Tom Wlaschiha über „Das Boot“: „Ein Remake wäre das Falscheste gewesen, das man hätte machen können.“

Interview mit August Wittgenstein, Stefan Konarske und Tom Wlaschiha zum Free-TV-Start

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 02.01.2020, 08:30 Uhr

  • Seite
„Das Boot“: August Wittgenstein (l.), Tom Wlaschiha (m.) und Stefan Konarske (r.) – Bild: ZDF/Nik Konietzny
„Das Boot“: August Wittgenstein (l.), Tom Wlaschiha (m.) und Stefan Konarske (r.)

Am Freitag, 3. Januar 2020, beginnt das ZDF mit der Free-TV-Premiere von „Das Boot“. Es handelt sich um eine Serie, die auf der Buchvorlage von Lothar-Günther Buchheim basiert, aber kein direktes Remake des erfolgreichen Kinofilms „Das Boot“ aus dem Jahr 1981 darstellt. Das ZDF zeigt die ersten beiden Folgen der achtteiligen ersten Staffel um 20:15 Uhr, die weiteren Episoden sind dann als Eventprogrammierung vom 4. bis 6. Januar um 22:00 Uhr bzw. 22:15 Uhr zu sehen, ebenfalls im Doppelpack. Anschließend wird die Serie auch in der ZDFmediathek verfügbar sein.

Im Jahr 1942 steht die U-612 im von Nazi-Deutschland besetzten Frankreich unter dem neuen Kapitän Hoffmann für ihre Jungfernfahrt bereit. Schnell gerät die 40-köpfige Besatzung dabei in der Enge des U-Boots und unter dem Druck des immer härter werdenden Kriegs zur See an die Grenzen der psychischen und physischen Belastbarkeit, die zwischenmenschlichen Spannungen steigen. Statt sich auf die klaustrophobische Atmosphäre an Bord eines U-Boots zu beschränken, will die Serie durch einen weiteren Handlungsstrang an Land den sinnlosen Fanatismus des Zweiten Weltkrieges aufzeigen und darstellen, wie die Leben von Menschen durch blinde Ideologien verheizt werden.

Zum umfangreichen Hauptcast zählen die Schauspieler Tom Wlaschiha, August Wittgenstein und Stefan Konarske. fernsehserien.de-Redakteur Glenn Riedmeier sprach mit dem Trio im Vorfeld der Free-TV-Premiere über die außergewöhnlichen Dreharbeiten an dem millionenschweren Prestigeprojekt von Bavaria Fiction, Sky Deutschland und Sonar Entertainment. Tom Wlaschiha erläutert außerdem, wie er an die Rolle bei „Game of Thrones“ gekommen ist, Stefan Konarske erklärt, weshalb er beim Dortmunder „Tatort“ ausgestiegen ist, und August Wittgenstein erzählt, wie er mit dem Aus der Serie „Jenny – echt gerecht!“ umgeht.

Tom Wlaschiha als Gestapo-Chef Hagen Forster ZDF/​Nik Konietzny


fernsehserien.de: Sie spielen in der Serienversion von „Das Boot“ mit. Wenn man so eine Anfrage als Schauspieler erhält – sagt man dann sofort zu oder zögert man aufgrund der Ungewissheit, ob die Adaption eines solch ikonischen Films gelingen kann?


Tom Wlaschiha: In der Anfrage hieß es nicht: Wir planen eine Serienfortsetzung oder ein Remake von „Das Boot“. Das wäre meiner Meinung nach das Falscheste gewesen, das man hätte machen können. Das hätte mich auch gar nicht interessiert – und damit hätte man nur scheitern können. Deshalb war der Ansatz ein ganz anderer. Man hat Motive aus der Buchvorlage von Lothar-Günther Buchheim genommen und versucht, daraus eine neue Geschichte mit einem viel breiteren Panorama der damaligen Zeit zu erzählen. Natürlich erzählen wir eine Geschichte im U-Boot, aber es geht auch darum zu zeigen, was drumherum passiert und wie die Zusammenhänge während des U-Boot-Kriegs im Jahr 1942 sind.


Welche Möglichkeiten bietet das Serienformat im Vergleich zu einem Film?


Stefan Konarske: Man hat einfach mehr Zeit, um Konflikte anders auszuerzählen, was natürlich in einem 90-Minüter nicht geht.

August Wittgenstein: Man muss allerdings auch sagen, dass der „Das Boot“-Film sogar einige Längen hatte, weil dort diese Gammelfahrten noch größer erzählt wurden. In der Serie haben wir jetzt die Chance, die damalige Zeit aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Das ist meiner Ansicht nach der große Pluspunkt der seriellen Erzählweise. Der Handlungsstrang an Land ist genauso groß wie der Boot-Teil – obwohl Tom natürlich den Landstrang gerne noch größer gehabt hätte (lacht)!


Stefan Konarske als U-Boot-Kapitän Ulrich Wrangel ZDF/​Nik Konietzny


Was war es für ein Gefühl, in der Enge des U-Boot-Inneren zu drehen? Wie sehr hat sich die klaustrophobische Atmosphäre an Bord der U-612 auf Sie als Schauspieler übertragen?

Stefan Konarske: Das macht schon was mit einem. Ich fand es zum Beispiel extrem anstrengend, mit so vielen Menschen eingesperrt auf engem Raum zu sein. In dem beengten Raum war es heiß und stickig und das alles in Winteruniform aus dem Zweiten Weltkrieg. Es roch teilweise unangenehm – wie in der Umkleidekabine beim Schulsport! Dieser Zustand des Unwohlseins ist jedoch hilfreich, um sich einem Korvettenkapitän einer deutschen U-Boot-Flotte anzunähern.

August Wittgenstein: Hinzu kommt natürlich die Grundspannung, die man sowieso in jeder Szene spüren sollte. Die Konzentration und die Stresssituation, die die Charaktere im Boot durchleben, funktioniert als Multiplikator der Klaustrophobie.


Weil es die beiden getrennten Handlungsstränge im Boot und an Land gab: Wie oft haben Sie sich während der Dreharbeiten eigentlich getroffen?


Tom Wlaschiha: Tatsächlich fast gar nicht. Es gibt zwar Schnittstellen zwischen den beiden Strängen, aber die sind gerade in der ersten Staffel überschaubar.


August Wittgenstein als linientreuer Oberleutnant zur See Tennstedt ZDF/​Nik Konietzny


Es gibt generell ein großes Ensemble in der Serie. Es spielen auch internationale Kollegen wie Vicky Krieps, Lizzy Caplan, James D’Arcy und Vincent Kartheiser mit. Wie eng war der Kontakt zu den Kollegen? Entstand trotz des großen Casts eine Art Community-Gefühl?

August Wittgenstein: Wir im Boot waren schon ein verschworener Haufen und sind zusammengewachsen. Wir haben die Bootcamp-Vorbereitung zusammen gemacht und auch viel nach Drehschluss gemeinsam unternommen. Es sind viele Freundschaften entstanden.


Tom Wlaschiha: Bei uns war es ähnlich. Mit den Kollegen, mit denen wir am meisten zusammen gedreht haben, waren wir im gleichen Hotel und haben auch die Abende miteinander verbracht … Die Betonung liegt auf Abende (lacht)!

Wie würden Sie die Arbeit an so einer aufwendigen, internationalen Produktion beschreiben? Spürt man beim Dreh, dass es sich um ein millionenschweres Projekt handelt?


Tom Wlaschiha: Auf jeden Fall! Wenn man schon so ein Budget hat, was nicht allzu oft der Fall ist, sollte sich das auch in der Ausstattung niederschlagen. Die Serie ist extrem hochwertig gedreht. Das ist natürlich auch für uns als Schauspieler toll, wenn man ans Set kommt und alles perfekt eingerichtet ist. Wir haben auch in verschiedenen Ländern gedreht: Frankreich, Tschechien, Malta. Das war auf alle Fälle etwas ganz Besonderes.


Die zweite Staffel von „Das Boot“ ist bereits abgedreht. Können Sie dazu schon etwas verraten?


Tom Wlaschiha: Nur so viel: Die Geschichten werden fortgeführt und es gibt mehr Zusammentreffen zwischen der Boot-Crew und den Protagonisten an Land.


Herr Wlaschiha, viele kennen Sie natürlich aus „Game of Thrones“. Wie war die Arbeit an dieser Serie im Vergleich zu „Das Boot“?


Tom Wlaschiha als Jaqen H’ghar in „Game of Thrones“ HBO

Tom Wlaschiha: Das sind natürlich beides große internationale Produktionen. Sicherlich hatte „Game of Thrones“ gerade am Ende noch mal ein viel größeres Budget, aber das ging hauptsächlich für die Logistik drauf, dass an drei Sets parallel gedreht werden konnte. Bezüglich Drehtempo, Qualität und Production Value gibt es da keine großen Unterschiede mehr.


Stehen Sie noch in Kontakt mit dem einen oder anderen internationalen Schauspielkollegen aus „Game of Thrones“ – zum Beispiel mit Maisie Williams, mit der Sie viel gedreht haben?

Tom Wlaschiha: Maisie ist ganz toll und es hat unglaublich viel Spaß gemacht, mit ihr über drei Staffeln zu spielen. Wenn ich sie erreichen wollte, wüsste ich, wie ich sie erreichen kann.

Wie kommt man als deutscher Schauspieler eigentlich an eine Rolle bei „Game of Thrones“?


Tom Wlaschiha: Naja, man schläft sich hoch (lacht)! Nee, ich habe mir irgendwann eine Agentur im Ausland gesucht und viele Castings durchlaufen, bis es dann tatsächlich geklappt hat.


Sie spielen in zahlreichen internationalen Produktionen mit und sind daher auch viel auf Reisen. Gibt es für Sie dennoch einen Heimathafen oder leben Sie viel aus dem Koffer?


Tom Wlaschiha: Im Moment bin ich tatsächlich relativ wenig zu Hause. Aber ich traue mich nicht, mich darüber zu beschweren, weil ich das ja genau so wollte. Ich möchte ja gerne viel an guten Projekten arbeiten. Jetzt bin ich gerade an einem Punkt, an dem es viele Angebote gibt, die mich interessieren. Das war nicht immer so und deswegen möchte ich das jetzt auch genießen.

Auf der nächsten Seite analysiert das Trio, ob der Vorwurf, dass deutsche Serien nicht so gut sind wie internationale, noch berechtigt ist. 

Stefan Konarske erklärt außerdem, weshalb er beim Dortmunder „Tatort“ ausgestiegen ist – und August Wittgenstein erzählt, wie er mit dem Aus der Serie „Jenny – echt gerecht!“ umgeht.

weiter

weitere Meldungen