ZDF lehnt neue ARD-Pläne für gemeinsame Digitalkanäle ab

Intendant Bellut betont Eigenständigkeit von ZDFneo und ZDFinfo

Stefan Genrich
Stefan Genrich – 16.04.2013, 09:40 Uhr

ARD-Vorsitzender Lutz Marmor – Bild: NDR/Holde Schneider
ARD-Vorsitzender Lutz Marmor

Das ZDF bekämpft ungewöhnliche Ideen der ARD, die Digitalkanäle der öffentlich-rechtlichen Sender zusammenzulegen. Außerdem lehnt der Mainzer Sender erstmals deutlich die ARD-Pläne zur Gründung eines gemeinsamen digitalen Jugendkanals ab.

Das ZDF hat am Montag (15.4.) schnell auf Äußerungen der ARD vom gleichen Tag reagiert und hält es in einer Stellungnahme selbstbewusst für „nachvollziehbar, dass sich die ARD am Erfolg der Digitalkanäle ZDFneo und ZDFinfo beteiligen möchte“. Nie zuvor hat das ZDF so deutlich seine Abneigung gegen den Aufbau eines Jugendkanals gezeigt, auch wenn sich der Sender bereits mehrmals gegen das unter Federführung vom SWR laufende Projekt abgesetzt hat (fernsehserien.de berichtete). Eine andere Aufgabenverteilung soll es lieber sein: „Danach könnte die Zielgruppe der Jugendlichen mit einem Jugendkanal der ARD versorgt werden, während das ZDF mit den Informations- und Unterhaltungsangeboten in ZDFneo und ZDFinfo stärker die 30- bis 50-Jährigen adressiert.“ Mit anderen Worten: Macht euren Kram alleine!

Vorher sprachen die ARD-Intendanten auf einer Sitzung über eine Reform der Digitalkanäle und schlugen vor, „deren Anzahl insgesamt zu reduzieren“. Dazu möchte die ARD die bislang sechs Digitalkanäle der öffentlich-rechtlichen Sender zu nur noch drei Angeboten verschmelzen: Aus EinsPlus und ZDFkultur entstünde dann der schon lange ersehnte Jugendkanal. EinsFestival und ZDFneo fusionierten in ein künftiges „Programm für jüngere Erwachsene“ zwischen 30 und 49 Jahren, und „im Informationsbereich könnte die Zusammenarbeit von tagesschau24 und ZDFinfo zu einem gemeinsamen Nachrichtenkanal führen“.

Grund für das Vorhaben laut Pressemitteilung: „Durch die veränderte Mediennutzung ist es eine immer größere Herausforderung, alle gesellschaftlichen Gruppen zu erreichen.“ Für diese umfangreicheren Aufgaben steht aber nicht mehr Geld zur Verfügung – der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse alles „aus den ihm bewilligten Mitteln finanzieren“, heißt es etwas weinerlich. Das neue Konzept ermögliche nicht nur Einsparungen, sondern fördere „eine weitere Profilschärfung der schon bestehenden Gemeinschaftsprogramme Phoenix und 3sat“, meinen die Intendanten.

Langsam hat die ARD erkannt, dass das ZDF mit Verweisen auf die Finanzierbarkeit und politische Hindernisse die tatsächliche Gründung eines Jugendkanals in weite Ferne rücken lässt. Aber „die ARD möchte dieses gesellschaftlich wichtige Programmvorhaben nicht für Jahre auf Eis legen“. Einen Ausweg aus der verfahrenen Situation könnte der Rundumschlag mit den Zusammenlegungen bieten. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor hat die Umstrukturierung bereits ZDF-Intendant Thomas Bellut am Telefon erläutert und wird sie außerdem am Mittwoch (23.4.) auf der ARD-Pressekonferenz in Berlin erklären.

Diesen Termin will das ZDF nicht abwarten und teilt der Öffentlichkeit mit, dass es „in dem Vorschlag keine Sparpotentiale sieht, sondern lediglich kompliziertere Strukturen“. Ohnehin habe der Sender bereits durch die baldige Einstellung von ZDFkultur „deutlich gemacht, dass er bereit und in der Lage ist, Einsparungen im eigenen Verbund zu realisieren und erwartet Gleiches auch von der ARD.“ Das ZDF brauche seine Digitalkanäle, „etwa für die Erprobung neuer Formate und neuer Moderatoren sowie eine sinnvolle Verwertung des ZDF-Programmarchivs“. Die ARD nutze ja bereits „seit vielen Jahren die Dritten Programm und Bayern Alpha“ für solche Zwecke. Die Digitalkanäle scheinen nach ZDF-Sicht die Gebührenzahler nicht zusätzlich zu belasten, denn sie „werden ausschließlich durch Synergien und Verzicht von Finanzmitteln des Hauptprogramms realisiert“.

Nicht zuletzt betrachtet das ZDF all diese Überlegungen der ARD-Anstalten als Sandkastenspiele, weil in der Realität anderswo die Entscheidungen dazu fallen: „Grundsätzlich bedürfen solche weitreichenden Veränderungen der bestehenden gesetzlichen Programmaufträge einer intensiven Diskussion und Abstimmung mit den Bundesländern und den Gremien.“ Die Politik hat also das Sagen in diesen Fragen. Trotzdem muss ja niemand die ARD daran hindern, sinnvolle Vorschläge zu schlankeren Strukturen und einem effizienteren Geldeinsatz zu entwickeln.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Bravo Intendanten! Es ist ja nicht so, daß Ihr ARD-Hanseln Euch nicht mal auf einen gemeinsamen Jugendkanal aller ARD-Anstalten einigen könnt. Oder daß die Umbenennung und "Renovierung" von EinsFestival auch schon seit Jahren angekündigt ist, der WDR diesen Kanal aber weiter vor sich hin dümpeln läßt.

    Nun ja, da braucht es sicher noch eine größere Zahl an Konferenzen und Beschlüssen. Und wie wäre es mit der Gründung eines Arbeitskreises?
    • am via tvforen.de

      wunschliste.de schrieb:
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      > Das ZDF brauche seine
      > Digitalkanäle, "etwa für die Erprobung neuer
      > Formate und neuer Moderatoren sowie eine sinnvolle
      > Verwertung des ZDF-Programmarchivs".

      "Sinnvolle Verwertung des ZDF-Programmarchivs" - das können wir ja schon jetzt sehen: zdf_neo als Endlosschleifen-Sender mit einer kleinen Serienauswahl (hauptsächlich SOKOs) und zdf.kultur das gleiche mit Hitparade/Tierserien, nur zusätzlich gerahmt.
      • am via tvforen.de

        Bei der ARD schaffen es doch noch nicht mal die eigenen Rundfunkhäuser dieser Anstalt zusammen zu arbeiten. Da würde ich als ZDF auch die Finger von lassen.

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