Menschen hautnah Folge 20: Mit den Gedanken im Krieg – Ukrainische Geflüchtete in Deutschland
Folge 20
Mit den Gedanken im Krieg – Ukrainische Geflüchtete in Deutschland
Folge 20 (45 Min.)
Von morgens früh bis abends spät ist Alina (17) gedanklich bei ihrem Freund. Denn seit einigen Wochen ist das junge Paar getrennt: Er kämpft in ihrer Heimatstadt Charkiw in der Ukraine gegen die russischen Truppen, sie ist mit ihrer Familie nach Deutschland geflohen. Eigentlich wäre Alina lieber in der Ukraine geblieben. Nur ihrer Mutter zuliebe ist sie mit nach Münster gekommen. Dort geht sie jetzt zur Schule, obwohl sie in der Ukraine schon die Uni besucht hat. Sie versucht Deutsch zu lernen und wartet jeden Abend auf den erlösenden Anruf von ihrem Freund, damit sie weiß, dass er noch lebt. Ihrer jüngeren Schwester Viktoria (10) fällt alles etwas leichter. Wie selbstverständlich übersetzt sie Schulaufgaben mit dem Handy, ist in Mathe besser als viele in ihrer Klasse und hat sich mit ihrer Sitznachbarin angefreundet, die aus Russland stammt. Auch Natalia und Uljana sind in Gedanken oft in ihrer Heimat, in der Ukraine. Die Frauen haben sich
auf der Flucht kennengelernt und sind Freundinnen geworden. Beide haben jeweils einen kleinen Sohn, der Artiom heißt, beide mussten ihre Familien in der Ukraine zurücklassen, um wenigstens sich und ihr Kind in Sicherheit zu bringen. Gemeinsam haben sie ein kleines Appartement im Berufsförderungswerk in Hamm bekommen und leben dort nun zusammen. „Früher habe ich Pläne für die Zukunft gemacht“, sagt Uljana, „heute lebe ich nur noch von einem Tag zum nächsten. Doch zum Glück bin ich hier nicht allein.“ Seit Beginn des Krieges wurden in Deutschland mehr als 600.000 ukrainische Geflohene erfasst. Werden sie bleiben? Wie ergeht es ihnen in Deutschland? Wie erleben sie den Krieg in ihrer Heimat? Und was passiert mit ihren Angehörigen dort? „Menschen hautnah“ begleitet Alina, Viktoria, Natalia und Uljana während ihrer ersten Monate in Deutschland und zeigt, wie sie versuchen, sich in Nordrhein-Westfalen ein neues Leben aufzubauen. (Text: WDR)