Die Chancen für einen geplanten gemeinsamen Jugendkanal von ARD und ZDF stehen schlecht: ZDF-Intendant Thomas Bellut stellt in einer Pressemitteilung harte Bedingungen vor allem an die Politik. Dadurch wird das Projekt faktisch bis auf lange Zeit unmöglich, auch wenn Bellut nach außen der Idee „grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber“ stehe.
Die Forderungen an den Gesetzgeber lesen sich wie eine Wunschliste an den Weihnachtsmann: „Eine klare Beauftragung durch die Bundesländer, eine ausreichende Finanzausstattung, zusätzliches Personal und eine Öffnung des Telemedienangebots unter anderem mit dem Wegfall der 7-Tage-Regelung und der Möglichkeit, auch Kaufserien und Spielfilme in der Mediathek zeigen zu können.“
Pech nur, dass der Wind aus einer anderen Richtung weht: Nicht zuletzt unter dem Druck der Privatsender wird das Geld für ARD und ZDF knapper, aber die Drohungen mit Einschränkungen bei der Nutzung der digitalen Medien werden lauter. Deshalb muss das ZDF mit seinem ZDFkultur ein Bauernopfer bringen. Das bevorstehende Aus für den jungen Digitalsender wurde bereits angekündigt (fernsehserien.de berichtete), nun hat der ZDF-Fernsehrat dessen Schicksal endgültig besiegelt. Ein konkretes Datum für die Abschaltung steht noch aus.
Zugleich stellt sich Bellut schützend vor die beiden verbliebenen Digitalkanäle, denn für den Erfolg seiner Sendergruppe seien „ZDFneo und ZDFinfo unabdingbar“. Hingegen rückt die Gründung des Jugendkanals in weite Ferne: Der ZDF-Intendant sieht einen „Start des Programms nicht vor Jahresbeginn 2017“ – wenn überhaupt.
Als Reaktion auf Belluts Äußerungen haut SWR-Intendant Peter Boudgoust überraschend in die gleiche Kerbe, obwohl die Idee für das gemeinsame Projekt aus dem Lager der ARD stammt (fernsehserien.de berichtete). Allerdings hält er sich in einer Pressemitteilung etwas mehr zurück: „Wir sind uns einig, dass es einer Beauftragung durch die Politik bedarf und dass die Finanzierung gesichert sein muss.“
Für Bellut scheint ein eigener Jugendkanal ohnehin nicht so wichtig zu sein, denn er warnt: „Gerade die angestrebte Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen sieht grundsätzlich eher wenig fern und ist zudem sehr inhomogen und fragmentiert.“ Diese Haltung lässt sich mit etwas bösem Willen als Kapitulationserklärung gegenüber ProSieben und RTL sowie aufstrebenden Kleinsendern wie DMAX einordnen, die durchaus genau dieses junge Publikum an sich binden.
Kommentare zu dieser Newsmeldung
serienfan100 am
Anstatt einen Jugendkanal auf Sendung zu schicken sollte man besser ZDFkultur ein gutes Programm senden lassen. Vor allem ohne Retro-Rahmen. Das ZDF hat genug alte Eigenproduktionen im Archiv für die man keine Ausgaben hat. Mit Beschlossen und verkündet, Helga und die Nordlichter oder Alpha, Alpha hat man zu Anfang bewiesen das es doch geht. Das waren Sachen die seit Jahrzehnten nicht mehr im TV liefen. Und eine Programmschiene für die Jugend zu machen kann ja wohl nicht so schwer sein.
> Für Bellut scheint ein eigener Jugendkanal > ohnehin nicht so wichtig zu sein, denn er warnt: > "Gerade die angestrebte Zielgruppe der 14- bis > 29-Jährigen sieht grundsätzlich eher wenig fern > und ist zudem sehr inhomogen und fragmentiert."
Bei dem piept's wohl! Was steht für den werten Herrn denn für "homogen"? Konsum von drei Kochshows pro Tag? Mal ganz davon abgesehen, dass in der Gruppe der bis 29-Jährigen ja wohl auch ordentlich viele Menschen vertreten sind, die für dieses Programm zahlen müssen. Und für die bemüht sich das ZDF nicht mal um Formate? Das ist eine unglaubliche Frechheit. ZDFKultur mit den Musikshows, Digital-Magazinen, innovativen Formaten war doch eigentlich auf einem richtigen Weg.
Kann man diese Fernsehintendanten eigentlich irgendwo abwählen?
Mikko schrieb: -------------------------------------------------------
> Was steht für den werten Herrn denn für > "homogen"?
Das bedeutet einfach nur, dass die Interessen der Jüngeren zu weit auseinandergehen, als dass man die mit so einem kleinen Sender anständig abbilden könnte. Sieht man im Musikbereich sehr schön. Vor der Digitalisierung waren die Top10 wichtig. Heute hört jeder was er will und wann er will. Es verteilt sich alles viel mehr. Dazu kommt eine Zapping-Mentalität, die das Publikum im Sekundentakt wieder wegführt. zdf.kultur hat dir offensichtlich gefallen, vielen anderen aber genauso offensichtlich nicht. Man muss mehr für Jüngere machen, aber da war zdf.kultur von Anfang an nicht wirklich geeignet. Nicht in der kompakten Größe. "Dieser Fernsehintendant" liegt mit seiner Einschätzung durchaus richtig.
Die Interessen der über 29-Jährigen gehen aber doch noch weiter auseinander und selbst da schafft das ZDF es nicht, auch nur einen Bruchteil im Hauptprogramm "anständig abbilden" zu können. Resignation hilft dem Herrn Bellut auch nicht weiter. Wenn er die jungen Leute heute nicht an den Sender binden kann, dann schauen sie da auch morgen keine Kochshows und das Traumschiff schon gar nicht - weder im TV noch im Internet. Ich glaube, dass bei der all der Überfrachtung im Internet, das Fernsehen durchaus noch einen wichtigen Stellenwert für jüngere Menschen hat ... Das Fernsehen bemüht sich allerdings viel zu wenig, weil die Verantwortlichen die "Bedrohung" des Internets zu spät erkannt haben und sich immer noch in die Zeiten ihrer "Meinungshoheit" zurück träumen.
Zu ZDFkultur sagte ich auch, dass es auf einem guten Weg war, mit vereinzelten guten Formaten, die sich zumindest ein bisschen auf junge und junggebliebene Menschen zu bewegten. Festivalübertragungen, Musikshows für die Musik-Begeisterten, dazu Breakdance Übertragungen, Magazine oder Formate wie Pixelmachern oder FTW für PC-Begeisterten Jugendliche. Dafür wird man ja vor lauter "traditioneller" Formate keinen Platz im Hauptprogramm finden. ZDFKultur war einfach eine gute Experimentier-Fläche, wie man mit Roche und Böhmermann ja bewiesen hat.
Etliche Wiederholungen der Hitparade oder ZDF-Serien, gar der dämliche Retrorahmen haben viel von dem "Guten" verwischt.
Mikko schrieb: ------------------------------------------------------- > Die Interessen der über 29-Jährigen gehen aber > doch noch weiter auseinander und selbst da schafft > das ZDF es nicht, auch nur einen Bruchteil im > Hauptprogramm "anständig abbilden" zu können.
Ja aber was hast du gekonnt, wenn du nur einen Bruchteil ansprichst? Wenig. Das ist ja das große Problem. Denn das hatten wir mit zdf.kultur jetzt schon. Ein Bruchteil Musik (die extrem Geschmacksache ist), ein bisschen Film und Themenabende. Die alten Serien waren auch nur ein Zugeständnis an das fehlende Budget.
Das mit der fehlenden Ansprache im Hauptprogramm würde ich anders sehen. Man schafft es vielleicht nicht, das jüngere Publikum über Stunden zu fesseln (was nötig wäre, um dauerhaft Quote zu machen), aber selbst die Sonntagsschmonzette liegt deutlich über dem Schnitt. Das Traumschiff sowieso. Ich stimme zu, dass man nicht innovativ genug ist, aber es ist nicht so hoffnungslos, wie du glaubst.