips klar gemacht, dass er sich eine Fortsetzung der Geschichte von Harrison Morgan durchaus vorstellen könne, wenn Sender Showtime das wünsche.

Kurzfazit

Am Ende der Miniserie „Dexter: New Blood“ kann man festhalten: Die Serie hat sich gelohnt. Sie greift noch einmal zahlreiche Themen der Serie „Dexter“ um den eigentlich doch gar nicht so schlimmen Serienkiller auf, die in der eigentlichen Serie teils nicht sonderlich erfolgreich behandelt wurden.

Einerseits natürlich das Ende – auch hier kann man bei der Miniserie selbstverständlich kritisieren, dass Harrisons Schuss auf den Vater nicht unbedingt folgerichtig ist – war der Tod des Vaters wirklich der einzige Ausweg für Dexter und Harrison?

Aber insgesamt zeigt die Staffel gut den Zusammenbruch des „System Dexter“, des brutalen Serienkillers, der sich immer Dinge vorgemacht und Rechtfertigungen für sein Tun gefunden hatte, sowohl innerhalb wie außerhalb des Code. Anders als in vergleichbaren Situationen innerhalb der ursprünglichen Serie „Dexter“ werden dem Protagonisten hier weder von Harrison (trotz Sympathien für den Vigilanten, der Killer in die Schranken weist) noch Angela Bishop seine gewalttätigen Taten vergeben.

Gerade ein Verzicht auf Dexters Voice-Over in der finalen Konfrontation mit Harrison sowie Halls Schauspiel helfen dabei, dass auch der Zuschauer Dexter immer stärker als das Monster erkennt, das er ist, und das eben mit seinen „Innenansichten“ und Voice-Over die Zuschauer in „Dexter“ immer wieder umschmeichelte.

„Dexter: New Blood“ ist keine Serie, die man sehen muss, aber eine Miniserie, die „Dexter“ ein runderes Ende gibt. Daneben sollten an dieser Stelle noch die drei starken Frauenfiguren hervorgehoben werden, die die Serie letztendlich auch für „uneingeweihte“ Zuschauer sehenswert machen: Chief Angela Bishop (Julia Jones), Audrey Bishop (Johnny Sequoyah) und die schräge, aber liebenswerte Podcasterin Molly Park (Jamie Chung).

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Über den Autor

Bernd Krannich ist Jahrgang 1974 und erhielt die Liebe zu Fernsehserien quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war Fan früher Actionserien und technikbegeistert, Bernd verfiel den Serien spätestens mit Akte X, Das nächste Jahrhundert und Buffy. Mittlerweile verfolgt er das ganzes Serienspektrum von „The Americans“ über „Arrow“ bis „The Big Bang Theory“. Seit 2007 schreibt Bernd beruflich über vornehmlich amerikanische Fernsehserien, seit 2014 in der Newsredaktion von fernsehserien.de.

Lieblingsserien: Buffy – Im Bann der Dämonen, Frasier, Star Trek – Deep Space Nine

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Leute wir wollen Dexter sehen und nicht Harrison.
    • (geb. 1977) am

      Ich glaube eine Fortsetzung rund um Harrison wäre eher nix. Zumindest nicht nicht mit diesem Schauspieler. Er hat die Rolle sicher gut verkörpert, aber irgendwie blieb er mit immer unsympatisch.....und dieses pubertierende weinerliche ging mir auch mehr auf die Nerven, als dass es den Charakter erträglich gemacht hätte.

      Anderer Schauspieler, sarkastischere Wesenszüge, dann könnte man es riskieren.

      Just my 2 cents.

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