Wenn Frauen morden Staffel 1, Folge 1: Madonna oder Mörderin
Staffel 1, Folge 1
1. Madonna oder Mörderin
Staffel 1, Folge 1 (45 Min.)
Die Reihe „Wenn Frauen morden“ erzählt die Geschichten von drei deutschen Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gemordet haben. Alle drei Fälle haben zu ihrer Zeit aus verschiedenen Gründen in der (Medien-)Öffentlichkeit großes Interesse geweckt. Und immer hat diese Reaktion, der „öffentliche Aufschrei“, auch etwas über das Innenleben der Gesellschaft insgesamt reflektiert. Anfang der 1950er-Jahre sorgte der Fall Ruth Blaue in ganz Deutschland für Aufsehen. Seinen Ursprung hatte er im Jahr 1946, als die Infrastruktur im Nachkriegsdeutschland kaum funktionsfähig war, Menschen zwischen den einzelnen Besatzungszonen hin- und herwechselten und Kriegsgefangene aus den Lagern heimkehrten. Damals waren die Bedingungen für die Aufklärung eines Kriminalfalles besonders ungünstig. 14. November 1946, Elmshorn bei Hamburg, ein verregneter Tag. Ein junger Mann und eine Frau schieben ein Fahrrad ans Ufer eines kleinen Teichs. Auf dem Sattel liegt ein schweres Paket. Der Mann, Horst Buchholz (22), schultert das Paket, steigt mit ihm ins Wasser. Ruth Blaue (32), die Frau, schaut ihm zu. Der Inhalt des Pakets: die Leiche des Ehemannes der Frau, John Blaue (32). Er ist mit fünf Axthieben getötet und dann in einen Teppich eingewickelt worden. Ein paar Tage später meldet Ruth Blaue ihren Mann als vermisst. Er wäre, so berichtet sie der Polizei, in den Osten gefahren, um dort einen Lkw für sein Fuhrgeschäft abzuholen. Ein Jahr später finden badende Kinder die halb verweste Leiche mit dem gespaltenen Schädel:
John Blaue. Es gelingt der Polizei nicht, den Toten zu identifizieren. Acht Jahre später (1954) sieht der ehemalige Leiter der Mordkommission Itzehoe die Akte „Ungeklärte Fälle“ durch. Er stößt dabei auf die Vermisstenanzeige von Ruth Blaue und beginnt zu recherchieren. Dabei stößt er auf so viele Ungereimtheiten, dass er Blaue und Buchholz verhaften lässt. Im Verhör machen die beiden immer neue, sich widersprechende Aussagen. Schnell ist klar: Die beiden sind ein Liebespaar. War ihnen der Ehemann im Weg? Es dauert nicht lange, bis sie die Tat zugeben. Doch wer wie und unter welchen Umständen am direkten Mord beteiligt war, das wird immer wieder anders behauptet. Am 14. November 1955 beginnt der Prozess vor dem Schwurgericht Itzehoe. Vier Tage vorher hat Buchholz sich in seiner Zelle umgebracht. Ruth Blaue ist geschockt. Von jetzt an bestreitet sie jede Beteiligung an dem Verbrechen. Aber sie hat bis zu diesem Zeitpunkt schon so oft ihre Version der Tat geändert, sodass das Gericht ihr nicht mehr glaubt. Dazu trägt auch das psychologische Gutachten bei, das feststellt, dass „die Angeklagte eine ungewöhnliche, in vieler Hinsicht abartige Frau ist. Ihr Temperament wechselt von der steifen Pedanterie bis zur enthusiastischen Überstiegenheit. Charakterlich ist sie ehrgeizig, ungewöhnlich geltungsstark und egozentrisch, kann sich Dinge so lange einreden, bis sie sie selber glaubt.“ Ruth Blaue wird verurteilt, 1969 nach 14 Jahren Haft freigelassen. Unheilbar an Krebs erkrankt stirbt sie am 27. Dezember 1972. (Text: NDR)