NDR Kultur – Das Journal Folge 26: Folge 26 (2019/2020)
Folge 26
Folge 26 (2019/2020)
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Alternative zum Kapitalismus? Gemeinwohl-Ökonomie statt Profitstreben Mehr Gewinn und mehr Wachstum, das sind die Ziele der meisten Firmen im Wirtschaftssystem. Doch was viel Profit bringt, ist nicht unbedingt gut für Mensch und Umwelt. Der Autor und Aktivist Christian Felber will deshalb die Wirtschaft revolutionieren und hat das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie entwickelt. Firmen, die sich diesem Prinzip verpflichten, werden nach verschiedenen Kriterien bilanziert: Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und demokratische Mitbestimmung. In jeder Kategorie bekommen sie Punkte, ab einer bestimmten Punktzahl sollen sie, so Felber, Steuererleichterungen und andere Vorteile bekommen. Inzwischen wirtschaften mehr als 2.000 Unternehmen nach der Gemeinwohl-Ökonomie, es gibt Regionalgruppen und Vereine in Europa, Amerika und Afrika. Das „Kulturjournal“ stellt eine Großbäckerei aus Seevetal in Niedersachsen vor und spricht mit Christian Felber über seine Vision einer gerechteren und besseren Welt. Prostitution im Wohnwagen: der Dokumentarfilm „Lovemobil“ Zwischen Spargelfeldern und Windrädern rauschen die Autos vorbei. Am Rand von Landstraßen in Niedersachsen bieten Frauen in Wohnwagen Sexdienste an. In dem preisgekrönten Dokumentarfilm „Lovemobil“ gibt Elke Margarete Lehrenkrauss einen emotionalen und verstörenden Einblick in die Szene und zeigt, welche Schicksale sich hinter den Lovemobiltüren verbergen. Oft sind es Frauen aus Osteuropa oder Afrika, die hier Sexdienste für wenige Euroscheine anbieten, die einsam warten und den Männern schutzlos ausgeliefert sind. Die in Berlin lebende Regisseurin stammt selbst aus Gifhorn in der niedersächsischen Provinz und kennt die Lovemobile seit ihrer Kindheit. Am Film hat sie drei Jahre lang gearbeitet. „Lovemobil“ ist eine NDR Koproduktion und jetzt in ausgewählten Kinos zu sehen: am 12. und 17. März Hamburg, am 14. und 15. März in Hannover, am 16. und 21. März in Braunschweig, am 5. April in Lüneburg. Stargeiger auf Rügen: Daniel Hope ist künstlerischer Leiter des Festspielfrühlings Rügen Mit seiner Geige reist er um die Welt, spielt in den ganz großen Konzerthäusern: Daniel Hope, britischer Musiker mit jüdischen Vorfahren, der in Südafrika geboren wurde. Inzwischen besitzt er auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Er ist ein musikalischer Kosmopolit. Ab dem 13. März macht er für zehn Tage Station auf Rügen als künstlerischer Leiter des Festspielfrühlings Rügen. Gemeinsam mit vielen anderen Musikern bringt er ein breites Programm, darunter auch Stücke seiner aktuellen CD „Belle Époque“: Das Album
versammelt Werke aus dem Zeitraum zwischen dem Deutsch-Französischen Krieg und dem Beginn des Ersten Weltkriegs 1914. Musik zwischen Spätromantik und Moderne von Rachmaninow, Schönberg, Debussy oder Chausson. Das „Kulturjournal“ trifft Daniel Hope bei einem Konzert und beim Geigenbauer, spricht mit ihm über die schönen Seiten der „Belle Époque“ und seine Pläne für den Festspielfrühling Rügen. Leben mit der Depression: ein persönliches Buch von Benjamin Maack „Eine Depression ist uferlos. Man versteht gar nicht, was da mit einem passiert. Man hat diese unglaubliche Schwärze um sich herum, diese unglaubliche Schwäche in den Knochen und diesen unglaublichen Selbsthass“, sagt Benjamin Maack. Über seine Krankheit, die so schwer zu fassen ist, hat der Hamburger Autor und Journalist ein starkes Buch geschrieben: „Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein“. Äußerlich führt Benjamin Maack ein glückliches Leben mit Ehefrau, Kindern, Erfolgen im Job. Aber die Depression ist so stark, dass er dreimal in die Psychiatrie geht. Über seinen Aufenthalt dort, über den Alltag danach und auch über seine Selbstmordgedanken schreibt Maack in kurzen Kapiteln, lakonisch und intensiv. „Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein“ (Suhrkamp) ist das „NDR Buch des Monats“ im März. Der NDR hat außerdem ein Hörspiel nach dem Buch produziert, das in der NDR Hörspiel-Box und in der ARD-Audiothek zu hören ist. Per Volksabstimmung zur Grenze: 100 Jahre deutsch-dänischer Grenzverlauf Es war eine historische Wahl, die den hohen Norden bis heute prägt: Per Volksabstimmung durften die Menschen in der Region wählen, ob sie zu Dänemark oder zu Deutschland gehören wollen. Die Grenze zwischen beiden Ländern hatte sich schon oft verschoben, seit dem Krieg 1864 wurde das Herzogtum Schleswig von Deutschland regiert, aber hier lebten weiter auch viele Dänen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde deshalb im Versailler Vertrag 1918 festgelegt, dass die Bewohner*innen selbst bestimmen sollten. Im nördlichen Teil rund um Tondern entschieden sich die Menschen im Februar 1920 für Dänemark, im südlichen Teil mit Glücksburg, Flensburg, Niebüll, Sylt, Föhr und Amrum am 14. März für Deutschland. Die so entstandene 70 Kilometer lange Grenzlinie zwischen Flensburg und Sylt ist bis heute gültig, inzwischen aber an vielen Stellen kaum zu sehen. Schlagbäume gehören der Vergangenheit an, und viele Bewohner*innen fühlen sich beiden Ländern zugehörig. Über die Grenze, ihre Geschichte und die Menschen, die dort leben, hat der schleswig-holsteinische Regisseur Wilfried Hauke eine Dokumentation gedreht: „Das unsichtbare Band“, zu sehen am Freitag, 13. März 2020, um 20:15 Uhr im NDR Fernsehen. (Text: NDR)