2018/2019, Folge 17–31

  • Folge 17
    Moderne am Main – Wie in Frankfurt die Bauhaus-Ideen lebendig wurden
    Das Bauhaus feiert 100. Geburtstag. 1919 gründete Walter Gropius in Weimar eine Kunstschule, die enormen Einfluss auf Architektur und Design der Moderne haben sollte. Was jedoch viele vergessen: Das Jubiläum hat auch mit Frankfurt zu tun. Denn hier wurden die theoretischen Ideen der Bauhaus-Schule/​Bauhaus-Gruppe ganz konkret umgesetzt – ob durch den Baudezernenten Ernst May oder durch die Frankfurter Kunstschule. Die 1923 gegründete(Einrichtung) stand in enger inhaltlicher und personeller Verbindung zum Bauhaus. Einige Bauhaus-Mitglieder wie Christian Dell, Josef Hartwig oder Karl Peter Röhl wechselten als Lehrer an die Kunstschule am Main. „Wenn das Bauhaus die Akademie war, war Frankfurt die Werkstatt“, sagt Matthias Wagner K, Direktor des Museums Angewandte Kunst, in Frankfurt.
    Mit neuen Formen versuchten die angewandten und freien Künste in Frankfurt, alle Bereiche des menschlichen Lebens zu durchdringen. Zusammen mit einer geförderten Industrialisierung und dem Ausbau kommunaler Bereiche sollte das „Neue Frankfurt“ eine moderne urbane Gesellschaft formen. Das Museum für Angewandte Kunst eröffnet das Bauhaus-Jahr mit einer Ausstellung über die Rolle der Frankfurter Kunstschule in dieser Zeit. „hauptsache kultur“ durfte sich vor Ausstellungsbeginn schon mal umsehen und dem Zeitgeist der 20er-Jahre nachspüren, der in vielen Bereichen bis heute wirkt.
    Bericht: Christiane Schwalm
    „Moderne am Main“, 19.1. -14.4.2019 Museum Angewandte Kunst, Frankfurt
    „Yves’ Versprechen“ – Ein Dokumentarfilm über den Traum von einer besseren Zukunft
    Yves sucht das Glück. Mit einem kleinen Gummiboot Modell „Seahawk“, das man im Internet für neunzig Euro kaufen kann, will Yves erneut von Marokko aus über das Mittelmeer nach Europa. Bereits zum zweiten Mal tritt er diese gefährliche Passage an. Die Flucht über das Mittelmeer, bei der allein 2018 – nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) – mindestens 2297 Menschen gestorben sind. Vor nun acht Jahren hat sich Yves in seiner Heimat Kamerun aufgemacht, hat alles zurück gelassen und sitzt heute in Spanien fest. Warum hat Yves ein solches Leben auf sich genommen? Um seine folgenschwere Entscheidung nachzuvollziehen, ist die Frankfurter Filmemacherin Melanie Gärtner nach Kamerun gereist und erzählt in ihrem neuen Dokumentarfilm „Yves’ Versprechen“ von den Hintergründen seiner Flucht Sie trifft dafür seine Familie – Schwestern, Brüder, seinen kranken Vater, seinen besten Freund.
    „hauptsache kultur“ hat die Regisseurin kurz vor dem Kinostart ihres Filmes getroffen, um mehr über diese berührende Doku zu erfahren und sie zu fragen, warum sie sich seit Jahren als Autorin und Filmemacherin für Menschenrechte und Menschen auf der Flucht einsetzt.
    Bericht: Sven Waskönig
    „Yves’ Versprechen“, Regie: Melanie Gärtner, Kinostart 17.1.2019
    „Operette“ – Ein kurioses Schauspiel am Staatstheater Kassel setzt der „Instagram-Influencer-Superstar-Blingbling-Gesellschaft“ den Spiegel vor
    Vor ausverkauftem Haus findet am 19.1. am Kasseler Staatstheater die Premiere von „Operette“ statt. Das gesellschaftskritische Stück des polnischen Autors Witold Gombrowicz sorgte schon im Vorfeld seiner Inszenierung für Aufsehen. Im Dezember vergangenen Jahres versammelte das Theater 250 Statistinnen und Statisten, die für das Stück ihre Hüllen fallen ließen. Bar aller Kleider wurden sie gefilmt und werden nun Teil der Aufführung. Das Schauspiel in drei Akten erhebt sich gegen die Diktatur der Mode. Der im französischen Exil lebende Autor Witold Gombrowicz komponierte das Theaterstück im Jahr 1966. Und obwohl der Titel etwas anderes vermuten lässt, enthält das Stück keinerlei Musik.
    Gombrowicz lieferte nur eine Partitur aus Worten, einen Text mit lauter Operetten-Zutaten. Es gibt eine Prinzessin und einen Prinzen, ihren Sohn, den jungen Grafen Charme, der mit seinem Rivalen Baron Firulet um den Rekord an Liebschaften wetteifert, und einen Hofstaat, in dem der Modeschöpfer Fior den Ton angibt. „In der Welt dieses Stückes richten sich alle Regeln und Gesetze nach der Frage: Wie sehe ich aus, was habe ich an?“, erläutert Regisseur Philipp Rosendahl.
    In diese Welt bricht schließlich ein neuer Gedanke ein. Albertinchen, eine Außenseiterin, die den Modewahn am Schloss in Frage stellt, löst mit ihrem „Schrei nach Nacktheit“ eine Revolution aus. Heute, im Zeitalter von Instagram und Facebook, in dem Menschen um das schönste Profilbild, den perfekten Look wetteifern, erfährt Gombrowicz „Operette“ eine interessante Aktualität. Das Theaterstück erscheint fast wie ein Weckruf an die „Instagram-Influencer-Superstar-Blingbling-Gesellschaft“.
    Die Inszenierung am Staatstheater Kassel verspricht, pompös zu werden. Es werden alle Register der Theaterinszenierung gezogen: Bühnenbild, Kostüme, Projektionen und sogar Musik, auch wenn Gombrowicz Operette keine bereithielt. Eigens für das Stück und passend zum Thema hat Thorsten Drücker eine Komposition geschaffen, die sich als absurder Gewaltritt durch die Höhen und Tiefen von Hiphop (Trap), Rock und Pop ankündigt. „hauptsache kultur“ war in Kassel bei den letzten Proben dabei und hat dabei auch erfahren, welche Rolle die 250 nackten Statisten spielen.
    Bericht: Wero Lisakowski
    Weitere Aufführungen noch bis zum 17. April 2019.
    Zarte Explosionen – Die Star-Violinistin Vilde Frang spielt zusammen mit dem hr-Sinfonieorchester
    Vilde Frang, Norwegerin, ist eine der ganz großen Geigen-Solistinnen Europas. Im vergangenen Jahr erhielt sie in Paris den französischen „Diapason d’Or“- Preis. Bereits 2015 hat sie in Deutschland für ihre Einspielung der Mozart Violinkonzerte den „Echo“-Klassikpreis gewonnen. Entdeckt wurde sie als 12jährige 1998 von Dirigent Mariss Jansons, damals Leiter des Osloer Philharmonie-Orchesters. Später wurde sie als Stipendiatin von Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter gefördert. Heute zeigt die 31jährige Osloerin ihr ganz eigenes Profil und ein mutiges Repertoire.
    Ein Faible hat sie für die Musik des frühen 20. Jahrhunderts. Gerade hat sie eine frische CD mit Béla Bartók und George Enescu eingespielt. Zwei Zeitgenossen, die Frang selbstbewusst interpretiert: ohne Mätzchen, ohne Schmelz. Mit hundertprozentigem Engagement für die Musik, an die sie glaubt. Zurzeit ist sie in Deutschland und Frankreich auf Tournee. Am Freitag, den 18. Januar, spielt Vilde Frang zusammen mit dem hr-Sinfonieorchester in der Alten Oper Frankfurt. „hauptsache kultur“ hat die Musikerin auf ihrer Konzerttour getroffen.
    Bericht: Brigitte Kleine
    hr-Sinfoniekonzert mit Vilde Frang, 18.1.2019 Alte Oper, Frankfurt
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Dorothee Ott (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 17.01.2019 hr-fernsehen
  • Folge 18
    „Das alte Darmstadt“ und „Das alte Wiesbaden in Farbe“ – Henning Josts historische Bildbände von Hessens Hauptstädten:
    Wie sahen hessische Ortschaften vor dem Krieg aus – und wie haben sie sich seitdem verändert? Mit solchen Fragen beschäftigt sich der Dreieicher Hobby-Historiker Henning Jost. Vor kurzem hat er zwei neue Bildbände herausgegeben: mit bisher unveröffentlichten Aufnahmen von Darmstadt und Wiesbaden. Seit über 20 Jahren sammelt Henning Jost historische Farbdias und Postkarten unterschiedlicher Städte. Angefangen hat alles während seines Zivildienstes in Dreieich, bei dem er sich um bettlägerige Schwerstbehinderte gekümmert hat. Um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, brachte er ihnen alte Fotos seiner Großeltern mit und ließ sich von ihnen erklären, was wo stand in Dreieich.
    Das Eis war gebrochen. Der erste Bildband über Dreieich, den Jost gemeinsam mit seinem besten Freund herausgab, wurde zum lokalen Bestseller. Inzwischen hat er zwölf Bildbände zu Städten in ganz Deutschland veröffentlicht. In seinen neuesten Büchern lässt der 41-Jährige durch gesammelte Farbaufnahmen das alte Darmstadt und das alte Wiesbaden wiederaufleben, zwei sehr unterschiedliche Städte.
    Darmstadt, die Hauptstadt des Großherzogtums Hessen, im zweiten Weltkrieg größtenteils zerstört und schon immer eine von Gegensätzen geprägte Stadt. Wiesbaden, die alte Kurstadt mit ihren Prachtbauten, die ihren Stolz auch aus ihrer Tradition bezieht. Was sagt die Architektur über eine Stadt aus? Und wie beeinflusst sie das Selbstverständnis der Bewohner? „hauptsache kultur“ hat Henning Jost getroffen, die Orte der alten Farbaufnahmen mit der Gegenwart verglichen und den Architekturprofessor Werner Durth zum unterschiedlichen Charakter der Städte befragt.
    Bericht: Grete Götze
    („Das alte Darmstadt in Farbe“ und „Das alte Wiesbaden in Farbe“ sind im Wartberg Verlag erschienen.)
    Die Buchcharts gestürmt dank „Muttertag“ – Die Krimi-Königin Nele Neuhaus:
    Mit ihrem neuesten Roman hat sie einen persönlichen Rekord aufgestellt: acht Wochen lang thronte Nele Neuhaus auf der Nummer eins der Bestseller-Liste. Damit ist die Bad Sodenerin Deutschlands amtierende Krimi-Königin. Ihre Tatorte findet sie im heimischen Taunus. Zusammen mit ihr haben wir jetzt die bekannten Schauplätze ihrer Romane besucht. Die Krimi-Reihe von Nele Neuhaus um die Ermittler Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff haben den Taunus weltberühmt gemacht. Sie erscheinen in 32 Ländern. Nicht nur Fans aus Hessen und Deutschland, auch Leser aus dem Ausland kommen in den Taunus, um sich die Schauplätze anzusehen. Im 9. Band mit dem Titel „Muttertag“ geht es um einen Serienmörder.
    Seine Opfer sind Frauen, die alle am titelgebenden Tag im Mai verschwanden. Nele Neuhaus lebt seit ihrer Kindheit im Taunus und fing dort schon als Elfjährige an zu schreiben. Erst Pferdebücher, dann Krimis, die sie im Eigenverlag drucken ließ und über die Verkaufstheke ihres damaligen Mannes, eines Fleischfabrikanten, verkaufte. Nach dem zweiten Band ihrer Bodenstein-Kirchhoff-Krimis wurde der Ullstein Verlag auf sie aufmerksam. Der Beginn einer rasanten Karriere. „hauptsache kultur“ ist mit der Bestseller-Autorin auf Zeitreise gegangen: an die Orte im Taunus, die für sie als Autorin eine wichtige Rolle spielten. Und hat geschaut, was hinter dem Erfolg von Nele Neuhaus steckt.
    Bericht: Ariane Wick
    (Nele Neuhaus: „Muttertag“, Ullstein Verlag)
    Frauenpower in Marburg – wie das erste deutsche Intendantinnen-Duo die Theaterszene aufmischt:
    Alleine hätte es keine von ihnen gewagt, sich auf die frei werdende Intendantenstelle am Hessischen Landestheater in Marburg zu bewerben. Zu zweit dagegen sehr wohl! Und sie haben sich mit ihrem auf Diskurs zielenden Konzept gegen knapp 60 andere Bewerber durchgesetzt: Eva Lange und Carola Unser. Das erste weibliche Intendantinnen-Duo Deutschlands – das sich aber vor allem als politisch aktives Duo versteht. Seit dieser Spielzeit leiten die beiden Mittvierzigerinnen die Landesbühne. Aber sie inszenieren auch selbst, übernehmen Teile der Dramaturgie und andere Aufgaben, so dass ihr doppeltes Gehalt Land und Stadt im Endeffekt nicht mehr kostet.
    Kennengelernt haben sie sich bei ihrer Zusammenarbeit am Theater in Wilhelmshaven und festgestellt, dass sie beide im besten Sinne politisches Theater machen wollen: gerade jetzt, in Zeiten von erstarkendem Populismus. In Marburg einen Raum zu schaffen, in dem sich die unterschiedlichsten Menschen treffen, ist ihr Ziel: vom Professor bis hin zum Geflüchteten. Schließlich sei „kulturelle Teilhabe“ neuerdings sogar in der hessischen Verfassung festgeschrieben. Die patriarchalisch geprägten Strukturen am Theater brechen sie offensiv auf: sie bezahlen Schauspielerinnen das gleiche Gehalt, wie ihren männlichen Kollegen; sie schaffen familienfreundlichere Arbeitsbedingungen; spielen mehr Stücke von AutorINNEN, holen auch andere RegisseurINNEN ans Haus.
    Interessant dabei, dass zufällig beide früher Theologie studiert haben und von einer gewissen „Demut“ ihrem Schaffen gegenüber sprechen. Das krasse Gegenteil vom Mythos des allmächtigen „Regiegenies“, den so manchen ihrer männlichen Kollegen umgibt. „hauptsache kultur“ hat die beiden Intendantinnen getroffen und mit ihnen über politisches Theater, eine Quote Bühne und den Unterschied zwischen katholischem und evangelischem Inszenierungsstil gesprochen.
    Bericht: Cécile Schortmann
    (Eva Langes Inszenierung „Diese Mauer fasst sich selbst zusammen …“ ist das nächste Mal zu sehen am 13. und 20. Februar 2019. Carola Unsers Inszenierung „Cabaret“ feiert am 23. Februar 2019 Premiere.)
    Komiker on Tour – Jan Böhmermann auf Konzertreise mit dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld:
    Was darf und vor allem kann Satire? Ist sie überlebenswichtig – für die freiheitliche Demokratie? Und ist das alles in Zeiten von wiedererwachendem Nationalismus, aggressiver Rhetorik und einem auseinanderfallenden Europa überhaupt noch lustig? Diese Fragen beschäftigen Jan Böhmermann, den Satiriker, Fernsehmoderator und Komiker, der mit einer Konzerttour nun auch nach Offenbach kommt. 2016 wurde es um Jan Böhmermann laut, als er mit seinem Schmähgedicht auf Erdogan in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ eine Staatskrise auslöste.
    Über Erdogan will der gebürtige Bremer zwar nicht mehr reden. Aber dafür über vieles andere: Er saugt auf, was so alles in der gesellschaftlichen Luft liegt und verarbeitet es im höllischen Tempo zu Quatsch – der nicht selten einen aufklärerischen Impetus offenbart und eine Haltung. Sein Publikum, bestehend vor allem aus der Generation der „Digital Natives“, schätzt das. Böhmermann macht keinen Hehl daraus, selbst ein „Digital Native“ zu sein.
    Nicht auf der Straße, sondern auf Facebook oder Twitter findet er seine Themen, das Internet ist sein Habitat. Das ihm jetzt aber zur Falle wurde. Denn Böhmermann gehört zu den Prominenten, deren Daten jüngst vom hessischen Hacker „0rbit“ abgegriffen wurden. Persönliche Nachrichten, private Fotos, Abrechnungen: alles öffentlich im Netz. Jan Böhmermann ist aber nicht nur Internet-Kid, sondern auch sentimentaler Fernseh-Nostalgiker: Vor drei Jahren rief er das Rundfunk-Tanz-Orchester Ehrenfeld ins Leben.
    Mit diesem geht er jetzt auf Tour, weil er endlich mal die TV-Glasscheibe zwischen sich und dem Publikum weglassen will. In Hessen wird er in Offenbach auftreten – und will dort ein Zeichen gegen die politische Zerrissenheit unseres Kontinents setzen. Er will versöhnen, Wunden heilen und Brücken bauen. „hauptsache kultur“ war bei den letzten Proben dabei und hat sich mit Jan Böhmermann unterhalten: über echte Empörung, Satire, Ironie, darüber, ob das Internet uns alle versaut hat und natürlich über Musik.
    Bericht: David Gern
    („Ehrenfeld ist überall – Tour 2019“, am 8. Februar in Offenbach in der Stadthalle)
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden:
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Wero Lisakowski (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 24.01.2019 hr-fernsehen
  • Folge 19
    „We love photography“ – 20 Jahre Art Collection Deutsche Börse
    Sie sind immer noch ein Geheimtipp: die grandiosen Foto-Ausstellungen in „The Cube“, dem schwarzen Hochhaus der Deutschen Börse in Eschborn. Jetzt eröffnet in dem futuristischen Würfel eine ganz besondere Ausstellung, zum 20-jährigen Jubiläum der Foto-Sammlung: Unter dem Motto „From another perspective“ wurden externe Kuratoren beauftragt, ausgewählte Werke zusammenzustellen. Den Auftakt macht der britische Fotostar Martin Parr, Mitglied der renommierten Fotoagentur Magnum. „We love photography“ heißt die von ihm kuratierte Ausstellung, in der er Werke von 56 Künstlern zeigt. Es sind Bilder, die viel mehr sind als gefällige Deko – in einem Haus, das die kalte Finanzwelt symbolisiert.
    „Gute Fotos müssen zeitlos sein und sich mit jedem Betrachten weiterentwickeln“, sagt Anne-Marie Beckmann, die Direktorin der Art Collection Deutsche Börse. Die gemeinnützige „Deutsche Börse Photography Foundation“ verfügt über eine Sammlung von insgesamt 1.800 Werke zeitgenössischer Fotografie von rund 120 internationalen Künstlern. Es ist eine Sammlung, die international Beachtung findet. Darunter auch Werke unbekannter Fotografen und Reportagebilder, die nicht für die Museumswand entstanden sind. „hauptsache kultur“ ist kurz vor der Eröffnung mit Anne-Marie Beckmann, der Direktorin der Art Collection, durch die Ausstellung in „The Cube“ gegangen.
    Bericht: Alexander C. Stenzel
    „We love photography“, 1. Februar bis 24. Mai 2019, Deutsche Börse AG, The Cube, Eschborn
    Das Bergkirchenviertel in Wiesbaden – wie aus dem einstigen „Katzeloch“ das heutige „Montmartre“ wurde
    Es war gedacht als Enklave für das niedere Volk: das heutige Bergkirchenviertel in Wiesbaden. Das sogenannte „Katzeloch“, erbaut um die Bergkirche Anfang des 19. Jahrhunderts, wo die Fenster – verglichen mit denen der wilhelminischen Villen – so klein waren, dass nur Katzen hindurchzupassen schienen. Es war als Quartier für die kleinen Leute entstanden, die Handwerker und Kurbediensteten, die ihre Arbeit für die reiche Wiesbadener Klientel verrichteten. Um die Jahrhundertwende erlebte Wiesbaden mit seinem herzoglich-nassauischen Regierungssitz einen Tourismus- und Wachstumsboom.
    Immer mehr Bade- und Spielbankgäste strömten in die Stadt, der Dienstleistungssektor expandierte. Doch die kleinen Leute wollte man lieber von der feinen Gesellschaft fern wissen. Deshalb entstand um die alte Stadtmauer ein Neubaugebiet. Die Nerostraße machte 1809 als erste den Anfang mit 6 Häusern. Eines dieser ältesten Gebäude steht bis heute und ist inzwischen Spielstätte des Theaters Walhalla im Exil.
    Bis in die späten 1960er Jahre lebten im Bergkirchenviertel Menschen auf engsten Raum. Marode Häuser, schmuddelige Hinterhöfe, 82 Prozent der Wohnungen im Bergkirchenviertel hatten kein eigenes Bad, mehr als 70 Prozent kein eigenes WC. Trotz – oder vielleicht gerade wegen seiner ärmlichen Verhältnisse – ist es mit der Zeit zum Ausgehviertel Wiesbadens geworden. Viele Gaststätten waren hier auf engstem Raum vereint. Die Menschen fühlten sich wohl in ihrem Kiez. Wohl auch deshalb bedauerten und wehrten sich viele gegen die großangelegten Pläne der Stadt Mitte der siebziger Jahre, das Viertel zu sanieren.
    Inzwischen, nach über 40 Jahren, ist die Erneuerung abgeschlossen und das Bergkirchenviertel hat sich zum kulturellen Hotspot entwickelt. Ein Ort, an dem sich Kunst und Armut vereint – das „Montmartre“ Wiesbadens. Kleine Theater, eine Galerie, Künstler, Designer. Der kulturelle Puls schlägt entlang der Oberen Webergasse. Hierhin hat es „hauptsache kultur“ gelockt. Wir haben einen Blick in die einzigartige Kultur-Kapelle der Kulturmacherin Kathrin Schwedler geworfen und waren auf einen Wein bei Holger Schwedler, als „geistiges Oberhaupt der oberen Webergasse“ bekannt.
    Was ist entstanden vierzig Jahre nach Sanierung? Wo sehen die Bewohner die Lebensqualität? Ein Abstecher in die Nerostraße, wo Herr von Strick Männerstrickkurse anbietet und eines der besten Cafés Deutschlands beheimatet ist, lässt den Flair und Charme eines Viertels wirken, das Brennpunkt, Traditionsort und Kultur-Treffpunkt zugleich ist.
    Bericht: Wero Lisakowski
    Sinnlich, humorvoll, melancholisch – Der „Rabenzeichner“ Bodo W. Klös
    Er hat einen Blick für das Schöne im Alltäglichen: Bodo W. Klös, Künstler aus Nieder-Bessingen bei Lich. Bekannt geworden ist der Oberhesse mit seinen Raben-Bildern, die aus schwarzen Klecksen entstehen, die er scheinbar mühelos aufs Papier bringt. Liebevoll versieht er seine Rabenzeichnungen mit pointierten und humorvollen Kommentaren. Seit Jahrzehnten zeichnet er sie, diese Raben, die in unserer Kultur immer für das Schlechte hinhalten müssen, für Unglück und Tod. Bodo W. Klös setzt ihnen ein anderes Denkmal, zeichnet sie witzig und schlau, auch als Symbol menschlicher Begierden und Unzulänglichkeiten.
    Doch nicht nur Raben sind seine Motive. Es sind die Dinge, die ihm im Alltag begegnen, über die er nachdenkt, die er in seinen Bildern verarbeitet. Ob eine Tasse Kaffee oder Alexander von Humboldt, beide Motive bringt Bodo W. Klös auf geniale Weise zu Papier. Dabei ist er nicht nur ein begnadeter Zeichner. Seine besondere Leidenschaft gilt der Radierung. Tagelang an einer Radierplatte zu arbeiten und nicht zu wissen, was beim Druck dabei heraus kommt, das macht ihm am meisten Freude. Auch weil ihm diese Arbeit viel Spielraum lässt für Experimente und Variationen. Auf diese Weise ist seine Kalenderreihe entstanden, die er 1992 begann.
    Auf einem „Jahresblatt“ vereint er zwölf ganz unterschiedliche Motive auf reinweißem Büttenpapier. Teilweise wurden dafür die Radierplatten mit über 15 verschiedenen Farben eingefärbt und gedruckt. Die Auflagen der Kalenderblätter schwanken von Jahr zu Jahr zwischen 50 und 150 Exemplaren. Auf einigen sind auch die wunderbaren Porträts seiner Lieblingssänger, wie John Lennon, Jimi Hendrix und Bob Dylan, zu sehen. „hauptsache kultur“ hat den 62-jährigen in seiner Radierwerkstatt besucht, und war in seinem Atelier dabei, als aus zufälligen Klecksen wunderbare Raben entstanden.
    Bericht: Carola Wittrock
    Im Licht und Schatten ihrer Geschwister – Der Dokumentarfilm „Unzertrennlich“ über das Leben mit schwerkranken oder behinderten Geschwistern
    Eines weiß die Mutter von Gustav ganz genau: aus ihrem Sohn wird später kein Arschloch. „Gemeinheiten, die auf Kosten anderer Leute gehen – das wird Gustav nicht machen. Das geht nicht mehr mit so einem Geschwisterkind“, sagt sie. Gustavs kleine Schwester Alma ist schwer krank. Sie ist taub und fast blind auf die Welt gekommen, muss nachts beatmet und von einer Krankenschwester überwacht werden. Für die Familie bleibt kaum Privatsphäre. Und was bedeutet es für Gustav? Das zeigt die Kasseler Regisseurin Frauke Lodders. In ihrem Dokumentarfilm „Unzertrennlich“ setzt die den Fokus auf die Geschwister, die normalerweise nicht gefragt werden, wie es ihnen geht.
    Über ein Jahr hat sie vier Familien begleitet, die grundverschieden sind, eines aber gemeinsam haben: den herausfordernden Alltag mit einem kleinen Familienmitglied, das lebensbedrohlich erkrankt ist oder behindert ist und wahrscheinlich kein langes Leben in Aussicht hat. Was bedeutet diese Erkrankung oder Behinderung für die gesunden Kinder? Was macht es mit dem Alltag der Familie? Und wie gehen die Geschwister mit ihrer Stellung innerhalb der Familie um, wenn die meiste Aufmerksamkeit und Fürsorge der Eltern den kranken Geschwistern zuteilwird? Dieser Thematik nähert sich die Kasseler Filmemacherin mit viel Feingefühl. In leisen Aufnahmen dokumentiert sie die herausfordernde Lebensrealität von Eymen, Eray, Gustaf, Max und Svea, die aufgrund der Behinderung oder Erkrankung ihrer Geschwister schon früh mit Verantwortung, Verzicht, Verlust und dem Tod auseinandersetzen müssen.
    Ein Film über einen Alltag, der den meisten Menschen verborgen bleibt, obwohl ca. 4 Millionen Menschen in Deutschland einen Bruder oder eine Schwester haben, die chronisch oder lebensverkürzt erkrankt oder behindert sind. Ein Film über die Licht- und Schattenseiten des Lebens mit schwer kranken oder behinderten Geschwister. „hauptsache kultur“ hat mit der Regisseurin Frauke Lodders gesprochen und stellt „Unzertrennlich“ vor.
    Bericht: Wero Lisakowski
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Christiane Schwalm (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 31.01.2019 hr-fernsehen
  • Folge 20
    as äre enn …: Wie Wortjongleur Marcus Jeroch uns vor Ohren führt, was Sprache mit uns macht
    Ob im Tigerpalast in Frankfurt oder mit seinen Soloprogrammen – Marcus Jeroch jongliert mit Buchstaben und Worten wie kein anderer. Silben tauschen, absurder Humor, Doppeldeutiges und Poetisches – all das beherrscht Marcus Jeroch und hat damit schon mehrere Bühnenpreise gewonnen. In Hamburg geboren, verbrachte er seine Kindheit in Afrika, studierte später versehentlich drei Semester Jura, bevor er dann doch lieber Jonglage und Akrobatik in Berlin lernte und darüber auch zum Sprachartisten wurde. Die Worte Ernst Jandls und Friedhelm Kändlers hat er wieder entdeckt.
    Literarieté nennt er seine Vorführungen, die uns vor Augen führen, wie schön unsere Sprache ist und wie viel Spaß sie bereiten kann. Gleichzeitig macht er deutlich, wie mächtig Sprache ist, weil sie Realitäten erschafft. „hauptsache kultur“ hat Marcus Jeroch bei einem Auftritt im Frankfurter Tigerpalast und bei seiner Literarité-Lesung begleitet und mit ihm über die Macht der Sprache und den Humor der Deutschen gesprochen. Seine Erkenntnis: „Willst Du Liebe, dann Ge’ dicht!“
    Bericht: Dorothee Ott
    (Marcus Jeroch: „Schöner denken“ 21.2. Bad Soden, 3.3. Marburg, Tigerpalst 10. 02., 06.03. )
    Die „Frankfurter Erklärung der Vielen“: Wie Theater und Museen ein Zeichen der Offenheit setzen
    Frankfurts Kultureinrichtungen schließen sich zusammen – in einer „Erklärung der Vielen.“ Sie wollen kämpfen: gegen rechte Stimmungsmache, Ausgrenzung und Abwertung von Menschen, aber auch gegen Fundamentalismus und Antisemitismus. Ist so etwas nötig – in Frankfurt? Wie keine andere Stadt in Hessen steht die Mainmetropole für Weltoffenheit und gelungene Multikulturalität. Doch auch hier mehren sich die Anzeichen für ein Erstarken völkischen Denkens: Die Frankfurter Polizei wird von einem rechtsnationalen-Skandal erschüttert: unter dem Stichwort NSU 2.0 haben Rechtsextreme eine Anwältin per Mail bedroht; sie hatte auch Islamisten verteidigt.
    Die Spur führte ins erste Frankfurter Revier, einige Polizisten wurden entlassen. Und die Bildungsstätte Anne Frank warnt davor, dass Antisemitismus zunimmt. Gleichzeitig werden Rufe laut, die Theaterpolitik zu ändern und das Fördersystem zu überdenken. Die Idee ist, nur noch Institute finanziell zu unterstützen, die sich dem „Volk“ und der „Nation“ verschrieben haben. Wie kann man sich dagegen wehren? „hauptsache kultur“ hat mit den Initiatoren der „Frankfurter Erklärung der Vielen“ gesprochen über den richtigen Umgang mit rechten Parolen, Fundamentalisten und die Rolle von Kultur und Theater in unserer Zeit.
    Bericht: Grete Götze
    Ausstellung im Bad Homburger Sinclair-Haus: Die Kulturgeschichte des Fensters
    Wir alle blicken täglich durch sie hindurch und übersehen sie dennoch: Fenster. Bindeglieder zwischen Außen und Innen. Orte der Durchlässigkeit inmitten dicker Mauern. Eine Ausstellung im Sinclair-Haus in Bad Homburg schaut, welche Rolle das Fenster in der Kunst spielte und immer noch spielt. Der Frankfurter Fotograf Peter Braunholz etwa setzt Häuserecken in Szene – und legt dabei einen besonderen Wert auf Fenster. Die Wiesbadener Fotokünstlerin Nicole Ahland macht Bilder von Räumen und verbringt Stunden damit, bis das Licht passend durchs Fenster fällt. Zwischen dem Blick hinein und dem Blick hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Arten, das Fenster in der Kunst zu nutzen.
    Als Symbol des Träumens, des Entschwindens, der Sehnsucht. Hier können wir die Welt beobachten und sie gleichzeitig aussperren. Das Fenster ist aber auch die Achillesferse des Gemäuers: die Stelle, die uns angreifbar macht. Und dennoch verbunden ist mit den Ideen von Luft, Licht und Wohlbefinden. „hauptsache kultur“ hat sich mit der Kuratorin Ina Fuchs, der Philosophin Sibylle Anderl und den beiden hessischen Künstlern auf die Reise begeben – einmal quer durch die Kulturgeschichte des Fensters. Also: Fenster auf, Blick raus und die Gedanken schweifen lassen.
    Bericht: Christiane Schwalm
    („AUSSICHT – EINSICHT Blick durchs Fenster“ bis 3. März 2019 im Museum Sinclair-Haus, Bad Homburg)
    „Generation Wealth“: Wie die Superreichen auch unser Verhältnis zu Geld verändern
    Es ist eine Welt der obszönen Dekadenz: kleine Kinder, die bei „Prinzessinnen“-Schönheitswettbewerben um hohe Geldpreise gegeneinander antreten. Millionäre, die aus Geltungsstreben ein neues Versailles erbauen wollen. Banker, die sich überlegen, welche Jacht sie als nächstes kaufen. Der Dokumentarfilm „Generation Wealth“ zeigt, was passiert, wenn normale Menschen diesen krankhaften Idealen nacheifern wollen. Fotografin Laura Greenfield wurde Anfang der 90er Jahre berühmt, als sie Jugendliche portraitierte, die in den reichen Privatschulen von Los Angeles aufwuchsen: Mädchen wie Kate Hudson oder Kim Kardashian, die später als Hollywood-Schauspielerin oder Reality-TV-Star ein Vermögen verdienen sollten.
    Seitdem hat sich Greenfield immer wieder mit Reichtum beschäftigt – und unserem pervertierten Umgang damit. In ihrem neuesten Film zeigt sie die Super-Reichen der USA, die „den amerikanischen Traum“ leben. Aber auch all diejenigen, die so werden wollen wie sie – und dabei scheitern. Ein besonders drastischer Fall ist der des gebürtigen Oberurselers Florian Homm, der einst als einer der mächtigsten Hedgefonds-Manager der Vereinigten Staaten galt, dann wegen Betrugs auf die Liste der meistgesuchten Verbrecher der Welt gesetzt wurde – und mittlerweile äußerlich geläutert in Hessen lebt.
    Er ist mit 150 Millionen Dollar sehr weich gefallen, vielen anderen gelang das nicht. „hauptsache kultur“ stellt den spannenden Film vor, der zeigt, was es bedeutet, wenn eine ganze Gesellschaft ihre Seele im wahrsten Sinne des Wortes verkauft.
    Bericht: Teresa Corceiro
    (Generation Weath“ Regie: Lauren Greenfield. Läuft aktuell im Kino)
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Philipp Wellhöfer (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 07.02.2019 hr-fernsehen
  • Folge 21
    Tizian und die Renaissance in Venedig – warum der Jahrhundert-Maler so bahnbrechend war und noch heute fasziniert
    Ist er wirklich 103 Jahre alt geworden? Oder doch nur 89? So genau weiß man das nicht. Für damalige Zeiten hat Tizian jedenfalls ein biblisches Alter erreicht und er überlebte auch seine stärksten Rivalen. Er wurde die zentrale Figur in der venezianischen Kunstszene des 16. Jahrhunderts, der „Maler der Farben und des Lichts“. In seiner ungewöhnlich langen Schaffenszeit hat er Meisterwerke geschaffen, die bis heute faszinieren. Zu Tizians Lebzeiten zählt Venedig zu den zehn größten Metropolen der Welt. Die „Serenissima“, die Glänzende, Adlige, wie die Stadt auf dem Wasser stolz genannt wird, erlebt ihre wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit.
    Das bringt auch Innovation in die Malerei. Venedigs Maler entwickeln verschiedenste neue Techniken im Umgang mit Farbe und Licht und werden für ihre Farbkünste gerühmt. Allen voran: Tizian. Das Frankfurter Städelmuseum feiert nun in einer hochkarätigen Sonderausstellung den „Meister der Farben“ und seine venezianischen Kollegen. Drei Jahre lang hat Kurator Bastian Eclercy die Ausstellung „Tizian und die Renaissance in Venedig“ vorbereitet.
    Mit über 100 Renaissance-Meisterwerken, Leihgaben aus mehr als 60 Museen weltweit, ist ihm die umfangsreichste Auswahl an venezianischen Klassikern gelungen, die in Deutschland je gezeigt wurde. Darunter 20 Arbeiten von Tizians eigener Hand – mehr waren in einer Schau lange nicht gemeinsam zu sehen. „hauptsache kultur“ begibt sich mit dem Kurator Bastian Eclercy auf eine sinnliche Zeitreise in das zauberhafte Venedig von Tizian und geht der Frage nach, was so neu und einzigartig an den Gemälden der Venezianer war und nachfolgende Malergenerationen geprägt hat.
    Bericht: Wero Lisakowski
    ( „Tizian und die Renaissance in Venedig“ im Städel, 13. – 26. Mai 2019)
    Traumhaft und schockierend – wie ein Fotograf den zerstörenden Einfluss unserer Zivilisation auf die Natur dokumentiert
    Jedes seiner Bilder ist ein ästhetisches Vergnügen. Und wer genauer hinschaut, erkennt wie technisch unsere Welt geworden ist: Riesenmaschinen der Tagebauindustrie, Wälder, die nach einem künstlichen Raster wachsen, begradigte Flüsse und Straßen, die durch die Landschaft ziehen. Die farbenfrohen Luftbilder des Nachwuchsfotografen und Designers Tom Hegen fesseln und schockieren zugleich. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit den Folgen menschlicher Eingriffe in natürliche Lebensräume. Viele dieser Eingriffe sind mitverantwortlich für die weltweite Klimaveränderung. Seine Fotografien zeigen diesen starken Einfluss des Menschen auf die Umwelt und machen deutlich, in welcher Form wir unsere Landschaften durch unser Handeln verändert haben.
    „Habitat“ heißt Tom Hegens Projekt, nun festgehalten in einem Bildband mit vielen beeindruckenden Luftaufnahmen. Er lädt den Betrachter ein, seine Umwelt aus einer neuen Perspektive zu entdecken, um die Dimensionen der menschlichen Eingriffe auf unserer Erdoberfläche zu verstehen und schließlich Verantwortung zu übernehmen. Der Fotokünstler und Kommunikationsdesigner erhielt jetzt in Frankfurt den renommierten „German Design Award“ 2019.
    Bericht: Henning Biedermann
    (Übernahme BR capriccio vom 05.02.2019 „Habitat“ – Kerber Verlag Nov. 2018)
    Methode „Unboxing“ – wie Fabelwesen und Märchen zur Integration beitragen sollen
    Wie schaffen es Menschen, die sich nur schwer über eine gemeinsame Sprache verstehen, miteinander zu kommunizieren und sich zu öffnen? Was kann helfen, zur Integration von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen beizutragen? Initiiert von der GRIMMWELT in Kassel, haben sich Musiker, Künstler und Pädagogen in Zusammenarbeit mit Geflüchteten das gefragt und daraus die Methode „Unboxing“ entwickelt. Ausgehend von der weltweit verbreiteten Tradition des Märchenerzählens haben sie eine multimediale Box entwickelt, sie erprobt und visualisiert. Die Box enthält Spiele und Materialien die helfen sollen, sich zu öffnen, individuelle Lebensgeschichten zum Ausdruck zu bringen und darüber in einen Dialog zu treten, auch wenn alle verschiedene Sprachen sprechen.
    Über Musik und Bilder, über Kreativität und Phantasie ins Gespräch kommen, sich kennenlernen, aufeinander einlassen, einander verstehen. Das ist das Ziel. Bislang wurden deutschlandweit schon 9.000 Methoden-Boxen an insgesamt 210 Flüchtlingsinitiativen und Bildungseinrichtungen verschickt. Zugleich besteht in einer Ausstellung in der GRIMMWELT die Möglichkeit, mit raumgreifenden digitalen Installationen miteinander zu interagieren. Aber funktioniert diese Methode auch wirklich? Und auf was kommt es an, damit sich einander Fremde dem anderen gegenüber öffnen? „hauptsache kultur“ hat eine Berufsschulklasse mit Geflüchteten in die „Grimmwelt“ begleitet, die dort die Methode „Unboxing“ ausprobiert haben.
    Bericht: Silke Klose-Klatte
    (Sonderausstellung „UNBOXING – Erzähl mir Deine Geschichte/​n“, GRIMMWELT Kassel, noch bis zum 24. Februar; Arbeitsmaterial der Box über die Homepage der Grimmwelt herunterladbar: https:/​/​www.grimmwelt.de/​grimmwelt-kassel/​erzaehl-mir-deine-geschichten/​)
    Schauspieler, Theatermacher und Tausendsassa – Michael Quast wird 60 und seine „fliegende Volksbühne“ sesshaft
    Schon als Kind brachte er die Leute zum Lachen. Und er schrieb auch schon in der Volksschule sein erstes Bühnenstück: Michael Quast, gebürtiger Heidelberger, Schauspieler, Kabarettist, Autor, Regisseur und Produzent, Sprecher und Moderator und Direktor der Frankfurter „Fliegenden Volksbühne“, frei nach Quast: sein „mobiles Theatereinsatzkommando“. Quast will das Volkstheater modern und zukunftsfähig machen. Und er ist ein Phänomen: Stimme, Mimik, der gesamte Körper: alle Kraft legt Michael Quast in sein Spiel. Und immer wieder wagt er Neues.
    Ganze Operetten, wie die von Jaques Offenbach als Ein-Mann-Performance oder „Don Giovanni“ für zwei Stimmen und ein Klavier. Über seine Begegnung mit der Frankfurter Mundart fand Quast sein Lebensthema: das Übertragen klassischer Stücke ins Hessische. Und damit auch eines seiner erfolgreichsten Standbeine: das Sommertheater-Festival „Barock am Main“, das jedes Jahr seit 2005 in Frankfurt-Höchst stattfindet und u.a. Molière in breitester hessischer Mundart darbietet. Jetzt nach zehn Jahren „Fliegender Volksbühne“ könnte ein Traum für ihn wahr werden: Nach vielen Jahren und den Querelen um ein reformiertes, neues Volkstheater in Frankfurt soll Quast jetzt eine feste Spielstätte bekommen: den runderneuerten Cantate-Saal am Großen Hirschgraben.
    „hauptsache kultur“ begleitet Michael Quast durch den Theateralltag; zwischen Proben, Büro und Baustelle und ist bei einer Aufführung dabei: „Im Weißen Rössl à trois“, wo er u.a. mit seiner Theaterpartnerin Sabine Fischmann ein virtuoses „konsequentes Sparkonzept“ beweist, was zumindest den Personalaufwand betrifft.
    Bericht: Christiane Schwalm
    (Nächste Vorstellungen der „Fliegenden Volksbühne“: „Im Weißen Rössl à trois“, Stadthalle Kelkheim 15.02.2019, „Kribbel Krabbel – die bedrohte Welt der Insekten“, 27.+ 28.02.19 Badehaus 2, Sprudelhof Bad Nauheim)
    #gehessisch – diesmal zum Valentinstag! – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Philipp Wellhöfer (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 14.02.2019 hr-fernsehen
  • Folge 22
    „Ich hole Euch zurück!“ – Ein Vater aus Kassel will seine beiden Söhne aus dem ehemaligen IS-Gebiet nach Deutschland bringen
    US-Präsident Trump drohte Anfang 2019 damit, die in Nordsyrien inhaftierten ehemaligen IS-Kämpfer freizulassen; die über 800 Dschihadisten mit europäischer Staatsangehörigkeit sollten in ihrer Heimat vor Gericht gestellt werden. Doch die kurdische Selbstverwaltung will die Kämpfer bisher nicht freilassen. Frankreich lehnt die Rückführung solcher Kämpfer ganz ab, und auch der deutsche Außenminister Heiko Maas ist sehr zögerlich. Joachim Gerhard aus Kassel wünscht sich nichts sehnlicher, als dass seine Söhne Manuel und Fabian nach Deutschland zurückkommen. Die beiden hatten sich 2014, da waren sie 23 und 19 Jahre alt, dem sogenannten „Islamischen Staat“ angeschlossen.
    Ob sie noch am Leben sind, weiß Gerhard nicht. Er findet aber, rückkehrende Dschihadisten hätten einen fairen Prozess in Deutschland und eine zweite Chance verdient. „hauptsache kultur“ hat Joachim Gerhard getroffen und Forscher der Uni Frankfurt gefragt, warum Jugendliche aus westlichen demokratischen Staaten sich überhaupt dazu entscheiden haben, in den bewaffneten Kampf für ein islamisches Kalifat zu ziehen – und welche Chancen bestehen, sie in ihrer Heimat wieder zu integrieren.
    Bericht: Sven Waskönig
    Zum Weltfrauentag – Fünf Frauen aus Hessen ziehen Bilanz
    Am 8. März ist Weltfrauentag. Ist der überhaupt zeitgemäß? In Demokratien herrscht völlige rechtliche Gleichstellung, und die meisten jungen Frauen halten Feminismus für überflüssig. Und doch gibt es in den Spitzen von Politik und Wirtschaft nach wie vor weniger Frauen als Männer, bekommen männliche Schauspieler mehr Geld für eine Hauptrolle; hinzu kommt, dass es nach wie vor die Frauen sind, die über die Erwerbstätigkeit hinaus den größten Teil der Familien-, und Pflegearbeit leisten. Erfolgreiche Frauen werden oft als weniger „weiblich“ angesehen, und sie müssen sich manchmal gegen ein „Quotenfrau“-Image wehren.
    „hauptsache kultur“ hat über Emanzipation, Schönheitsdruck, Quoten und vorgeprägte Geschlechterrollen mit Frauen aus ganz unterschiedlichen Bereichen gesprochen: Sandra Maravolo, Inhaberin eines Erotikladens, Nina Morgner, Chemieprofessorin an der Frankfurter Goethe-Universität, Martina Ochel, Geschäftsführerin beim weltweit agierenden Pharmakonzern Sanofi, Jessica Purkhardt, Co-Fraktionsvorsitzende der Frankfurter Grünen und Transgender-Aktivistin sowie Jennifer Sieglar, Fernsehmoderatorin und Autorin.
    Bericht: Grete Götze
    Expressiv: Ramon A. John lotet im Hessischen Staatsballett seine Grenzen aus
    Für einen Balletttänzer ist er eigentlich zu groß, seine Frisur erinnert an Yul Brunner, und er ist entgegen dem Klischee vom schlanken Asketen ein Liebhaber süßer Nachtische. Ramon A. John wurde in Fulda geboren, er tanzte beim Saarbrücker Ballett, und nun ist der 28jährige Solotänzer ein Star im Hessischen Staatsballett. Gerade hat er dafür den renommierten Theaterpreis „Faust“ gewonnen, den Oscar für Tänzer. Aktuell probt er den Bösewicht in „Liliom“. „hauptsache kultur“ hat ihn bei den Proben begleitet.
    Bericht: Dorothee Ott
    (Nächste Vorstellungen „Liliom“, Staatstheater Darmstadt, 14.03.19; Premiere im Hessischen Staatstheater Wiesbaden, 30.03.19)
    Von Märchen und Alpträumen – Kunstvideos von Djurberg und Berg in der Frankfurter Schirn
    Tiere, Monster, Fabelwesen. Sonderbare, manchmal bedrohliche Räume und Fantasiewelten. Die Kunst von Nathalie Djurberg und Hans Berg ist ein ganz eigener Kosmos – aus Plastilin, Ton, Textil und Kunsthaar. Die beiden inszenieren aufwändige Stop-Motion-Videos – Djurberg macht die Figuren, Berg die Musik. Es geht um die großen Themen der Kunst: Gewalt, Liebe, Tod. Dabei erinnern ihre Werke an Märchen, an die Filme von David Lynch und manchmal an abgedrehte, albtraumhafte Kindertrickfilme. Die Frankfurter Schirn widmet dem schwedischen Künstlerpaar jetzt eine umfangreiche Retrospektive.
    Bericht: Thorsten Mack
    („A journey through mud and confusion with small glimpes of air“, 28. Februar bis 26. Mai 2019, Schirn Kunsthalle Frankfurt)
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Uli Zimpelmann (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 07.03.2019 hr-fernsehen
  • Folge 23
    Streiken für die Zukunft – Hessische Jugendliche demonstrieren für Klimaschutz und mehr Mitwirkungsmöglichkeiten
    Den 15. März 2019 rufen Schüler- und Studentenorganisationen zum bisher größten Streiktag im Rahmen der „Fridays for Future“ aus. Seit im August 2018 die heute 16-jährige Schwedin Greta Thunberg die europäischen Regierungen mit Plakaten und kurzen Ansprachen an die Einhaltung des Pariser Klimaschutzabkommens erinnerte, schlossen sich zehntausende junger Leute den freitäglichen Protesten an. Der hessische Kultus­minister erinnerte an die Schulpflicht, Lehrerorganisationen erklärten sich solidarisch, Grüne und SPD sprechen sich für eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus, und Kanzlerin Merkel begrüßt die Ziele der jungen Leute ausdrücklich.
    Aber die Jugendlichen wollen sich nicht vereinnahmen lassen, sie ärgern sich über Politiker, die sich die Verant­wortung für die großen Zukunftsthemen wie Klimaschutz gegenseitig zuschieben. Sie fordern mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten für die junge Generation. Steht Europa vor einer neuen Jugendbewegung? „hauptsache kultur“ hat sich unter Freitags-Demonstranten umgehört und den Soziologen und Jugendforscher Ferdinand Sutterlüty nach seinen Einschätzungen gefragt.
    Bericht: Ulrich Zimpelmann
    Waechtersbacher Keramik – eine Initiative will das alte Fabrikgelände kulturell wiederbeleben
    Im östlichen Main-Kinzig-Kreis steht die einst größte Steingut-Fabrik Deutschlands. In Millionen Haushalten finden sich Henkeltassen oder Designer-Vasen von „Waechtersbach“. Einige Objekte sind im New Yorker „MoMa“ ausgestellt. Dann kam 2011 die Insolvenz für die Steingut-Manufaktur, die zu Spitzenzeiten 1000 Menschen beschäftigte. Nur noch ein einziger Mitarbeiter stellt heute noch Original-Keramik her. Investoren bemühen sich, auf dem ehemaligen Fabrikgelände Gewerbetreibende anzusiedeln. Ein Verein engagierter Bürgerinnen und Bürger will dort ein Museum mit Kulturzentrum gründen. Es gibt Pläne und Machbarkeitsstudien – und auch Privatsammler, die dem Museum Exponate zur Verfügung stellen würden -, doch fehlt bislang vor allem eines: Geld. „hauptsache kultur“ war vor Ort und hat einen Kunsthistoriker und eine Performance-Künstlerin getroffen, die für den Erhalt des Fabrikgeländes und dessen kulturelle Belebung werben.
    Bericht: Juliane Hipp
    (Hinweis: Kunstprojekt „Schwarz-Weiss-Ware“, Performance und Ausstellung, 17. März, 11 Uhr in der ehemaligen Glasurmühlenhalle der Waechtersbacher Keramik in Schlierbach, Fabrikstraße, 63636 Brachttal; weitere Veranstaltungen ab Mai, vom Verein „Industriekultur Steingut“: www.industriekultur-steingut.org)
    Asli Erdogan im Frankfurter Exil – Schreiben als Kraftquelle
    Asli Erdogan forschte als junge Physikerin am Genfer Spitzeninstitut CERN. Ihre Beobachtungsgabe und ihr Sinn für Sprache ließen sie zur Schriftstellerin werden. Umso erstaunter war sie, als eines Tages nach dem Putsch gegen Präsident Erdogan (mit dem sie nicht verwandt ist) schwerbewaffnete Männer in ihrem Wohnzimmer standen, um sie ins Gefängnis zu verfrachten. Die zierliche Frau, die nichts getan hatte als in einem Zeitungsartikel das Schicksal einer Gruppe von Kurden zu beschreiben, die Opfer eines Armeeangriffs wurden, war über Nacht von der hochdekorierten Dichterin zur Terror­verdächtigen geworden.
    Sie kam ins Gefängnis. Dann gelang Asli Erdogan die Ausreise. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gewährte ihr ein Stipendium. Im Frankfurter Exil löste sich Erdogans Schreibblockade. Nun erscheint ihr Roman „Haus aus Stein“ auf Deutsch. In dem bereits vor der Verhaftung geschriebenen Buch, das sie nun um einen aktuellen Essay ergänzt hat, geht es um ein Gefängnis. „hauptsache kultur“ hat Asli Erdogan getroffen, wo sie über das jüngste düstere Kapitel ihres Lebens schon wieder lachen konnte.
    Bericht: Katja Deiß
    Der Hamster gehört nicht in den Toaster – Wie Forscher von der TU Darmstadt versuchen, Maschinen Moral beizubringen
    Wenn man einen Bankkredit braucht oder sich um eine Stelle bewirbt, haben sie ihre Arbeit im Verborgenen schon getan: Algorithmen, die mit „Künstlicher Intelligenz“ (KI) arbeiten, selbst „lernen“ und große Datenmengen nach bestimmten Mustern durchsuchen. Wenn man im falschen Stadtviertel wohnt und einen alten Autoleasing-Vertrag hat, kann es sein, dass einem der Algorithmus einen negativen Wert zuordnet – und dann weder den Kredit noch den Vorstellungsgesprächstermin bekommt. Maschinen, die mit KI arbeiten, reproduzieren Vorurteile, etwa über Männer und Frauen. Und für moralische Fragen sind sie blind: Darf ich einen Hamster toasten? Darf man Zeit oder Menschen „totschlagen“? Mit solchen Fragen können die Algorithmen nichts anfangen.
    Während ein Mensch Ironie versteht, über Intuition und Urteilsvermögen verfügt, kann die Maschine nur statistische Zusammenhänge zwischen Daten und Wörtern errechnen. Die Darmstädter Kognitionsforscher Constantin Rothkopf und Kristian Kersting wollen die Maschinen wirklich intelligent machen, und sie sind dabei, einen moralisch sensiblen Sprach-Roboter („Chat-Bot“) zu entwickeln. „hauptsache kultur“ hat sich mit dieser Maschine unterhalten – und menschliche Experten gefragt, ob es künftig einen „Algorithmen-TÜV“ geben sollte, – damit wir erfahren, welche Art von Roboter die Bank, der Autohersteller oder der künftige Arbeitgeber einsetzt.
    Bericht: Christiane Schwalm
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Neue Kinostarts, Fauxpas der Stars, Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Sven Waskönig (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 14.03.2019 hr-fernsehen
  • Folge 24
    Rausch, freie Liebe, klassenlose Partygesellschaft – Wie Frankfurt zur Hauptstadt des Techno wurde
    Frankfurt war einmal das Mekka für elektronische Musik. In den späten Achtziger und frühen Neunziger Jahren kamen Partybegeisterte aus der ganzen Welt, um hier zu feiern – bevor dann London, Berlin und Detroit der Stadt den Rang abliefen. Der Frankfurter Kulturwissenschaftler und Musikjournalist Christian Arndt aber hat sie erlebt, die exzessiven Nächte und After Hour-Parties in den legendären Frankfurter Techno-Clubs. Er war dabei, als Techno noch Underground-Kultur war, aber auch, als der wummernde Sound in den Neunzigern zum großen Massenrausch wurde und Millionen Menschen bei der „Loveparade“ durch Berlin tanzten.
    Wer damals zu Raves ging, der konnte sich sicher sein, dass man in den Nächten der harten Beats und flackernden Strobo-Lichter alles haben konnte: wilden Exzess, Drogen, Sex mit Fremden, Tinnitus, kolossalen Absturz oder einfach die beste Zeit seines Lebens. So feierte man in einer Zeit, die gesellschaftlich vom aufkommenden Neoliberalismus und immer mehr „Ellbogen“ geprägt war. Die Techno-Kultur wollte ein Gegenentwurf sein, ein Hort der Freiheit, für alle, egal, ob arm oder reich, von hier oder anderswo her – aber sie wurde auch gleichzeitig zum hedonistischen Ausdruck dieser um sich selbst kreisenden Leistungsgesellschaft.
    Mit seinem neuen Buch „Electronic Germany“ will Christian Arndt an diese besondere Musik- und Partykultur – die sich verändert hat, aber immer noch da ist – erinnern. Er hat sich dafür auf die Spuren der Techno-Anfänge gemacht und die liegen ganz maßgeblich im Rhein-Main-Gebiet. So soll zum Beispiel der Begriff „Techno“ in einem Frankfurter Plattenladen vom DJ und Partyveranstalter „Talla 2XLC“ erfunden worden sein und auch die ersten Techno-Clubs wie das „Dorian Gray“ am Flughafen, das „No Name“ und das „Omen“ sorgten für den legendären Ruf Frankfurts.
    Von hier kamen DJs wie Sven Väth und Chris Liebing, die bis heute wie Popstars gefeiert werden und Techno international geprägt haben. „hauptsache kultur“ taucht mit Christian Arndt in diese rauschhafte Zeiten ein und spricht mit Chris Liebing darüber, warum Frankfurt wieder Hauptstadt der Subkultur statt des Kapitals werden sollte.
    Bericht: David Gern
    Der Brexit und die Kultur – Welche Auswirkungen hat das britische Chaos für Künstler und Kulturinstitutionen im Rhein-Main-Gebiet?
    Es ist schon ein trauriges Schauspiel, das die Briten gerade aufführen: Brexit ja, aber hart soll er nicht sein, eher mittel, nur was die EU anbietet, das bitte auch nicht! Und wann? Ja, bald natürlich, aber auch nicht zu schnell, und nur so, dass Großbritannien nicht ärmer ist als zuvor und alles wieder so ist, wie es einmal (nie) war. Aus europäischer Sicht ist das eine ziemlich schlechte Tragikomödie, die da seit mehr als zwei Jahren in London gespielt wird. Was aber bedeutet der mögliche Brexit für die internationale Kulturszene einer Stadt wie Frankfurt, die sich als „Europastadt“ versteht und dem besonderen Gedanken der europäischen Verständigung verpflichtet fühlt? Wir sprechen mit dem Intendanten des „English Theatre“, Daniel Nicolai, der kein festes Ensemble hat, sondern für jede Theater- oder Musical-Produktion Regisseure, Schauspieler und Schauspielerinnen von der Insel engagieren muss.
    Er sagt: „Der Brexit könnte möglicherweise dafür sorgen, dass wir den Theaterbetrieb vorübergehend einstellen müssen.“ Welche Auswirkungen hat der Ausstieg aus der EU für britische Sänger der Oper Frankfurt, wie zum Beispiel Thomas Faulkner, der seit Jahren hier arbeitet und jetzt versucht, die Staatsbürgerschaft zu wechseln? Was wird an den Unis und Hochschulen aus den ERASMUS-Programmen mit Großbritannien, die den wissenschaftlichen und kulturellen Austausch fördern sollen, und aus der langjährigen Städtepartnerschaft zu Birmingham? Darüber sprechen wir mit dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann.
    „hauptsache kultur“ über ein Drama, das mittlerweile Shakespeare’sche Ausmaße annimmt.
    Bericht: Christiane Schwalm
    Die „Satire-Macherin“ Effi B. Rolfs – Über das Handwerk Satire und Humor in absurden Zeiten
    Dass sie und ihr Team am 19.3.2019 die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt für ihr außerordentliches kulturelles Engagement bekommen, hat Effi B. Rolfs erst aus der Zeitung erfahren. Doch die Chefin des kleinen aber feinen Frankfurter Satiretheaters „Die Schmiere“, kann darüber nur lachen: Effi B. Rolfs hat Sinn für Absurditäten, nicht nur des Politbetriebs, sondern auch des Alltags. Aber natürlich freut sie sich sehr über die Auszeichnung, die sie als politische Kabarettistin, Schauspielerin, Autorin und Theatermacherin ehrt. Seit bald 30 Jahren leitet Rolfs die „Schmiere“, das heute zu den ältesten Privattheatern der Stadt zählt und ganz ohne Subventionen auskommt.
    Gegründet wurde es 1950 von ihrem Vater, dem „Enfant terrible“ Rudolf Rolfs, der in Frankfurt lange einen legendären Ruf genossen hatte. So galt er als engagierter, streitbarer Linker, der zum Beispiel bei den Ostermärschen in den Sechziger Jahren ganz vorne mitlief und sich für das nukleare Abrüsten einsetzte. Dieses intellektuelle Erbe hat auch Effi B. Rolfs stark geprägt. Sie versteht Satire ganz explizit als Mittel, sich politisch zu engagieren und einzumischen. Aber sie ist auch über die Theaterbühne hinaus eine echte Macherin. „hauptsache kultur“ spricht mit Rolfs über das Handwerk Satire und wie es ihr gelingt, in absurden Zeiten wie diesen trotzdem noch Humor zu beweisen.
    Bericht: Juliane Hipp
    Kultur für alle! – Der Verein „KulturLeben Hochtaunus“ engagiert sich für Menschen mit geringem Einkommen
    Es ist eine Debatte, die lange nicht geführt wurde: Immer mehr Menschen sind in Deutschland von Armut bedroht. Senioren, Kinder, Alleinerziehende und junge Berufseinsteiger sind die Gruppen, die es oft am härtesten trifft. Gerade werden in der Politik und den Medien die Stimmen wieder lauter, die eine andere Verteilung fordern. Sie fragen: Was muss getan werden, damit es in einem reichen Land wie Deutschland wieder eine gerechtere Verteilung von Vermögen, Aufstiegschancen und sozialer Teilhabe gibt? Und wie kann man auch Menschen, die wenig bis kein eigenes Einkommen haben – oder ihren Kindern – kulturelle Teilhabe ermöglichen? Regelmäßige Konzert-, Museums- und Theaterbesuche kann sich nicht jeder leisten, mal eben mit der ganzen Familie ins Kino – für manche ist das purer Luxus.
    In Bad Homburg gibt es seit sechs Jahren Menschen, die genau dafür kämpfen: Der Verein „KulturLeben Hochtaunus“ engagiert sich ehrenamtlich und sehr erfolgreich dafür, dass auch arme Menschen die Möglichkeit bekommen, an Kulturangeboten teilzunehmen. Die Macher finden, dass Kultur ein Menschenrecht ist. Institutionen, Kulturträger, Firmen und Privatleute beteiligen sich an dem Projekt und sorgen mit ihren Geld- oder Kartenspenden für mehr kulturelle Teilhabe – ausgerechnet in Bad Homburg, einer Stadt, die als wohlhabend gilt.
    Doch auch hier ist die Zahl der von Armut Betroffenen in den vergangenen Jahren gestiegen. „hauptsache kultur“ trifft engagierte Kulturpaten und Menschen, die ohne „KulturLeben Hochtaunus“ keine Kulturveranstaltungen besuchen könnten. Wir stellen aber auch die Frage: Wie kann es sein, dass es erst eines ehrenamtlichen Vereins bedarf, um Menschen und Kultur zusammenzubringen?
    Bericht: Alexander C. Stenzel
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Uli Zimpelmann (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 21.03.2019 hr-fernsehen
  • Folge 25
    „Atlas“ – Ein Vater-Sohn-Drama um die „Entmietungs“-Mafia
    Der in die Jahre gekommene frühere Gewichtheber Walter verdient sein Geld als Möbelpacker. Als er die Wohnung einer Familie ausräumen soll, erkennt er in dem jungen Familienvater seinen eigenen Sohn wieder. Der aber war ein Kind gewesen, als sein Vater ihn verließ, und so er erkennt ihn zunächst nicht. Walter will die junge Familie gegen die Machenschaften der kriminellen Handlanger von Immobilienspekulanten schützen, die die Mieter rausekeln sollen. „Atlas“ – der Titel spielt an die mythische Figur an, die das Himmelsgewölbe trägt – ist der erste Spielfilm von Dawid Nawrath. Er hat für seinen Erstling schon einen Drehbuchpreis bekommen und ist für weitere Auszeichnungen nominiert. Der Film ist am 29. März, noch vor dem eigentlichen Kinostart, auf dem Frankfurter „Lichter“-Filmfestival zu sehen. „hauptsache kultur“ hat David Nawrath getroffen und am Drehort, dem Frankfurter Nordend, mit realen Betroffenen von Spekulation und Entmietung gesprochen.
    Bericht: Christian Lang
    „Anders hören“ mit Marina Abramović – Die Star-Künstlerin bezieht 2000 Menschen in ihre neueste Frankfurter Performance ein
    Marina Abramović ist für ihre radikale Performance-Kunst berühmt. Totenlieder singend, protestierte die gebürtige Serbin Ende der 1990er Jahre gegen den Balkankrieg, indem sie wochenlang frische Rinderknochen mit einer Bürste bearbeitete. Im Jahre 2010 saß sie in der Aktion „The artist is present“ drei Monate lang an einem Tisch im New Yorker „MOMA“, um jedem Menschen eine Minute lang in die Augen zu blicken, der sich ihr gegenüber setzte – insgesamt mehr als 1500 Menschen. Um Präsenz, intensive Wahrnehmung und Konzentration geht es auch in ihrem neuesten Projekt. Ein ganzer Saal voller Konzertbesucher wird Teil der Performance „anders hören“.
    Wer das Konzert eines Ensembles um den Pianisten Fazil Say in der Alten Oper Frankfurt hören möchte, lässt sich von Marina Abramović und ihrer Partnerin Lynsey Peisinger vor dem Konzert durch einen zweieinhalbstündigen Workshop führen, der mit speziellen Übungen – zum Beispiel das Zählen von Reiskörnern – dazu anleitet, sich ganz auf die Kunst, auf die Musik einzustellen und diese so intensiver erleben zu können. Wie die „Abramovic-Methode“ wirkt, hat sich „hauptsache kultur“ von der Künstlerin selbst und von Konzertbesucherinnen und Konzertbesuchern erzählen lassen.
    Bericht: Uli Zimpelmann
    „Über Grenzen“ – Die Abenteuerin Margot Flügel-Anhalt reist mit dem Motorrad um die Welt
    Mit 64 Jahren fängt das Leben an, denkt sich Margot Flügel-Anhalt. Sie setzt sich zum ersten Mal auf ein Motorrad – ein kleines, aber das größte, was sie mit ihrem Auto-Führerschein fahren darf, eine 125er Enduro – und fährt Richtung Himalaya und über den Iran wieder zurück. 18.000 Kilometer kommen so zusammen und viele ganz besondere Begegnungen und Momente. Auf den schönsten Streckenabschnitten hat sie der Filmemacher Johannes Meier begleitet, dessen packender Dokumentarfilm „Über Grenzen“ jetzt in die Kinos kommt. „hauptsache kultur“ trifft die junggebliebene Rockerin und Abenteuerin Margot Flügel-Anhalt im nordhessischen Sontra-Thurnhosbach, wo sie auch Ortsvorsteherin ist und Altenarbeit macht.
    Bericht: Silke Klose-Klatte
    Gedankenlinien – Die Kunst von Chiharu Shiota in Bad Homburg
    Sie zeichnet dreidimensionale Linien in den Raum, mit Wollfäden: Chiharu Shiota, die in Japan geborene und in Berlin lebende Künstlerin. Und oft hängen in den gewaltigen Spinnenweben Objekte, schmetterlingsgleich gefaltete Blätter Papier, Kleider – oder Schlüssel, wie in dem Werk, mit dem Shiota 2015 auf der Biennale in Venedig vertreten war. Manchmal wirken die Faden-Konstruktionen wie Baldachine oder Umhüllungen, mal lässt das Fadengespinst Objekte bedrohlich, mal verheißungsvoll erscheinen. Jedes Werk ist ein Original und wird am Ausstellungsort selbst geknüpft. Derzeit geschieht dies im Sinclair-Haus in Bad Homburg, und am 31. März ist Vernissage. Bis Juni kann man sich von Shiotas „Gedankenlinien“ anregen lassen. „hauptsache kultur“ hat Chiharu Shiota in ihrem Berliner Atelier getroffen.
    Bericht: Hilka Sinning
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Dorothee Ott (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 28.03.2019 hr-fernsehen
  • Folge 26
    Muslimische Mode im Museum? – wie eine Ausstellung im MAK Frankfurt schon vor ihrem Start für Aufruhr sorgt
    Schönheit und Vielfalt Muslimischer Mode oder skandalöse Werbeschau für die Verschleierung der Frau? An der Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“ scheiden sich schon jetzt die Geister obwohl sie erst am 4. April im Frankfurter Museum Angewandte Kunst eröffnet wird. Aber was gibt es eigentlich zu sehen? Zeitgenössische muslimische Frauenkleidung aus verschiedenen Regionen der Welt von Streetwear über Sportbekleidung bis Haute Couture. Präsentiert wird die Mode an Schaufensterpuppen und von Models und Künstlerinnen in Filmen und Videoclips.
    Manche tragen den Hijab, andere Turbane, Hüte, Hauben oder gar keine Kopfbedeckung. Und was will die Ausstellung? Erarbeitet wurde die Schau in San Francisco (USA) von Ex-Städel-Chef Max Hollein. Gezeigt werden soll, wie in Kleidung die „vielen Facetten individueller, religiöser und kultureller Identität“ ihren Ausdruck finden. Dagegen regt sich nun heftiger Widerstand: Die Ausstellung, die jetzt erstmals nach Europa kommt, sei „ein Schlag ins Gesicht inländischer und ausländischer Frauenrechtlerinnen“, heißt es in einem Protestbrief der Gruppe „Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung“ an Museumsdirektor Matthias Wagner K. Auch die Zeitschrift EMMA empört sich über die „Schleierausstellung“.
    Sie befördere das Frauenbild islamischer Staaten und verharmlose das Leid unterdrückter Frauen, das auch im Modediktat des Verhüllens seinen Ausdruck finde. Hass-Mails kamen von Rechts. „hauptsache kultur“ wirft vorab einen Blick in die umstrittene Ausstellung und fragt nach: Was ist überhaupt ‚muslimische‘ Mode? Und darf man sie so im Museum ausstellen? – Kann die Schau tatsächlich zu einer Debatte anregen, – zu einem „längst überfälligen, interkulturellen Dialog in einer politisch aufgeheizten Zeit“, wie es sich Museumsdirektor Wagner K wünscht? Wir fragen Musliminnen nach dem Für und Wider, unter anderem die Frauenrechtlerin Monireh Kazemi, die den Protestbrief mit verfasst hat und die Journalistin und Publizistin Khola Maryam Hübsch.
    Autorin: Simone Jung
    (Museum Angewandte Kunst Frankfurt, Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“, 05.04.-15.09.2019)
    Reisebuch „Ostwärts“ – wie man Suppe mit den Händen isst, ohne sich nachher umziehen zu müssen
    Sie liebt das Neue, das Andere, die Reisen in fremde Länder. Und sie begeistert sich für’s Geschichtenerzählen. Beide Leidenschaften vereint Julia Finkernagel nun in ihrem ersten Reisebuch „Ostwärts“ zur gleichnamigen TV-Serie. „Die eigenen Gewohnheiten und Traditionen werden einem erst bewusst“, sagt Finkernagel, „wenn man auf Menschen trifft, die es anders machen. Irgendwann schmunzelt man über die eigene Spießigkeit und lässt sie sie sich wegwaschen.“ Dieser Perspektivwechsel sei es, was sie am meisten beim Reisen fasziniere. Die Journalistin Julia Finkernagel erzählt geistreich und launig von ihrer ganz persönlichen Premiere als „Go East“-Travellerin, ihren sehr speziellen Reise-Highlights, den kleineren und größeren Katastrophen auf der langen Reisestrecke, die sie von Deutschland bis tief in die Mongolei führte.
    Zusammen mit einem Kamerateam, mit Rucksack und ohne festem Drehbuch ging es im Zeitraum von zehn Jahren immer wieder „ostwärts, – nun zieht sie Bilanz. „hauptsache kultur“ trifft Julia Finkernagel an ihrem Wohnort Offenbach und am Frankfurter Flughafen, wo sie das Fernweh packte und entschied, ihren Job an den Nagel zu hängen, um das Reisen zu ihrem Beruf zu machen. Derzeit ist sie mit „Ostwärts“ auf Lesetour.
    Autor: Uli Zimpelmann
    (Buch „Ostwärts“, Knesebeck Verlag 2019. Nächste Lesung: 13.04.2019, „Filmklubb“, Offenbach und 08.05.19, Kino Hofheim)
    „Bilderkriegerin“ Anja Niedringhaus – Eine Ausstellung ehrt die weltberühmte Kriegsfotografin aus Nordhessen
    Ein ehemaliges Forsthaus in Kaufungen in Nordhessen war ihr Rückzugsort. Hier lebte sie mit ihrer Schwester Gilde und deren Familie in einer Wohngemeinschaft. Noch heute sieht es dort aus, als wäre die Zeit stehen geblieben. Gide Niedringhaus hat die Räume ihrer Schwester unberührt gelassen. Räume voller Erinnerungen. Genau fünf Jahre ist es her, dass die Fotografin und Pulitzer-Preisträgerin Anja Niedringhaus am 4. April in Afghanistan bei einem Anschlag ums Leben kam; – viele Jahre hatte sie schon aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt berichtet. Sie war gerade unterwegs, gemeinsam mit der Journalistin Kathy Gannon, um nahe der pakistanischen Grenze Bilder anlässlich der Präsidentschaftswahl aufzunehmen. Dann fielen Schüsse, Niedringhaus war sofort tot, Gannon überlebte.
    Jetzt – anlässlich des fünften Todestages – zeigt das Käthe Kollwitz-Museum in Köln die Ausstellung „Anja Niedringhaus – Bilderkriegerin“, eine erste posthume Retrospektive. Sie zeigt, dass diese Fotografin vor allem wollte, dass die Welt sieht, was Krieg für Menschen bedeutet. Und sie zeigt auch deren außerordentliche Sport- und Portraitfotografie. „hauptsache kultur“ besucht Gilde Niedringhaus, die Schwester der „Bilderkriegerin“, in Kaufungen und spricht mit Kathy Gannon in der Kölner Ausstellung: Wer war diese außergewöhnliche Frau, was macht ihre Fotografien so unvergesslich und einzigartig und was trieb sie an zu einer Arbeit, bei der sie mehrfach verletzt und schließlich getötet wurde?
    Autoren: Katja Deiß
    („Anja Niedringhaus – Bilderkriegerin“ Käthe Kollwitz Museum, Köln,. 29. März – 30. Juni 2019 /​ Katalog zur Ausstellung herausgegeben von Hannelore Fischer. Wienand Verlag)
    Total im Trend – Wenn sich Menschen zum „Rudelsingen“ treffen Singen macht Spaß, ist gesund und fördert das Gemeinschaftsgefühl – nur, was ist, wenn man sich nicht traut, in der Öffentlichkeit zu singen? Für alle, die bislang nur unter der Dusche oder alleine mit dem Autoradio Töne formen, gibt es die Möglichkeit, gemeinsam mit anderen zu singen, sogar ohne Notenkenntnis, ohne, dass man sich der eigenen Stimme schämen muss. „Ab 70, 80 Menschen kann man in einer Gruppe mitsingen, ohne dass man die eigene Stimme heraushört.“ Das sagt Jörg Siewert, im normalen Leben Bildungswissenschaftler und an besonderen Tagen Rudelführer beim sogenannten Rudelsingen. Vor vier Jahren hat er diese besondere Disziplin nach Darmstadt gebracht. Nun kommt er wieder nach Hessen. „hauptsache kultur“ hat Jörg Siewert getroffen und gefragt, wieso Karaoke gegen Rudelsingen kalter Kaffee ist.
    Beitrag: Dorothee Ott
    (Nächste Termine „Rudelsingen“ in Hessen: 05.04. „Haus des Gastes“, Gladenbach; 07.05. „Waggonhalle“, Marburg, 14.+15.05. „Jagdhofkeller“, Darmstadt)
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Christiane Schwalm (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 04.04.2019 hr-fernsehen
  • Folge 27
    Achtung: Skandal! Was darf Musik? Von sexuellen Tabubrüchen und politischen Provokationen:
    Seit Neuestem posiert die Band Rammstein für ihre neue CD in KZ-Häftlingskleidung. Dürfen die das? Michael Jackson ist ein mutmaßlicher Kinderschänder. Darf man seine Musik noch gut finden? Und Deutschrap strotzt vor rassistischen und frauenfeindlichen Ausfällen. Unsere Gegenwart, aber auch die Geschichte ist voller Skandale um Songtexte und Bandauftritte. Und sie sind immer auch ein Spiegel der Gesellschaft, sie diffamieren, ärgern, stören, brechen Tabus, irritieren, greifen an. Seit dem Echo-Skandal von 2018 um die beiden Gangster-Rapper Kollegah und Farid Bang ist das immer wieder auch Gegenstand der öffentlichen Debatte.
    Wie funktionieren diese musikalischen Tabubrüche? Wann ist eine Grenze zum „hate song“ überschritten. Was macht diese Musik mit uns und wie sollten wir damit umgehen? Der Musikexperte Michael Behrendt hat darüber ein Buch geschrieben, eine erste Geschichte des Songskandals, in der er die Gründe und Hintergründe der umstrittensten und fragwürdigsten Songs der letzten hundert Jahre beschreibt – und natürlich die aktuellsten Entwicklungen. hauptsache kultur hat den Kulturjournalisten Michael Behrendt in seiner Heimatstadt Frankfurt getroffen.
    „Harry Potter“, „Wickie“ und „Die Schöne und das Biest“ – wie die Rheingauer Filmsymphoniker Kino für die Ohren machen:
    Einmal in einem großen Orchester spielen – und dann auch noch Filmmusik. Davon träumen viele, die in ihrer Freizeit ein Instrument spielen. Bei den Rheingauer Filmsymphonikern ist das möglich. Vor fünf Jahren als Verein in Wiesbaden gegründet und teilweise über Crowdfunding finanziert, ist dieses Laienorchester eines der wenigen in Deutschland, das sich an die Originalpartituren großer Filme heranwagt. 60 Hobbymusiker proben zurzeit nach dem Motto „Zurück in die Kindheit“, unter der Leitung von Dirigent Jonathan Granzow, „Wickie und die starken Männer“, „Harry Potter“ und „Das Dschungelbuch“.
    Und so mancher Filmmusikkomponist ist froh, wenn ihr Werk zur Aufführung kommt – so wie Peter W. Schmitt aus Offenbach, der Komponist von „Käpt’n Blaubär“. Am 14.4. findet im Sendesaal des Hessischen Rundfunks das Konzert und die Preisverleihung des Wettbewerbs Score statt, den die „Rheingauer Filmsymphoniker“ ins Leben gerufen haben, – und bei dem junge Nachwuchskomponisten geehrt werden, die Kurzfilme vertont haben. hauptsache kultur war bei den Proben dabei und fragt nach: Was können Hobbymusiker besser als professionelle Musiker?
    „Deadline“ – Der Tod kommt bestimmt, aber diese Mal ganz anders. Eine Stephan Balkenhol-Ausstellung im Kasseler Museum für Sepulkralkultur:
    Eigentlich kein schönes Thema, oder? Sterben, Tod, Bestatten, Trauer und Gedenken? Aber das Sepulkralkultur-Museum schafft es seit vielen Jahren, dieses Themenspektrum skurril, sogar heiter, informativ und immer wieder überraschend an sein Publikum zu bringen. Jetzt gibt es eine neue Ausstellung mit Werken von Stephan Balkenhol. Tod und Sterben haben ihn schon sein ganzes Künstlerleben beschäftigt. Am liebsten arbeitet Balkenhol mit Holz. Sein grob gehauener Figurentyp in schwarzer Hose und weißem Hemd ist international bekannt. hauptsache kultur trifft Stephan Balkenhol anlässlich seiner Ausstellung in Kassel: Was ist für ihn das Reizvolle in der Auseinandersetzung mit dem Tod? Und: darf auch gelacht werden?
    Filmstart „Van Gogh“ – An der Schwelle zur Ewigkeit:
    Sein Ruhm ist ungebrochen, seine Gemälde, sein Leben und seine Obsessionen faszinieren, sind Teil der gegenwärtigen Popkultur. Vincent van Gogh, der große Post-Impressionist mit dem abgeschnittenen Ohr inspiriert bis heute. Jetzt hat es Julian Schnabel erwischt; er hat die letzten beiden Jahre des großen Künstlers inszeniert. Schnabel ist selbst – meist im Schlafanzug arbeitender – Maler und Regisseur solch wunderbarer Filme wie „Schmetterling und Taucherglocke“. Mit dem großartigen William Defoe hat er nun wieder einen sehr besonderen Blick auf und in van Gogh hinein geworfen: wie hat er die Welt wahrgenommen, wie hat sie ihn in den Wahn getrieben? Dabei dringt die Arbeit der Kamera tief in die Persönlichkeit des getriebenen Künstlers ein. Ein faszinierender Blick.
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden:
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Arne Kapitza (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 11.04.2019 hr-fernsehen
  • Folge 28
    Streetart aus Gießen – Wie das Künstlerkollektiv „3Steps“ seine Heimatstadt verschönert und auch über Hessens Grenzen hinaus
    Furore macht Joachim Pitt und die Zwillingsbrüder Kai und Uwe Krieger kennen sich seit ihrer Schulzeit und machen seit über zwanzig Jahren als Künstlerkollektiv „3Steps“ zusammen Streetart. Aber nicht in Berlin oder in einer anderen großen Metropole, ganz bewusst wollen sie ihrer Geburts- und Heimatstadt Gießen die Treue halten. Der Stadt hätten sie viel zu verdanken, sie biete eine große Offenheit gegenüber Kunst im öffentlichen Raum und damit viel Platz und legale Möglichkeiten, um sich künstlerisch zu entfalten. In quietschend bunter Neo-Pop Art reflektieren „3Steps“ auf Hausfassaden, Mauern und alten Gebäuden über die heutige Welt, Identität und Ambivalenz sind derzeit ihre großen Themen: Ihre Werke sollen irritieren, beim Betrachter neue Assoziationen hervorrufen, alltägliche Dinge mit anderen Augen sehen lassen, was ist Wirklichkeit, was ist Fiktion? Inzwischen haben sich die drei Streetart-Künstler weit über Mittelhessen hinaus einen Namen gemacht und sind mehrfach ausgezeichnet worden.
    Ihre Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wie dem Museum für Kommunikation Frankfurt. Ihre Auftraggeber sind Unternehmen, Banken, aber auch das Deutsche Rote Kreuz oder UNICEF. Dabei gehen die drei auch ganz bürgerlichen Berufen nach: sie sind Chirurg, Informatiker, Betriebswirtschaftler, haben promoviert, und nun eine Kreativagentur gegründet, um darüber für ihre Streetart-Ideen zu werben und neue Projektpartner zu finden.
    Momentan bereiten sie eine Ausstellung im denkmalgeschützten Schlachthof in Gießen vor. Regelmäßig organisieren sie das Streetart-Festival „River Tales“. „hauptsache kultur“ hat sich von den „3Steps“ ein buntes Gießen zeigen lassen und war bei der Entwicklung und Entstehung ihrer neusten Arbeiten dabei. Was treibt die drei an, Streetart zu machen, was macht ihren Stil aus, und welche Botschaften wollen sie mit ihren Bildern senden?
    Bericht: Anna Engel
    River Tales Streeatart Festival /​ Projekt MaGic Tales in Marburg und Gießen von Mai – Oktober 2019, www.river-tales.de Ausstellung ‚Schlachthof‘ ab 27.06.2019 im Schlachthof Gießen, 3steps.de
    Gerichtsreporterin Raquel Erdtmann – Warum eine Schauspielerin die Bühne gegen den Gerichtssaal tauscht
    Derzeit beobachtet sie den so genannten „Fall Susanna“ am Wiesbadener Landgericht. Es ist der Prozess gegen den 22-jährigen Iraker Ali B., der wegen Mordes an der 14-jährigen Susanna auf der Anklagebank sitzt. Noch verfolgt sie das Verfahren, erst am Ende, nach der Urteilsverkündung, wird sie ihre Geschichte schreiben. Raquel Erdtman ist Gerichtsreporterin am Land- und Amtsgericht Frankfurt und berichtet über spektakuläre Kapitalverbrechen, aber auch andere Delikte. Was bringt einen Menschen dazu, ein Elternteil zu erschlagen? Oder die eigene Frau nach 64 Jahren Ehe? Was geht in einem Fahrer vor, der einen Menschen 400 Meter unter seinem Auto in den Tod schleift? Verbrechen, die so unfassbar sind, dass sie die Vorstellungskraft der meisten Menschen übersteigen.
    Vor allem durch ihre großen Reportagen in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ ist Raquel Erdtmann einer größeren Leserschaft bekannt. Die Prozess-Schilderungen sind so plastisch und detailgetreu, dass der Leser das Gefühl hat, mittendrin zu sein.
    Es ist ihre Beobachtungsgabe, die allen Beteiligten ihre Würde lässt. Sie ringe um Wahrhaftigkeit, sagt Raquel Erdtmann. Begonnen hatte sie mit dem Schreiben, als der Mörder des kleinen Jakob von Metzler gegen das Land Hessen klagte. Ein Prozess, der landesweit für Aufsehen gesorgt hat und Raquel Erdtmann, die selbst das Verfahren miterlebte, nachhaltig erschüttert hat. Damals stieg in ihr der Wunsch auf, die Beobachtungen im Gerichtssaal auf Papier festzuhalten. Und das gelingt der ausgebildeten Schauspielerin mit zeichnerischem Talent ausgesprochen gut.
    Jahrelange Prozesse, Berge von Akten und stundenlange Aussagen, die sie minuziös notiert, reduziert sie auf ihre wesentliche Essenz. „hauptsache kultur“ hat Raquel Erdtmann bei ihrer Arbeit beobachtet. Was reizt sie am Beruf der Gerichtsreporterin und wie geht sie mit Mord und anderen menschlichen Abgründen um? Inwiefern hilft ihr die Schauspielausbildung, sich in andere Charaktere hineinzudenken und das Unbegreifliche in Worte zu packen?
    Bericht: Wero Lisakowski
    „Und ich würde es wieder tun – Wahre Fälle vor Gericht“, von Raquel Erdtmann, Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main, 2019
    Parlamentsgeschichte im Comic – Gezeichnete Porträts zeigen Politiker aus Leidenschaft und Überzeugung
    Der Comiczeichner Simon Schwartz hat ein Faible für unbekannte oder vergessene Persönlichkeiten. Für seine Graphic Novel Packeis bekam er 2012 den bedeutendsten deutschen Comicpreis, den Max- und Moritz-Preis des Comicsalons Erlangen. In Packeis erzählte Schwartz die Geschichte von Matthew Henson, dem ersten Menschen, der 1909 den Nordpol erreichte, aber dennoch nicht berühmt wurde – weil er schwarz war. Im Auftrag des Kunstbeirats des Deutschen Bundestages hat Simon Schwartz jetzt eine Comicserie über 45 Politiker gezeichnet, die seit vergangener Woche im Foyer des Bundestages zu sehen ist. Es sind Wegbereiter der deutschen Demokratie, angefangen beim Parlament der Frankfurter Paulskirche 1848 bis hin zur Wiedervereinigung 1990. Bei der Auswahl der Politiker blieb dem Künstler freie Hand, was ihn interessierte: „Man findet unglaublich getriebene Leute in der Politik, aber alle aus völlig unterschiedlichen Gründen“, so Schwartz.
    Seine gezeichneten Biografien zeigen viele Facetten und Widersprüche und belegen, dass die Porträtierten vor allem aus Leidenschaft und Überzeugung in die Politik gegangen sind – selbst wenn sie dafür sterben mussten. Darunter zahlreiche Hessen, wie etwa Friedrich Sigmund Jucho, der 1848 die Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung organisierte, zuvor aber schon vier Jahre Haft über sich ergehen lassen musste.
    Oder auch Elisabeth Selbert, eine der Mütter des Grundgesetzes – auf ihre Initiative hin hat der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ Eingang in die Verfassung gefunden. „hauptsache kultur“ hat sich mit Simon Schwartz in der Frankfurter Paulskirche getroffen und auch den Politologen und Sozialphilosophen Rainer Forst zum neuen Comic befragt: Welche Charaktere der einstigen Demokraten beeindrucken besonders, welche Lehren kann man aus deren Leben zur heutigen Politik ziehen und welche Parallelen erkennen – wenige Wochen vor der Europawahl?
    Bericht: Alex Jakubowski
    „Das Parlament. 45 Leben für die Demokratie“, Simon Schwartz, avant-verlag 2019, Ausstellung im Bundestag bis 31. August 2019, sie kann während der Kunst- und Architekturführungen im Reichstagsgebäude (www.bundestag.de/​besuche/​fuehrung) sowie am 17. und 24. April, am 2. und 22. Mai, am 12. und 19. Juni 2019 jeweils um 14 Uhr nach vorheriger Anmeldung in Sonderführungen besucht werden. Anmelden per E-Mail bis zum Montag, der dem gewünschten Besuchstermin vorausgeht (E-Mail: kunstraum@bundestag.de)
    Du bist, was du isst? – Eine Reise durch die deutsche Gesellschaft anhand von Kochbüchern
    Es scheint ein Paradox zu sein: Noch nie war das Angebot für Lebensmittel und nützliche Küchengeräte so groß wie heute. Gleichzeitig wird immer weniger gekocht. Wie steht es um unsere Gesellschaft, wenn wir uns teure Hochglanz-Küchen kaufen, diese aber gar nicht benutzen? Sind wir alle nur Selbstblender, die vor allem im Internet schöne Essfotos posten? Oder suchen wir doch noch im Kochen eine Art Ruhepol? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Jana Rückert-John. Die Ernährungssoziologin untersucht, wie sich unser Essverhalten in den Jahrzehnten verändert hat und welche Rückschlüsse auf unsere Gesellschaft gezogen werden können. Ein Hilfsmittel für sie: Kochbücher.
    Diese seien „ein Spiegel der Gesellschaft“, mit deren Hilfe man ablesen könne, wie gut es den Menschen geht. Selbst heute noch gelte das alte Credo: Du bist, was du isst. Davon kann auch der Lebensmittelchemiker Jürgen Budde berichten. In seinem Haus in Darmstadt hat der passionierte Hobbykoch rund 400 Kochbücher gesammelt. Originale und Faksimiles alter Werke, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. „hauptsache kultur“ hat sich mit Jana Rückert-John und Jürgen Budde auf eine kulturelle Zeitreise begeben und geschaut, wo sich unser heutiges Essen von den Kochgewohnheiten von früher unterscheidet. Und wo es Gemeinsamkeiten gibt.
    Beitrag: Simon Broll
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Sophia Luft (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 18.04.2019 hr-fernsehen
  • Folge 29
    Rechte Gewalt in Hessen – Warum die Mehrheit jetzt aufstehen und die offene Gesellschaft gegen Rechts verteidigen muss Die rechtsextreme Szene in Hessen tritt immer massiver auf und bedroht immer häufiger unverhohlen Menschen und Institutionen, die nicht in ihr Weltbild passen: Zuletzt gab es Bombendrohungen gegen Justizgebäude, eine Serie von Brandstiftungen in linken Einrichtungen und Drohbriefe gegen Anwälte und Flüchtlingsinitiativen. Gegen eine hessische Kameradschaft wird wegen Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt.
    Ein Polizist aus Hessen stand im privaten Kontakt zu ihnen, belieferte sie mit Dienstgeheimnissen. Ein Einzelfall? Leider nein! Immer häufiger stehen auch Polizisten im Verdacht, rechtsextremistische Einstellungen zu verbreiten: Gegen 38 hessische Polizeibeamte wird deswegen zurzeit ermittelt. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem gegenwärtigen Bedrohungsszenario und der Ideologie der Neuen Rechten, die auch in Hessen ihren Einflussbereich vergrößern will? Und wer sind die zentralen Figuren, die hier gezielt versuchen, das gesellschaftliche Klima zu vergiften und Angst zu schüren? „hauptsache kultur“ spricht mit dem Journalisten Christian Fuchs, der gemeinsam mit Paul Middelhoff drei Jahre lang über die Verflechtungen in der rechten Szene recherchiert hat.
    In ihrem aktuellen Buch „Das Netzwerk der Neuen Rechten“ zeigen sie auch auf, welche engen Verbindungen die Neue Rechte nach Hessen hat. Und wie sie versucht, mit Hilfe von Verfassungsfeinden die Gesellschaft dramatisch zu verändern.
    Bericht: Christian Lang Christian Fuchs, Paul Middelhoff: Das Netzwerk der Neuen Rechten – Wer sie lenkt, wer sie finanziert und wie sie die Gesellschaft verändern, Rowohlt 2019 Der Frankfurter Sänger Chima startet durch – Coole Musik über Identität, Heimat und Liebe „In dem Augenblick, wenn jemand wie ich die Tagesschau moderieren kann, wird sich hier einiges ändern. Es ist noch ein bisschen hin, aber es wird so laufen!“ Das ist die Antwort des Frankfurter Sängers Chima, wenn man ihn fragt, wo Deutschland gesellschaftlich gerade steht.
    Denn obwohl Chima ein echter „Frankfurter Bub“ ist und mitreißende deutsche Songtexte schreibt, hört er sie ab und zu immer noch; diese merkwürdige Frage, die alle kennen, die auch nur ein bisschen „anders“ aussehen: „Wo kommst du denn eigentlich wirklich her?“ Weil er schwarz ist, glaubt manch ein Konzertbesucher gar, er habe Liedtexte und Ansagen eigens auf Deutsch auswendig gelernt. Deutschland im Jahr 2019 ist noch immer nicht so weit wie es sich viele wünschen. Chima aber nimmt diese Schwierigkeiten und Ambivalenzen einfach und macht daraus etwas Positives: gute Musik! In der er immer wieder auch Fragen der eigenen Identität und Heimat aufgreift, mit denen sich viele identifizieren können.
    Er war auch Teil der „Brothers Keepers“, einem musikalischen Projekt mit Samy Deluxe, Gentleman und anderen Sängern und Rappern, das sich gegen Fremdenhass und Rassismus engagierte. Gerade hat er die neue Single „Wir können alles sein“ veröffentlicht, ein Liebeslied gemeinsam mit der Frankfurter Senkrechtstarterin Namika, und auch ein neues Album kommt bald – nach 5-jähriger Kreativpause, in der er „leben“ musste, wie er erzählt, auch um sich musikalisch weiterzuentwickeln.
    „hauptsache kultur“ trifft Chima in seinem alten Kiez in der Frankfurter Innenstadt und in Sachsenhausen und spricht mit ihm darüber, wie Heimatgefühle, Musik und Identität für ihn zusammenhängen. Bericht: Christiane Schwalm Mit Schlappmaulhumor dem Sterben trotzen – Ein Film über das Glück, die Liebe und den Tod Es ist eine romantische Vorstellung: Verliebt, verlobt, verheiratet – und dann gemeinsam alt werden.
    Wie aber gehen Paare damit um, wenn ein Partner in absehbarer Zeit stirbt? Zwei junge Dokumentarfilmerinnen, zwei Schwestern aus Gelnhausen, wollten das wissen und haben ein ganz besonderes Ehepaar mehrere Jahre lang filmisch begleitet: Adelheid und Kornelius waren 53 Jahre lang zusammen. Schrullig, sympathisch, Tandem fahrend oder mit dem Bollerwagen unterwegs, oft dabei Gedichte rezitierend – so kannte man die beiden im südhessischen Gelnhausen.
    Körperliche und geistige Fitness war ihnen immer wichtig, die Rollen fest verteilt: Kornelius gab den strengen Ton an, Adelheid im selbst genähten, oft schrillen Outfit kommentierte mit lockeren Sprüchen und machte anstandslos alles mit. Doch dann wurde bei Kornelius Krebs diagnostiziert. Was macht eine solche Diagnose mit einem gestandenen Paar, das bisher kaum einen Tag ohne den anderen verbracht hat? Wie gehen sie damit um, dass der nahende Abschied nicht mehr zu verdrängen ist? Der Film „Adelheid, Kornelius und die Töde“ widmet sich diesen Fragen, wie auch das Paar selbst, auf ganz eigene, bemerkenswert heitere Weise.
    „hauptsache kultur“ hat sich mit den beiden Filmemacherinnen Kirstin und Maren Schmitt in Gelnhausen getroffen und sie gefragt: Was treibt zwei junge Frauen an, sich mit Altern, Krankheit und Tod zu befassen? Und was haben sie durch die Dreharbeiten mit Adelheid und Kornelius über das Leben erfahren? Bericht: Dorothee Ott „Adelheid, Kornelius und die Töde“, ab 2.5.19 im Kino.
    Trauer um Hannelore Elsner – Die große Schauspielerin und Wahlfrankfurterin ist tot Sie war eine der großen Schauspielerinnen des deutschen Nachkriegsfilms: Hannelore Elsner hat in mehr als 200 Fernseh- und Kinofilmen mitgespielt, wurde vielfach ausgezeichnet und arbeitete auch als Synchronsprecherin. Am Ostersonntag ist die Grande Dame des deutschen Films überraschend nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 76 Jahren gestorben. Noch vor wenigen Wochen stand sie vor der Kamera für den Frankfurter „Tatort“ (produziert vom Hessischen Rundfunk), gemeinsam mit dem Ermittlerduo Janneke und Brix, gespielt von Margarita Broich und Wolfram Koch.
    Es war einer ihrer letzten Filme. Und gleichzeitig eine schöne Reminiszenz an eine ihrer größten Rollen: Von 1994 bis 2006 war sie „Die Kommissarin“, auch das eine hr-Produktion für die ARD, die nicht nur sehr erfolgreich war, sondern auch Fernsehgeschichte geschrieben hat. Elsner spielte darin die erste deutsche Fernsehkommissarin Lea Sommer, eine Vorreiterin für den Typ des weiblichen Ermittlers.
    In den ersten Folgen an ihrer Seite: der junge Til Schweiger als Kriminalkommissar Nick Siegel. Gemeinsam ermittelten sie im Frankfurter Untergrund, aber auch in den besten Kreisen. Elsner selbst soll als gebürtige Bayerin mit Frankfurt als Wahlheimat zunächst etwas gehadert haben, als sie Anfang der Neunziger Jahre wegen ihres damaligen Mannes Uwe Carstensen, dem Leiter der Theaterabteilung im Fischer Verlag, hierherzog. Es war ihr zu eng und zu hässlich vielerorts. Versöhnen aber konnte sie das Multikulturelle der Stadt, das „Polyglotte, das Internationale, die Wolkenkratzer“, wie sie 2011 in ihren Memoiren „Im Überschwang: Aus meinem Leben“ schrieb.
    „hauptsache kultur“ erinnert an diese besondere Schauspielerin, die sich auch immer wieder gegen Diskriminierung, Fremdenhass und Antisemitismus engagierte. Für ihr Engagement im Kampf gegen AIDS bekam sie 2005 das Bundesverdienstkreuz. Wir sprechen mit der Regisseurin Petra K. Wagner, die mit Elsner noch bis vor kurzem für den „Tatort“ gearbeitet hat, und mit Liane Jessen, der Leiterin der „Fernsehspiel“-Redaktion des Hessischen Rundfunks. Bericht: Wero Lisakowski/​Sophia Luft (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 25.04.2019 hr-fernsehen
  • Folge 30
    Eine Liebe ohne Grenzen – Wie einem jungen Paar vor 30 Jahren die Flucht aus der DDR gelingt
    Erfurt 1988: Katrin Linke und Karsten Brensing aus Erfurt trainieren hart, um so fit wie möglich zu werden. Sie schwimmen, sie joggen und versuchen so lange wie möglich ohne Nahrung auszukommen. Ihr Ziel: Flucht aus der DDR. Am 5. Juli 1989 war es so weit. Vom Flughafen Leipzig aus flogen sie in die Sowjetunion und waren sich sicher: Bald liegt ihnen die Welt zu Füßen. Beide waren damals 22 Jahre alt. Ihre Reise führte sie von Taschkent bis Ungarn. Vieles ging schief und alle Versuche gemeinsam in den Westen zu kommen, scheiterten.
    Das Paar musste sich trennen, um es alleine zu schaffen. Katrin lernte am Plattensee zwei Stuttgarterinnen kennen. Mit ihnen gelang ihr die Flucht unter der Rückbank eines VW-Polo. Karsten schwamm vier Stunden lang in der Nacht durch die Donau von Ungarn nach Jugoslawien. Erst in Hessen haben sich beide wiedergetroffen. Ihr Traum hatte sich erfüllt. Inzwischen haben sie eine Familie gegründet, sich eine Existenz aufgebaut und leben wieder in Erfurt. Heute suchen sie mit Hilfe des Buches und Facebook ihre ehemaligen Fluchthelfer.
    „hauptsache kultur“ hat beide besucht, war im ehemaligen Aufnahmelager in Gießen, wo sich die beiden Fluchtpartner wiedergefunden haben und zeigt, wie Katrin Linke einen Videoclip für den Aufruf dreht und online stellt. Sie möchte mit dem Projekt nicht nur die damaligen Fluchthelfer wiederfinden, sondern auch ein „Picknick ohne Grenzen“ veranstalten. Dort sollen Menschen zusammenkommen, die sich in den Wirren der Maueröffnung aus den Augen verloren haben.
    Bericht: Christian Lang
    Katrin Linke/​Karsten Brensing: Eine Liebe ohne Grenzen – Unsere Flucht aus der DDR. Bastei Lübbe, 2019
    „Nur eine Frau“ – Wie ein Kinofilm über einen Berliner Ehrenmord aufrüttelt
    Am 7. Februar 2005 wird Hatun Aynur Sürücü auf offener Straße in Berlin mit drei Kopfschüssen aus nächster Nähe hingerichtet. Sie ist 23 Jahre alt und Mutter eines fünfjährigen Sohnes, der zur Tatzeit allein in seinem Bett liegt und schläft. Der Mörder kommt aus der eigenen Familie. Es ist ihr jüngster Bruder, der mit der Tat die „Ehre der Familie“ wieder herstellen will: Ein „Ehrenmord“. Der erste, der bundesweit für Bestürzung sorgt. Jetzt erzählt in einem Kinofilm. Aus der Sicht der Frau. Dazu die Regisseurin Sherry Hormann: „Für mich war es ganz wichtig, dieser Frau endlich mal eine Stimme zu geben.
    Wenn jemand ermordet wird, entstehen immer jede Menge Gerüchte. Warum ist jemand ermordet worden? Das kann ich alles nicht erklären. Der Trick bei uns war: Wir geben dieser Frau eine Stimme. Weil, die gibt es nicht mehr.“ Hormanns Film basiert auf Gerichtsakten und Zeugenaussagen. Erfunden ist hier nichts. Auch nicht ein mit unserer (aufgeklärten) Welt fatal koexistierendes Familienbild, in dem Frauen das tun, was Männer wollen, und sonst keine Rechte haben. Der HR ist Co-Produzent und „hauptsache kultur“ stellt den Film vor.
    Autor: Rayk Wieland (Übernahme „ttt“ vom 28.04.2019)
    Kinostart: 09.05.2019; 11.05. im Cinema in Frankfurt mit anschließendem Filmgespräch mit Regisseurin Sherry Hormann und Frau Maischberger; 11.05. im Kino Rex in Darmstadt.
    Stadt-Verschönerungs-Aktionist – Wie Philipp Schäfer Frankfurter Gullydeckel verziert
    Er steckt Toastbrote in die Rillen von Kanaldeckeln oder verziert Gullys mit Pantherfiguren und Oktopus-Armen. Es sind kleine, auf den ersten Blick absurde Interventionen, die der Künstler Philipp Schäfer im Frankfurter Stadtraum durchführt. Doch mit ihnen gelingt es ihm, unser Bild von der Finanzstadt zu hinterfragen. Ursprünglich machte Philipp Schäfer seine Kunst nur anonym. Damals sprühte er kleine Gesichter auf Häuserwände, pointiert gesetzt, aber nicht legal. Die „Cityghosts“ machten ihn in Frankfurt berühmt – und wurden auch in anderen Städten kopiert.
    Mittlerweile hat er sich von dem illegalen Sprayen verabschiedet – und verziert unter seinem bürgerlichen Namen Gullydeckel. Was ziemlich bizarr klingt, hat durchaus einen ernsten Hintergrund. Gerade in einer Stadt wie Frankfurt, die mit Mietsteigerungen und Vertreibungen von alteingesessenen Bewohnern zu kämpfen hat, stellt sich mit solchen Arbeiten die Frage: Wem gehört die Stadt? „hauptsache kultur“ ist mit Philipp Schäfer auf die Pirsch gegangen und hat ihn einen Tag lang bei seinen Stadt-Verzierungen begleitet.
    Bericht: Ulrich Zimpelmann (Wdhg. HK 18.10.2018)
    Alp Arslan – Wie das Stadttheater Gießen ein Requiem für Aleppo inszeniert
    Zum ersten Mal hat das Stadttheater Gießen eine Oper in Auftrag gegeben. Ein politisches Thema: Es handelt von dem jungen Sultan Alp Arslan, der im 12. Jahrhundert gelebt und geherrscht hat. Die mittelalterliche Geschichte beruht auf historischen Fakten, die in Gießen erzählt werden als eine Parabel auf die Gegenwart. Die Geschichte um den jungen Sultan entpuppt sich als eine Geschichte über den gegenwärtigen Krieg in Syrien. Das ist mutig und zugleich verblüffend, denn Gießen ist als Stadttheater ein eher kleines Kunst muss nicht politisch sein, sie kann aber.
    Kunst hat die Möglichkeit, gesellschaftliche und politische Zustände zu beschreiben aus einer befreiten Perspektive. Kunst hat darum auch die Möglichkeit, uns die Augen zu öffnen mit Mitteln, die aufklärerisch, aber zugleich ästhetisch sind. Diese Oper, inszeniert von der experimentierfreudigen Intendantin Cathérine Miville, protokolliert einen Ausschnitt aus der Geschichte im Zusammenschnitt mit unserer Gegenwart. Sie nutzt als Kunstform das Potential, auf Krieg, gegenwärtige politische Missverhältnisse hinzuweisen – so wie es unzählige Werke der Operngeschichte zuvor gemacht haben.
    Der Komponist Richard van Schoor legt mit dieser Arbeit seine erste abendfüllende Oper vor. Catherine Miville führt Regie. Das Ensemble des Hauses hat sich dieses neue Werk erarbeitet. „hauptsache kultur“ schaut in das Werk, wie es klingt, was es erzählt und was wir als Zuschauer*innen überhaupt von einer solchen Uraufführung und Auftragsarbeit haben.
    Bericht: Natascha Pflaumbaum
    Uraufführung ist am 04.05.2019 im Stadttheater Gießen weitere Termine: 10.05.2019, 23.05.2019, 07.06.2019 , 21.06.2019, 30.06.2019
    #gehessisch – Das Schlimmste aus der Kulturwoche in 90 Sekunden
    In unserer Rubrik #gehessisch knöpfen wir uns satirisch die Nachrichten der Woche aus Hessen vor: Gesprächswertiges aus Kultur und Politik, Glamour und Abseitiges – in 90 Sekunden nehmen wir auseinander, was die Welt und Hessen gerade mehr oder weniger bewegt. Rasant, witzig und bitterböse – das ist #gehessisch.
    Bericht: Dorothee Ott/​Sophia Luft (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 02.05.2019 hr-fernsehen
  • Folge 31
    Festival „Sex @ The City“
    „hauptsache kultur“ ist dieses Mal mit seiner Moderatorin Cécile Schortmann auf dem Kulturfestival „Sex@The City“, das noch bis Mitte Dezember in Darmstadt gefeiert wird. In zahlreichen Veranstaltungen wie Konzerten, Ausstellungen, Lesungen oder Theaterstücken dreht sich hier alles um die schönste Nebensache der Welt: Sex, Lust und Liebe. Auf die Beine gestellt wurde das umfangreiche Programm von „pro familia“ und der „Centralstation“. Beide feiern in diesem Jahr ganz besondere Jubiläen: die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung „pro familia“ wird in Darmstadt 50 Jahre alt, die Centralstation feiert ihr 20-jähriges Bestehen.
    „Liebe und Sex im Digitalzeitalter“ – Hat das romantische Ideal der immerwährenden Partnerschaft ausgedient? Wer sich heute verlieben will, muss nicht einmal mehr das Haus verlassen. Zahlreiche Plattformen bieten an, den perfekten Partner online zu finden, für die Liebe oder einfach nur für Sex. Überhaupt: Sexualität scheint eine immer größere Bedeutung zu bekommen im digitalen Zeitalter.
    Pornos sind im Netz frei verfügbar und immer mehr Sex- und Dating-Apps erfüllen die Bedürfnisse nach schneller Befriedigung. Eine neue Studie hat sogar festgestellt: Jeder fünfte Deutsche würde gerne einmal mit einem Sexroboter schlafen. Und doch scheint das Bedürfnis nach echter wahrer Liebe ungebrochen. Wie passt das zusammen? „hauptsache kultur“ will wissen: Was ist eigentlich Liebe im Digitalen Zeitalter, welchen Stellenwert hat sie im Jahr 2019?
    Bericht: Juliane Hipp/​Wero Lisakowski
    Sex im Schlager – Wie versaut sind deutsche Liebeslieder?
    Sie sind gerade total im Trend: Deutsche Schlager. Inzwischen werden sie sogar von jungen Leuten wieder textsicher mitgesungen und die Fußballprofis der Deutschen Nationalmannschaft grölen sowieso gerne mal Helene Fischer Songs. Das Thema in den meisten Liedern: Liebe, Liebe, Liebe. Aber geht es dabei wirklich immer nur ganz harmlos um romantische Zweisamkeit? „hauptsache kultur“ hat sich die Schnulzen-Klassiker der letzten Jahrzehnte mal genauer angehört und war erstaunt, was sich bei Roland Kaiser und Co. so alles zwischen den Zeilen lesen lässt – und was Schlagertexte so über die Gesellschaft und ihr Verhältnis zur Liebe verraten.
    Bericht: Sophia Luft
    Sam Vance-Law – Der kanadische Wahlberliner singt über schwules Leben und Lieben
    Im Rahmen des Festivals „Sex@the City“ trifft Cécile Schortmann den Sänger Sam Vance-Law, der in der Centralstation ein Konzert gibt. Auf seinem Debütalbum „Homotopia“ singt er über schwules Leben und Lieben und erzählt Geschichten rund um Coming-Out, Vorurteile, Verletzungen, Feindseligkeiten, aber auch über die Freuden eines queeren Lebenswandels.
    Wie ging Liebe im 17. Jahrhundert? – Der Maler Rembrandt und seine Saskia
    Er ist einer der bedeutendsten Maler des 17. Jahrhunderts: Rembrandt van Rijn. Vor 350 Jahren starb der Maler. Zu seinem Todestag widmet ihm Kassel nun eine Ausstellung: „Kassel … verliebt in Saskia. Liebe und Ehe im 17. Jahrhundert.“ Saskia, das war wohl Rembrandts große Liebe, denn er malte und skizzierte sie oft. An einem Bild von ihr arbeitete er sogar über neune Jahre hinweg: „Saskia van Uylenburgh im Profil, in reichem Kostüm“, das in der Galerie Alte Meister in Kassel das Herzstück der Ausstellung bildet. Anhand der Ehe der reichen Bürgermeistertochter und des aufstrebenden Historien- und Porträtmalers im Goldenen Zeitalter der Niederlande zeigt die Kasseler Ausstellung, wie das damals funktionierte mit der großen Liebe. Was war anders, was ähnlich zu heute? Wie lernte sich ein Paar überhaupt kennen? Wie datete man? Und wann durfte man den ersten Sex haben? Tatsächlich erst nach der Hochzeit? Antworten darauf findet „hauptsache kultur“ in Kassel.
    Bericht: Dorothee Ott
    Ausstellung: „Kassel …verliebt in Saskia – Liebe und Ehe in Rembrandts Zeit“, Schloss Wilhelmshöhe Kassel, 12.04.-11.08.2019.
    Die Liebe zum Ballett – Die Fuldaer Tanzschule „La Danse“ und ihr ambitioniertes Ballettprojekt
    Jan-Andreas Hönscher und sein Freund Jackson Ortega von der Fuldaer Ballettschule „La Danse“ haben Großes vor: Am 23. und 24. Mai wollen sie im Fuldaer Schlosstheater das Ballett „Schwanensee“ aufführen. Das Besondere daran: Der Leiter der Ballettschule Jan-Andreas Hönscher hat die Choreographie so umgeschrieben, dass Laientänzer sie bewältigen können, alles aber trotzdem professionell aussieht. Hönscher kümmert sich aber nicht nur um das Tänzerische, sondern näht zusammen mit seinem Freund auch die Kostüme im Nähzimmer der Ballettschule.
    Diesmal waren es über 200. Das Nähen haben sich die beiden aus der Not heraus beigebracht, denn so viele Kostüme zu kaufen wäre unbezahlbar. Außerdem sind die zwei Tänzer auch mit Hammer und Bohrer am Werk. Was dabei herauskommt, könnte sich auf den großen Bühnen sehen lassen, wo ganze Teams hinter Kostümen und Bühnenbild stecken. Für Jan-Andreas Hönscher ist jede Aufführung eine Zitterpartie, weil er sich immer sehr viel vornimmt. Wird es auch diesmal klappen? „hauptsache kultur“ hat die Tänzer während der Vorbereitung ihres großen Projekts besucht.
    Bericht: Barbara Petermann
    „Swan Lake“, Aufführungen am 23.5. und 24.5. im Schlosstheater Fulda. https:/​/​ladanse-fulda.de/​
    „Widerworte“ zur Liebe
    Die Liebe – sie kann manchmal auch ganz schön nerven. Ob wir wollen oder nicht, wir sind ständig mit ihr konfrontiert. Gerade auch die Werbung hat sie seit längerem entdeckt – mit Liebe lässt sich eben alles besser verkaufen. Auch Buletten – wie eine Fastfood-Kette seit Jahren unter Beweis stellt. Um den inflationären Gebrauch von „Liebe“ geht es in unseren „Widerworten“, einer kleinen humorvollen Sprachkritik am Ende der Sendung.
    Bericht: Arne Kapitza/​Matthias Peinelt (Text: hr-fernsehen)
    Deutsche TV-Premiere Do. 09.05.2019 hr-fernsehen

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