Gefährliche multiresistente Keime nehmen im Alltag ständig zu, bei Menschen wie bei Tieren. Die Entwicklung ist derart dramatisch, dass Politiker sich vorgenommen haben, den maßlosen Einsatz von Antibiotika gesetzlich zu drosseln. In Deutschland sterben jährlich mindestens 15.000 Menschen an Erregern, denen Antibiotika nichts mehr anhaben können. Was hat der Mensch zu befürchten und wie kann man sich schützen? „45 Min“-Autorin Antje Büll macht sich auf die Suche nach Ursachen für die Antibiotikakrise, Ansätze für Lösungen, politischen Reaktionen und Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. Erst Anfang des Jahres 2015 hat in Kiel eine Epidemie mit einem multiresistenten Keim zwölf Todesopfer gefordert. Der gefährliche Keim wurde von einem Patienten nach einem Mittelmeerurlaub ins Land gebracht und verbreitete sich schnell auf der Intensivstation im Kieler Universitätsklinikum. Seitdem ist jeder, der in Südeuropa in einer Klinik war, ein Risikopatient und wird vorsorglich isoliert. Das heißt aber auch, dass es nicht nur in Kiel immer mehr Isolationszimmer für immer mehr Patienten geben muss, die resistente Keime in sich tragen. In allen deutschen Krankenhäusern werden dringend mehr Spezialisten benötigt, die sich mit der zunehmenden Problematik auskennen. Isolierung und Hygiene sind die einzigen Möglichkeiten, die Verbreitung von Keimen im Krankenhaus zu vermeiden. Aber nicht nur Ärzte, sondern vermehrt auch
Patienten und Besucher müssen auf Hygiene achten, um Epidemien zu verhindern. In den nächsten Jahren sind kaum neue, resistenzbrechende Antibiotika auf dem pharmazeutischen Markt zu erwarten. Daber müssen unbedingt weniger Antibiotika als bisher bei der Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. Je öfter und mehr Antibiotika verabreicht werden, desto schneller entwickeln die Keime Resistenzen. Doch die Hausärzte in Deutschland verschreiben ihren Patienten insgesamt 600 Tonnen Antibiotika pro Jahr, doppelt so viel wie die Krankenhäuser. Die meisten davon überflüssigerweise bei Erkältungskrankheiten. Es gibt zwar gibt es Schnelltests, um multiresistente Keime zu entlarven. Diese werden jedoch kaum genutzt. Und es gibt keine Gesetzesvorlagen, die dieses Problem in Angriff nehmen. In der Tiermast sind Antibiotikaeinsatz und damit auch die Resistenzentwicklung noch weiter verbreitet. Bei einer Untersuchung wurden in allen überprüften Hühnermastbetrieben resistente Darmbakterien gefunden. Wissenschaftler untersuchen, wie die Keime ins Fleisch und nach dem Verzehr in den menschlichen Körper gelangen. Sicher ist, dass im Fleisch immer häufiger resistente Keime zu finden sind. Die Verbraucher müssen daher nicht nur im Krankenhaus, sondern auch zu Hause verstärkt auf richtige Hygiene achten. Denn resistente Keime werden so schnell nicht mehr aus dem Alltag verschwinden, im Gegenteil, es wird eher noch mehr multiresistente Keimarten geben. (Text: NDR)