„Dexter: New Blood“: So endet die Miniserie

Fortsetzung besser als das gescholtene „Dexter“-Ende

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 09.01.2022, 18:00 Uhr

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„Dexter: New Blood“ – Bild: Showtime
„Dexter: New Blood“

Mit der Miniserie „Dexter: New Blood“ wollten die Kreativen das weithin gescholtene Finale der erfolgreichen Showtime-Serie „Dexter“ zurechtrücken. Am Sonntag wurde in den USA das Finale veröffentlicht. Und es kann in der Tat für sich in Anspruch nehmen, manch Scharte des damaligen Finales sowie auch diverser vorheriger Staffeln ausgewetzt zu haben.

Aktuell erfolgt die Veröffentlichung von „Dexter: New Blood“ in Deutschland noch bis zum 24. Januar 2022 bei Sky Atlantic beziehungsweise Sky Ticket.

(Dem eiligen Leser, der wirklich nur wissen will, wie die Serie für Dexter Morgan (Michael C. Hall) ausgeht, sei der Sprung auf die zweite Seite und zur Überschrift „So endet „Dexter: New Blood“ empfohlen.)

Kurz: „Dexter“

Als Baby musste Dexter miterleben, wie seine in kriminelle Machenschaften verstrickte Mutter wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Polizei von Drogendealern ermordet wurde – ihre frische Leiche wurde mit Kettensägen in einem Blutbad zerlegt. Im Kleinkind, das in der Familie des Polizisten Harry Morgan (James Remar) aufwuchs, blieben massive psychische Schäden und soziopathische Tendenzen zurück. Als Harry dieser gewahr wurde, traf er eine verhängnisvolle Entscheidung: Dexter darauf vorzubereiten, ein Ventil für seine Gelüste zu haben. Harry gab seinem Sohn einen (Verhaltens-)Code, der vorsah, dass Dexter sich nur an Mehrfachmördern auslassen dürfe, quasi zum Vigilanten wurde, der die Unschuldigen schützte.

Daneben bereitete der Polizist den Sohn darauf vor, eine „erfolgreiche Karriere“ als Serienkiller zu haben: Sich in der Gesellschaft unauffällig zu verhalten und durch eine Karriere bei der Polizei – als Blutspuren-Spezialist bei der Polizei in Miami – an der Quelle für das Finden von durch die Maschen geschlüpften Serientätern zu sitzen und über Ermittlungen informiert zu sein, die Dexters Taten involvieren könnten.

Altbekannt: Blutengel „Dexter“ Showtime

Über die Jahre wurde Dexter mit weit mehr als 100 Morden, deren Opfer er blutig zerlegte und geschickt im Meer entsorgte, zu einem der unerkannt umtriebigsten Serienkiller. In seinem Kopf hatte er dabei immer die mahnende Stimme des zwischenzeitlich verstorbenen Vaters.

Im Verlauf der Zeit kam es zu diversen Verstößen gegen seinen Code, die Dexter weg-rechtfertigte. Mehrere Personen in seinem Umfeld kamen unschuldig ums Leben. Zuletzt seine Schwester Deb (Jennifer Carpenter), ebenfalls Polizistin. Dexter, der am Serienende eigentlich eine Flucht mit seinem Sohn Harrison und seiner Lebensgefährtin Hannah (dargestellt von Yvonne Strahovski) nach Argentinien geplant hatte, täuschte schließlich seinen Tod in einem Hurrikan vor. Er versteckte sich mit neuer Identität in einer Holzfäller-Siedlung im nördlichen Bundesstaat Oregon.

Vor „Dexter: New Blood“

Dexter hatte Hannah, wie in „Dexter: New Blood“ etabliert wurde, einen Brief zum Abschied geschrieben. Demnach wolle er als Tod gelten, um seinen Sohn vor seinen mörderischen Tendenzen zu schützen, durch die Dexter schon andere, geliebte Menschen in den Tod gerissen hatte. Nur, wenn sich in Harrison „dunkle Tendenzen“ zeigen sollten, solle Hannah Dexter kontaktieren, der sich den neuen Namen Jim Lindsay gegeben hatte.

Dexter aka „Jim Lindsay“ (Michael C. Hall) mit seinem gutmütigen Chef Fred Jr. (Michael Cyril Creighton) Seacia Pavao/​SHOWTIME

Die Miniserie nimmt die Handlung zehn Jahre später auf. „Jim Lindsay“ lebt ein bescheidenes Leben in der kleinen, ländlichen Gemeinde Iron Lake im US-Bundesstaat New York. Erneut hat sich Dexter/​Jim in die Gesellschaft integriert, ist beliebt. Er hat einen Job in einem kleinen Outdoor- und Jagdbedarfladen, ein kleines Haus etwas außerhalb des Ortsrandes an der Grenze zur Wildnis und ist in einer Beziehung mit Angela Bishop (Julia Jones), die in der Stadt als Polizeichefin einem kleinen, dreiköpfigen Trupp vorsteht. Angela ist einerseits alleinerziehende Mutter – sie hatte eine Tochter ihres Ehemannes schließlich adoptiert, nach dessen Tod kümmert sie sich nun um Teenager Audrey (Johnny Sequoyah).

Dexter hat die vergangenen zehn Jahre bewusst gegen seine mörderischen Tendenzen gekämpft – einen Tag nach dem anderen. Dabei hat er nun statt des Vaters die kritische Stimme seiner Schwester Deb im Kopf.

Die neue Stimme in Dexters Kopf: „Debs Geist“ (Jennifer Carpenter) Dana Starbard/​SHOWTIME

Die Stadt Iron Lake

In der Stadt gibt es zwei einflussreiche Magnaten: Einerseits den hier ansässigen Petrochem-Unternehmer Edward Olsen (Frederic Lehne), der als Umweltverschmutzer schlecht gelitten ist. Andererseits den inoffiziellen Patriarchen der Stadt, den Speditionsunternehmer Kurt Caldwell (Clancy Brown), der auch einen Truckstop mit Diner betreibt.

In der Gegend der Stadt waren über die vergangenen Dekaden immer wieder junge Frauen verschwunden, viele davon auch aus dem Ureinwohner-Stamm der Seneca, die an Iron Lake angrenzend ein Reservat haben. Die Verschwundenen wurden in der Regel als „Ausreißerinnen“ abqualifiziert, die andernorts eine bessere Zukunft suchten – so dass ihr Verschwinden nie wirklich von den Behörden untersucht wurde. Angela, selbst Angehörige der Seneca, hat sich Ermittlungen in der Sache auf die Fahnen geschrieben – und eine Wand mit Bildern der Verschwundenen in ihrem Büro.

Harrison Morgan

Zum Auftakt von „Dexter: New Blood“ hat Teenager Harrison (Jack Alcott) seinen Vater Dexter in Iron Lake ausfindig gemacht: Harrison dachte in der Tat, dass der Vater damals im Hurrikan ums Leben gekommen sei und wuchs bei Hannah in Argentinien auf. Die starb aber vor drei Jahren an Krebs. Harrison wurde – als US-Bürger – in seine Geburtsstadt Miami verfrachtet und landete im System der staatlichen Pflegefamilien. Harrison ist sich bewusst, dass seine biologische Mutter vom Trinity-Killer ermordet wurde und wird sich durch die Berichterstattung über den berühmten Serienkiller bewusst, dass er als Kleinkind die Erfahrung gemacht hatte, neben der ermordeten Mutter im Badezimmer in einer Suppe aus Wasser und Blut gefunden worden zu sein.

Jack Alcott als Harrison Morgan in „Dexter: New Blood“ eacia Pavao/​SHOWTIME

Harrison hat in den letzten Jahren – teils in den Pflegefamilien, teils auf der Straße – Kontakt mit Gewalt gehabt und sich mehrfach auch mit einem Messer verteidigt – und hadert damit, dass ihm die Gewalt als Ventil für seinen massiven Zorn (auf den Vater und das Leben) zu gefallen beginnt. Kürzlich hatte er sich schließlich wegen des Briefes von Dexter an Hannah auf die Suche nach dem halt doch nicht toten Vater gemacht. Auch die Passage aus dem Brief, die „dunkle Tendenzen“ erwähnt, spukt ihm massiv im Kopf herum: Hatte der Vater ihn deswegen verlassen? Hatte er schon damals „gewusst“, dass etwas mit Harrison nicht stimmt?

Die Serie „Dexter: New Blood“

Noch vor der Ankunft von Harrison läuft „Jim“ bei der Arbeit Kurt Caldwells Sohn Matt (Steve Robertson) über den Weg, der für seine Stippvisite ins Jagdgebiet eine überdimensionierte Wumme kaufen will: Der nichtsnutzige Sohn von Kurt Caldwell ist ein Brutalo. Dexter wird bewusst, dass Matt kaltblütig einen Bootsunfall verursacht hatte, bei dem fünf Personen ums Leben kamen – dank seines Vaters entkam er aber den Konsequenzen.

Während „Jim“ später seinen täglichen Ritualen nachgeht, um die düsteren Dränge einen weiteren Tag im Zaum zu halten, hat er in der Natur eine Begegnung mit einem wunderschönen, weißen Hirsch – der vor seinen Augen von Matt abgeknallt wird. Nicht einmal „erlegt“, sondern einfach „abgeknallt“. Dexter brennen die Sicherungen durch: Er schlägt Matt nieder und begeht in einer zu seinem Haus gehörenden Hütte sein Mordritual. Kurz vor seinem Tod droht Matt, Jim solle sich lieber nicht mit seinem Vater anlegen.

Polizeichefin Angela Bishop (Julia Jones) und ihr Herzensprojekt: die Suche nach verschollenen jungen Frauen Seacia Pavao/​SHOWTIME

Dexter war auf den neuen Mord nicht in seiner üblichen Art vorbereitet gewesen: Er war schlampig vorgegangen und hat auch keine bessere Methode, die Leiche zu entsorgen, als sie unter der Feuerstelle seines Grundstücks zu vergraben.

Derweil war überraschend Harrison aufgetaucht. Zunächst verleugnete „Jim“, der gesuchte Vater zu sein – eben aus den alten Gründen -, gab sich dann aber als Dexter zu erkennen und lud den Sohn in sein Haus ein. Dass Dexter weiterhin seine Killer-Identität vor Harrison geheim hält, ebenso wie dieser seine gewalttätigen Tendenzen verschweigt, sorgt dafür, dass Vater und Sohn nicht zueinanderfinden und häufiger streiten.

Das Verschwinden von Matt „in der winterlichen Wildnis“ ruft die Polizei auf den Plan, die in Gestalt von Angela Bishop bei Dexters abgelegenem kleinen Haus ihr Such-HQ aufschlägt, um den jungen Mann im Idealfall vor dem Erfrieren zu bewahren. Angelas dabei erfolgende erste Begegnung mit Harrison, dem zuvor nie erwähnten Sohnes ihres Freundes, sorgt für zahlreiche Verwirrungen. Als offenbar wird, dass Matt auf Stammesland ein spirituell wichtiges Tier erlegt hat, werden die sozialen Spannungen in Iron Lake offenbar. Dexter versucht in altbekannter Manier, falsche Fährten zu legen: Ist Matt nach seiner (Straf-)Tat einfach nur aus dem Ort geflohen – es würde zum Nichtsnutz passen. Einzig dessen Vater fleht darum, dass die Suche fortgesetzt wird, da er seinen Sohn telefonisch nicht erreichen kann und ihn hilflos in der winterlichen Kälte wähnt.

Die (erfolgreiche) True-Crime-Podcasterin Molly Park (Jamie Chung) erreicht Iron Lake in der Hoffnung auf eine zugkräftige, reißerische Story über Matts Verschwinden. Die Zuschauer erleben, wie eine junge Ausreißerin auf der Durchreise durch Iron Lake Opfer eines gut organisierten und anscheinend wohlhabenden Serienkillers wird – wissen aber einstweilen nicht, ob es sich um Olsen oder Caldwell handelt.

Podcasterin Molly (Jamie Chung) ist schräg, aber auch mutig und vor allem hartnäckig. Seacia Pavao/​SHOWTIME

Vorgespult – Die Miniserie im Schnelldurchlauf

Harrison hat Probleme, mit seinem Vater warm zu werden, der augenscheinlich Geheimnisse vor ihm hat. Der Teenager macht aber Freunde in der Stadt, unter anderem Audrey und andere Schüler. Dexters wachsamen Augen fallen aber deutliche Beweise für Harrisons dunkle Tendenzen auf. Kurt Caldwell sowie der gutmütige Polizist Logan aka „Wrestlingcoach Logan“ (Alano Miller) haben mit ihren Ermutigungen für den jungen Mann mehr Erfolg, die Schale von Harrison zu durchdringen. Matt soll schließlich im nahen New York in einem Hotel aufgetaucht sein – das stellt sich jedoch bald als Ablenkungsmanöver von Caldwell senior heraus, um die Suche in der Wildnis zum Ende zu bringen: Denn dort könnten die Suchmannschaften schließlich auf sein dunkles Geheimnis stoßen: Kurt Caldwell ist der Serienkiller. Mit seinen Instinkten kommt Caldwell schließlich auf die Spur, dass Dexter seinen Sohn ermordet hat und die Leiche schließlich später in einer Verbrennungsanlage entsorgt hatte. Wichtig werden einige chirurgische Schrauben, die Matt nach dem Bootsunfall verpasst bekommen hatte und die nicht verbrannt waren. Wie einst Trinity macht Caldwell langsam Jagd auf Dexter und nimmt auch Harrison ins Visier.

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