2024, Folge 231–249

  • Folge 231
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit Michael Roth, SPD, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, über seine Entscheidung, die Politik zu verlassen, das Verhältnis zu seiner Partei, sein Engagement für die Ukraine, die Rolle Europas und seinen Blick auf Russland.
    „Ich kann mir derzeit eine Lage, wo wir wieder zu kooperativen Verhältnissen zu Russland zurückkehren, überhaupt nicht vorstellen“, sagt der SPD-Außenpolitiker Michael Roth und warnt vor einer dauerhaften Bedrohung durch Russland. „Es wird auch nicht so laufen, dass es bei einem frühzeitigen Ableben von Herrn Putin sofort zu wunderbaren Verhältnissen kommt. Wir werden uns darauf einzustellen haben, dass der russische Imperialismus nicht nur putinscher Imperialismus ist, sondern dass er Teil der DNA dieses großen Reiches ist, das um seine Rolle und um seine Bedeutung in der Welt ringt.“ Der Rückkehr von Gewalt und Krieg könne man nur mit einem hohen Maß an Abschreckung und an Wehrhaftigkeit begegnen, so Roth.
    Mit Verweis auf die Präsidentschaftswahlen in den USA im November, erklärt Roth, dass Europa mehr Verantwortung übernehmen müsse. „Die Ukraine kann sich nicht mehr -genauso wenig wie Europa-, auf die USA verlassen. Wir wissen nicht, wie die Wahlen ausgehen, auch Biden ist etwas müde geworden.“ Diese Phase werde von keinem so richtig mit Leben oder mit Führung gefüllt. Wenn er mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Europa unterwegs sei, sei deren Erwartungshaltung an Deutschland klar, so Roth: „Ihr seid das größte Land in Europa. Ihr habt so wie kein anderes vom vereinten Europa profitiert. Ihr seid der Partner, auf den es im Wesentlichen ankommt. Und das gilt für alle Konflikte, und das gilt für alle Bewährungsproben. Da können wir uns hinter niemandem verstecken.“
    Am Ende dieser Legislaturperiode und nach 27 Jahren im Bundestag wird Michael Roth die Politik verlassen. Politik fände heute in einer Zeit statt, die stark von Aggression, von Wut, auch von Hass geprägt sei, so Roth.
    „Politik lebt im Wesentlichen vom Teamspiel, vom Miteinander“, sagt Roth. Vor allem in einer Partei werde es sehr schnell persönlich. „Wenn man auf einmal merkt, dass es in der eigenen Partei, also in der eigenen Familie, zu massiven inhaltlichen Unterschieden kommt, dann ist das sehr oft mit einer persönlichen Enttäuschung verbunden.“
    Michael Roth, der von 2017 bis 2023 dem SPD-Parteivorstand angehörte, hat „keinen Zweifel“, dass Olaf Scholz der nächste Kanzlerkandidat sein wird -selbst dann, wenn die Ampel vorzeitig zerbrechen sollte.
    Mit Blick auf sein Eintreten für die Unterstützung der Ukraine auch durch Waffenlieferungen, erklärt Roth: „Ich bin ja auch jemand gewesen, der sagte, Frieden schaffen ohne Waffen.“ Er habe den Fall der Mauer, den „Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur“, als große Befreiung, Emanzipation und „eine wichtige Wegmarke auf dem Weg hin zu einem friedlichen Europa gesehen“. Doch wenn man dann merke, dass man die Rechnung ohne die Diktatoren in dieser Welt gemacht habe, die wieder zum Mittel der Gewalt und des Krieges greifen würden, dann fasse einen das an. Roth, der bereits wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs in die Ukraine gereist ist, erklärt sein Engagement auch mit seinem Selbstverständnis als Linker. „Für mich war immer ein Satz entscheidend: Die Internationale erkämpft das Menschenrecht. Und da sind Menschen angegriffen worden und denen muss man beistehen und denen muss man zu Hilfe eilen – auch mit Waffen.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 21.06.2024 Phoenix
  • Folge 232
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Jörg Thadeusz mit Lars Ricken, Geschäftsführer Sport von Borussia Dortmund, über seine Karriere, seine Ziele für den BVB, den neuen BVB-Sponsor Rheinmetall, die Euro 2024 und seine Heimatstadt Dortmund.
    „Ich bin stolzer Dortmunder“, bekennt BVB-Sportchef Lars Ricken. „Ich bin ja nicht nur hier geboren, sondern auch mit der Liebe zum BVB erzogen worden. Mein Vater hat schon im Jugendbereich gespielt.“ Mit Blick auf die Äußerungen einiger Fußballfans bei der Euro 2024 zum Stadtbild Dortmunds, ergänzt Ricken: „Als gebürtiger Dortmunder kann ich ja durchaus sagen, dass wir jetzt nicht die schönste Stadt in Deutschland sind.“
    Bei der Euro 2024 würde er besonders auf die „taktischen Formationen“ achten, so Ricken. Er habe ein „großes Auge auf Kroos“, weil er glaube, der sei „der entscheidende Spieler für Deutschland“, an dem sich alles orientiere. Gerade durch seinen neuen Job als Geschäftsführer Sport würde er eher mit einem „analytischen Blick“ schauen. „Bei der einen oder anderen Mannschaft ist ja durchaus noch ein Spieler dabei, der vielleicht auch für uns noch mal infrage kommt.“ Ricken fügt hinzu: „Spieler von Borussia Dortmund haben aktuell die meisten Tore bei der Europameisterschaft geschossen.“
    Zu seinen sportlichen Ambitionen für den BVB erklärt Ricken, er könne keine Titel versprechen. „Ich glaube tatsächlich, dass es erstmal um unsere Haltung geht, um unsere Einstellung: Wie wollen wir Fußball spielen? Was wollen wir denn unseren Zuschauern bieten, die immerzu mit über 80000 ins Stadion kommen? Ich glaube, es geht erstmal darum, dass sie, wenn sie aus dem Stadion gehen, sich schon wieder aufs nächste Spiel freuen. Dass wir einfach mutig, offensiv sind, auch aggressiv vorne draufgehen. Ich glaube, wenn wir das schaffen, wenn wir das umsetzen, dann werden auch Erfolge kommen.“
    Mit Blick auf den neuen BVB-Sponsor Rheinmetall und der Kritik zahlreicher Fans daran, erklärt Ricken: „Wir wollen alle in Frieden leben. Wir wollen in Sicherheit leben, wir wollen Ruhe vor Konflikten haben. Aber mitten in Europa haben wir einen Krieg. Und ich glaube, da wird gerade auch viel Geld investiert. Wenn Deutschland, Europa, USA nicht diesen Aufwand betreiben würden, ich weiß nicht, ob wir dann jetzt hier überhaupt noch so entspannt sitzen und plaudern könnten.“ Natürlich sei es für den Verein auch ein kommerzielles Geschäft, so Ricken weiter. „Ist ja überhaupt kein Geheimnis. Wir leben davon, mit Sponsoren zusammenzuarbeiten, Geld einzunehmen, um damit den Verein, die Mannschaft, Transfersummen zu finanzieren und gleichzeitig aber auch Plattform für diese Unternehmen zu bieten.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 05.07.2024 Phoenix
  • Folge 233
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit dem Politikwissenschaftler und Juristen Albrecht von Lucke u.a. über die Auswirkungen des Attentats in Solingen auf die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen, die Gefährdung der Demokratie und die Bedeutung des Themas Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger.
    „Es ist ja völlig bemerkenswert, dass diese Wahl in all den großen Fragen eigentlich absolut bundespolitisch dominiert war“, sagt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke mit Blick auf die anstehenden Wahlen in den neuen Bundesländern. „Die großen Fragen, die diskutiert wurden, waren die Fragen der Migration, waren die Fragen der Inneren Sicherheit, zwar landesthematisch, aber mit der Migration konnotiert und damit auch eine große nationale Frage. Es war die Frage von Krieg und Frieden.“
    Das Thema Migration sei trotz der Warnungen der Kommunen vor Überlastung lange „sträflich vernachlässigt“ worden, so von Lucke. Doch wenn man verspreche, was nicht zu halten sei, würde das Glaubwürdigkeit kosten; der Politikwissenschaftler erinnert an die Worte des Kanzlers im Oktober 2023: „Wenn Olaf Scholz die Ankündigung macht, wir müssen endlich im großen Stile abschieben, obwohl wir faktisch wissen, dass das gar nicht möglich ist, weil es beispielsweise die afrikanischen Staaten gar nicht mitmachen – sie nehmen ihre Bürgerinnen und Bürger nicht wieder auf -, dann macht er den Bürgerinnen und Bürgern etwas vor, und das ist das Allerfatalste. Etwas zu versprechen, was nicht eingehalten wird, zahlt immer bei den Populisten ein.“ Gleichwohl habe die Regierung inzwischen „etliches geändert“, konzediert von Lucke.
    Das Thema Innere Sicherheit, das gerade nach dem Attentat in Solingen eine zentrale Rolle gespielt habe, sei generell wichtig für die Menschen, so von Lucke: „Das Grundbedürfnis jedes Menschen und auch das, was eigentlich wirklich Staatsräson ausmacht, ist der Gedanke, der Staat ist verpflichtet, für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen.“ In der Geschichte der Bundesrepublik sei immer die Sicherheit die entscheidende Frage für Wahlsiege gewesen, erklärt von Lucke. Sicherheit müsse dabei in einem „größeren Kontext“ gedacht werden. Gemeint sei nicht nur die Sicherheit auf den Straßen, sondern auch die soziale Sicherheit: „Und wenn diese Sicherheit erodiert, das erleben wir sicherlich jetzt ganz besonders stark, dann greift so etwas wie die Möglichkeit populistischer Kräfte, gegen die starken, vermeintlich starken Parteien, die von Höcke jetzt als „Altparteien“ diffamierten Parteien, Front zu machen. Und das erleben wir momentan in großem Maße.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 30.08.2024 Phoenix
  • Folge 234
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit dem Psychologen Stephan Grünewald über den Zustand der Gesellschaft, den Vertrauensverlust der Menschen in die Gestaltungsmöglichkeit der Politik und die Möglichkeit der Politikerinnen und Politiker, gegenzusteuern.
    „Die Menschen haben angesichts dieser vielen Krisen das Gefühl, wir kommen da nicht mehr raus“, sagt der Psychologe Stephan Grünewald mit Blick auf die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger beim Thema Sicherheit, Wohlstandsverlust, Klimakrise oder Krieg in der Ukraine. Die Krisen würden von den Menschen als „unwandelbar“ erlebt und seien mit großen „Ohnmachtsgefühlen“ verbunden, so Grünewald weiter. „Und die Menschen reagieren auf diese Krisen-Permanenz durch eine große Rückzugsbewegung, sie ziehen sich in ihr privates Schneckenhaus zurück.“ Grünewald führt mit seinem rheingold Institut für Marktforschung jährlich etwa 5000 Tiefeninterviews durch.
    Mit Verweis auf die von Bundeskanzler Olaf Scholz zitierte Zeitenwende, konstatiert Grünewald, dass wir in keiner „Aufbruchstimmung“ seien: „In unseren Tiefeninterviews stellen wir fest, diese Zeitenwende hat psychologisch betrachtet gar nicht stattgefunden.“ Die Menschen würden hoffen, dass die Zustände, die ihnen vertraut seien, „noch ein paar Monate, vielleicht ein oder zwei Jahre“ aufrechterhalten werden könnten. „Das führt natürlich insgesamt zu einer konservativen Bewegung, die wir auch bei den Wahlen erleben. Wir merken, dieser visionsarme Lebensraum, diese Aufbruchslosigkeit, die wird kompensiert durch eine Art Retro-Trend. Das heißt, die Menschen recyceln Aufbruchsstimmungen, Geborgenheitserfahrungen der 70er, 80er und 90er Jahre, um diese innere Leere zu füllen.“
    Den Vertrauensverlust in die Politik, erklärt Grünewald auch mit dem „Zank“ innerhalb der Regierung. „Zank ist psychologisch betrachtet etwas anderes als Streit. Beim Streit geht es immer um den Perspektivwechsel. Streit öffnet den Blick und sucht eine produktive Lösung in Form eines Kompromisses.“ Beim Zank hingegen würde es nur darum gehen, „Bitternis abzusondern, den anderen schlecht zu machen, sein Mütchen zu kühlen.“ Einmal sei es der Ampel gelungen, so Grünewald, aus diesem „zänkischen Modus“ herauszukommen. „Das war vor gut zwei Jahren bei der Energiekrise, weil auf einmal ein Problem klar benannt wurde. Da wurde nicht gesagt, es wird alles gut, wir machen einen Doppelwumms, sondern da wurde ganz klar gesagt, da ist ein massives Problem, wir haben zu wenig Gas, und wir müssen jetzt gemeinsam verhindern, dass wir in einen kalten Winter, in einen Blackout reinrauschen.“ Wenn die Probleme klar benannt würden, es eine klare Zielvorgabe gäbe, es müssten 20 % der Energie eingespart werden und die Menschen einen eigenen Beitrag leisten könnten, stellt das für Grünewald ein Beispiel für zukünftiges politisches Handeln dar.
    „Jeder hatte den starken Arm, um an der Armatur, am Thermostat zu drehen. Das stärkt die Selbstwirksamkeit. Wenn gleichzeitig noch das Gefühl da ist, es geht gerecht zur Sache, alle leisten ihren Beitrag, die Industrie, die besser Begüterten, der Sparsinn ist sozusagen kollektiviert, dann kommt es zum Erfolg.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 06.09.2024 Phoenix
  • Folge 235
    Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei EVP Manfred Weber (CSU) betont die Notwendigkeit der temporären Grenzkontrollen, die in Bayern bereits seit Jahren stattfänden: „Wir alle glauben an Schengen, und wir wollen Schengen verteidigen.
    Aber das Schengen-Recht sieht ausdrücklich vor, dass wir diese temporären Grenzkontrollen durchführen.“ Landräte und Bürgermeister bestätigten diesen Notstand. „Wir haben eine Situation, in der wir nicht mehr wissen, wie wir die Integrationsfähigkeit sicherstellen.“ Es gäbe eine „Kapazitätsgrenze“, so Weber, die jahrelang überschritten worden sei. „Es ist begründbar, dass Deutschland jetzt den Weckruf aussendet ‚Es kann so nicht weitergehen‘“, so EVP-Chef Weber im phoenix-Interview. Vor allem die Sekundärmigration sei das Problem, bei den Neuankünften in Europa gingen die Zahlen runter, sagt der CSU-Politiker. „Wir brauchen da gerechte Lastenverteilung“. Zudem seien die Entscheidungen, die die Union vorgeschlagen oder die Ampel nun getroffen habe – laut Weber – im europäischen Kontext nichts Ungewöhnliches, wenn man nach Dänemark und in die Niederlande schaue. Die Debatte sei deswegen so groß, da Deutschland in der Mitte liege und Grenzkontrollen deshalb viel mehr Auswirkungen hätten.
    Zurückweisungen fänden auch heute an der bayerischen Grenze nach Österreich statt und seien vom Europarecht gedeckt, wenn sie temporär seien. „Wir müssen Europa stärken. Es kann nur nachhaltig eine europäische Lösung – eine Lösung sein“, sagt der EVP-Vorsitzende bei phoenix. Weber begrüßt die Entscheidung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, bis zum Ende der Legislaturperiode 30.000 Frontex-Beamte einzustellen. „Ich würde mir wünschen, dass viele deutsche Beamte jetzt auch bei Frontex arbeiten,“ so Weber. Man müsse effizient den Personalaufwand bündeln und gemeinsam für einen starken EU-Außengrenzschutz sorgen. „Und deswegen appelliere ich auch an die Bundesregierung, diese Aufgabe ernst zu nehmen, nämlich die Außengrenze zu sichern und dort auch für Ordnung zu sorgen.“
    Bezüglich der Diskussion um Raffaele Fitto aus der Partei Fratelli d’Italia, der als Wirtschaftskommissar und möglicher Vize von Ursula von der Leyen im Rennen ist, betont Weber, dass Italien als EU-Gründungsland neben Frankreich und Deutschland auch in der neuen EU-Kommission einen Platz brauche. „Ich kann mir Europa nicht vorstellen ohne Italien“. Deutschland sei mit der Kommissionspräsidentin sowieso stark vertreten, so Weber. „Ich werbe dafür, dass wir das respektieren.“ Giorgia Meloni habe bewiesen, dass ihr Regierungshandeln auf europäischen Prinzipien basiere, sagt Weber. „Sie steht zur Ukraine. Sie ist klar transatlantisch. Sie hat europäische Kompromisse mitgetragen im Migrationspakt. Wenn sie rechtsradikal, Rechtspopulistin wäre, wäre sie doch nicht in der Lage. Sie hat den Migrationspakt mitgetragen, den die Grünen übrigens abgelehnt haben. Insofern ist sie loyal, will Lösungen in Europa erreichen“, so Weber. (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 13.09.2024 Phoenix
  • Folge 236
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Jörg Thadeusz mit der Schriftstellerin Katja Lange-Müller über ihre Sozialisation in der DDR, Humor als Notwehr und Unterschiede von Ost und West.
    „In der DDR gab es Verbote, in der Bundesrepublik gibt es Empfehlungen. Aber es gibt verdammt viele Empfehlungen. Diese Empfehlungen sind zum Teil auch sehr ernst gemeint. Also, der Mensch ist in seinen Freiheiten schon ein bisschen gegängelt, wenngleich nicht eingeschränkt“, sagt die Schriftstellerin Katja Lange-Müller, die in Ost-Berlin geboren wurde und die DDR 1984 verlassen hat, mit Blick darauf, dass einige Menschen eine eingeschränkte Meinungsfreiheit beklagen. Lange-Müller weiter: „Also, in der Bundesrepublik kommt man nicht ins Gefängnis, wenn man rummault und sich lustig macht über irgendwelche Politiker. Aber man wird natürlich in irgendeine Ecke gestellt, wenn man sich über die falschen Politiker lustig macht oder deren Politik kritisiert.“
    Katja Lange-Müller, die für ihre Werke u.a. mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis, den Alfred-Döblin-Preis und den Kleist-Preis ausgezeichnet wurde, wuchs als Tochter der SED-Politikerin Inge Lange in der DDR auf. Als Jugendliche wurde sie wegen „unsozialistischen Verhaltens“ der Schule verwiesen.
    Dass man sich in der DDR in einigen Milieus geborgen fühlen konnte, hält Lange-Müller für eine „Legende.“ „Ich habe mich in der DDR nicht besonders geborgen gefühlt“, erklärt die Schriftstellerin. „Ich fühlte mich strapaziert. Ich war einerseits die Bonzentochter, also eher wurde ich Bonzentochter genannt als Funktionärstochter, und andererseits war ich natürlich diese Figur, die mehrfach gescheitert war und die also ihr Dasein als Hilfspflegerin fristete.“
    Über den Humor, der viele ihrer Bücher auszeichnet, sagt Lange-Müller: „Ich denke, dass Humor eigentlich auch so eine Art Notwehr ist. Also, wenn ein kleiner Dünner von einem großen Dicken Prügel angeboten bekommt, hat er eigentlich nur eine Chance, der Prügel zu entgehen, er muss den großen Dicken zum Lachen bringen, dann haut der ihn nicht mehr.“ Mit Humor oder Komik könne man sich viele Sachen „vom Leibe halten oder sie zumindest auf Distanz bringen“, so Lange-Müller: „Und natürlich bin ich auch eine gebürtige Berlinerin und irgendwie gehört das dazu. Also, diese Art von Witz habe ich schon verinnerlicht.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 20.09.2024 Phoenix
  • Folge 237
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit Bernd Siggelkow, „Arche“-Gründer über seine Vorschläge zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland, den Einfluss von TikToK auf die Kinder und die Versäumnisse der Politik.
    „Wütend macht mich, dass wir seit 2001 einen Armuts- und Reichtumsbericht haben, in dem damals gesagt worden ist, wir haben 1,2 Millionen Kinder in finanzieller Armut“, sagt der Theologe Bernd Siggelkow, Gründer des christlichen Kinder- und Jugendwerks „Die Arche“. „Die Armutszahlen haben sich bis heute verdreifacht, die Geburten sind zurückgegangen. Und das, was an unseren Kindern nicht gelingt, das ist unterlassene Hilfeleistung. Und das ist eigentlich eine Straftat.“
    Bernd Siggelkow, der sich seit gut 30 Jahren um Kinder in Not kümmert, fordert monatlich 600 Euro für jedes Kind, wobei 300 Euro davon in die bessere Ausstattung von Schulen und Kitas investiert werden sollten. Und er schlägt ein Grunderbe vom Staat in Höhe von 20 000 Euro bei Erreichen des 18. Lebensjahres vor. „Auf der anderen Seite müssen wir uns die Frage stellen, was wird uns das denn kosten, wenn wir heute nicht in unsere Kinder investieren? Wir werden dann in den Strafvollzug bezahlen, wir werden in den Drogenentzug bezahlen, wir werden wieder Bürgergeld-Bezieher erziehen. In Deutschland braucht es vier Generationen, um aus der Armut nur eine Gehaltsstufe weiterzukommen. Und die Frage ist, wie lange können wir uns das noch leisten?“
    Die gesellschaftlichen Probleme würden sie in der „Arche“ hautnah miterleben, so Siggelkow. „Weil wir in jeder Krise auch irgendwie beteiligt sind, nicht als die Krisenstifter, sondern als die Problemlöser.“
    Eine große Herausforderung seien auch die sozialen Medien, berichtet Siggelkow: „Wir haben unglaublich viele Hassprediger, die über die TikTok-Kanäle die Kinder erreichen und versuchen, sie zu manipulieren. Das erleben wir ganz stark. Auch einen Antisemitismus zu verbreiten, auch zu sagen, ihr seid in ein Land gekommen, in dem euch alles versprochen wird und jetzt ist doch alles teuer. Und man kümmert sich nicht genug um euch, und ihr habt die Wohnung nicht, ihr lebt immer noch im Asylheim, über vier, fünf, sechs Jahre. Und der Staat tut nichts für euch, das sind alles Verbrecher. Und das erleben wir natürlich. Und da müssen wir versuchen, den Horizont unserer Kinder zu erweitern, indem wir ihnen Menschen zeigen, die nicht nur aus ihrer Kultur stammen.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 27.09.2024 Phoenix
  • Folge 238
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Jörg Thadeusz mit Oliver Welke, Autor und Satiriker, über sein Leben in Bonn, die „heute-show“ und über seinen Blick auf die Politik.
    „Das kommt in der Sendung vielleicht nicht genügend rüber, aber ich habe allergrößte Hochachtung vor jedem einzelnen Parlamentarier“, sagt Oliver Welke, Moderator der „heute-show“. „Auch vor Ministerien, vor Staatssekretären und erst recht Bundeskanzler“, so Welke weiter. „Es ist einfach ein absurdes mörderisches Arbeitspensum. Deswegen tut es mir auch so leid, dass in dem allgemeinen „Die da oben-Geschrei“ vollkommen untergeht, dass das die letzten sind, denen man vorwerfen darf, dass sie sich bereichern und dafür nichts tun.“
    In der satirischen „heute-show“, die seit nunmehr 15 Jahren am Freitagabend im ZDF zu sehen ist, würden sie „definitiv in alle Richtungen“ austeilen, erklärt Welke. „Ich kann nur aus dem Nähkästchen plaudern, dass über viele Monate Robert Habeck mit uns auch kein Wort mehr geredet hat. Also, wenn unsere Reporter draußen waren, ist er weitergelaufen. Ähnlich wie das manche Unionspolitiker, namentlich Friedrich Merz ja auch, mittlerweile zur Meisterschaft erhoben haben, vor uns wegzulaufen, hat der das auch gemacht.“ Wie bei jeder Satire-Sendung hätten es auch in der „heute-show“ in den letzten drei Jahren „die gerade regierenden Parteien prozentual mehr abgekriegt als Oppositionsparteien, auch als die AfD. Ich kann aber natürlich nicht aus Paritätsgründen so tun, als wäre die AfD eine völlig normale Partei. Das geht ja nicht.“
    Mit Blick auf den Umgang mit der AfD erklärt Welke: „So Themen wie AfD, die ja wiederkehrend sind und bleiben, da muss man dann irgendwann mal konstatieren, dass man selber ja auch -das geht jetzt gar nicht nur als Vorwurf an die Politik- es zu sehr dabei belassen hat, einfach nur zu sagen, „Vorsicht, die sind sehr rechts!“
    Das spannende Phänomen sei, so Welke mit Verweis auf die Parlamentswahl in Österreich, „dass wir, gerade jetzt auch gesehen in Österreich, mit FPÖ und AfD ausgerechnet im deutschsprachigen Raum zwei Parteien haben, die gegen den Trend in Europa, gar nicht mehr versuchen müssen, sich irgendwie gemäßigter zu geben, sondern die haben Erfolg damit, dass sie radikaler geworden sind. Ausgerechnet im deutschsprachigen Raum. Ich habe darauf auch noch keine Antwort und weiß nicht genau, warum das so anders läuft. Also, in Frankreich oder Italien ist das Erfolgsgeheimnis genau umgekehrt. Was sagt uns das über uns? Und warum ist das so?“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 04.10.2024 Phoenix
  • Folge 239
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Anke Plättner mit Christian Lindner, Bundesfinanzminister und FDP-Chef, über die schlechten Umfragewerte seiner Partei, Migration und Maßnahmen zur Unterstützung der deutschen Wirtschaft.
    Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sieht die Ampelregierung als entscheidende Ursache für die schlechten Umfragewerte seiner Partei, will daraus aber kurzfristig keine Konsequenzen ziehen. „Niemals würde ich eine Entscheidung über eine Regierung treffen, weil ich zuerst Wohl und Wehe meiner Partei im Blick habe“, erklärte Lindner im Fernsehsender phoenix und fügte hinzu: „Aus staatspolitischer Verantwortung sind wir in dieser Regierung, aber es ist kein Konjunkturprogramm für meine Partei.“ Oft müsse man Kompromisse schließen, „die die Wähler der FDP nicht begeistern, obwohl sie für das Land mindestens verantwortbar sind“.
    Die Ampelregierung, zu der auch die FDP gehöre, sei derzeit weitgehend unbeliebt. Doch das, schlussfolgerte Lindner, liege nicht an der FDP. „Eine schwarz-gelbe Koalition wäre die zweitbeliebteste Koalitionsoption in Deutschland, und da ist die FDP auch dabei.“ Im Übrigen werde die Arbeit der Regierung oft nicht fair bewertet, man habe in den zurückliegenden Jahren einiges erreicht. „Im Rahmen dessen, was unter den politischen Bedingungen möglich ist, führen wir das Land in die richtige Richtung. Wir regieren nicht schlecht.“
    Jetzt komme es darauf an, angesichts der großen Herausforderungen in den kommenden Wochen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zunächst gelte es Steuerschätzung und Konjunkturprognose für das kommende Jahr abzuwarten. „Dann werden wir Ende Oktober sehen, was der weitere Handlungsbedarf ist – ohne Steuerhöhungen und ohne an der Schuldenbremse zu manipulieren“, blickte Lindner voraus. Wer die Handlungsfähigkeit des Staates vergrößern und Investitionen erhöhen wolle, dürfe nicht an neue Verbindlichkeiten denken. „Die Lösung liegt nicht in Schulden, sondern darin, den Sozialstaat auf diejenigen Menschen zu konzentrieren, die ihn wirklich brauchen“, meinte der FDP-Vorsitzende.
    Der deutsche Sozialstaat sei derzeit „nicht hinreichend treffsicher“. Wegen irregulärer Migration, unzureichenden Beschäftigungszahlen ukrainischer Geflüchteter im deutschen Arbeitsmarkt und zu vielen arbeitsfähigen Menschen im Bürgergeldbezug müsse man Milliarden Euro aufwenden, so Lindner, der hinzufügte: „Der Regelsatz des Bürgergelds ist zu hoch, gemessen an der Inflation ist er überveranschlagt.“
    In diesem Zusammenhang distanzierte sich Lindner nicht wie Kanzler Scholz und Teile der SPD von einer sogenannten Anschubprämie für Langzeitarbeitslose bei einer Job-Aufnahme, die in der vergangenen Woche vom Bundeskabinett verabschiedet worden war. Der Beschluss gehöre zu insgesamt 120 Maßnahmen, die von der Bundesregierung im Zusammenhang mit der Wachstumsinitiative auf den Weg gebracht worden seien. Richtig sei, dass diejenigen, die zwölf Monate arbeiteten und dabei weder Bürgergeld bezögen noch Kosten für die Unterbringung geltend machten, diese Unterstützung erhielten. „In der Gesamtschau spart das dem Steuerzahler Geld. Die Idee der 1.000 Euro ist auch eine Lösung. Wir müssen es aber erklären“, sagte Lindner, der betonte, dass er persönlich einen anderen Weg bevorzugt hätte, nämlich den Menschen, die neben dem Bezug von Bürgergeld arbeiteten, einen höheren Selbstbehalt einzuräumen.
    Bei Fragen der Migration mahnte Lindner rasche Maßnahmen an, weil dies die Bürger endlich erwarteten. „Wir müssen Weltoffenheit, Vielfalt und Toleranz unseres Landes verteidigen gegen die autoritären Parteien. Das schaffen wir nur, wenn wir den Menschen sagen, Einwanderung hat nicht zur Folge, dass ihr einen Verlust von Wohlstand und Sicherheit spürt. Deshalb braucht es Ordnung, Kontrolle und Konsequenz“, war der Liberale überzeugt. Einwanderung nach Deutschland sei notwendig, doch die Regeln müssten geschärft werden. „Wir haben viel zu lange toleriert, dass es leicht ist, in unseren Sozialstaat einzuwandern und zugleich schwer ist, als qualifizierte und motivierte Person in unserem Arbeitsmarkt sein Glück zu suchen.“ Gerade bei dem Themenkomplex Migration und Sicherheit müssten rasch Antworten gegeben werden, darin sei man sich im Bundeskabinett einig gewesen.
    „Aber es ist ausgesprochen schwierig. Jetzt nehme ich wahr, dass aus der SPD und insbesondere bei den Grünen sehr viele Politiker gegen die Verabredung im Kabinett mobil machen“, zeigte Lindner für das Handeln der Koalitionspartner kein Verständnis.
    Notwendig sei im Übrigen, der deutschen Wirtschaft Zuversicht zu geben und bremsende Faktoren, auf die man Einfluss habe, auszuschalten. „Die Regierung ist bis dato nicht in der Lage, eine Richtung aufzuzeigen, wohin wir die deutsche Wirtschaft entwickeln wollen“, erklärte Lindner. (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 11.10.2024 Phoenix
  • Folge 240
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit Bodo Ramelow, DIE LINKE, geschäftsführender Ministerpräsident von Thüringen über die Existenzkrise seiner Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht und das Thema Migration.
    „Erstmal müssen wir uns als Partei sortieren. Das heißt tatsächlich, wir müssen auch strukturelle Veränderungen vornehmen“, sagt der geschäftsführende Ministerpräsident von Thüringen Bodo Ramelow mit Blick auf seine Partei DIE LINKE. Sie müssten aufhören, sich mit sich selber zu beschäftigen, so Ramelow weiter: „Also, der Feind ist nicht das Mitglied der Partei. Das Mitglied der Partei kann möglicherweise eine andere Meinung haben. Dann müssen wir mal anfangen, über die Meinungen zu reden. Und dann brauchen wir auch Entscheidungsprozesse, was ist Mehrheitsmeinung, was ist Minderheitsmeinung?“ Er sei manchmal in seiner Funktion als Ministerpräsident in einer „Meinungsposition“ gewesen, die nicht die Mehrheitsmeinung seiner Partei war.
    „Insbesondere, wenn es um die Frage Waffenlieferungen in die Ukraine ging, habe ich immer dokumentiert, dass das meine Position als Ministerpräsident ist und warum ich sie auch vertrete. Aber ich habe nie deswegen gesagt, ich werbe für Waffenlieferungen, weil ich Waffenlieferungen aus Deutschland insgesamt für falsch finde. Aber ich finde sie grundsätzlich für falsch.“
    Mit Blick auf seine Popularitätswerte in Thüringen erklärt Bodo Ramelow: „Die Entscheidung, dass ich ein Bündnis Bodo Ramelow gründen würde, um einfach Ministerpräsident zu bleiben, diese Entscheidung hätte ich so nie treffen wollen. Deswegen hat mich die Entwicklung um das Bündnis Sahra Wagenknecht dann ziemlich kalt erwischt, das gebe ich gerne zu. Und ich war auch der festen Überzeugung, dadurch, dass Frau Wagenknecht in Thüringen gar nicht kandidiert hat, dass der Erfolg von BSW sich niemals so abbilden wird, wie er sich dann tatsächlich abgebildet hat.“
    Bodo Ramelow geht davon aus, dass das BSW Teil der Regierung in Thüringen sein werde und eine sogenannte Brombeer-Koalition zustande komme. „Das BSW über Sahra Wagenknecht verlangt aber Dinge, die landespolitisch gar nicht in der Zuständigkeit des Landes liegen. Aber Frau Wagenknecht kommentiert jeden Tag, was ihre Landesverbände zu tun haben, wenn sie regieren. Das ist die gleiche Frau Wagenknecht, die mich fürs Regieren am Anfang kritisiert hat.“
    Mit Blick auf das Thema Migration, sagt Bodo Ramelow, dass Deutschland „geordnete Zuwanderung“ brauche: „Wie schaffen wir es, den Menschen tatsächlich das Gefühl zu geben, dass die, die als Geflüchtete zu uns gekommen sind, tatsächlich, so auch angefragt werden, dass sie Teil unserer Gesellschaft werden oder auch geprüft werden, ob sie überhaupt Teil unserer Gesellschaft werden wollen. Auch das würde ich gerne wissen.“ Einfach nur Asyl zu gebrauchen, um am Ende zu glauben, dass man damit in eine andere Welt komme, dafür sei das Asylrecht nicht gegeben, so Ramelow: „Deswegen ist die Frage: Was brauchen wir eigentlich? Wir brauchen geordnete Zuwanderung. Und deswegen ist diese Debatte, die wir den ganzen Tag nur über Geflüchtete führen, leider eine Debatte, die das gesellschaftliche Klima permanent zerstört. Denn eigentlich braucht Deutschland, braucht Thüringen, braucht Europa Zuwanderung.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 18.10.2024 Phoenix
  • Folge 241
    In der Sendung phoenix persönlich spricht Jörg Thadeusz mit dem Bestsellerautor Peter Prange über sein Aufwachsen im sauerländischen Altena, darüber, was ihn an Geschichte interessiert und über seine Sorge um Europa.
    „Wir haben doch heute auch wieder ein Europa, das uns 70 Jahre lang Frieden und Freiheit bei stetig wachsendem Wohlstand gesichert hat. Und was erleben wir heute? Wieder das Erstarken und Erblühen von Nationalismen“, sagt der Schriftsteller Peter Prange, dessen historische Romane regelmäßig zu Beststellern werden. Er warnt davor dieses Europa, „das dem Paradies für irdische Verhältnisse schon verdammt nahegekommen ist“ wieder zu verspielen.
    Die Zeit zwischen 1871 und 1914, die Prange in seinen neuesten Roman beschreibt, sei durch ihre „Janusgesichtigkeit“ gekennzeichnet, so der Autor. Einerseits sei das eine Epoche, in der sich die Nationalismen in Europa immer mehr verschärften. Andererseits habe es damals ein „offenes Europa“ gegeben. „Man konnte ohne Reisepass quer durch Europa reisen. Bedingt durch Eisenbahn, Telegrafie, Telefonie, Automobil wuchsen die Menschen zusammen, die Entfernungen schrumpften. Und es gab einen unglaublich großen produktiven Austausch über alle Grenzen hinweg, in der Kultur, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft. Wir hatten eigentlich das europäische Paradies bereits vor uns.“
    Der Schriftsteller Peter Prange, dessen Romane in 24 Sprachen übersetzt und zum Teil verfilmt wurden, erzählt geschichtliche Ereignisse und Entwicklungen anhand individueller Schicksale. Gleichwohl bekennt Prange: „Ich habe mich wirklich nie für Geschichte an sich interessiert. Also, die ollen Kamellen, die früher passiert sind, was gehen die mich an?“
    Doch sei er oft auf Geschichten gestoßen, von denen er gemerkt habe, die gingen ihn sehr viel an, „weil sie dazu beigetragen haben, wie wir wurden, was wir sind. In unserem Denken, Fühlen und Handeln. Und alle historischen Romane, die ich schreibe, ob das im 11. Jahrhundert spielt oder im 20. Jahrhundert, sind alles Romane, die Themen aufgreifen, die zu unserer heutigen Gegenwart ganz maßgeblich beigetragen haben. Und das ist eigentlich nun das, was mich an der Geschichte interessiert.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 25.10.2024 Phoenix
  • Folge 242
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit der Verhaltensforscherin Jane Goodall über ihre Pionierarbeit in der Schimpansen-Forschung, ihr Engagement für Natur- und Umweltschutz und darüber, was ihr Hoffnung gibt.
    „Ich setze große Hoffnungen in die jungen Menschen. Sie verstehen, wie wichtig es für ihre Zukunft ist, die Natur zu schützen“, sagt die Pionierin der Primatenforschung Jane Goodall.
    Goodall hat durch ihre Studien herausgefunden, dass Primaten nicht nur Werkzeuge nutzen, sondern selber herstellen. Sie erinnert sich daran, wie sie nach Cambridge ging, um ihren Abschluss zu machen und man ihr vorhielt, sie hätte den Schimpansen keine Namen, sondern Nummern geben sollen. „Ich durfte nicht über ihre Persönlichkeit, ihren Verstand oder ihre Gefühle sprechen. Aber als Kind lernte ich, dass das Blödsinn war. Mein Lehrer war mein Hund Rusty“. Erst allmählich habe sich die wissenschaftliche Meinung geändert und es sei weitgehend anerkannt, „dass es keine scharfe Grenze zwischen uns und dem Rest des Tierreichs gibt. Und es waren die Schimpansen, die dazu beigetragen haben, diese Grenze zu durchbrechen. Jetzt sehen wir also die erstaunliche Intelligenz nicht nur der Menschenaffen und Wale und Elefanten, sondern bis hinunter zum Tintenfisch und sogar von Insekten und Fischen.“ Ihr Résumé: „Ich habe gelernt, wie arrogant wir waren, zu denken, dass wir überlegen sind.“
    Jane Goodall, Gründerin des Jane Goodall Institute und UN-Friedensbotschafterin, sorgt sich um die Zukunft des Planeten: „Wir schicken Raketen auf den Mars, und kleine Roboter, die Fotos schießen. Wir haben das Internet entwickelt und jetzt auch, meiner Meinung nach erschreckenderweise, die KI. Aber es ist nicht intelligent, seine einzige Heimat zu zerstören. Deswegen sage ich: Wir haben die Weisheit verloren, nämlich die Weisheit, darüber nachzudenken, wie unsere jetzigen Entscheidungen die künftigen Generationen beeinflussen werden.“
    Jane Goodall verweist auf das Engagement vieler junger Menschen gerade auch in dem von ihr 1991 ins Leben gerufenen Jugend-Programm „Roots and Shoots“, das in zahlreichen Ländern aktiv ist: „Sie suchen sich selbst Projekte aus, mit denen sie die Welt besser machen können, für die Menschen, für die Tiere, für die Umwelt. Die Botschaft ist, dass wir alle einen Einfluss haben auf den Planeten, jeder Mensch, jeden Tag. Deswegen müssen wir weise entscheiden.“
    300 Tage im Jahr arbeitet Goodall auch heute noch, weil ihr die „Natur, die Tiere und die Zukunft unserer Kinder“ sehr am Herzen liegen würden. „Je länger ich lebe, desto weniger Zeit bleibt mir. Das Ende kommt näher. Und mit 90 bin ich diesem Ende näher. Das heißt, ich muss mich beeilen, aber es gibt noch weiteren Anlass zur Hoffnung. Die Natur ist unglaublich resilient, es gibt Orte, die wir komplett zerstört haben, selbst da kann die Natur mit Zeit und vielleicht ein bisschen Hilfe wieder zurückkommen.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 01.11.2024 Phoenix
  • Folge 243
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik über die Folgen des Bruchs der Ampelregierung, die Präsidentschaftswahl in den USA und die Pläne Donald Trumps.
    „Er muss sein Profil noch suchen, mit dem er in den Wahlkampf geht, das ist das Entscheidende. Er braucht noch ein bisschen Zeit“, sagt der Politikwissenschaftler Thomas Jäger mit Blick auf die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Vertrauensfrage erst am 15. Januar 2025 stellen zu wollen. Mit den 16 Prozent, die die SPD derzeit aufbringe, sei auch die politische Zukunft von Olaf Scholz „ziemlich düster“.
    Für die internationalen Beziehungen sei eine Minderheitsregierung problematisch: „Da kommen die Signale aus den USA ja jetzt schon, dass man diese Regierung nicht ernst nimmt. Und das ist kein guter Zustand“, so Thomas Jäger. Doch würden nicht nur die amerikanisch-deutschen Beziehungen darunter leiden, sondern auch die Stellung der Europäischen Union. „Ohne eine starke Bundesregierung ist die Europäische Union auch in den USA nicht wirklich zu hören.“
    Dass Trumps Wahlkampf, in dem Hetzreden und Diffamierungen an der Tagesordnung waren, abfärben könnte, bestätigt Jäger. „Das ist ja hier schon so. Wir haben das im Vorfeld der Landtagswahlen erlebt, wenn von der ‚dümmsten Regierung in Deutschland‘ etwa die Rede war, wie sie von Frau Wagenknecht tituliert wird.“ Oder wenn der Bundeskanzler einen Minister entlasse, mit dem er drei Jahre zusammengearbeitet habe und ihn ‚kleinkariert‘ nennen würde. „Also, das ist schon ein anderer Ton, der sich hier breitmacht.“
    „Er wird so regieren, wie er das vorgeschlagen hat im Wahlkampf“ – Außenpolitik-Experte Jäger ist überzeugt, dass Trump umsetzen werde, was er angekündigt habe: „Das ist der Umbau des amerikanischen politischen Systems, das ist der Umbau der Wirtschaft, nämlich auf Protektionismus“. Das sei weiterhin die „Schließung der Grenze“ und die „Deportation von Millionen Menschen“, das sei eine andere Klima- und Energiepolitik, „nämlich Öl und Gas fördern und auf Klima keine Rücksicht mehr nehmen“. Dafür habe Trump ein Mandat bekommen. (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 08.11.2024 Phoenix
  • Folge 244
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Eva Lindenau mit Claudia Major, Forschungsgruppenleiterin Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, unter anderem über die Folgen der Wahl Donald Trumps, neue Herausforderungen für die EU und über einen möglichen Frieden in der Ukraine.
    „Trump möchte einen anderen Staat. Er möchte komplett das System verändern“, sagt die Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Und für uns in Europa heißt das, die Geschäftsgrundlage verändert sich fundamental.“ Bei seinen Personalentscheidungen würden Loyalität, aber auch „Provokation oder Disruption“ eine Rolle spielen, so Major weiter. „Personen zu benennen, von denen man sagt, ja das geht doch nicht. Ich kann doch keinen Justizminister benennen, der Probleme mit der Justiz hat. Ich kann doch keinen Unternehmer benennen, der danach sagt, wie die Unternehmen besteuert werden. Da gibt es doch einen Interessenskonflikt. Und das ist für Trump offensichtlich kein Problem.“
    Die Europäer müssten sich auf diesen „Staatsumbau“ einstellen, aber auch auf die „Unberechenbarkeit“ Donald Trumps und darauf, dass die „große außenpolitische Priorität“ China und der Pazifik sei, „es ist nicht Europa. Also, China, Israel, und irgendwann Europa. Und Deutschland steht im Fokus der Kritik.“
    Es sei „außerordentlich unglücklich“, dass die beiden großen Staaten in Europa, die sonst Politik gestaltet hätten, also Frankreich und Deutschland, beide „innenpolitisch vollkommen absorbiert“ seien, erklärt die Politikwissenschaftlerin Claudia Major. Zwar habe Deutschland eine „funktionierende Regierung“, es gäbe „kein Machtvakuum“, doch sei es keine Regierung, „die gerade als der große Krisenmanager oder als große Führungsmacht“ auftrete. Hauptansprechpartner für Donald Trump wäre aber nicht Deutschland gewesen, so Major weiter, „wäre auch nicht Frankreich gewesen, sondern ist Giorgia Meloni. Vielleicht auch noch Viktor Orban. Also, die Frage ist, wie sich die Machtzentren gerade in Europa neu rütteln.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 15.11.2024 Phoenix
  • Folge 245
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit Prof. Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft über die Krise der Wirtschaft, mangelnde Risikobereitschaft, Veränderungsangst der Deutschen und die Folgen der US-Wahl für den globalen Handel.
    „Da gibt es zwei Gorillas in der Weltwirtschaft, die USA und China, die beide nicht mehr nach den Regeln spielen oder sich nicht mehr an die Regeln gebunden fühlen im gleichen Maße, wie das vorher der Fall war und wie wir sie eigentlich auch vereinbart hatten“, sagt der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft Moritz Schularick. Damit gerate die „offene Weltwirtschaft“ ins Wanken. „Das heißt wir haben wirklich von diesen drei großen, wichtigen Pfeilern des wirtschaftlichen Erfolgs der Bundesrepublik, also die starke Industrie, die Autoindustrie, der Maschinenbau, die alle jetzt auch vor dem Hintergrund dieser neuen Weltwirtschaft nicht mehr so gut dastehen, wir haben dazu die Fragen im Welthandel, wie es da weitergeht, also diese offene Weltwirtschaft kommt uns abhanden. Und dann müssen wir auch noch sehr viel mehr in die Verteidigung investieren.“
    Die Chinesen und die Amerikaner würden am liebsten mit jedem europäischen Land einzeln verhandeln, so Schularick. „Weil dann China und Amerika immer riesengroß sind und jedes einzelne europäische Land unglaublich klein.“ Um auf Augenhöhe zu verhandeln und zu sagen, „wenn ihr eure Industrien subventioniert, dann ist das ein Verstoß gegen das Regelwerk und dann müssen wir darauf reagieren“, müssten die Europäer zusammenstehen. „Europa ist der Resilienzraum, den wir auch als deutsche Volkswirtschaft haben.“
    Mit Blick auf die Wirtschaftskrise, fordert Schularick: „Wir brauchen ein Aufbruchssignal, es muss auch für alle klar werden, wir müssen neue Wege gehen, wir müssen viel innovativer sein, wir müssen schneller werden, wir müssen wieder unternehmerischer werden.“ Auch im Bereich Technologie müssten wir die „Ärmel hochkrempeln“. „Wir sind die Besten in der Technologie des letzten Jahrhunderts. Wir sind nicht die Besten in der Technologie dieses Jahrhunderts.“
    Wir seien zu „Veränderungsangsthasen“ geworden, so Schularick weiter. Das habe auch mit unserer alternden Gesellschaft zu tun. „Wenn man älter wird, wird man nicht unbedingt veränderungsbereiter.“ Man würde immer zunächst die Risiken sehen. „Das stört mich sehr, auch in der deutschen Debatte, in der politischen. Die zwei Wörter, die am häufigsten vorkommen sind: Bewahren und erhalten. Also, es ist nicht: Umdrehen, verändern und neu machen.“
    Eine Reform der sozialen Sicherungssysteme, um diese „zukunftsfest“ zu machen, steht für den Ökonom Schularick außer Frage. „Wir leben in einem Land, in dem aktuell ein Drittel, ein Drittel der Steuereinnahmen des Bundes in den Rentenzuschuss geht. Und wenn sie Gestaltungsspielräume im Bundeshaushalt haben wollen, wenn sie im nennenswerten Umfang in die Zukunft, in die Bildung, in Forschung und Entwicklung, in die Energiewende, in Infrastruktur investieren wollen, dann müssen sie, wenn sie keine neue Schulden machen wollen, an dieses Drittel ran.“
    Zur Debatte um die Schuldenbremse erklärt Schularick, er sei „kurzfristig in jedem Fall“ dafür, die Schuldenbremse „für die Verteidigungsinvestition zu öffnen“. „Ich halte es für geradezu absurd, dass wir in existenziellen Fragen von nationaler Sicherheit unsere Handlungsfähigkeit auf internationalem Parkett davon abhängig machen, wie gerade die politische Konstellation rund um Notlagenbeschlüsse und Mehrheiten gelagert ist. Da brauchen wir Handlungsfähigkeit gerade in dem Umfeld, das wir jetzt haben mit Trump und den Nominierungen, die er vorgeschlagen hat fürs Verteidigungsministerium und für andere Posten.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 22.11.2024 Phoenix
  • Folge 246
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Jörg Thadeusz mit dem ehemaligen deutschen Botschafter in Polen Arndt Freytag von Loringhoven über sein Interesse an Russland, seine Erfahrungen als Diplomat, über Wladimir Putin und über Russlands hybriden Krieg.
    Der ehemalige Diplomat Arndt Freytag von Loringhoven warnt vor hybriden Angriffen Russlands. Dabei sei Deutschland besonders im Fadenkreuz, weil „Deutschland der zweitgrößte militärische Unterstützer der Ukraine ist, weil Deutschland generell ein einflussreiches Land in der EU und der NATO ist, es aber andererseits viel Nährboden für Einflussnahme und Manipulationen aus Russland bietet wie etwa durch die Tradition der Friedensbewegung oder auch der „Russland-Versteher“ in Deutschland.“ Es handele sich um eine sehr breitflächige Aggression eines Landes gegen ein anderes Land, „unterhalb der Schwelle eines traditionellen Krieges“, sagt Freytag von Loringhoven.
    Das könnten beispielsweise Angriffe auf die kritische Infrastruktur sein, Versuche, in Wahlen oder Debatten manipulativ einzugreifen oder „sogar ein Mord“. „Also, ganz viele verschiedene Nadelstiche, kann man es vielleicht nennen, die letztlich übergeordneten Zielen dienen, nämlich uns einzuschüchtern, uns zu verwirren, das Vertrauen in unsere Demokratie auszuhöhlen und natürlich ganz konkret die Solidarität mit der Ukraine zu unterminieren.“
    Dieser „Schattenkrieg“ oder hybride Krieg Russlands in Deutschland, so Freytag von Loringhoven weiter, sei „extrem diffus und heißt nicht umsonst Schattenkrieg, weil man ihn eben nicht so richtig wahrnehmen und sehen soll, da muss man sich schon sehr anstrengen, um das alles zu entziffern.“ Es gäbe in Deutschland kein „allgemeines Bewusstsein“ über diese Bedrohung: „Wir unterschätzen das und sind auch nicht gut genug aufgestellt, um das zu begreifen und um uns zu wehren“
    Das Thema Russland habe ihn immer fasziniert, erklärt Freytag von Loringhoven, der u.a. an der deutschen Botschaft in Moskau gearbeitet hat. „Persönlich begann das bei mir als ich in den Auswärtigen Dienst eintrat, 1986, dann kam ja die Perestroika-Phase und dann die deutsche Einheit. Und Gorbatschow war eigentlich die wichtigste Person in der internationalen Politik damals.“ Und er habe eine „familiäre Vorprägung“, weil seine Vorfahren als Deutsch-Balten in Estland gelebt hätten, das lange russisch gewesen sei. (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 29.11.2024 Phoenix
  • Folge 247
    Der designierte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch verteidigt im „phoenix persönlich“ bei Eva Lindenau den Ukraine-Kurs von Bundeskanzler Scholz. „Olaf Scholz hat immer wieder versucht den Draht zum russischen Präsidenten Putin tatsächlich herzustellen, ist dafür teilweise ausgelacht worden, wenn er jetzt telefoniert hat,“ sagte Miersch. Diplomatische Schritte seien unerlässlich, auch wenn man „von denen nicht den großen Wurf erwarten kann.“ Deutschland sei nach den Vereinigten Staaten der größte Unterstützer der Ukraine. „Wir versuchen allerdings auch, sehr abwägend zu gucken, wenn es um Waffenlieferungen geht. Wir versuchen, alles dafür zu tun, dass es nicht eine weitere Eskalation gibt, dass wir nicht zur Kriegspartei werden als Bundesrepublik oder als NATO.“ Auf die Frage, ob man versuche mit dem Thema Krieg und Sicherheit Wahlkampf zu machen, entgegnet Miersch: „Fakt ist, dass sich viele Menschen Sorgen machen.“
    Miersch hofft, dass noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der CDU/​CSU-Fraktion wettbewerbsfähige Industriestrompreise angegangen werden, um dem Stellenabbau, besonders in der Stahl- und Automobilindustrie, entgegenzuwirken. „Die Netzentgelte sind das Problem und hier hat Olaf Scholz am Samstag ja einen Vorschlag gemacht, das einzufrieren,“ so Miersch bei phoenix. „Die Energiequellen sind nicht mehr das Problem,“ doch werde der Netzausbau auf die Stromrechnung gelegt, was dazu führe, dass Strompreise an vielen Stellen zu hoch seien.
    Das Ende der Ampel-Koalition habe Miersch unvorbereitet getroffen, denn trotz aller Entwicklungen, sei er davon ausgegangen „dass auch Christian Lindner diese Verantwortung spürt und dass sich alle wieder zusammenreißen. Insofern ist das dann etwas gewesen, was mich am Ende dann doch überrascht hat.“ Dennoch habe sich letztlich an den Unterstützungsgeldern an die Ukraine gezeigt, dass es keine Übereinkunft mit der FDP gegeben hätte, da diese scheinbar den Ausstieg geplant habe. „Insofern war es der richtige Zeitpunkt, es zu beenden“, sagt Miersch. Bezüglich der anstehenden Bundestagswahl stehe die Partei nun geschlossen hinter Olaf Scholz als Kanzlerkandidat.
    Mit Blick auf die vorgezogene Bundestagswahl und die aktuelle Situation in Frankreich ist der SPD-Politiker zuversichtlich, dass es gelingen werde, die Menschen bis zum 23. Februar davon zu überzeugen, dass die Extreme überhaupt nicht die Lösung seien. „Ich hoffe, dass wir hier nicht die französischen Verhältnisse bekommen. Wir haben das teilweise in den Landtagswahlen gesehen, dass die AfD unerträglich hohe Stimmenanteile bekommen hat. Dennoch sehen wir mit Marine Le Pen in Frankreich beispielsweise jemanden, der da sehr populär ist. Das hoffe ich nicht, dass es dazu in Deutschland irgendwann mal kommt.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 06.12.2024 Phoenix
  • Folge 248
    Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki äußert sich im phoenix persönlich bei Inga Kühl zum sogenannten D-Day-Papier der FDP: „Ich hab drauf bestanden, dass Carsten Reymann entlassen wird“. Der FDP-Politiker habe zunächst geglaubt, das Papier sei von einem Praktikanten. „Ich hab gar nicht gesehen, dass da Carsten Reymann drüber stand.“ Reymann habe nach der ersten öffentlichen Berichterstattung zum Begriff D-Day weder Lindner, noch Bijan Djir-Sarai oder Kubicki darüber informiert, dass es ein Papier mit diesem Titel gebe, so der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende.
    „Und hat uns 14 Tage lang sozusagen auch bei den Medien gegenüber erklären lassen, das ist eine Lüge, das stimmt nicht. Das ist schon ein Vergehen, ein Fehler, den man nicht hinnehmen kann. Aber viel schlimmer ist für mich, dass in dem Papier aufgelistet war, von dem Bundesgeschäftsführer der eigenen Partei, wie man Wege finden kann, an den Gremien der Partei vorbei etwas zu organisieren. Das ist eine solche Form von Insubordination, das kann sich keine Organisation gefallen lassen.“ Kubicki selbst habe den Begriff „D-Day“ in keinen internen Sitzungen gehört oder gebraucht.
    Auf die Frage zu der gescheiterten Ampel-Koalition, erklärt Kubicki, man habe sich beim Thema Schulden nicht einigen können. „Die Idee, nicht, durch mehr Schulden einfach nicht sparen zu müssen und nicht priorisieren zu müssen, die kann man haben, aus meiner Sicht ist sie falsch. Sie ist jedenfalls mit mir persönlich und mit der FDP nicht zu machen.“ Für Deutschland wünsche sich Kubicki, auch wenn man über die Begrifflichkeiten streiten könne, „etwas mehr Milei bei dem Mut, an die Bürokratie heranzugehen und etwas mehr Musk bei dem Mut, Erfolg zu haben, das würde ich mir auch für uns schon wünschen“.
    Über Elon Musk sagt Kubicki: „Ich würde mich schon freuen, wenn wir deutsche Unternehmen hätten, die in der Lage wären, eine Rakete auch wieder nach Hause zu bringen. Wir haben ja nicht mal Unternehmen, die eine Rakete abschießen können.“ Zudem habe Deutschland noch nie so wenig Freunde gehabt: „Ich hätte mir nie vorstellen können, ( …) dass Notre-Dame eröffnet wird, aber der französische Präsident den deutschen Kanzler nicht einlädt, ( …), dass die Polen eine Konferenz abhalten, Macron einladen, aber Deutschland nicht einladen.“ Bezüglich des Falls des Assad-Regime in Syrien und der Diskussion um Rückführungen erklärt der Bundestagsvizepräsident: „Es macht gegenwärtig keinen Sinn über Rückführungen zu sprechen, weil wir noch gar nicht wissen, wie die Lage aussieht, also, das geht rechtlich schon gar nicht, weil die Lage unübersichtlich ist.
    Und es wäre auch menschlich nicht zu verantworten.“ Dies könne erst geschehen, wenn klar sei, dass es eine stabile Regierung gebe, die „ein Mindestmaß an Rechtstaatlichkeit gewährleistet“.
    Die Konsequenz des Rechtsstaates sei es aber auch diejenigen zurückzuschicken, bei denen der Schutzstatus dann entfallen würde. Man müsse aber auch qualifizierten Arbeitskräften ein Angebot machen, vor allem wenn sie „bereits in den Arbeitsmarkt integriert sind, wenn sie bereits sozial integriert sind, dann wäre es auch in unserem eigenen Interesse, sie würden hierbleiben,“ sagt Kubicki. Man müsse jetzt aber kontrollieren, dass unter neuen Asylsuchenden nicht „Schergen des Assad-Regimes“ nach Deutschland kommen. (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 13.12.2024 Phoenix
  • Folge 249
    In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Theo Koll mit Herbert Reul, CDU, Innenminister von Nordrhein-Westfalen u.a. über aktuelle Bedrohungen der inneren Sicherheit, über die sogenannte Clankriminalität und seine Erfahrungen mit den Grünen.
    „Nö, tut er auch nicht“, entgegnet NRW-Innenminister Herbert Reul, CDU, auf die Frage, ob Friedrich Merz sich der Ansage von Markus Söder beugen müsse, keine Koalition mit den Grünen einzugehen. Es seien die Wähler, die entscheiden müssten, wer wie viele Stimmen bekomme. „Ich habe mir abgewöhnt, über Szenarien zu reden, wo ich noch gar nicht weiß, wie die sind. Ich habe ein einziges Interesse: Dass bei dieser Wahl so viel in der demokratischen Mitte zusammenkommt, dass die Ränder uns nicht lahmlegen können.“
    Seine Erfahrungen mit den mitregierenden Grünen in Nordrhein-Westfalen, bezeichnet Herbert Reul als „überraschend positiv“. Reul weiter: „Für mich sind die Grünen auch nicht der natürliche Bündnispartner. Und wenn ich mir das in Berlin anschaue, fällt mir viel ein, was da schiefläuft. Aber wir kommen mit denen ordentlich gut klar. Warum? Weil wir das rational machen. Also, wenn wir ein Problem haben, reden wir miteinander und zwar nicht über die Zeitungen, sondern direkt. Dann versuchen wir immer irgendwie einen Weg zu finden, wie man einen Kompromiss hinkriegt, weil der Wähler hat entschieden, dass wir was liefern müssen.“
    Seine Politik der „Nadelstiche“ beim Thema „Clankriminalität“ verteidigt Reul gegen Kritik aus der Opposition. „Die Razzien, diese Nadelstiche, die sind ja auch nur ein Teil der Botschaft. Also, im Grunde wollen wir denen nur zeigen, ihr könnt hier nicht machen, was ihr wollt, es gilt bei uns das Recht des Staates und nicht das Recht der Familie. Punkt.“ Dass die Zahlen gestiegen seien, erklärt Reul mit intensiver Ermittlungsarbeit. „Wenn sie mehr ermitteln, wenn sie mehr Leute auf die Straße schicken, wenn sie nachts Razzien machen, wenn sie Ermittlungsverfahren ansetzen, dann haben sie auch mehr Täter am Ende, das ist doch vollkommen klar.
    Wenn sie nichts suchen, finden sie auch keinen Täter, haben sie kleine Zahlen. Also, insofern eine hohe Zahl an Kriminalität ist kein Beweis von Untätigkeit, sondern von tollen und fleißigen Polizisten. Das ist die Wahrheit. Man zieht Sachverhalte ans Tageslicht, die bisher im Dunkeln waren.“ Für Nordrhein-Westfalen gebe es bisher keine Hinweise, dass Clanstrukturen in staatliche Strukturen vorgedrungen seien, so Reul. „Ich weiß, dass andere Bundesländer da eher Hinweise haben. Wir bisher nicht. Sicher sein, kann man da nie.“
    Mit Blick auf den anstehenden Wahlkampf erwartet Reul russische Cyberattacken, möglich seien auch Angriffe auf die Infrastruktur, dieses Thema habe die Politik nicht ernstgenommen. „Bei der Flut haben wir gemerkt, Katastrophen können bei uns sein, beim Ukraine-Krieg – Krieg gibt es, nicht nur im Fernsehen, woanders, sondern sogar in der Nähe. Und jetzt merken wir es bei dem Thema Infrastruktur. Das ist gefährdet.“ Und wir seien nicht ausreichend gewappnet, so Reul: „Eindeutig nicht. Ich glaube, die Politik ist im Tiefschlaf gewesen, was Krieg und Frieden angeht, was äußere Sicherheit angeht, bei innerer Sicherheit und bei Katastrophenschutz genauso.“ (Text: Phoenix)
    Deutsche TV-Premiere Fr. 20.12.2024 Phoenix

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