Schätze der Welt Pionierleistungen der Technik – Canal du Midi und Semmering (Frankreich/Österreich)
Doppelfolgen
Pionierleistungen der Technik – Canal du Midi und Semmering (Frankreich/Österreich)
30 Min.
Pionierleistungen der Technik, eigentlich ist der Titel falsch. Denn es sind immer Menschen, die solche Pionierleistungen vollbringen. Menschen, wie der französische Finanzbeamte Pierre Paul Riquet, der die Vision einer Binnenschiffsverbindung zwischen dem Mittelmeer und dem Atlantik verwirklichte. Der Canal du Midi ist eine technische Meisterleistung eines Einzelnen, eines von der Idee Besessenen, von Pierre Paul Riquet. Er fand die Lösung, wie ein Kanal, der zwischen dem Mittelmeer und Toulouse 190 Höhenmeter überwinden muss, ständig mit Wasser versorgt werden kann. Er plante ein riesiges Staubecken am höchsten Kanalpunkt, in dem die Wasser der Montagne Noir gesammelt wurden. Ein genau berechnetes System von Zuflüssen garantiert, dass der Kanal immer schiffbar ist. Riquet legte auf seinen Wanderungen durch Südfrankreich den Verlauf des Kanals fest, konstruierte Kanalbrücken, um die Flussniederungen auf einer „Wasserbrücke“ überfahren zu können, erfand Rundschleusen, die eine größere Manövrierfreiheit für die Boote gewähren, und er plante die Stadt Sete, den Mittelmeerhafen des Canal du Midi. Riquet gelang es, den Finanzminister Ludwig des XIV., Colbert, von seiner Idee zu überzeugen. Aber das königliche Geld reichte bei weitem nicht aus. Riquet investierte sein gesamtes privates Vermögen in die Verwirklichung des alten Traums vom Kanal zwischen den beiden Meeren. Seit 1995 ist der Canal du Midi als Weltkulturerbe von der UNESCO anerkannt. Weil er nur gut 100 Jahre für die Handelsschifffahrt benutzt wurden – danach war er für die dann größeren Schiffe zu
flach und der Transport per Bahn günstiger, – blieb dieses Meisterwerk in seiner ursprünglichen Form erhalten. Technik und Natur sind entlang des Canal du Midi eine einzigartige bezaubernde Symbiose eingegangen. Ein anderer Pionier war der Österreicher Karl Ritter von Ghega. Er hatte die Vision einer Eisenbahn über die Alpen. An alles hatten Karl Ritter von Ghega, der Planungschef der österreichischen Staatsbahn, und seine Mitarbeiter gedacht, als die Semmeringbahn am 18. April 1854 feierlich von Kaiser Franz Josef eröffnet wurde. Nur an eines nicht: der Schornstein der Lokomotive war für die Gloggnitzer Bahnhofshalle zu hoch. Bei der Einfahrt krachte er herunter und hüllte die feine österreichische Gesellschaft in Rauch und Ruß. Der Kaiser aber behielt die Nerven und Karl Ritter von Ghega durfte triumphieren. Die erste Hochgebirgsbahn der Welt konnte ihren Betrieb aufnehmen. Nur sechs Jahre früher, im Revolutionsjahr 1848, entschloss man sich zu ihrem Bau. Es war eine verwegene Unternehmung. Über den Gebirgspass Semmering führte der kürzeste Weg von Wien an die Adria. 42 Kilometer galt es zu überwinden. Viele Monate wanderte Karl Ritter von Ghega durch den Semmering um all die Schluchten und Berge kennen zu lernen. Die Bahnstrecke musste über Gräben hinweg, durch Berge hindurch und an Felswänden entlang gebaut werden. Ghega plante 15 Tunnel und 16, zum Teil zweistöckige, Viadukte. Zeitweise bauten bis zu 20.000 Arbeiter an der Bahnstrecke. 1998 wurde die Semmeringbahn und damit diese tollkühne technische Meisterleistung von der Unesco zum Weltkulturerbe ernannt. (Text: SWR)
Deutsche TV-PremiereFr. 30.05.2003Südwest Fernsehen