Ziehung der Lottozahlen laut Gericht „unzulässig“

OVG kritisiert Werbepraxis der staatlichen Anbieter

Michael Brandes – 22.10.2011, 12:26 Uhr

Ziehungsgerät im Maintower Frankfurt – Bild: HR/Andreas Frommknecht
Ziehungsgerät im Maintower Frankfurt

Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die „Ziehung der Lottozahlen“ in einem Urteil zum staatlichen Glücksspielmonopol als „unzulässig“ bezeichnet. „Die Werbeaktivitäten der staatlichen Glücksspielanbieter beschränken sich nach wie vor nicht auf die Information und Aufklärung, um Spiellust wirksam in rechtmäßige Bahnen zu lenken, sondern sind darauf gerichtet, auch bis dahin Unentschlossene zum Spiel anzuregen“, heißt es in einem nun veröffentlichten Urteil vom 29. September 2011 (4 A 17/​08).

Geklagt hatte der Betreiber eines privaten Wettbüros. Die Stadt Mönchengladbach hatte ihm im Jahr 2006 die Vermittlung von Wetten an einen britischen Wettanbieter untersagt. Per Ordnungsverfügung wurde der Betreiber mit Verweis auf das staatliche Wettmonopol aufgefordert, seinen Betrieb zu schließen. Dieses Vorgehen sieht das Gericht als rechtswidrig an, denn es stelle innerhalb der EU eine „Beschränkung der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit dar“.

Zudem führe „eine unzulässige Werbung für staatliche Sportwetten zur Unionsrechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols“, wobei das Urteil unter anderem Bezug nimmt auf die Oddset-Wetten und den TV-Lottoklassiker ‚6 aus 49‘. Der aktuelle Glücksspielstaatsvertrag rechtfertige das staatliche Monopol unter anderem mit Belangen des Verbraucherschutzes. Gewährleistet sein müssen das Ziel der Suchtbekämpfung, der Jugend- und Spielerschutz, die Lenkung der Wettleidenschaft und die Kriminalitätsbekämpfung. Erlaubt sei daher nur eine maßvolle Werbung, die Verbraucher zu den genehmigten Glücksspielangeboten lenke: „Eine konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Spielsucht ausgerichtete Werbung darf nicht zum Wetten auffordern, anreizen oder ermuntern. Die Werbung muss sich auf die Information und Aufklärung über Art und Weise legaler Wettmöglichkeiten beschränken“, heißt es im Urteil. Stattdessen werde der durchschnittliche Verbraucher jedoch durch zugkräftige Werbebotschaften motiviert, am Glücksspiel teilzunehmen.

Unmittelbare Auswirkungen auf die TV-Ausstrahlung der Lottozahlen dürfte diese Einschätzung des OVG Münster jedoch bis auf weiteres nicht haben, zumal der Glücksspielstaatsvertrag von den Bundesländern noch in diesem Jahr neu verhandelt werden muss.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Das weiß immer noch keiner, wie das mit den Muscheln geht ;)

    Und eine wrichgespülte Welt a la "Demolition Man", keine Sorge, die kriegen wir nicht. Ich sehe eher "Big Brother" auf uns zukommen. Wobei mir dann ein "Colossus" lieber wäre.

    Lotto als Einstiegsdroge zu sehen, ist aber lachhaft. Da gibt es "bessere" Methoden, weil sie stärker und vor allem direkter sind - die Glücksspielautomaten. Wir hatten mal eine Spielhalle, und für die, die es nicht wissen oder bezweifeln; diese verdammten Dinger rechnen ihre Ergebnisse aus; mit Glück hat das schon lange nichts mehr zu tun. DAS sind Einstiegsdrogen, Kartenspiele in Hinterzimmern, aber Lotto? Das ist noch eher zum abgewöhnen. Ebenso die NKL/SKL, die für mich den größten Bockmist auf diesem Sektor darstellen.
    Und wenn einem sogar Lotto als Einstieg dient, dann würde imho eh etwas nicht stimmen.

    Es ist wie mit der Hygiene - Kinder, die ab und zu im Dreck spielen können, oder mit Tieren, sind meist unempfindlichere Menschen gegen Krankheiten als diejenigen, die alle 30 Minuten gewaschen und desinfiziert werden.
    Menschen, denen man immer mehr wegnimmt, die man immer mehr bevormundet, werden nach der Unzufriedenheits- und Motzphase langsam, aber sicher verblöden.
    • am via tvforen.de

      Nun wurde das Glücksspielgesetz ein wenig gelockert. Der Glücksspielvertrag wurde überarbeitet.

      "Mit Ausnahme von Schleswig-Holstein haben sich die Bundesländer auf ein neues Glücksspielgesetz geeinigt. 15 von 16 Ministerpräsidenten unterzeichneten in Berlin einen neuen Glücksspielstaatsvertrag, wie der Kieler Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) sagte.
      Schleswig-Holstein hatte im September im Alleingang eine Liberalisierung seines Glücksspielmarktes beschlossen, die zum 1. Januar in Kraft tritt. In den 15 anderen Bundesländern können mit Inkrafttreten des neuen Staatsvertrages 20 kommerzielle Glücksspielanbieter Lizenzen erwerben. Von ihrem Gewinn müssen sie fünf Prozent an den Staat abgeben."

      Quelle: http://de.nachrichten.yahoo.com/15-bundesl%C3%A4nder-unterzeichnen-neuen-gl%C3%BCcksspielvertrag-150316816.html
      • am via tvforen.de

        Ja, wer kennt sie nicht: Die vielen Millionen Menschen, welche durch ihre Lottospielsucht ins Verderben gestürzt wurden? Menschen, die sich und ihre Familien restlos ruiniert haben, weil sie Woche für Woche einen, zwei, manchmal mehr als drei Lottoscheine ausfüllen MUSSTEN - angestachelt durch ANREIZWIRKUNGEN!

        Und wenn man bedenkt, daß bis vor kurzem sogar siebzehnjährige Kinder einen Lottoschein abgeben durften! Heute dürfen sie, dem Jugendschutz sei Dank, zum Glück nur noch Dinge, die nicht so gefährlich und folgenreich sind - wie autofahren oder wählen.

        Ich hoffe, bald wird es nur noch erlaubt sein, Lottoscheine in nicht näher gekennzeichneten dunklen, kalten, stinkerigen, ekeligen Kammern, in denen groß Warnhinweise und abschreckende Bilder mit Lottospielsuchtopfern hängen, abzugeben. Nachdem man sich vorher schriftlich dazu bekannt hat, ein unverbesserlicher Schwerstlottoabhängiger zu sein.
        • am via tvforen.de

          Ob du genauso ach-so-zynisch reagieren würdest, wenn du einen Spielsüchtigen in der Familie hättest? Lotto kann da Einstiegsdroge sein.
        • am via tvforen.de

          Frau_Kruse, besser hätte ich es nicht sagen können. Ja, es wird zunehmend grusliger, in diesem Land zu leben!
        • am via tvforen.de

          ROFL!
          Ich glaube "gruselig" würde ich es eher in Nordkorea, Libyen, Iran, Syrien.... finden.
        • am via tvforen.de

          linkin_park schrieb:
          -------------------------------------------------------
          > ROFL!
          > Ich glaube "gruselig" würde ich es eher in
          > Nordkorea, Libyen, Iran, Syrien.... finden.

          Da kommen wir noch hin keine Sorge.
        • am via tvforen.de

          ja, nee - schon klar...
        • am via tvforen.de

          amsp20000 schrieb:
          -------------------------------------------------------
          > linkin_park schrieb:
          > --------------------------------------------------
          > -----
          > > ROFL!
          > > Ich glaube "gruselig" würde ich es eher in
          > > Nordkorea, Libyen, Iran, Syrien.... finden.
          >
          > Da kommen wir noch hin keine Sorge.


          Ja klar, Leute wie Du versprechen mir das seit Jahrzehnten. Es wird langsam lengweilig, auf den deutschen Weltuntergang zu warten und nichts passiert.
        • am via tvforen.de

          Du hast recht: In meiner Bekanntschaft gibt es einen übergewichtigen Jugendlichen. Als kleines Kind war er noch schlank. Ich glaube, Pommes frites waren bei ihm die Einstiegsdroge für seine Freßsucht. Also: Verkauf an Minderjährige verbieten, Reklame verbieten, Warnhinweise über mindestens die Hälfte der Packungen!

          Meine Tante sammelt so kitschige, völlig nutzlose Püppchen, mit denen sie Vitrinen füllt. Obwohl ihre Wohnung dafür eigentlich zu klein ist, und das Geld dafür hat sie auch nicht wirklich. Ich erkenne darin eine Sucht und fordere Maßnahmen.

          Ach, und hast Du noch nicht von dem immer aufgeregter diskutierten Thema "Internetsucht" gehört? Hier müssen Maßnahmen ergriffen werden, am besten gleich ein ganzes Bündel. Und ein Aktionsprogramm. Und dann braucht es Verbote, natürlich absolute, strikte und totale.

          Ständige Warnhinweise über mindestens die Hälfte des Bildschirms sollten das Mindeste sein. Und natürlich für Minderjährige verboten. Denn auch der Besuch der Bussi-Bär-Seite kann sich später als Einstieg in eine schlimme Suchtkarriere entpuppen (ich kenne Leute, die vertändeln einen Großteil ihrer Freizeit, indem sie in irgendwelchen Foren rumhängen - furchtbar!).
        • am via tvforen.de

          Dementsprechend könnte man alles verbieten, Nahrungsmittel, Püppchen...

          Hier stehen sich aber Nutzen und Risiken gegenüber.

          Mir hat bis heute keiner plausibel erklären können, welch einen Nutzen Glückspiel hat, so dass etwas den Risiken gegenüberstehen könnte.
        • am via tvforen.de

          Das fehlte hier noch: ARMES DEUTSCHLAND.
          Von Lotto zu Nordkorea - alle Achtung, manche lassen wirklich keine Gelegenheit aus, um über die böse Welt zu klagen.
        • am via tvforen.de

          Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.

          Okay, über den Nutrzen der Püppchen lässt sich streiten... Aber sie gaukeln einem nicht vor, spielend leicht Millionär zu werden, wenn man nur mit ihnen spielt...

          Wer den Unterschied nicht erkennt, ist wohl nicht zu helfen.

          Frau Kruse, warum nicht, wie von den Linken jüngst gefordert, auch harte Drogen freigeben? Heroinspritezun für alle - auch für Minderjährige!

          Wär das in Ihrem Sinne?
      • am via tvforen.de

        Die Überschrift ist irreführend und wohl eher an die Schlagzeile der "Bild" angelehnt.

        Der einzige Absatz, der sich in der mehrseitigen Urteilsbegründung konkret mit der Ziehung der Lottozahlen beschäftigt, ist dieser hier:

        "Schließlich entfalten auch die Art und Weise der öffentlichen Ermittlung von Gewinnzahlen vor laufenden Fernsehkameras, die offenbar von den staatlichen Monopolträgern als Instrument gesehen wird, ihre Dachmarkenstrategie auch im Fernsehen umzusetzen, sowie die Präsentation der Lotto-Glücksspirale vor der Hauptausgabe der Tagesschau, bei der für eine Sofortrente in Höhe von 7.500 Euro geworben wird, unzulässige Anreizwirkung.
        Ob Ziehungsübertragungen und Spielshows rundfunkrechtlich dem Programmteil zuzuordnen sind und deshalb dem Fernsehwerbeverbot des § 5 Abs. 3 GlüStV nicht unterfallen,

        kann hier offen bleiben. Sie müssen jedenfalls inhaltlich den Anforderungen des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV genügen."

        Quelle (http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/4_A_17_08_Urteil_20110929.html)

        Zwischen "unzulässiger Anreizwirkung" und "unzulässiger Ausstrahlung" besteht dann ja wohl noch ein Unterschied.

        Das hat das Gericht selbst durch einen Sprecher klargestellt: Man habe "Bedenken" wegen der Werbung für Glücks- und Lotteriespiele und wegen der Ziehung der Lottozahlen in der ARD. Damit sei diese Ziehung aber keinesfalls für unzulässig erklärt worden.
        • am via tvforen.de

          so langsam ticken die alle nich mehr in unserem Land -ich hab keinen bock auf die welt in "Demolition Man" ...



          Gruß

          Sir Hilary
        • am via tvforen.de

          shoemaker-levy schrieb:
          -------------------------------------------------------
          > Die Überschrift ist irreführend und wohl eher an
          > die Schlagzeile der "Bild" angelehnt.

          Die Bild hätte aber sicher nicht das "unzulässig" in Anführungszeichen gesetzt.
        • am via tvforen.de

          Sir Hilary schrieb:
          -------------------------------------------------------
          > so langsam ticken die alle nich mehr in unserem
          > Land


          Sie erhalten eine Strafe von einem Credit wegen Verstoßes gegen das verbale Moralitätsstatut. ;-)
        • am via tvforen.de

          kT
        • am via tvforen.de

          Und was ist mit den drei Muscheln????? :D
      • am

        Da sieht man doch mal wieder, daß sich der Staat mit dem Verbot der Privaten Wettanbieter ein Eigentor geschossen hat. Besser wäre es gewesen, sich außergerichtlich zu einigen.

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