2021, Folge 342–356

  • Folge 342 (45 Min.)
    Mehr als 1,5 Millionen Geflüchtete aus Kriegs- und Krisengebieten kamen seit 2015 nach Deutschland. Möglichst viele von ihnen in die Lebens- und Arbeitswelt hierzulande zu integrieren, ist eine große Herausforderung für die Politik und die Behörden. Wie also werden die Geflüchteten beraten, geschult und ausgebildet? Wie erfolgreich ist die Vermittlung in den Arbeitsmarkt? Wie viele Milliarden Steuergeld kostet das? Und werden diese riesigen Summen sinnvoll eingesetzt? Im Zentrum all dieser Fragen steht die Bundesagentur für Arbeit mit ihren regionalen Jobcentern. Aber auch die vielen, meist privaten „Bildungsträger“, die zahlreiche Kurse für geflüchtete Menschen entwickeln und anbieten und dafür jährlich Milliarden Euro von der Bundesagentur für Arbeit kassieren.
    Doch die Recherchen zu all diesen Fragen sind schwierig. So verweigerten fast alle Jobcenter und Bildungsträger, die für diese Dokumentation angefragt wurden, die Dreharbeiten. Auch Fragen zu Kosten, zu Inhalten der Kurse oder zu den eventuellen Erfolgen der Maßnahmen wurden zumeist nicht beantwortet. Häufige Begründung: Das Thema sei zu „sensibel“, könne zu „polarisierend“ sein.
    Gesprächsbereit waren einige Teilnehmer*innen dieser Angebote: So schildert eine eigentlich dringend benötigte Hebamme, wie sie in Kursen für 10.000 Euro zu einer sogenannten „Integrationsmanagerin“ umgeschult wurde. Ein 64-jähriger Geflüchteter musste für viel Geld einen Kurs für „Bewerbungstraining“ absolvieren. Ehemalige Ärzt*innen werden gemeinsam mit Analphabeten in „Logistikkurse“ geschickt. Jeder Bildungsträger bietet seine Kurse an und benötigt für sein lukratives Geschäft ein sogenanntes Zertifikat. Dies wird erteilt durch DEKRA, TÜV & Co.Doch die prüfen sehr häufig lediglich Papiere, Raumgröße und Brandschutz der Einrichtungen, aber nur sehr selten die Seriosität der Anbieter oder die Sinnhaftigkeit all dieser Angebote.
    Die irritierende Folge: Es werden Berufsfelder angeboten, für die es auf dem Arbeitsmarkt gar keinen Bedarf gibt. Ein Experte dieser Branche kommt zu der vernichtenden Erkenntnis: „Berufe wie Integrationsmanager sind Eigenentwicklungen der Bildungsträger. Sie können das Ganze auch Kaiser von China nennen“. Doch das Geschäftsmodell funktioniert. Jährlich vergibt die Bundesagentur für Arbeit mehrere Milliarden auch an solche Bildungsträger mit fragwürdigen Angeboten.
    Die Dokumentation zeigt aber auch sinnvolle Maßnahmen: So werden zum Beispiel im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) Qualifizierungskurse für dringend benötigte Krankenschwestern angeboten. Der Erfolg ist messbar. Doch Geld vom Jobcenter erhält das UKE nicht. Denn diese Kurse sind nicht zertifiziert. Die Bilanz gut fünf Jahre nach dem berühmten Merkel-Satz „Wir schaffen das“ ist nicht eindeutig. Denn neben den zweifelslos vielen „Erfolgsgeschichten“ gibt es auch viele Maßnahmen, deren Sinnhaftigkeit zu Recht kritisiert werden muss. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 11.01.2021NDR
    ursprünglich für den 04.01.2021 angekündigt
  • Folge 343 (45 Min.)
    Corona ist ein Stresstest für die Menschen und für das Gesundheitssystem. Was es bedeutet, COVID-19 zu haben, mussten Reporterin Sara Rainer-Esderts und Kameramann Andreas Fritzsche selbst erleben. Beide waren an COVID-19 erkrankt. Nach ihrer Genesung begeben sie sich inmitten der zweiten Corona-Welle auf Recherchereise, um die Frage zu beantworten: Was weiß man über SARS-CoV-2 und wie kann die zweite Welle überwunden werden? Bei Sara Rainer-Esderts nahm COVID-19 einen sogenannten leichten Verlauf, während Andreas Fritzsche mehrfach ins Krankenhaus musste und wochenlang hohes Fieber hatte.
    Nachdem sich beide wieder erholt haben, suchen sie auf ihrer Recherchereise nach Antworten: Hat ein von COVID-19 genesener Mensch ausreichend Antikörper? Die Reporterin und der Kameramann lassen sich auf Antikörper testen. Hat die Schwere ihrer Krankheit etwas mit ihren späteren Abwehrkräften zu tun? Ist es möglich, sich erneut mit dem SARS-CoV-2-Virus anzustecken? Was bedeutet es für die Impfung, wenn nur wenige Monate nach der überstandenen Infektion die Zahl der Antikörper zurückgegangen ist? Sara Rainer-Esderts und Andreas Fritzsche befragen Wissenschaftler*innen, besuchen Intensivstationen, Notaufnahmen und Infektsprechstunden.
    Sie treffen dabei Erkrankte, Genesene, Klinikpersonal und Wissenschaftler*innen. Dabei lernen sie auch einen Mann kennen, der nicht nur Lungenkrebs, sondern auch noch eine COVID-19-Infektion überlebt hat. Im Film wird er zu seiner CT-Untersuchung begleitet. Was hat das Coronavirus mit seinem noch verbliebenen Lungenflügel gemacht? Er wünscht sich nichts sehnlicher, als endlich wieder zurück zur Normalität zu finden.
    Eine enorme psychische Belastung ist die Pandemie auch für Andrea D. Sie muss am offenen Herzen operiert werden. Vermutlich wäre ein minimalinvasiver Eingriff ausreichend gewesen. Wegen des Ausbruchs des Coronavirus konnte ihr Kontrolltermin im Frühjahr 2020 nicht stattfinden. Und was heißt es für das Pflegepersonal, nun in der zweiten Corona-Welle wieder am Limit arbeiten zu müssen, wenn viele Mitarbeiter*innen in den Kliniken selber erkranken? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 01.02.2021NDR
  • Folge 344 (45 Min.)
    Die Corona-Pandemie hat die Autoindustrie in Deutschland schwer getroffen. Bei den Händler*innen stehen Tausende Fahrzeuge auf Halde herum, die niemand kaufen möchte. Der neu gepriesene Heilsbringer soll das Elektroauto sein. Die günstigsten Modelle dieser Art sind im Kaufpreis von über 20.000 Euro auf fast 10.000 Euro gesunken. Es scheint, als sei dies ein Schnäppchen für den Bürger*innen und eine Chance für die Umwelt. Doch stimmt das eigentlich? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.02.2021NDR
  • Folge 345 (45 Min.)
    Sie treffen Junge und Alte, Sportliche und Unsportliche, Menschen mit leichtem und mit schwerem Krankheitsverlauf: Langzeitfolgen nach einer Coronainfektion, das sogenannte Post-COVID-Syndrom. Langsam stellen sich die Rehakliniken in Deutschland darauf ein, lernen aus den gesammelten Erfahrungen. Aber die Verunsicherung bei Betroffenen und Expertinnen und Experten ist noch groß. Wie bekommt man die Folgen von Corona in den Griff? Dr. Brigitte Standke erkrankte im Frühjahr an COVID-19. „Ich habe durch die Erkrankung gelernt, geduldig zu sein“, erzählt sie.
    Davor war sie sportlich, aktiv und immer unterwegs. Sie arbeitete selbst als Radiologin. Die Diagnose liegt mittlerweile mehrere Monate zurück. Auch eine Reha in Heiligendamm ist vorbei. Geblieben sind ihre ständige Müdigkeit und Vergesslichkeit. Jetzt wartet sie. Darauf, dass sie nicht mehr nur in den Statistiken als „genesen“ aufgeführt wird, sondern sich auch so fühlt. Noch weiß sie nicht, ob und wann sie wieder in ihrem alten Beruf arbeiten kann, die Einschränkungen sind noch groß.
    Abgesehen von den körperlichen Beschwerden müssen Erkrankte auch abgewandte Blicke und Getuschel ertragen. Die einen sagen, er stelle sich nur an, andere wechseln die Straßenseite. Post-COVID-Betroffene werden oft ausgegrenzt, stigmatisiert. Denn ihre Symptome sind oft nicht eindeutig und nur schwer zu behandeln. Carolin Spillner kennt diese Erfahrungen aus ihrem Dorf. Sie hat zwei kleine Kinder, arbeitete als Intensivpflegerin. Nach der Erkrankung fühlt sie sehr schwach, kann ihren kleinen Sohn nicht mehr wickeln, weil es sie zu sehr anstrengt.
    So wie ihr geht es vielen: Die Zahl der Menschen in Deutschland, die 2020 an COVID-19 erkrankten, ist hoch. Zum Ende des Jahres waren es mehr als 1,7 Millionen. Ein zuvor unbekanntes Virus mit einem unbekannten Verlauf. Auch nachdem die Krankheit scheinbar überstanden ist, gibt es bei einigen etwas, das bleibt: Atemprobleme, extreme Müdigkeit, Lähmungserscheinungen oder Vergesslichkeit. Die Liste der möglichen Symptome ist lang. Was bisher niemand genau weiß: Wie lange bleiben sie? Und werden sie überhaupt wieder verschwinden? Lungenfachärztin Dr. Jördis Frommhold von der MEDIAN Klinik Heiligendamm war eine der Ersten, die eine speziell an COVID-Patientinnen und -Patienten angepasste Reha entwickelt hat.
    Sie ging mit ihren Erfahrungen an die Öffentlichkeit und machte auf die Langzeitfolgen aufmerksam. Einige der Menschen, die in die Reha nach Heiligendamm kommen, müssen neu atmen lernen. Andere langsam ihre kognitiven Fähigkeiten wiederaufbauen. Am Ende der Reha geht es den meisten besser, aber gesund sind viele noch immer nicht.
    Eine längere Zeit der Regenerierung nach einer schweren Krankheit ist nicht ungewöhnlich, gerade nach einer intensivmedizinischen Behandlung. Bei COVID leiden aber auch Personen mit einem leichten Verlauf langfristig an den Folgen. Und was ebenfalls neu ist: Bei anderen Krankheiten sind nicht Millionen Menschen betroffen. Das ist eine Herausforderung für das Gesundheitssystem und den Arbeitsmarkt. „Die Arbeitgeber müssen sich darauf einstellen, dass die Menschen nicht so schnell ins Berufsleben zurückkehren können“, glaubt der Medizinsoziologe Nico Dragano.
    Doch was bedeutet das? Die Autorinnen Antje Büll und Alexandra Bidian treffen für die „45 Min“-Doku Menschen, die am Post-COVID-Syndrom leiden und begleiten sie auf ihrem Weg zurück in ihr altes Leben. Im Gespräch mit Wissenschaftlern geben sie außerdem eine Einordnung in den aktuellen Stand der Forschung, über eine Erkrankung, die auch nach der akuten Phase schwere Folgen haben kann. Für den einzelnen Menschen, aber auch für das gesamte System. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 22.02.2021NDRDeutsche Online-PremiereFr 19.02.2021ARD Mediathek
  • Folge 346 (45 Min.)
    Wie umgehen mit den Rechten gleich nebenan? Ausgrenzen, tolerieren oder einbinden? „45 Min“-Reporter Hans Jakob Rausch sucht nach Antworten in norddeutschen Dörfern. „Die politische Einstellung meiner Dorfnachbarn stellt für mich kein Problem dar“, sagt Wolfgang Gresens. So wie der pensionierte Schäfer denken viele der 185 Bewohnerinnen und Bewohner im mecklenburgischen Groß Krams. Dabei sind die beiden Nachbarn, von denen Gresens spricht, Neonazis. Ragnar Böhm und Sebastian Richter, beide mit einschlägiger Vergangenheit: Böhm betrieb früher ein Bekleidungsgeschäft für Nazimarken, Richter war Bundesvorsitzender der NPD-Jugend.
    Sie ließen sich als „Unabhängige“ in die Gemeindevertretung wählen, sind in der Feuerwehr aktiv und geben sich als heimattreue Kümmerer. Eine Bürgerinitiative im Dorf wehrt sich, wird von der „schweigenden Mehrheit“ jedoch eher kritisch beäugt. Kein Einzelfall, sagt Daniel Trepsdorf vom mobilen Beratungsteam gegen rechts des Regionalzentrums Westmecklenburg mit Sitz in Ludwigslust. Der ländliche Raum sei besonders anfällig für Unterwanderung: „Hier ist es schwieriger dagegen anzugehen, weil die soziale Nähe groß ist.“ Fruchtbarer Boden für sogenannte „völkische Siedler“ wie Neonazi Sebastian Richter.
    Der Rechtsextremist hat die neue Strategie auf Facebook selbst beschrieben: „Graswurzelarbeit ist wichtiger als Parlamentssitze.“ Die Verantwortlichen des Fußballkreisligisten TuS Appen haben sich für Ausgrenzung entschieden, als sie erfuhren, dass ihr Neuzugang NPD-Vorsitzender in Hamburg ist. Vereinschef Diekert ist besorgt: „Stellen Sie sich vor, der wird hier Trainer und beeinflusst unsere Kinder!“ Ein mühsamer, jahrelanger Gerichtsprozess begann.
    Zweimal musste die Satzung des Vereins geändert werden, erst dann bekam der TuS Appen Recht und Lennart Schwarzbach wurde ausgeschlossen. Zumindest vorerst. Jetzt will Schwarzbach vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Seine Warnung vor einer Unterwanderung brachte ihn in Lebensgefahr: Hartmut Ziebs, ehemaliger Präsident des Deutschen Feuerwehrverbandes: „Die teilweise rechtsnationalen Tendenzen bei der AfD sind eine Gefahr für die Demokratie. Es wäre dramatisch, wenn die Feuerwehr da reinrutscht.“ Was darauf folgte, waren ein öffentlich ausgetragener Machtkampf in der Feuerwehr, persönliche Angriffe, Drohmails gegen Hartmut Ziebs und seine Familie und zuletzt ein toter Fuchs vor seiner Haustür.
    Am Ende trat er zurück. Aber er bleibt dabei, die Feuerwehr sei ein attraktives Ziel für Rechtsextreme. Seine Befürchtungen haben sich schnell bewahrheitet: Björn Höcke hielt beim Jahrestreffen des Landesfeuerwehrverbandes in Thüringen eine Rede. Und in der Feuerwehr Bremen flog im November 2020 eine rechtsextreme Chatgruppe auf. Ein „45 Min“-Film von Hans Jakob Rausch über Unterwanderungsstrategien der extremen Rechten und die schwierige Balance zwischen Toleranz und Engagement gegen rechts. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 01.03.2021NDR
  • Folge 347 (45 Min.)
    Viele Deutsche fahren am liebsten immer noch mit ihrem Auto in den Urlaub. Doch ohne gute Reifen droht die Fahrt in die Ferien zum Fiasko zu werden. Autoreifen sind ein boomender Markt und ein Milliardengeschäft. Allein in Deutschland werden jährlich mehr als 50 Millionen Reifen verkauft. Da stellt sich die Frage, wo deren wichtigster Bestandteil, der Gummi, eigentlich herkommt? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 08.03.2021NDR
  • Folge 348 (45 Min.)
    Blitz-Digitalisierung der Schulen in Deutschland dank Corona? Noch nie stand so viel Geld für Technik zur Verfügung: Fünf Milliarden Euro sollen die Einrichtungen aus dem DigitalPakt Schule des Bundes für Anschlüsse und Ausstattung erhalten, plus eine Milliarde für neue Endgeräte und weitere 500 Millionen für IT-Expertinnen und -Experten, die sie zum Laufen bringen. Zusätzlich haben die Länder noch eigene Förderprogramme aufgelegt. Nachdem die Digitalisierung jahrelang träge verschleppt wurde, heißt es jetzt: so viel wie möglich, so schnell wie möglich! Manche Schulen laufen zur Höchstform auf, schaffen mit neuer Technik, viel Mut und Kreativität die Grundlage für ein flexibleres, individuelleres Lernen der Zukunft.
    Andere erleben die ganze Trägheit des Systems: Gelder, die nie ankommen, Lernplattformen, die zusammenbrechen, und teure Endgeräte, die monatelang nicht ausgepackt werden, weil niemand sie bedienen kann. Während Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler an vielen Schulen frustriert auf Impulse von Land und Kommunen warten, ergreifen Unternehmen ihre Chance: Kleine Start-ups und große Tech-Konzerne drängen an die Schulen wie noch nie. Es herrscht Goldgräberstimmung. Und Apple, Google & Co.liefern nicht nur die Technik, sondern übernehmen die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer gleich mit.
    Welche Folgen hat das, jetzt und für die Schule der Zukunft? Die Filmemacherinnen Christine Seidemann und Rieke Sprotte haben mehrere Schulen vom ersten ins zweite Corona-Jahr begleitet. Zwischen Lockdown, Hybrid- und Wechselbeschulung erleben sie Fortschritt und Bildungschaos, meistens Letzteres. Sie treffen Lehrkräfte, die darum ringen, trotz Digitalisierungsdruck und Umsetzungsfrust die Motivation zu behalten. Und Schülerinnen und Schüler, denen maximale Flexibilität abverlangt wird und ein System im Umbruch. Kann so der Grundstein für die Schule der Zukunft gelegt werden? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 15.03.2021NDR
  • Folge 349 (45 Min.)
    Umjubelt, reich und berühmt: Viele Jungen haben den Traum, so zu werden wie ihre großen Fußballidole beim FC Bayern München oder bei Borussia Dortmund. Fast allen fehlt aber schon von klein auf das nötige Talent. Doch es gibt sie, die „Rohdiamanten“, Kinder, die schon früh das Talent mitbringen, das ein Fußballprofi braucht. In einer Langzeitbeobachtung wirft „45 Min“ einen Blick hinter die Kulissen, begleitet seit vier Jahren Kinder und Jugendliche, die diesen Traum leben. Am 24. September 2018 wurde die erste Folge im NDR Fernsehen ausgestrahlt. Nun kommt die Fortsetzung: Was ist aus den Träumen geworden? Wo stehen die jungen Fußball-Talente jetzt? Hat einer von ihnen schon den Durchbruch geschafft? Der damals neunjährige Michel zum Beispiel wird bereits vom HSV umworben.
    Der junge Torwart wird vor die Frage gestellt, sein Freundesumfeld für die ersten Schritte auf dem Weg zum Profi aufzugeben. Und Michel erlebt in diesem Winter, wie ihn Corona ausbremst: kein Training, keine Punktspiele, keine Talentsichtung. Hält er durch? Und was ist mit den beiden Top-Talenten Yari und Nick des Bundesligisten VfL Wolfsburg, die den Sprung in eine Bundesligamannschaft unbedingt schaffen wollen? Die „45 Min“-Autoren und NDR Sportreporter Michael Maske und Boris Poscharsky begleiten die Zwillingsbrüder von der Jugend bis zur Unterzeichnung ihres ersten Profivertrages, nicht beim VfL, sondern bei Eintracht Braunschweig.
    Können sie sich im knallharten Bundesligageschäft behaupten? Kontrastiert werden die Träume der jungen Fußballer mit der Situation eines gescheiterten Profis, dem Experten einst eine große Karriere prophezeit hatten. Er durfte für kurze Zeit Bundesligaluft schnuppern, stand unmittelbar vor dem Durchbruch.
    Doch dann ging es für ihn vereinsmäßig bergab, über die 3. und 4. Liga bis in die 8. Liga. Schlagzeilen machte das einstige Supertalent zuletzt nur noch in einer TV-Realityshow. Jetzt wird es schwer für den inzwischen 29-Jährigen, ohne Berufsausbildung in ein „normales“ Arbeitsleben umzusteigen. In den Vereinen Deutschlands spielen Hunderttausende Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, ganz groß im Fußball rauszukommen. Am Ende schafft es nur ein Bruchteil. Doch selbst bei dem, der einen Profivertrag ergattert hat, kann alles ganz schnell wieder vorbei sein. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 22.03.2021NDRDeutsche Online-PremiereSa 20.03.2021ARD Mediathek
  • Folge 350 (45 Min.)
    Der Ozean: Sehnsuchtsort für die einen, existenzieller Lebensraum für die anderen, Heimat unzähliger Lebewesen und Wasserstraße zu fernen Kulturen. Längst ist die Faszination Ozean aber in den Fokus wirtschaftlicher Interessen gerückt. Kreuzfahrten waren die boomende Branche der Tourismusindustrie. Für 2020 wurden mehr als 30 Millionen Passagiere erwartet, ein Millionengeschäft für Hafenstädte wie Venedig, Dubrovnik oder Marseille. Die Schiffsindustrie profitierte von Aufträgen für neue Kreuzfahrtschiffe mit immer ausgefalleneren Entertainmentangeboten auf See. Dann kam die Corona-Pandemie. Reedereien, Tourguides, Hafenarbeitende bangen um ihre Existenz.
    Doch die Krise birgt auch Chancen für die Umwelt. Während auf den ersten Kreuzfahrten nach dem Neustart die Reedereien mit Hygienekonzepten und alternativen Ausflugsangeboten versuchen, das Vertrauen ihrer Passagiere zurückzugewinnen, arbeiten Umweltschützende und Tourismusanbieter an Konzepten für maßvollen Tourismus statt Massentourismus. Wird die Kreuzfahrt wieder exklusiver? Wie wird, wie muss sich die Passagierschifffahrt verändern? „45 Min“ hat mit Menschen gesprochen, die Fernweh haben, und mit denen, die an der Zukunft der Kreuzfahrt arbeiten. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 29.03.2021NDR
  • Folge 351 (45 Min.)
    Irgendwann ging es einfach nicht mehr: „Dann eckst du in der Schule an und kriegst vermittelt, dass du nicht gut genug bist.“ Das erzählt der Hamburger Rapper Disarstar heute, mit 27, über seinen Schulabbruch. Mit 15 zog er zu Hause aus, kam in die Obhut des Jugendamts und hatte lange andere Dinge im Kopf als Schule. Ganz anders war es bei Hannah: Sie kommt aus einer Akademikerfamilie, ihre Noten waren gut. Trotzdem wollte sie nicht mehr in die Schule: „Es gab nur: zu Hause sein und Stress haben, dass ich nicht zur Schule gehe. Oder in die Schule gehen und die ganze Zeit Stress haben.“ Sie hielt das Klassenklima nicht mehr aus, wurde krank und hörte mit 14 auf, in die Schule zu gehen.
    Über 50.000 junge Menschen brechen in Deutschland jedes Jahr die Schule ab. Seit 2013 steigt die Quote der Schulabbrecher*innen, aktuell liegt sie bei 6,8 Prozent. Die Aussichten ohne Abschluss sind schlecht: Es droht Arbeitslosigkeit, denn Lehrstellen für Jugendliche ohne Abschluss gibt es kaum. Die Konsequenz: 2016 hatten mehr als ein Viertel der 25- bis 34-Jährigen keine Berufsausbildung, viele davon sind laut Expert*innen Schulabbrecher*innen.
    Wie kann es sein, dass so viele junge Menschen die Schule abbrechen? Und wer sind diese Menschen? Das wollten die „45 Min“-Reporter*innen Noura Mahdhaoui und Klaas-Wilhelm Brandenburg wissen und haben sich auf die Suche gemacht. Gefunden haben sie vier junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten und Träumen. Jean, 16, aus Greven in Mecklenburg-Vorpommern, hat den dritten Schulwechsel hinter sich. Eine Produktionsschule ist seine letzte Chance auf den Hauptschulabschluss. Baris, 16, kam in der Schule nicht mehr hinterher, wurde deshalb gemobbt und entschied schließlich, einfach nicht mehr hinzugehen.
    Bildungs- und Sozialforschende halten die Zahl der Schulabbrecher*innen in Deutschland für zu hoch. Zu viele junge Menschen würden immer noch durchs Raster fallen, obwohl ihnen geholfen werden könne. Und auch die Politik hatte sich andere Ziele gesetzt. Auf dem Bildungsgipfel 2008 vereinbarten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bildungsminister*innen der Länder: bis 2015 soll die Abbruchquote auf vier Prozent sinken. Erreicht wurde dieses Ziel nie, selbst Hessen, das Bundesland mit der geringsten Quote, verfehlt es.
    Otto Herz, Reformpädagoge und Mitgründer der Laborschule Bielefeld, nennt das kriminell und sagt, das darf nicht sein! Professor Heinrich Ricking, Bildungsforscher am Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, sieht Versäumnisse der Politik. Und die Lehrerin Janina Bähre aus Berlin-Neukölln ist überzeugt: „Die Kinder können nichts dafür!“ Die „45 Min“-Reporter*innen fragen bei ihnen nach: Was läuft schief im deutschen Schulsystem? Wie ginge es besser? Und was können Schulen und Politik tun, damit es weniger Schulabbrecher*innen gibt? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 12.04.2021NDR
  • Folge 352 (45 Min.)
    Ein Film über den Traum vom eigenen Häuschen und wie Familien dafür kämpfen, ihn zu verwirklichen. Tatsächlich ist der Kauf eines Grundstücks oder einer Immobilie schwierig wie lange nicht mehr. Die Preise für Bauland und der Baukosten für die eigenen vier Wände steigen seit Jahren rasant. Nicht nur in den Metropolen, auch in kleineren Städten haben sich die Boden- und Immobilienpreise allein in den vergangenen zehn Jahren zum Teil mehr als verdoppelt. Woran liegt das? Und was bedeutet es für junge Familien, die bauen oder ein Eigenheim kaufen wollen? Ist das Einfamilienhaus mit eigenem Garten und Carport ein Auslaufmodell? Gibt es Alternativen? Die Dokumentation von Ute Jurkovics und Thomas Karp sucht Antworten und begleitet zwei Familien aus Norddeutschland bei ihrer verzweifelten Suche nach einem bezahlbaren Haus.
    Zum Beispiel Familie Balci aus der Gemeinde Stuhr bei Bremen. Sie sucht seit fünf Jahren ein passendes Häuschen. Täglich forstet Nadine Balci sämtliche Immobilienportale durch, ist mit Sohn und Familienhund unterwegs, um Zettel mit Gesuchen aufzuhängen. Wenn Erdal Balci von seiner Arbeit als Trockenbauer nach Hause kommt, nehmen sie gemeinsam Besichtigungstermine mit Bewerbungsmappe und fertigem Finanzierungskonzept wahr.
    „Angesichts der Konkurrenz muss man schnell sein. Oft sind die Häuser am Tag nach der Besichtigung verkauft“, sagt Nadine Balci. Obwohl die beiden bereit wären, bis zu 600.000 Euro auszugeben, suchen sie bislang vergeblich. In Ballungsräumen ist Wohnraum insgesamt knapp. Es wurde zu wenig gebaut in den vergangenen Jahren. Gleichzeitig wanderten viele Fachkräfte nach Deutschland ein.
    Anleger, die aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsen in Immobilien investieren, heizen Nachfrage und Preise zusätzlich an. Der Effekt: Auch im Speckgürtel der Städte ist das Angebot mittlerweile knapp und teuer. In der 2500 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Gemeinde Siek, 20 Kilometer westlich von Hamburg, klagt Bürgermeister Andreas Bitzer, dass die gestiegenen Grundstückspreise für die Städter aus Hamburg, aber oft nicht mehr für Einheimische bezahlbar seien. Im Verdrängungswettbewerb um Häuser und Immobilien droht deshalb der dörfliche Charakter vieler Gemeinden verloren zu gehen.
    Selbst in Bad Bramstedt, das eigentlich nicht mehr zum Speckgürtel der Freien und Hansestadt Hamburg zählt, sind Baugrundstücke und Häuser nachgefragt wie nie. Die 50 Kilometer zur Arbeit nach Hamburg nehmen viele Leute dafür gerne in Kauf. Die Infrastruktur des Städtchens aber wächst nicht mit. Bad Bramstedt braucht neue Kitas und Schulen, eine größere Feuerwehr und Konzepte, um die Neubürgerinnen und -bürger in das Stadtleben zu integrieren. Für die klamme Gemeinde eine große Herausforderung.
    Wer bei dem Ansturm auf den angeheizten Immobilienmarkt nicht mehr mithalten kann, muss bei der Suche nach einem bezahlbaren Häuschen noch weiter raus. Davon profitieren Gemeinden, die noch vor ein paar Jahren unter Einwohnerschwund litten. Das niedersächsische Dorf Ottenstein ist eine Stunde von der nächsten Autobahn entfernt. Die Gemeinde hat Baugrundstücke verschenkt, um junge Familien anzulocken und den Ort vor dem Aussterben zu bewahren. Offensichtlich mit Erfolg. Das Filmteam hat Familien getroffen, die sich in Ottenstein niederlassen, nun aber sehr lange Anfahrten zur Arbeit in Kauf nehmen müssen.
    Der Traum vom eigenen Häuschen: ist er überhaupt noch zeitgemäß? Die Debatte darüber hat längst begonnen. So will der Bezirk Hamburg-Nord etwa in Zukunft kein Bauland mehr für Einfamilienhäuser ausweisen. Weil sie zu viel Siedlungsfläche verbrauchen und wenig nachhaltig sind. Der Vorstoß ist umstritten. Aber es gibt auch flächenschonende Alternativen wie ein Bauprojekt der Stadt Flensburg zeigt. Sie plant im Hafen eine Wohnsiedlung mit weniger Privat- und größeren Gemeinschaftsflächen. Ist das ein Wohnmodell der Zukunft? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 19.04.2021NDRDeutsche Online-PremiereSo 11.04.2021ARD Mediathek
  • Folge 353 (45 Min.)
    Arbeitslosigkeit, Armut, mangelnde Deutschkenntnisse: Im Kieler Stadtteil Gaarden verheißen die Statistiken gerade den Kindern keine gute Zukunftsperspektive. Genau hier wollen Nele Roos und Ronja Naujokat den Kampf für Kinderchancen aufnehmen: als Gründerinnen einer brandneuen Kita nach waldorfpädagogischem Ansatz. Das Kalkül: In der Einrichtung sollen sich zwei Gruppen mischen: Die Anhänger der Waldorfpädagogik aus ganz Kiel und die Gaardener Familien vom unteren Ende der Chancenleiter. Der Auftrag kommt von der Stadt Kiel, sagt Bürgermeisterin Renate Treutel (Bündnis 90/​Die Grünen): „Die Kita hat einen besonderen Auftrag: ein Ungleichgewicht an Chancen, die junge Menschen hier haben, auszugleichen.
    Deswegen ist diese Kita besonders gefordert, Kinder ganz individuell zu fördern, damit sie einen guten Schulstart hinlegen.“ So wie die fünf Jahre alte Liya. An einem Frühlingsmorgen treffen die Autoren sie und ihre Eltern auf dem Weg zum neuen Kindergarten. Sie haben sich schick gemacht: Liya mit Rock und Zöpfen, die Mutter trägt Schmuck, der Vater ein frisch gebügeltes Hemd.
    Ob sie aufgeregt ist vor ihrem ersten Tag? „Ja“, sagt Liya, lächelt, und wendet den Kopf wieder ab. „Wir wollen einen guten Start machen,“ sagt die Mutter. Ihre Tochter soll hier endlich Deutsch lernen und fit werden für die Schule, erzählt sie. In ihrer alten Kita habe das nicht funktioniert. Und sie selbst schaffe es auch nicht, ihrer Tochter die Sprache beizubringen, weil sie eben auch besser türkisch spreche: „Wir hoffen, dass sie die Eingewöhnung schafft und sich bald wohl fühlt im Kindergarten.“ Liya ist eines von fast 100 Kindern, die im Frühling 2020 die neue Kita im Kieler Stadtteil Gaarden mit Leben füllen.
    „Als wir zum ersten Mal durch den Rohbau gelaufen sind, ist uns bewusst geworden, was für ein Riesenprojekt das ist“, sagt Nele Roos, eine der beiden Leiterinnen an einem der ersten Tage nach Eröffnung. „Und dann das Gefühl: Jetzt sind wir hier die Chefinnen, da habe ich ein bisschen Angst gekriegt: Schaffen wir das?“ Wird die neue Kita den Ansprüchen von innen und außen gerecht? Die NDR Autoren Lucas Stratmann und Christian Schepsmeier begleiten die Kita durch ihr erstes Jahr.
    Sie erkunden, wie die Kita Ernestine gleich zu Beginn an ihre Grenzen stößt: Die Corona-Pandemie hängt wie ein Schatten über der Eingewöhnungszeit. Lockdowns und Quarantäne erschweren die Gruppenbildung. Und in der Praxis zeigt sich, dass Integration von Kindern mit diversen Förderbedarfen unter den politischen Rahmenbedingungen in Deutschland oft nur ein leeres Wort ist. So steht bei der kleinen Kimberly infrage, ob ihre körperliche Behinderung die Aufnahme in die Kita unmöglich machen könnte.
    Bislang hatte sich noch keine Einrichtung getraut, das Mädchen aufzunehmen. Bis die „Ernestine“ eine Idee hat. Und es gibt auch Lichtblicke: Liya lernt eine neue Freundin kennen, mit der sie sich nur auf Deutsch unterhalten kann. Und das hilft ihr auf dem Weg zur Schule vielleicht mehr als jeder Versuch, ihr die Sprache gegen ihren Willen beizubringen. „45 Min“ mit tiefen Einblicken in einen Mikrokosmos, der eine Geschichte über Bildungsperspektiven und frühkindliche Erziehung in Deutschland erzählt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 26.04.2021NDR
  • Folge 354 (45 Min.)
    Die Corona-Krise hat auch den Flugzeugkonzern Airbus in eine tiefe Krise gestürzt. Airbus ist die kühnste europäische Unternehmung des 20. Jahrhunderts. Der Konzern sieht sich als High-Performer der Weltwirtschaft, will an der Spitze der Luft-, Raumfahrt- und Rüstungsindustrie stehen. Das ist der Anspruch. Die Wirklichkeit ist ganz anders. So anders, dass sich die Frage stellt, ob Airbus überhaupt noch zeitgemäß ist. Ist Airbus nicht eher ein überholtes Relikt des 20. Jahrhunderts? 130.000 Menschen arbeiten für den Konzern weltweit.
    Mehr als drei Viertel seines Umsatzes macht Airbus mit zivilen Flugzeugen, Airbus hat Boeing als größter Produzent von zivilen Flugzeugen knapp überholt. Airbus ist aber auch ein bedeutender Rüstungskonzern, produziert Kampfflugzeuge und militärische Hubschrauber. Auch im Weltall ist Airbus aktiv, baut Satelliten und Raketen. So weit die Leistungen von Airbus. Dem gegenüber stehen große Probleme und Herausforderungen, etwa die Produktionswege. Beim Bau des Riesenflugzeugs A380 wird an 20 Standorte mitgewirkt, die Teile werden durch ganz Europa hin- und hergefahren oder geflogen.
    Die Klimabilanz ist verheerend. Zeitpläne, Liefertermine werden nicht gehalten. Jetzt ist das Aus des A380 beschlossen. Der Markt hat sich verändert, die Airlines haben nicht genug Passagiere, um den A380 wirtschaftlich zu betreiben. Milliardenverluste für Airbus, erklärt der Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Airbus ist zudem ein Milliardengrab für die Steuerzahlenden. 20 Milliarden Euro illegale Subventionen hat die WTO errechnet, bezahlt von Frankreich, Deutschland und der EU.
    Die WTO hat den USA Strafzölle genehmigt, sieben Milliarden Euro, die erhoben werden. Dennoch antwortet Thomas Jarzombek (CDU), Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt, auf die Frage nach den Subventionen für Airbus zunächst mit der Gegenfrage: „Was für Subventionen?“ Und dann ist da der Korruptionsskandal. Anfang 2020 ist Airbus zu 3,6 Milliarden Euro Bußgeld verurteilt worden. Denn Mitarbeitende des Konzerns hatten viele Jahre lang weltweit Schmiergelder gezahlt, viele Millionen, um den Verkauf der Flugzeuge anzukurbeln.
    Susan Hawley von Transparency International in Großbritannien bezeichnet die Korruption bei Airbus als Geschäftsmodell und stellt die Frage, ob der Konzern ohne Korruption überhaupt funktionieren kann. Airbus konnte einen Strafprozess abwenden, weil Richter wie die britische Richterin Victoria Sharp feststellten: Strafverfolgung und damit Ausschluss von wichtigen Märkten würde Airbus ruinieren. Too big to fail (zu groß, um zu scheitern). Die militärischen Projekte von Airbus sind eine weitere Achillesferse des Unternehmens, sehr fehleranfällig.
    Besonders der Transportflieger A400M, ein Projekt, das mehr als einmal vor dem Aus stand. Die Flugzeuge wurden und werden viele Jahre zu spät ausgeliefert. Das liegt auch daran, dass von politischer Seite interveniert wurde. Das Flugzeug braucht vier Mammut-Triebwerke. Solche Triebwerke sollten neu entwickelt und produziert werden, ein europäisches Triebwerk, obwohl es in Kanada und in der Ukraine geeignete Triebwerke gibt. Dafür wurde ein Konsortium aus vier Herstellern gebildet und ein weiterer Beweis geliefert für den Satz „viel Köche verderben den Brei“, wie der Militärexperte Thomas Wiegold erklärt.
    Bis heute sind die Probleme mit den Triebwerken nicht behoben. Auch die Satellitenprojekte von Airbus stehen unter keinem guten Stern, wie Sabine Klinkner, Professorin für Satellitentechnik, erläutert. Airbus und andere, etwa SpaceX von Elon Musk, wollen viele Tausend Satelliten in den Weltraum schießen, riesige „Satellitenkonstellationen“ aufbauen.
    Hier, so Professorin Klinkner, ist die Katastrophe unabwendbar, wenn Satelliten kollidieren, es zu einer Kettenreaktion kommt und ganze Konstellationen zerstört werden mit schwerwiegenden Folgen für das Leben auf der Erde, das mehr und mehr von Satelliten abhängt. Und die erdnahen Orbits werden mehr und mehr zugemüllt. Und dann ist da noch die größte Baustelle: das Klima. Flugzeuge tragen zu etwa sechs Prozent zum Klimawandel bei. Das klingt zunächst wenig, doch wenn man sieht, wie wenige Menschen auf der Welt fliegen, weit unter zehn Prozent der Weltbevölkerung, dann wird hier ein erheblicher Schaden durch einen recht kleinen Teil der Weltbevölkerung verursacht.
    Magdalena Heuwieser von der internationalen Organisation Stay Grounded und engagiert in der Klimagerechtigkeitsbewegung sagt daher auch: „Konzerne wie Airbus fliegen uns ungebremst in die Klimakatastrophe.“ Airbus arbeitet an emissionsfreien Antrieben, will bis 2035 ein emissionsfreies Flugzeug entwickeln. Aber bis dahin werden noch Zehntausende nicht emissionsfreie Flugzeuge gebaut.
    Und ein Flugzeug bleibt Jahrzehnte im Dienst. Benjamin Stephan, Verkehrsexperte von Greenpeace, spricht von „Realitätsverweigerung“ von Airbus. Hat der Konzern wirklich erkannt, was die Zukunft verlangt, was seine eigene Zukunft sichert? Philippe Petitcolin, Chef des Airbus-Zulieferers und Flugzeugausrüsters Safran, sagte in einem Interview: „Airbus glaubt offenbar, auch in 30 Jahren noch Flugzeuge so bauen zu können wie heute: Man nehme eine Röhre, klebe zwei Flügel dran und hänge zwei Motoren drunter. Fertig. Aber so wird es nicht mehr laufen.“ Nur: wie wird, wie kann es laufen? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.05.2021NDRDeutsche Online-PremiereSo 02.05.2021ARD Mediathek
  • Folge 355 (30 Min.)
    Was weiß man über die neuartigen Krebsmedikamente, über deren Wirkung, deren Nutzen und Schaden? Wie gut werden sie erforscht, bevor sie auf den Markt kommen? Wer kontrolliert die Anwendung in der Praxis? Marion Rink konnte die Symptome nicht einordnen. „Es kam nicht ein Wort aus dem Mund raus. Ich war wie gefangen im eigenen Körper. Und ich hätte das nie in Verbindung mit diesem Medikament gebracht.“ Eine Durchblutungsstörung im Gehirn, ausgelöst durch ein neuartiges Krebsmedikament. Die 62-Jährige leidet seit vielen Jahren an chronischer lymphatischer Leukämie (CCL).
    Irgendwann schlug die Chemotherapie nicht mehr an. Jetzt hoffte sie auf ein modernes Krebsmedikament. Über schwerwiegende Nebenwirkungen war zu dem Zeitpunkt nur wenig bekannt. 500.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Krebs, etwa die Hälfte kann dauerhaft geheilt werden. Doch je weiter der Krebs fortgeschritten ist, umso schlechter sind die Aussichten. Unermüdlich liefern die Pharmahersteller neue Therapeutika, die Forschung läuft auf Hochtouren. Und immer wieder ist von großen Durchbrüchen, von ganz neuen Wirkmechanismen die Rede.
    Zielgerichtete Hormontherapie, Antikörpertherapie, Gentherapie. Viele kommen in einem beschleunigten Verfahren auf den Markt. Hans-Georg Eichler, medizinischer Leiter der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), glaubt an die Strategie der schnellen Zulassung in der EU: „Das ist der richtige Weg, dass wir versuchen, Arzneimittel so rasch wie möglich für Patienten zur Verfügung zu stellen.“ Die Ausgaben für Krebsmedikamente sind in den letzten Jahren um über 50 Prozent gestiegen auf mehr als 8,6 Milliarden Euro in 2019. Ein profitabler Markt für die Pharmaindustrie und der größte Posten bei den Arzneimittelausgaben.
    Doch die Überlebensraten steigen nicht so stark an wie gehofft. „Wir sind in einer Situation, dass wir immer mehr beschleunigt zugelassene Arzneimittel mit immer weniger Sicherheit hinsichtlich des tatsächlichen Nutzens haben. Und wir sind in der Situation, dass wir dafür sehr, sehr viel Geld ausgeben“, beklagt Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMo 17.05.2021NDR
  • Folge 356 (45 Min.)
    Eigentlich gibt es genug Wasser im Norden. Aber: Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass nicht überall und nicht immer das Wasser für alle reicht. In Lauenau in Niedersachsen brach im August 2020 die Trinkwasserversorgung kurzfristig zusammen, Trinkwasser gab es nur im Supermarkt und die Feuerwehr verteilte in der Bevölkerung Wasser für die Toilettenspülung. Auch die Binnenschifffahrt auf Weser und Elbe musste 2020 aufgrund der niedrigen Wasserstände eingeschränkt werden. Besonders im Harz sieht man die Auswirkungen: Die großen Talsperren sind trotz der Regenfälle im Januar und Februar dieses Jahres noch nicht annähernd gefüllt. Deutschland ist nach wie vor ein wasserreiches Land. Von den rund 188 Milliarden Kubikmetern, die im Durchschnitt jedes Jahr durch Regen und Flüsse ins Land kommen, wird nur ein kleiner Teil verwendet.
    Aber durch die niederschlagsarmen Jahre seit 2018 hat sich die Lage in einigen Teilen des Landes verändert. Die Verfügbarkeit von Wasser ist regional und auch saisonal unterschiedlich. Und dadurch konkurriert heute Trinkwasserförderung mit dem Naturschutz und den Interessen von Industrie, Waldbesitzern, Landwirten oder Wassersportlern. Und die Konflikte verschärfen sich zunehmend durch die Klimakrise. Wem gehört das Wasser? Und wie kann es gerecht verteilt werden? „45 Min“-Autorin Inga Thiede fährt durch den Norden und spricht mit Wissenschaftlern und Landwirten, Wassermanagern und Poolbesitzern.
    Diese Dokumentation ist ein Beitrag zum Themenschwerpunkt „Kampf ums Wasser“ in den NDR Programmen am 7. Juni 2021. (Text: Tagesschau24)
    Deutsche TV-PremiereMo 07.06.2021NDR

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