Sylt gilt als die Insel der Schönen und Reichen. Diesem Klischee entsprechen aber vor allem wohl die Menschen, die auf der Insel nur zu Besuch sind, die dort Urlaub machen, ein Ferienhaus auf Sylt haben. Was aber steckt hinter der Fassade von Deutschlands nördlichster Insel? Welche Probleme haben die Menschen, die auf Sylt leben und arbeiten? Und: Wird es bald überhaupt noch echte Sylter geben? Hunderte warten auf eine Wohnung Manche hausen im Keller, wohnen auf dem Campingplatz oder leben im Erwachsenenalter noch bei den Eltern. Solche Zustände gibt es auf der Insel, weil Wohnraum kaum verfügbar oder zu teuer ist. Marcus Kopplin soll diese Situation ändern: Er ist Leiter des Kommunalen Liegenschaftsmanagements. Im Auftrag der Gemeinde Sylt muss er Wohnraum schaffen. Hunderte Menschen stehen auf seiner Warteliste für bezahlbare, attraktive Wohnungen. Vor allem viele junge Familien verlassen die Insel mittlerweile, weil sie genau diese Wohnungen nicht finden und sich das Leben auf Sylt einfach nicht leisten können. Weniger gebürtige Sylter Die Insel verlassen müssen auch werdende Mütter, und zwar hochschwanger, zwei Wochen vor Geburtstermin. Der Grund: Die Geburtsstation der Inselklinik wurde geschlossen. Eine Entbindung im Krankenhaus ist also nur noch auf dem Festland möglich. Das ist nicht nur eine Umstellung für die Familien, sondern auch für die Sylter Hebammen: Sie können nicht mehr bei den Geburten helfen und unterstützen, sondern sind nur noch für Vor- und Nachsorge von Mutter und Baby
zuständig. Die ist dafür umso intensiver, denn die Hebammen müssen die Familien vermehrt auch beruhigen, ihnen die Angst davor nehmen, dass sie im Notfall sogar mit dem Hubschrauber aufs Festland geflogen werden müssen. Ebenfalls belastend für einige Familien ist, dass ihre Kinder keine gebürtigen Sylter sind. Der letzte Inselbestatter Einer, der auf der Insel geboren wurde, aber seither mehr mit dem Tod zu tun hat, ist Wolfgang Krüger. Er ist der letzte Bestatter auf Sylt. Schon als Jugendlicher hat er geholfen, Verstorbene auf ihre letzte Reise zu schicken: im Beerdigungsinstitut seines Vaters. Das hat er irgendwann übernommen und seither Tausende Menschen im Sterbe- und Trauerfall begleitet, darunter auch Urlaubsgäste. Wenn ein Mensch in einem Hotel verstirbt, muss Wolfgang Krüger mit seinen Mitarbeitern möglichst zügig und diskret arbeiten, damit die anderen Hotelgäste nichts davon bemerken. Obdachlos unter Reichen Wo es Reiche gibt, gibt es auch arme Menschen. Wo schicke Villen stehen, gibt es auch eine Obdachlosenunterkunft. Hier hat Jan Klein das Sagen: Er ist Sozialarbeiter und kümmert sich seit sieben Jahren um Obdachlose auf Sylt. Er hilft Menschen, die vor der Zwangsräumung stehen oder berät Drogen- und Alkoholabhängige. Zu seiner Beratung kann jeder kommen, der Probleme hat. In der Unterkunft übernachten darf auch erst einmal jeder, der sonst auf der Straße schlafen müsste. Nur: Es dürfen aber nur die Menschen bleiben, die sich auch benehmen. Da hat Sozialarbeiter Jan Klein klare Regeln. (Text: NDR)