„Bitte warten …“, „In Erwartung weiterer Informationen verbleiben wir …“- die Liste behördlicher Höflichkeiten in Warteschlangen und floskelhaften Anschreiben ließe sich beliebig fortsetzen. Dabei kennzeichnet das Warten einen Zustand, der in unterschiedlichen Konstellationen und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet durchaus seine philosophische Dimension entfaltet. Warten bedeutet nicht, etwas auf später zu verschieben, das jetzt erledigt werden könnte, sondern zur Passivität gezwungen zu sein und das Warten zu „erleiden“. Hat der Mensch überhaupt Zeit zum Warten? Oder anders: Erhält er Garantie darüber, dass das Erwartete auch eintreten wird? Warten geht immer auch der Frage nach dem eigenen Glück nach. Die klassische Philosophie behauptet, Glück bestünde
darin, nichts mehr herbeizusehnen, also zu erwarten, auf bestimmte Art angekommen zu sein. Andererseits drängt sich die Frage auf: Wofür lebt der Einzelne, wenn er nichts mehr zu erwarten hat? Warten in seinen unterschiedlichsten Ausprägungen und Auslegungen ist Gegenstand des heutigen Gesprächs, das Raphaël Enthoven mit seinem Gast, dem Philosophen und Metaphysiker Nicolas Grimaldi, führt. Thematisiert werden hierbei Bilder des Fotografen Robert Doisneau, die Warteschlangen für Lebensmittelrationen während des Zweiten Weltkriegs zeigen oder Szenen des Berliner Mauerfalls abbilden. Außerdem finden Werke von Flaubert („Madame Bovary“), Tolstoi („Familienglück“), Proust („Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“) und Valéry („Die Schritte“ in „Französische Dichtung“) Erwähnung. (Text: arte)