Hundert Meisterwerke und ihre Geheimnisse Staffel 1, Folge 3: „Die Badenden in Asnières“, 1884 – Georges Seurat
Staffel 1, Folge 3
3. „Die Badenden in Asnières“, 1884 – Georges Seurat
Staffel 1, Folge 3
„Die Badenden in Asnières“ (1884) zeigt eine Momentaufnahme an den friedlichen Flussufern bei Asnières mit Badenden und Ruderern. Sieht man aufmerksam hin, entdeckt man, dass es sich um eine Struktur aus unzähligen Farbflecken handelt, die dem Bild ein außergewöhnliches Leuchten verleihen. Der Einsatz der Farbtupfer, aus denen später Punkte werden, ist Georges Seurats große Erfindung: Er begründet den Pointillismus. Die exakte Berechnung der Proportionen bestimmt den Abstand der kleinen Farbtupfer zueinander, so dass das Auge sie automatisch zu einem vermeintlichen Ganzen zusammenfügt. Was erzählt das Bild? Seurat malt Männer und Jungen, die baden und sich amüsieren. Unter ihnen einfache Spaziergänger, kleine Angestellte, Arbeiter auf der Suche nach frischer Luft und ländlicher Ruhe entlang der Seine. Doch im Hintergrund dieser scheinbar bukolisch-friedlichen Szene drängt etwas heran: Der Viadukt, über den ein Zug fährt, verschließt den Horizont, die
hohen Schornsteine der Fabrik spucken schwarzen Qualm. Im ausgehenden 19. Jahrhundert werden auch die Vororte der Hauptstadt von der neuen Zeit erfasst. Die Industrielle Revolution erlebt ihren Höhepunkt. Der Zeitgeist steht auf Veränderung. Gleich hinter den von Seurat gemalten Fabriken – keine zehn Kilometer weiter – liegt das neue Paris. Innerhalb von 20 Jahren hat der Maler erlebt, wie seine Stadt sich veränderte. Im Namen der Modernität lässt der Stadtplaner und Architekt Georges Eugène Haussmann Breschen für 26 Boulevards schlagen. Hinter der scheinbar heiteren Sonntagsidylle verbergen sich in dem Bild also auch die wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen einer Epoche, die dem Fortschrittsglauben radikal verfallen war. Die Kehrseite der Medaille: extreme Armut in den Arbeitervorstädten, luftverschmutzende Fabriken und teils unmenschliche Arbeitsbedingungen. Das Diktat der Wirtschaftlichkeit macht aus dem Arbeiter ein bloßes Rädchen im System. (Text: arte)