Staffel 2, Folge 1–4

Staffel 2 von „Meine Kindheit  …“ startete am 17.12.2010 im WDR.
  • Staffel 2, Folge 1 (45 Min.)
    „Meine Kindheit … in der Weihnachtszeit“ erzählt vom aufregendsten und schönsten Fest im Jahr – aus Kindersicht. Der Film erzählt vom ungeliebten Strickkleid, das an den Festtagen getragen werden musste und von großen und kleinen Wünschen, die oftmals in Erfüllung gingen.
    Im Hause Adenauer machten in der Vorweihnachtszeit die Engel mit etwas Lametta auf sich aufmerksam. Für die Kinder ein eindeutiger Hinweis auf himmlische Tätigkeit. „Schreibt mal auf, was Ihr euch vom Christkind wünscht“, rieten die Eltern. Am zweiten Weihnachtstag kam die Großfamilie Adenauer dann alljährlich in Rhöndorf zusammen. Vor der Bescherung mussten die Kinder ein mehrstrophiges Gedicht oder ein Lied vortragen. „Schweiß und Tränen“ hätten sie geschwitzt, „damit das fluppte“, erinnert sich Sven Georg Adenauer, der Enkel von Konrad Adenauer, heute Landrat in Gütersloh. Im Publikum saßen immerhin der Bundeskanzler und siebzig bis achtzig Verwandte. Mit der Strenge sei es anschließend vorbei gewesen und Konrad Adenauer konnte durchaus mit den Enkeln auf dem Boden knien und mit der Modelleisenbahn spielen.
    1920, als Adenauer Oberbürgermeister der Stadt Köln war, wurde Agi Hartfeld auf der „schäl Sick“, der „falschen Seite rechts des Rheins“, geboren. Sie war die Älteste von drei Kindern. Aus „Tutti“ , ihrer kleinen Schwester, wurde später die Schauspielerin Trude Herr. Die Familie wohnte in einem Arbeiterviertel, die Luft roch nach der benachbarten chemischen Fabrik. Auf den Tisch kamen in der Regel „Möhrchen“ – auch an Weihnachten, wenn ihnen nicht der Pfarrer ein Stück Fleisch für die Festtage schenkte. Auch die Weihnachtswünsche der Kinder waren bescheiden. Agi träumte von einer großen Schüssel Feldsalat – „ganz für sich allein“, und Trude freute sich über Stoffreste jeder Art für ihre Theaterkostüme.
    Der 1966 in Bochum geborene Schriftsteller und Kabarettist Frank Goosen war Einzelkind, hatte zwei „Ommas“ und seine nächstrangige Verwandte lebte in Kanada. Er bekam in der Regel das, was er sich wünschte, und oft noch einen Bagger oben drauf. Aber das Schönste an Weihnachten blieben doch immer „Ommas Rolladen“, die es alljährlich gab. Schon nachmittags stand er mit in der Küche und sah zu, wie „Omma“ das Rindfleisch mit einer ordentlichen Portion Senf einstrich und die Pfannen tanzen ließ. Auch bei Familie Goosen wurde viel Wert auf Rituale gelegt: „Erst die „Rolladen“, lacht Frank Goosen, „ und dann erzählte der Opa, dass früher alles besser war“.
    Immer gleiche und vor allem immerwährende Weihnachten wünscht sich „Tante Milla“ aus Heinrich Bölls Satire „Nicht nur zur Weihnachtszeit“. An eine Tante mit diesem Namen kann sich Bölls Neffe Clemens zwar nicht mehr erinnern, aber an jede Menge schrullige Verwandtschaft. Die Großfamilie Böll lebte nach dem Krieg in einem „besetzten“ Haus in Bayenthal, oben unter dem Dach schrieb Heinrich, im Garten tobten die neun Kinder. An Heiligabend wurde bei den Bölls gebadet, erst am 25. Dezember gab es die Bescherung. Besonders genossen hat Clemens Böll die Gänge in die nächtliche Christmette. Nicht etwa, weil er besonders fromm gewesen wäre, sondern weil er schon mit dreizehn Jahren angefangen hatte zu rauchen. Auf dem Weg zur Kirche konnte er das unbemerkt von den Eltern tun. Und noch wichtiger: In der Kirche traf man Mädchen.
    Nilgün Özel kam 1966 als Sechsjährige mit ihren Eltern aus der Türkei nach Deutschland. Ein doppelter Kulturschock, war sie doch in einer Großstadt aufgewachsen und landete nun in einem kleinen Dorf im Hochsauerland. Christliche Traditionen hatte sie in der Türkei nie kennen gelernt. Ab 1967 ging sie in eine katholische Grundschule. „Es interessierte den Lehrer nicht, wer Muslim war“. Und so sang auch Nilgün „Oh du fröhliche“ und „Ihr Kinderlein kommet“, obwohl Heiligabend in ihrer Familie ein Tag wie jeder andere war. Vor fünf Jahren feierte Nilgün Özel mit Freunden das erste Mal deutsche Weihnachten. „Herrlich“ fand sie den Abend, zumal sie ja auch problemlos alle Lieder mitsingen konnte. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 17.12.2010WDR
  • Staffel 2, Folge 2 (45 Min.)
    Wenn es keine Bäche und Flüsse gab, spielte man im geheimnisvollen Labyrinth der offenen Abwasserkanäle, und bei Regenwetter wurden die Detektivspiele kurzerhand ins Kaufhaus verlegt. So haben es auch die ehemaligen Großstadtkinder erlebt, die der Film vorstellt.
    Eine Großstadt sei kein Ort für Kinder, heißt es bis heute. Es mangele an Spielmöglichkeiten, der Bezug zur Natur fehle, und, und, und … Doch die Stadtkinder sahen das meist anders, dank ihrer Phantasie schafften sie sich ganz eigene Spielräume und Abenteuerwelten. Abluftschächte wurden zu Flugschneisen für Papierschnipsel, oder der Brunnen auf dem Opernhausplatz in Köln diente als Planschbecken.
    Claus Theo Gärtner fand in der Stadt sogar schon früh zu seinem späteren Beruf. In einem Oberhausener Kino bestritten Kinder mit kleinen Aufführungen regelmäßig das Vorprogramm, in einer Dompteursnummer spielte der kleine Claus Theo ein Zebra, der erste Auftritt des heute bekannten Schauspielers. Er erinnert sich ebenso gut an seine erste große „Expedition“: Nach einem „Tarzan“-Film suchte er im Kino den Dschungel, in dem sein Held lebte. „Ich bin immer um das Kino geschlichen und habe versucht, den Eingang zu diesem Dschungel zu finden, wo Tarzan sich aufhält. Aber ich fand immer nur eine verschlossene Tür. Keinen Dschungel und keinen Tarzan“, schmunzelt Claus Theo Gärtner.
    Unbewohnte Häuser erforschte der Kölner Rechtsanwalt Dr. Louis Peters in seiner Kindheit, im zerbombten Nachkriegsköln vor allem die Ruinen: „Das waren belebte Häuser ohne Menschen. Das Leben in den Räumen fehlte, aber die Räume waren alle noch da und warteten darauf, dass sie von uns Kindern wieder in Besitz genommen wurden.“ Zu den wenigen Geschäften, die es damals im Kölner Stadtteil Braunsfeld noch gab, zählte der Friseur Vatterodt: „Für mich war das ein sehr beliebter Termin. Da saß ich nämlich unter gestandenen Männern. Ich fand deren Gespräche sehr interessant. Wenn sie sich unterhielten, wurde mir eine neue Welt erschlossen. Da kriegte man große Ohren.“
    Große Augen bekam Ingrid Reifschläger jedes Mal, wenn sie im Duisburger Rotlichtviertel unterwegs war. Ihre strengen Eltern führten im Herzen der Innenstadt einen Lebensmittelladen und versorgten auch die umliegenden Bars. Die Lebensmittel-Lieferungen durfte die kleine Ingrid ins „Mon Bijou“ bringen. Die Bardamen der umliegenden Etablissements waren für sie lauter Marilyn Monroes – und heimliche Vorbilder. Aber wenn eine der Frauen zur Mutter ins Hinterzimmer kam, um ihr Herz auszuschütten, hieß es immer: „Das ist nichts für eure Ohren. Ab nach oben!“
    Den Kabarettisten Uwe Lyko alias Herbert Knebel, plagten früher ganz andere Sorgen: der Sonntagsanzug blieb nie lange sauber. Die Lösung des Problems fand er dank der Fernsehwerbung: einen chemischen Fleckentferner, der ihm zukünftig den Ärger mit der Mutter ersparte. Dauerhaft blieb jedoch der Streit mit Hausmeister Seibel. Der war nämlich von ganz alter Schule und untersagte den Kindern strikt, auf dem Rasen der Siedlung Fußball zu spielen. Klar, dass sie es trotzdem immer wieder taten.
    Wie schön eine Kindheit in der Stadt sein kann, das bringt schließlich die Komödiantin und Schauspielerin Cordula Stratmann auf den Punkt, die sich als Kind ihre eigene kleine Welt auf dem Innenhofbalkon geschaffen hatte. Noch heute liebt sie es, in der Dämmerung durch ein Wohnviertel zu spazieren: „Da fühle ich mich ehrlich gesagt glücklicher, als wenn ich über einen Waldboden gehe.“ (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 28.01.2011WDR
  • Staffel 2, Folge 3 (45 Min.)
    Eine Zeitreise zurück in die bunte Welt zwischen Höfen, Feldern und Bächen, in ein weites Land, das allein der Phantasie der Kinder gehörte. Da wurde ausgiebig gespielt, oft auch gearbeitet, und manchmal brach die Realität mit Macht in die kindliche Idylle ein …
    So während der düsteren Tagen des Zweiten Weltkrieges, als Dorfkinder aus der Ferne das Donnergrollen des Krieges hörten. Andere wiederum flohen aus der Stadt, um auf dem Land Zuflucht zu finden vor Bomben, Tod und Zerstörung.
    Ferdinand Keuter zum Beispiel verbrachte viele Jahre seiner Kindheit weit weg von seinen Eltern. Immer wieder wurde das rheinische Eschweiler von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs heimgesucht, und die Eltern schickten den kleinen Ferdinand zur Großmutter in das sauerländische Dorf Wennigloh. Die überschaubare Welt des Dorfes ließ Ferdinand nie wieder los und noch heute sagt er: „Die Kindheit in Wennigloh war die schönste Zeit meines Lebens.“
    Andere erzählen, dass eine Jugend auf dem Land auch zur Hölle werden konnte. Jeder pubertäre Ausbruch wurde vom ganzen Dorf neugierig begleitet, und die erste Liebe blieb nie geheim. Inge Broska passte höllisch auf, dass niemand das kleine Glück ihrer ersten Romanze bemerkte. Mit ihrem Freund schlich sie heimlich durch die Dorfgassen.
    Das kindliche Leben war auf dem Land aber auch von Arbeit geprägt. Geld war immer knapp und die kleine Inge schuftete auf den Feldern rund um Otzenrath, um sich etwas Taschengeld für die alljährliche Kirmes zu verdienen. Mit 14 Jahren wagte sie es zum ersten Mal, aus der Enge des Dorfes auszubrechen. Mit dem Fahrrad fuhr sie in den Ferien vom Rheinland aus bis nach Hamburg und lernte als „Landei“ auf der Reeperbahn eine ganz andere, städtische Welt kennen. Das Dorf ihrer Kindheit hat sie nie ganz verlassen. Erst als die Braunkohlebagger kamen und ihr geliebtes Otzenrath aus der Landschaft rissen, musste Inge Broska das uralte Dorf verlassen.
    „Meine Kindheit … auf dem Lande“ erzählt auch von dem unaufhaltsamen Wandel der Dörfer und Höfe. Waren es früher Bauern und ihre zahlreichen Helfer, die Felder bestellten und die Ernte einbrachten, sind es heute riesige Maschinen, die die Arbeit verrichten. Davon war allerdings noch nichts zu spüren, als Annabel Gräfin von Arnim auf dem Rücken eines Pferdes über Wiesen und Äcker jagte, im Sommer mit Spielkameraden im Hofteich badete und oft selbst mit anpacken musste auf dem elterlichen Thelenhof am Niederrhein. Noch heute lebt sie auf dem Gutshof bei Uedem. Viel hat sich seit ihrer Kindheit geändert, aber die Erinnerungen sind geblieben. Mit Begeisterung berichtet die 1947 geborene Gräfin aus ihrem bewegten Leben.
    „Meine Kindheit … auf dem Lande“ erzählt von Menschen, für die das Dorf, der Hof oder die Dorfstraße noch heute magische Orte sind, manchmal weit entfernt und doch ganz nah. Der Film zeigt Menschen, die tief mit dem Landleben verwurzelt sind, aber auch solche, die als Erwachsene in der Stadt ein neues Leben gefunden haben. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 04.02.2011WDR
  • Staffel 2, Folge 4 (45 Min.)
    Der Film erzählt die persönlichen Erlebnisse heute erwachsener Kinder, die Karneval auf völlig unterschiedliche Weise erlebt haben. Gemeinsam lassen sie über sechs Jahrzehnte ein Bild der „fünften Jahreszeit“ entstehen. Karneval ist für jeden von ihnen etwas anderes, aber immer ein großes Gefühl.
    „Wir fieberten das ganze Jahr darauf hin“, erinnert sich die heute 34-jährige Kölnerin Eva Frings an ihre Kindheit im Karneval. Tom Buhrow, seriöser Anchorman der „Tagesthemen“, überlegte als Kind tagelang, wie er am besten die „Kamelle“ fangen konnte: „Sehr gut geeignet war der Cowboyhut, noch besser aber der Hut vom Chinesenkostüm. Das Wichtigste für viele aber war die Verkleidung. „Für ein paar Tage durfte man jemand anders sein“, erinnert sich Peter Brings von der Kölner Rockband „Brings“. Er entschied sich für „Cowboy“ und brachte seinen Vater Rolli, einen ausgewiesenen Pazifisten, damit Ende der 1960er Jahre zur Verzweiflung. Unzählige Kinder spielten damals zu Karneval auf den Spielplätzen Cowboy und Indianer, während die Eltern in den umliegenden Veedelskneipen kräftig feierten. „Schlüssel um den Hals und fertig“, sagt Peters Bruder Stephan: „Da gab’s keine Aufsicht“.
    Drei Jahrzehnte früher erlebte Annette Dommes den rheinischen Karneval zum ersten Mal: Sie zog 1937 mit den Eltern von Bielefeld nach Düsseldorf. Eine Schulfreundin unterbreitete der staunenden Annette, dass man am Rosenmontag im Rheinland geschminkt zur Schule gehen darf. „In den 30er Jahren war das eigentlich etwas Ungehöriges“, erinnert sie sich. Den Moment, als sie im bayerischen Dirndl mit klopfendem Herzen auf die Straße trat, hat sie nie vergessen. „Freiheit war das“, meint sie rückblickend auf eine Zeit, in der Kinder vor allem eines mussten: gehorchen.
    Ende der 30er Jahre begannen die Nazis, sich den Karneval als hocheffektives Sprachrohr zunutze zu machen. „Ich kann mich noch gut an den Rosenmontagszug 1937 erinnern“, sagt der bekannte Kölner Liedersänger Ludwig Sebus (85). „Wir Kinder standen mit meiner Mutter in Köln am Hohenzollernring, Ecke Bismarckstrasse, wo die Wagen Aufstellung nahmen. Da stand ein Wagen mit der Aufschrift „Die Letzten ziehen ab“. Auf dem Wagen wurden die orthodoxen Juden persifliert, mit großen Nasen, langen Mänteln und Schläfenlocken. „Ich weiß noch genau, wie meine Mutter zu uns sagte: ‚Das, was sie jetzt mit den Juden machen, das machen sie bald mit den Christen.‘“
    Der Bonner Geschäftsmann Amir Shafaghi war 10 Jahre alt, als er 1980 mit seinen Eltern aus dem Iran floh. Bei seiner Ankunft in Bonn regnete es Bonbons. „Ich war so aufgeregt, dass ich mich nicht mal danach bücken konnte. Ich stand einfach nur da. Von diesem Moment an wollte ich dazugehören“. Im nächsten Jahr ging Amir dann verkleidet zum Zug, mit 13 kaufte er seine erste „Bläck Fööss“-Platte und lernte sie auswendig. Er hatte den Traum, im Zug mitzugehen – doch dieses Privileg, so sagte man ihm, haben nur „bönnsche Pänz“. Amir war tief enttäuscht.
    Ungefähr zur gleichen Zeit bereitete sich in Köln ein kleines Mädchen auf den ersten Karnevalszug ihres Lebens vor: Eva Frings, 8 Jahre alt und die Enkelin von Ludwig Sebus. Tagelang überlegte man, was das Kind anziehen soll, damit es nicht friert, die Mutter postierte sich mit Proviant und Thermoskannen voller Tee am Zugweg. Doch die kleine Eva hatte weder Hunger noch Durst, sie erlebte das Ganze wie in einem Rauschzustand. Bis zu ihrem 30. Geburtstag lief sie jedes Jahr mit und tat alles dafür: „Ich war Kindermariechen, Kamelleträger und später Funkenmariechen der Altstädter“. Als sie aus Altersgründen ihre Karnevalskarriere beenden musste, stand sie weinend am Zugweg. Amir Shafaghis Karriere hingegen beginnt just zu diesem Zeitpunkt. Er zieht das prächtigste Kostüm an, das er je hatte: Denn 2010 wird er zum ersten muslimischen Prinz Karneval von Bonn gekürt. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 11.02.2011WDR

zurückweiter

Erinnerungs-Service per E-Mail

TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn Meine Kindheit … online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.

Auch interessant…