Folge 410

  • Hamsterland – Requiem für einen Feldherrn

    Folge 410 (45 Min.)
    Noch in den 1980er Jahren galten Feldhamster hierzulande als Plage. Hamsterbauten wurden vergast und es gab Prämien für jedes gefangene Tier. Heutzutage ist der Feldhamster eines der seltensten Tiere Europas und seine Tage scheinen in Deutschland gezählt. „Wir schauen dem Feldhamster gerade beim Aussterben zu“, sagt der Biologe Ubbo Mammen. „Der Hamster wird, wenn es so weiter geht wie bisher, in den nächsten 15 Jahren in Deutschland ausgestorben sein. Und es gibt Modellierungen, dass der Hamster bis 2050 sogar weltweit ausgestorben ist.“ In vielen Bundesländern gilt er bereits als ausgestorben.
    Die stärksten Bestände lassen sich neben Thüringen und Hessen vor allem in Sachsen-Anhalt noch finden. Und nirgendwo in Europa fühlen sich die bis zu ein halbes Kilogramm schweren Nager so wohl wie in der Magdeburger Börde. Die als Kornkammer Deutschlands bekannte Region bietet den Tieren üppige Nahrungsquellen. Die schweren SchwarzerdeBöden eignen sich perfekt zum Bau unterirdischer Vorratskammern. Unglaubliche Mengen an Getreide werden dort eingehamstert als Nahrung für die Winterzeit: ein Tier schafft bis zu einem Zentner! Jahrzehntelang bestimmten die Tiere damit auch das Leben auf den Dörfern, regierten und dirigierten die Landwirtschaft, entschieden über Ernten und Missernten.
    Trotzdem arrangierten sich die Bäuerinnen und Bauern mit den Feldhamstern, denn ihre Felle zählten weltweit zu den wertvollsten der Pelzindustrie. So war die Hamsterjagd bis zum Ende der DDR eine lukrative Einnahmequelle. Allein im Bezirk Magdeburg gab es über 400 Hamsterfänger, die jährlich mehr als 2 Millionen Tiere erlegten. Gleichzeitig war das Fangen und Ausgraben der Hamsterbaue eine beliebte
    Freizeitbeschäftigung für Groß und Klein.
    „Als Kinder haben wir in den Sommerferien den ganzen Tag lang Hamster gefangen. Die Felle wurden verkauft, das Getreide aus den Hamsterbauen an unsere Hühner verfüttert“, erinnert sich Reinhard Falke, Bürgermeister von Ummendorf. „Der Feldhamster ist in unserer Region ein Stück Kultur. Er gehört zur Börde einfach dazu.“ Nach 1990 ändert sich das. Die Jagd auf die Tiere wird verboten, Hamsterfänger werden arbeitslos und anders als erwartet steigen die Hamsterbestände nicht an, sondern rutschen fast explosionsartig in den Keller.
    Nach Schätzungen des NABU ist der Bestand um 99 Prozent zurückgegangen. Ein Hauptfeind ist die moderne Landwirtschaft. Die Umstellung von Sommer- auf Wintergetreide, der Einsatz von Pestiziden und die schnelle Bearbeitung mit sehr großen und effizienten Maschinen lassen dem Feldhamster nur noch wenig Spielraum zum Leben. Ihm mangelt es an Deckung vor Feinden und an Zeit, Vorräte für den Winter anzulegen. „In der Landwirtschaft ist es ähnlich wie beim Eigenheimbau. Es muss alles schnell gehen, sauber sein und blitzeblank aussehen.
    Für den Hamster ist das das große Problem“, meint Kay Brüggemann, Landwirt in der Magdeburger Börde. Mittlerweile wird von Naturschützerinnen und Naturschützern sowie in der Wissenschaft an Szenarien gearbeitet, die letzten noch freilebenden Feldhamster zu fangen, um so zumindest noch das Genpotential der Tierart zu erhalten. Die Reportage geht auf Spurensuche nach den letzten Feldhamstern der Magdeburger Börde, spricht mit ehemaligen Hamsterfängern und zeigt, wie nicht nur Naturschutzengagierte, sondern auch viele in der Landwirtschaft um die Rettung der letzten Tiere kämpfen. (Text: MDR)
    Deutsche TV-PremiereDi 02.11.2021MDRDeutsche Online-PremiereDi 26.10.2021ARD Mediathek

Cast & Crew

Sendetermine

Di 02.11.2021
21:00–21:45
21:00–
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