Prosit, „Glücksrad“! – Vor 30 Jahren drehte Deutschland erstmals am Rad

Rückblick auf die Geschichte der Gameshow

Dennis Braun
Glenn Riedmeier
Dennis Braun und Glenn Riedmeier – 07.11.2018, 12:00 Uhr

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Bilder: Sat.1/​YouTube/​Kabel 1/​RTLplus/​Frank W. Hempel
Bilder: Sat.1/​YouTube/​Kabel 1/​RTLplus/​Frank W. Hempel
Die Zuschauer mussten allerdings nicht auf ihren täglichen Rätselspaß verzichten, denn nur drei Tage später ging bei kabel eins eine Neuauflage auf Sendung – wieder mit Frederic Meisner als Moderator, dafür ohne Peter Bond und Maren Gilzer. Deren Part als Buchstabenfee übernahm die damals vollkommen unbekannte Sonya Kraus, die sich in einem landesweiten Casting durchgesetzt hatte und hier ihre TV-Karriere startete. Obwohl man bei kabel eins deutlich weniger Budget zur Verfügung hatte und sich die ersten zweieinhalb Jahre das Studiopublikum komplett sparte, bescherte das „Glücksrad“ auch dem kleinen Sender hervorragende Quoten. Statt auf einer oder mehrerer Paletten gab es die nunmehr deutlich eingeschränkte Auswahl an Sachpreisen auf einer Videowand zu sehen, lediglich das Auto als Hauptpreis der Bonusrunde befand sich im Studioset.


2001 standen weitere Veränderungen ins Haus. Am 10. Mai wurde die mechanische Ratewand durch eine digitale Touchscreen-Ratewand ersetzt, am 28. Dezember verließ dann Urgestein Frederic Meisner die Gameshow endgültig. Sein Nachfolger wurde im Januar 2002 der Schauspieler und Moderator Thomas Ohrner, der für den Sender bereits die Neuauflage der Sendung „Dingsda“ präsentierte. Zwei Monate später schied auch Sonya Kraus auf eigenen Wunsch aus der Show aus, die damalige Miss Germany Katrin Wrobel durfte fortan die Buchstaben umdrehen bzw. den Touchscreen berühren. Allerdings nicht lange: Denn aufgrund rapide sinkender Einschaltquoten wurde das „Glücksrad“ am 31. Oktober 2002 zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre beerdigt.


Knapp eineinhalb Jahre später, im März 2004, überraschte der Call-in-Sender 9Live mit der Ankündigung, neue Folgen der Kult-Gameshow zu produzieren. Mit Frederic Meisner konnte man sogar einen der Original-Moderatoren für das Comeback gewinnen. Als Glücksfee wurde Ramona Drews, ihres Zeichens Ehefrau des Schlagersängers Jürgen Drews, verpflichtet, die nun wieder an einer klassischen Ratewand die Buchstaben umdrehen durfte. Die auf 100 Folgen ausgelegte Neuauflage war allerdings eine klassische „Low-Budget“-Produktion ohne Publikum und mit eingespieltem Applaus sowie extrem niedrigen Gewinnen. Offenkundig sollte es in erster Linie darum gehen, neue Zuschauer für das eigentliche Geschäftsmodell des Senders, die dubiosen Call-in-Sendungen, anzulocken. Aus diesem Grund zog sich Meisner nach Fertigstellung der vereinbarten Folgenanzahl zurück und das „Glücksrad“ wurde erneut auf den TV-Friedhof befördert.


Es dauerte bis ins Jahr 2016, bis das „Glücksrad“ zu neuem Leben erweckt wurde – erstmals auf einem Sender der RTL-Gruppe. Zusammen mit drei anderen Gameshow-Neuauflagen sollte das „Glücksrad“ dem frisch aus dem Boden gestampften Spartensender zu mehr Bekanntheit und Aufmerksamkeit verhelfen. Als Moderator wurde das ehemalige „Sat.1-Frühstücksfernsehen“-Gesicht Jan Hahn verpflichtet, der zu RTL gewechselt war. Als Buchstabenfee fungierte „Let’s Dance“-Profitänzerin Isabel Edvardsson. Im Gegensatz zur ursprünglichen Version wurde ausschließlich um Geld gespielt, eine Gewinnpalette mit Sachpreisen gab es nicht mehr. Insgesamt kam die RTLplus-Version – wie auch die Neuauflagen der anderen Gameshows – recht kostengünstig und steril daher. Als Titelmelodie wurde willkürlich ein Popsong der Gruppe Madcon gewählt („Keep My Cool“) und im kleinen Hürther Allzweckstudio saß im wahrsten Sinne des Wortes nur eine Handvoll Zuschauer.

Kreative Moderation à la Jan Hahn


Zu allem Überfluss entpuppte sich Jan Hahn als völlige Fehlbesetzung, der mit den Spielregeln hilflos überfordert war. Zudem gelang es ihm nicht, lockeren Smalltalk zu führen, ohne sich in himmelschreienden Phrasen zu verlieren, die bei seinen Kandidaten zu verwirrten Gesichtsausdrücken führten. Trotz all der Schwächen sah sich RTLplus das Spektakel 165 Folgen und drei Staffeln lang an, bevor das „Glücksrad“ zusammen mit sämtlichen anderen Gameshow-Neuauflagen aufgrund unzureichender Quoten nicht mehr fortgeführt wurde.

Das US-Vorbild „Wheel of Fortune“ läuft seit 1975 ununterbrochen im amerikanischen Fernsehen. Kürzlich wurde der Vertrag bis ins Jahr 2023 verlängert – und auch hinsichtlich der Preise lässt man sich nicht lumpen: Vor wenigen Tagen konnte ein Zuschauer erstmals ein Haus im Wert von 350.000 Dollar gewinnen. Größer könnte der Kontrast zur jüngst gelaufenen Spar-Version bei RTLplus kaum sein. Ob sich in Deutschland in absehbarer Zeit das Glücksrad wieder drehen könnte, bleibt abzuwarten. Aktuell sieht es nicht danach aus, da RTLplus mit Gerichtsshow-Wiederholungen anstelle von eigenproduzierten Gameshows aus unerfindlichen Gründen bessere Quoten einfährt …

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Über die Autoren

Dennis Braun, geboren einen Tag nach dem Mauerfall, ist ein richtiges Kind der 90er und Retro-Fan. Neben schaurig-schöner Eurodance-Musik kann er sich auch heute noch an diversen Gameshows wie „Geh aufs Ganze!“, „Glücksrad“, „familien duell“ oder „Der Preis ist heiß“ erfreuen, die er damals sehr häufig bei und mit seinen Großeltern geschaut hat. Daneben hat er ein Herz für gut gemachte deutsche Comedy, die allerdings bekanntermaßen recht spärlich gesät ist. Wenngleich er kein wirklicher Serienjunkie ist, laufen ihm dennoch ab und zu ein paar Produktionen wie der „Club der roten Bänder“ oder „The Strain“ über den Weg, die ihn in ihren Bann ziehen. Bereits seit Januar 2013 für fernsehserien.de tätig, verstärkt er seit März 2016 auch die Newsredaktion und kennt sich besonders im nationalen Bereich gut aus.

Lieblingsserien: Pastewka, Club der roten Bänder, Die Dinos

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1980) am

    Das war noch "mein" Glücksrad - ich habs immer zusammen mit meiner Oma geguckt und wir haben dann um die Wette geraten. Wer von uns das jeweilige Rätsel schneller gelöst hatte, hielt sich die Waage. Das waren noch Zeiten. Die Neuauflage hab ich dann nicht mehr angeschaut, weil das nicht mehr meins war.

    "Geh aufs Ganze!" dagegen mochte ich nie, ganz ehrlich.

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