WDR Story Folge 58: Wer kontrolliert die Polizei? – Wo bleibt die Kontrolle?
Folge 58
Wer kontrolliert die Polizei? – Wo bleibt die Kontrolle?
Alternativtitel: Wer kontrolliert die Polizei?
Folge 58 (45 Min.)
Die Polizei – dein Freund und Helfer? Sven aus Köln hat das Gegenteil erlebt. Bei einem Polizeieinsatz wurde er grundlos geschlagen und verlor das Bewusstsein. Sein Fall landete vor Gericht. Doch angeklagt wurden nicht die Polizisten. Er selbst musste vor Gericht, wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Aus einem Opfer machte die Polizei einen Täter. Dreieinhalb Jahre dauerte es, bis er Recht bekam. „Ich zweifle sehr stark an unserem Rechtsstaat“, sagt Sven. „Da habe ich kein Vertrauen mehr.“ Immer wieder wird ungerechtfertigte Polizeigewalt gegen Bürger publik. Und nicht erst seit dem Polizeiskandal von Hessen steht auch der Vorwurf im Raum, bei der deutschen Polizei gäbe es Rassismus und Hinweise auf rechtsextremistische Netzwerke. In Hessen wurden unerlaubt persönliche Daten aus Polizeicomputern abgerufen. Unter anderem von einer Politikerin und einer Anwältin, die daraufhin rechtsextreme Drohschreiben erhielten. WDR und Handelsblatt haben gemeinsam recherchiert: Wer kontrolliert die Polizei in Deutschland? Wo können sich Bürgerinnen und Bürger beschweren – und finden sie Gehör? Das Ergebnis: Eine flächendeckende unabhängigen Kontrolle der Polizei in Deutschland gibt es nicht. Die Story geht zahlreichen aktuellen Fällen nach – und findet erschreckende Details heraus. Unsere Recherchen zeigen, dass sich betroffene Bürgerinnen und Bürger oft
nicht gegen Gewalt und Rassismus wehren können. Denn die zuständigen internen Stellen in der Polizei und auch die Staatsanwaltschaften gehen in vielen Fällen nicht entschlossen genug gegen Missstände vor. Gleichzeitig erleben Polizistinnen und Polizisten in Deutschland oft selbst Gewalt bei Einsätzen – wie in Stuttgart, wo eine Drogenkontrolle gegen einen 17-Jährigen eskaliert und 19 Beamte verletzt werden. Oder auch in Leipzig, wo jüngst Steine gegen Beamte fliegen. „Die Kollegen werden manchmal behandelt wie ein Fußabtreter“, so beschreibt der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Dietmar Schilff die Situation vieler Polizistinnen und Polizisten. Doch während Polizei und Staatsanwaltschaft mit der Härte des Gesetzes gegen solche Übergriffe vorgehen können, sieht es mit den Rechten von Bürgerinnen und Bürger, die von Polizeigewalt betroffen sind, anders aus. Denn sie müssen bei der Polizei selbst Anzeige erstatten. Menschenrechtler fordern deshalb seit Jahren, sich ein Beispiel an Nachbarländern zu nehmen, etwa an Dänemark, wo es die sogenannte „Unabhängige Beschwerdestelle“ gibt. Eine Einrichtung, bei der sich Bürgerinnen und Bürger wegen Polizeigewalt melden können. Diese Stelle ist nicht nur personell und finanziell gut ausgestattet. Sie ermittelt auch völlig eigenständig mit Befugnissen wie eine Staatsanwaltschaft. Und in Deutschland? (Text: WDR)
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