Person of Interest – Review

Potenzieller Serienhit von „Dark Knight“-Autor Jonathan Nolan – von Roger Förster

Rezension von Roger Förster – 27.09.2011, 13:03 Uhr

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John Reese hinterlässt Spuren, die der Straßenreinigung viel Arbeit bereiten
John Reese – dieser Name, so darf munter spekuliert werden, wurde als Remineszenz an die „Terminator“-Reihe gewählt. Hatte im herrlich trashigen ersten Teil nicht ein gewisser JOHN Connor seinen besten Kumpel Kyle REESE durch die Zeit geschickt, um seine zukünftige Mutter vor dem damals noch bösen Terminator (Arnold Schwarzenegger) zu beschützen? Ganz so bombastisch geht es in „Person of Interest“ nicht zu, doch auch hier zeugen kurze, aber heftige Actionsequenzen, die an Heist-Filme im Stile Michael Manns erinnern, in welche Richtung man mit der Serie gehen möchte. Zwar werden die Themen Überwachungsstaat und Bürgerrechte angesprochen und als Fäden für künftige Handlungsbögen gestrickt. Im Mittelpunkt steht aber der jeweilige Fall der Woche, bei dem zumindest inszenatorisch kompromisslos auf Härte gesetzt. Heraus sticht im Pilotfilm eine Szene, die wirkt, als hätte Regisseur David Semel („Dawson’s Creek“, „Heroes“) bei Jonathan Nolans Bruder Christopher Inszenierung von „The Dark Knight“ ein bisschen zu genau hingeschaut: Reese wartet an einer Straßenkreuzung auf einen schwarzen Geländewagen, in dem die Bösewichte einen wichtigen Zeugen als Geisel halten. Als der Wagen angefahren kommt, schießt der Einzelkämpfer eine Rauchgranate mit einem Raketenwerfer durch die Frontscheibe in den Wagen, der daraufhin außer Kontrolle gerät. Die verletzten Geiselnehmer kriechen aus dem havarierten Auto, nur um von Reese Kugeln in die Beine geschossen zu bekommen – Batman lässt grüßen!

Besser du schaust mal auf die Rückbank, Bösewicht!
Positiv formuliert könnte man meinen, dass die Figurenzeichnung ähnlich konsequent wie die wirklich beeindruckenden Actionszenen gehandhabt wurde. Der wortkarge, gebeutelte Rächer Reese funktioniert herrlich einfach: Wenig reden, schnell handeln – Christian Bale, Charles Bronson, Clint Eastwood – Caviezel reiht sich in die Reihe von Actiondarstellern ein, die mit trockenen Oneliner zu überzeugen wissen. Michael Emerson wirkt in seiner Rolle als undurchsichtiger Mr. Finch noch etwas unterfordert, doch da auch die Autoren der Serie um seine Qualitäten wissen, kann man guten Gewissens davon ausgehen, dass er sich in Zukunft noch austoben darf. Was hoffentlich nicht allzu sehr auf die lange Bank geschoben wird, ist die sehr grob geratene Zeichnung der Gegner. Wie in einem schlechten B-Movie werden den harten Typen Worte in den Mund gelegt, die sie gezwungen fies erscheinen lassen. Überhaupt wäre ein Handlungsbogen, der nicht nach Schema F aufgebaut ist, schön gewesen. Vielleicht sollte das Autorenschwergewicht Nolan seinen Angestellten da als Produzent etwas mehr auf die Finger schauen. Die eingangs angesprochene Überwachungsstaat-Thematik wird noch stiefmütterlich behandelt, auch hier kann nachgelegt werden. Ein politisches Kammerspiel wird dabei zwar zunächst nicht zu erwarten sein, dafür ist die Handlung bisher zu sehr auf die einzelnen, actionreichen Fälle ausgerichtet. Doch drängt sich die Frage auf, weshalb ständig Zwischensequenzen gezeigt werden, in denen die gezielte Bespitzelung der amerikanischen Bürger bildhaft festgehalten wird. Über den reinen Selbstzweck hinausgehend bieten sich hier Ansätze, die „Person of Interest“ von der Masse anderer Actionserien abheben können.

Person of Interest
Mit dem prominenten Sendeplatz am Mittwochabend, den die Serie vom übermächtigen „C.S.I.“ übernehmen konnte, scheint eine dauerhafte Ausstrahlung zunächst gesichert zu sein. Potenzial für Verbesserung gibt es dabei auf jeden Fall, doch macht der Pilot unbedingt Lust auf mehr. Gerade die Actionsequenzen sind knackig und kantig inszeniert und hinterlassen einen positiven Eindruck. Mit etwas Feintuning bei der Gestaltung der einzelnen Episoden und der übergeordneten Handlungsbögen kann sich hier eine hochklassige Serie entwickeln, die über mehrere Staffeln zu überzeugen weiß. Genug Geld und ausreichend viele Geheimnisse scheint Mr. Finch ja zu haben.

Meine Wertung: 3,5/​5
Roger Förster
© Alle Bilder: CBS

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