„Ein Egoist ist ein Mensch, der nicht an mich denkt.“ Mit diesem wunderbaren Aphorismus fasste einst der französische Dramatiker Eugène Labiche die Widersprüche rund um Egoismus wunderbar zusammen. Doch was ist genau ein Egoist? Einerseits scheint klar: Der Egoist denkt nicht an den Anderen, schließt ihn aus seiner Welt aus und isoliert sich, indem er sein Ich über alle Anderen stellt. Aber welcher Mensch ist dann kein Egoist? Und sind wir von Natur aus Egoisten? Ist der totale Egoist ein Unmensch? Und was wäre dann der totale Altruist? Egoismus hat die Menschheit seit jeher beschäftigt und geleitet. Schon die Memoiren von Ludwig XIV. zeigen, wie sehr der Monarch einerseits darauf bedacht war, die Mechanismen des Egoismus um ihn herum und somit eigennützige
Schmeichler zu entlarven und sich andererseits dabei gleichzeitig als Zentrum des Universums – als Sonnenkönig – zu positionieren. Egoismus und Egoisten erscheinen uns in vielfältigen Formen. So kann der auf de Sade zurückzuführende Sadismus durchaus als radikale Umkehrung des Altruismus und somit brutale Form des Egoismus gesehen werden. Das sadistische Denken macht den Anderen nicht nur zum Opfer, sondern gesteht ihm erst gar nicht eine Existenz ein. Raphaël Enthoven und die Philosophin Elise Marrou gehen in ihrer Diskussion unter Bezugnahme auf Hobbes, Rousseau und Deleuze, die Filme von Pier Paolo Pasolini oder die Memoiren von Ludwig XIV. einer Handlungsmaxime nach, die auf paradoxe Weise Gutes und Schlechtes, Natürliches und Krankhaftes in sich birgt. (Text: arte)